Abhängigkeit Gas- und Strompreis beenden

Bei dem Agorameter sieht für die letzten Tage alles so aus, wie man es erwarten würde: Spitzen im Strompreis treten dann auf, wenn besonders viel konventionelle Stromerzeugung gebraucht wird. Und genau dann steigt auch die Erdgasverstromung an.

Die konstante Produktion der Gaskraftwerke außerhalb von Nachfragespitzen würde ich auf Kraft-Wärme-Kopplung zurückführen. Sprich: Anlagen, bei denen die Stromerzeugung eher ein Nebenprodukt ist, so dass nicht die gesamten Gestehungskosten am Strommarkt erwirtschaftet werden müssen.

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Keine, das is ja genau das Problem. Es gibt aber auch keine Schiffe etc…

Langfristig ist es glaube ich keine gute Lösung.

Warum LNG aber kurzfristig nützlich ist, zeigt der aktuelle Bloomberg Artikel. Ein kleiner Lichtblick und positive Zukunftsperspektive gibt er obendrein.

https://www.bloomberg.com/news/articles/2022-09-27/europe-is-ready-for-a-winter-without-russian-gas-bnef-says

Für mich wirkt das Merit-Order Prinzip auf jeden Fall so, als wäre es gerade zu eine Einladung um die Verbraucher zur KAsse zur Bitte. Man baut genau soviel günstige Kraftwerke, dass diese den Verbrauch nicht ganz decken und dann müssen noch ein paar teure Gas-Kraftwerke dazugeschaltet werden und der Preis steigt.

War für die AKW-Betreiber sicher lange Zeit ein gutes geschäft, als die noch den günstigsten Strom produziert haben.

Als alternative Begründung für Merit-Order wird hier (Quelle) übrigens Versorgungssicherheit genannt, da dadurch auch teure Kraftwerke rentabel sind ansonsten würde man Strom von teueren Gaskraftwerken zu selten kaufen, diese würden abgeschaltet und man hätte sie nicht, wenn es mal „knapp wird“.

Klingt für mich alles in allem wie:
Gut gemeint aber dabei ein Selbstbedieungsladen für Stromkonzerne geschaffen. Sollte mMn abgeschafft werden.

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Für mich klingt es eher nach einem institutionalisiertem Prinzip, das sich sonst auf „natürlichem“ Wege einstellt.

Brennholzpreise ziehen auch gerade soweit an, dass sie noch gerade so etwas günstiger sind als mit Gas zu heizen. PV-Preise ziehen gerade so hoch, dass es sich gerade so noch lohnt, nicht den Netzpreis zu zahlen.

Unterschied ist nur, dass es im Strommarkt geregelt sein muss, da das Netz sonst instabil wird.

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@Matder

Den Argumenten des Vorwärts den du zitierst, auch wenn ich ihn sonst schätze, kann ich nicht ganz folgen.

Der Hund liegt doch darin begraben: ohne Gaskraftwerke gäbe es nicht genügend Strom. Das schreibt der Vorwärts auch in einem Abschnitt. Damit sich die Stromproduktion aus Gas lohnt, muss der Verkaufspreis höher als die Produktionkosten sein. Und daran
ist nicht die Merit-Order Schuld, sondern ein Stromproduzent möchte mit dem Verkauf von Strom halt auch keinen Verlust machen.

Der zweite Fehler von Vorwärts: Preisbildung endet nicht, wenn das Produkt ausverkauft ist. Angenommen ein Produkt, wie z.B. Klopapier wäre ausverkauft. Dann wäre die Preisfindung nicht zu Ende, sie finge gerade erst an. Der Preis würde in die Höhe schießen. Und zwar so lange, bis ein Produzent denkt, „also zu diesem Preis kann ich auch Klopapier herstellen und mit Gewinn verlaufen“. Letztlich passiert das Selbe im Strommarkt. Wenn die Nachfrage nach Strom größer als die Stromproduktion aus Wind ist, steigt der Preis solange, bis es lukrativ wird z.B ein Kohle- oder Gaskraftwerk einzuschalten. Allgemein endet die Preisfindung wenn Angebot und Nachfrage gleich groß sind, nicht wenn eines der beiden verschwindet.

Was ist in den ganzen Chaos nun die Merit-Order? Eigentlich nur eine Liste, wer zuerst Strom verkaufen darf, und zwar sortiert von billig nach teuer. Letztlich schaut man dann einfach:„wir brauchen z.b 30 GW Leistung, dazu brauchen wir die 300 billigsten Kraftwerk.“ Ein Markt ohne Merit-Order macht das gleiche, nur ineffizienter.

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Mit der Energiewende Geld verdienen

5,4 % Festverzinslich :wink:

oder

Ich bin eher bei Matder. Die Verwenden halt intelligente Algorithmen um mit ihren abgeschriebenen Assets Kohle zu machen. Den zwei oder drei marktbeherrschenden Versorgen gehören doch eh fast alle Anlagen. Die paar private oder genossenschaftliche Anlagen sind doch nur ein Muckenschiss. Hat jemand Zahlen dazu?
BTW, die Genossenschaften wurden mit dem Ausschreibungverfahren sowieso aus dem Markt geworfen.

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Auch wenn es irgendwie immer rumgeistert, vermutlich weil es historisch die vier großen EVU gab. Zumindest in der jüngeren Vergangenheit hatte keines der Unternehmen am deutschen Strommarkt eine marktbeherrschende Stellung. Von daher ist das Unterstellen, dass sich da irgendwer bereichern würde doch eher eine Kritik am System selber (das man eigentlich nicht möchte, dass etwas wie die Energieversorgung marktlich organisiert ist). Denn letztlich ist die Merit-Order nichts anderes als das das übliche Preisbilden auf Märkten, sprich Angebot und Nachfrage zusammenbringen.

Zur Marktmacht. Nur weil es in der Vergangenheit keine gab, heißt es nicht, dass es sich nicht dahingehend entwickeln kann. Das Bundeskartellamt untersucht das regelmäßig. Zuletzt ist festgestellt worden, dass es bei RWE in Zukunft weitere Beobachtungen und Analysen geben muss, weil es sich dahingehend entwickeln kann. Aber auch hier gilt, nur rein anhand der Marktanteile kann es nicht betrachtet werden. Strom hat da zu viele Besonderheiten (z.B. nicht speicherbar (zumindest aktuell nicht nennenswert), kaum elastische Nachfrage), die das recht komplex machen (https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Berichte/Marktmachtbericht_2021.pdf?__blob=publicationFile&v=3)

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Man sollte sich auch klar machen, dass niemals Gaskraftwerke gebaut worden wären, hätte der Gaspreis schon immer beim Vielfachen des Preises von Kohle und Erdöl gelegen. Dass durch den Merit-Order-Effekt der Strompreis massiv ansteigt, sobald auch nur ein paar Gaskraftwerke hochgefahren werden müssen, ist dem Umstand geschuldet, dass der Gaspreis sich urplötzlich verzehnfacht hat.

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Eigentlich gibt es nur einen Algorithmus namens Euphemia. PCR & EUPHEMIA algorithm, the European Power Exchanges project to couple electricity market! | N-SIDE
Er wurde im Übrigen nicht von den Kraftwerksbetreibern entwickelt, sondern von den Übertragungsnetzbetreibern. Also Leuten, die keine Kraftwerke besitzen und auch kein Interesse haben, damit Geld zu verdienen.

Ausformuliertes Ziel des Algorithmus ist es übrigens, „to maximize social wellfare“, also bei Deckung des Bedarfs den billigst möglichen Strompreis zu erzielen.

Ja und Nein. Ich denke das Ganze ist ein Ergebnis der Grundlast-Spitzenlast-Problematik. Früher hatte man halt durchlaufende AKW usw. die billig waren und für die Lastspitzen halt Gaskraftwerke, die dann noch kurz abends die Spitzen abgefangen haben.
Da konnte man das Ganze noch rechtfertigen, meine ich.

Aber die ganze Situation ist doch heute eine ganz Andere. Wir können z.B. alle EE-Erzeuger in kürzester Zeit regeln. Daher sollten wir den Strommarkt auch asap umbauen, sodass es nur noch Anreize gibt, erneuerbare Energien zu bauen.

Richtig und die dazu kommenden weiteren Produzenten würden dann den Preis drücken können und eventuell teurere Klopapier-Produzenten aus dem Markt vertreiben. Genau dass hätte auch schon vor Jahren mit teureren Kraftwerken passieren können.
Da deren Erzeugungspreise aber alle anderen Preise „hochziehen“ hat kein Marktteilnehmer ein Interesse diese komplett zu verdrängen.

Auch hier ist also mal wieder „der Markt regelt das“ zu Ungunsten der Kunden ausgehebelt worden.

Ich weiß das zwar nicht genau, aber ich nehme das mal als richtig an, weil es auch zu meinem Bild der Wirtschaft passt, dass die großen Player immer (politische) Wege finden, die kleinen Unternehmen abzuwürgen, was für ein Scheiß.

Aber in welchem anderen Markt entscheidet denn gerade das teuerste Produkt über den Preis der billigen Konkurrenz??? Billiger zu produzieren als die Konkurrenz ist doch normalerweise gerade ein angestrebter Zustand um seinen Marktanteil auszuweiten.

Daher handelt es sich bei diesem Stromspot-Markt mMn gerade nicht um einen „normalen“ Markt.

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Was @BamChiller meint ist: wenn du die signifikant billigere Konkurrenz bist und ein absolut gleichwertiges Produkt wie der teure Anbieter hast, und du siehst, dass er genau wie du seine gesamte Produktion ständig abverkauft - dann bist du nicht lange die signifikant billigere Konkurrenz, sondern ziehst deinen Preis völlig selbstverständlich hoch auf ein Niveau das höchstens noch minimal unter der teuren Konkurrenz liegt, damit du auf jeden Fall weiterhin alles vor deinem Konkurrenten abverkaufst.

Marktanteil spielt keine Rolle, wenn du eh immer alles abverkaufst was du anbietest.

[edit] „signifikant billigere“ statt „billigere“ - du bist ja immer noch die „billige Konkurrenz“, aber halt nur noch in homöopathischem Maß billiger, sprich sowas wie 5,99€ statt 6€. Kann man IMHO ignorieren und davon sprechen, dass der Preis dann effektiv identisch ist.

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Runterregeln ja. Aber nicht Hochregeln. Weht kein Wind, scheint keine Sonne, dann bleiben nur die konventionellen Kraftwerke. Und da es unmöglich ist, neue Kohle- oder gar Kernkraftwerke zu bauen, werden dies in nicht allzu ferner Zukunft ausschließlich Gaskraftwerke sein (plus Speicher, aber die spielen mengenmäßig keine wesentliche Rolle).

Aber im Kapitalismus willst du doch immer soviel wie möglich verkaufen. Und alle wollen Monopole haben. Warum also aufhören?

Doch nur, weil es das künstliche Merit-Order System gibt, dass dich benachteiligt, wenn du deine teure Konkurrenz komplett verdrängst.

Weil politische Kräfte ganz im Sinne der konventionellen Stromerzeuger den ausreichenden Ausbau der EE verhindert haben. Somit lässt sich das Merit-Order-System nämlich schön weiter mit der Versorgungssicherheit rechtfertigen.

Und übrigens profitieren aktuell neben den billigen EE-Betreibern, denen ich das könne, vor allem die abgeschriebenen AKW-Betreiber davon, da die ja auch viel billiger als Gas-Kraftwerke produzieren.
Und was ist gerade verlängert worden? Die AKW-Laufzeiten.

Die FDP will ja sogar die AKW, die Ende 2021 abgeschaltet wurden, wieder reaktivieren (Quelle: tagesschau.de):

Die FDP fordert, die drei zuletzt bereits abgeschalteten Atomkraftwerke in Deutschland darauf vorzubereiten, wieder ans Netz zu gehen. Das sagt der niedersächsische Spitzenkandidat und Landesvorsitzende Stefan Birkner nach einer außerordentlichen Telefonschalte des FDP-Präsidiums in Berlin.

Passt mMn alles zusammen.

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Ein Beispiel ist der Ölmarkt. Mit der Einschränkung, dass es verschiedene Qualitätsstufen gibt. Aber innerhalb der gleichen Qualität ist der Preis identisch.Selbst zwischen den Sorten gibt es eigentlich keine riesigen Unterschiede. Auch hier bestimmt grundsätzlich die teuerste Quelle den Preis in Abhängigkeit von der Gesamtnachfrage. Letztlich ist das auch nichts anderes als eine Supply und Demandkurve und beim Schnittpunkt von beiden liegt am Ende der Preis.

Weitere Beispiele sind Gas, Rohstoffe wie Kupfer, aber auch Lebensmittel wie Milch (selbst hier gibt es einen Spotmarkt) oder bei Produkten wie Solarpannels.

Insofern ist das Merit Order System auch einfach nicht künstlich, sondern einfach nur ein anderer Name für die Preisbildung, wie sie in unserem System normal ist.

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In diesem Thread noch einen roten Faden zu finden… schwierig.

Kann hier noch jemand ein Fazit ziehen?

Nein. Weil du eine bestimmte Menge an Herstellungskapazität hast. Und du kannst die nicht einfach so mal bis morgen beliebig erweitern. Du verkaufst schon so viel wie möglich - alles, was du halt herstellen kannst.

Eine Erweiterung von Produktionskapazität spielt sich in der Regel im Zeitbereich von Monaten bis Jahren ab. Der Strom-Spotmarkt, auf dem das Merit-Order-Prinzip gilt, spielt sich ausschließlich auf dem Zeitbereich von 24h ab - es geht um den Day-Ahead-Markt, also für den nächsten Tag. Es spielt also überhaupt keine Rolle, was du innerhalb von mehr wie 24h mit deiner Kapazität anstellen kannst, es zählt nur, was du am nächsten Tag aufbieten kannst. Selbst wenn du übermorgen plötzlich deine Kapazität auf magische Weise verdreifachen könntest, hat das trotzdem genau null Auswirkungen auf deine Preisfestsetzung auf dem Day-Ahead-Markt für den morgigen Tag.

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Wie viel PV müssen wir denn zubauen, damit auch in der Nacht oder dunklen Wintertagen die Sonne scheint? Gleiches gilt für die Windkraft. Es gibt Stunden, da erzeugen alle Windkraftanlagen Deutschlands zusammen nur ca. 1% ihrer Nennleistung. Das ist dann ungefähr soviel wie ein einziger Block eines Großkraftwerks liefert.

Die schwankende Natur von Sonne und Wind kann man Sicht nicht einfach wegwünschen. Daher auch die ganze Diskussion um die synthetische Herstellung von Wasserstoff oder Methan, um ein Speichermedium zu haben. Und das wird dann natürlich sehr teuer sein. So wie heute das Erdgas im Vergleich zur direkten Nutzung von PV- und Windstrom.

Ja ich geb zu, wir verzetteln uns darüber, ob Merit-Order jetzt gewollt ist und wie stark es missbraucht wird.

Aber einen kleinen Punkt zum Thema will ich noch machen:

Der Einfluß des Spotmarktes erscheint mit insgesamt auch nicht so überwältigend, wenn man bedenkt, dass damit aktuell gefühlt alle Stromerhöhungen gerechtfertigt werden (Quelle: statista.de):

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