10 konkrete Lösungsvorschläge für die "Politik"

Systemwissen für Politiker

Systeme jeglicher Art sollten nicht darauf abzielen, anekdotische Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Solche überfrachteten Systeme erzeugen systemische Ungerechtigkeiten, von denen nur diejenigen profitieren, die sich professionelle Hilfe leisten können. Die Steuergesetze sind ein gutes Beispiel dafür. Ein gut gestaltetes System sollte keine anekdotischen, sondern systemische Ungerechtigkeiten verhindern.

Negative Rückkopplung

Systeme müssen mit negativer Rückkopplung geplant und gebaut werden. Ein Paradebeispiel ist die Heizung: Sobald sie den Zielwert erreicht, hört sie auf zu heizen. Unbeschränkt positiv rückgekoppelte Systeme riskieren Überhitzung, auch wenn es manchmal schwierig ist, einen Schwellwert zu definieren.

Agilität in der Politik

Die Welt ändert sich ständig, doch Parteiprogramme, Wahlversprechen und Koalitionsverträge bleiben jahrelang unverändert. Diese vermeintliche Stabilität in einem sich wandelnden Umfeld ist eine Illusion. Wollen wir wirklich Wahlversprechen einlösen, die nicht mehr zur aktuellen Situation passen? Wir brauchen stattdessen ein agiles Vorgehen mit einer gesunden Lern- und Fehlerkultur, unterstützt durch gute Kommunikation mit den Wählern.

Bündelung der Wahltermine

Europa-Parlament, Bundestag, 16 Länderparlamente – irgendwo ist immer Wahlkampf. Das führt zu ständiger Rücksichtnahme oder lautem Wahlkampfgetöse. Wer kann da noch ernsthafte Argumente und Wahlkampfgetöse auseinander halten? Wie kann so informiertes Vertrauen aufgebaut werden. Eine Bündelung der Wahltermine wäre hilfreich und würde für Ruhe bringen.

Repräsentation im Bundestag

Die gewählten Vertreter spiegeln nicht die Gesellschaft wider. Beamte, Angestellte des öffentlichen Dienstes, Mitarbeiter politischer Organisationen und Juristen stellten im letzten Bundestag mehr als 50 % der Abgeordneten. Gesetze sind wichtig, aber noch wichtiger ist es zu wissen, was wünschenswert und machbar ist. Die Parteien sollten gezielte Nachwuchsarbeit leisten und ihre Ausleseprozesse überarbeiten.

Begrenzung der Amtszeit

Berufspolitikern wird oft vorgeworfen, dass sie wenig Bezug zum Alltagsleben haben. Ich schlage vor, die Amtszeiten im Parlament und in der Regierung zu begrenzen. So hätte jeder Politiker die Möglichkeit, entweder vor seiner politischen Karriere praktische Erfahrungen zu sammeln oder nach seiner Amtszeit diese Erfahrungen in die Gesellschaft oder Partei einzubringen. Die Parteien sollten gezielte Nachwuchsarbeit leisten.

Unabhängigkeit der Abgeordneten

Ein Abgeordneter ist nur seinem Gewissen verpflichtet. Doch wer sich nicht an die Parteidisziplin hält, wird bei der nächsten Wahl um einige Listenplätze zurückgestuft. Wie unabhängig sind Abgeordnete, wenn es heißt, die Reihen zu schließen? Wir brauchen keinen verordneten Konsens, sondern konstruktiven Diskurs auf allen Ebenen, auch wenn es mühsam ist.

Politische Rhetorik

Die politische Rhetorik zielt immer noch darauf ab, eine Schlacht nach der anderen zu gewinnen. Doch Politiker müssen nicht den politischen Gegner schlagen, sondern den Bürger gewinnen. Ein Pyrrhussieg schreckt den Bürger ab, statt ihn mitzunehmen. Aussagen wie »erst das Land, dann die Partei« wirken unglaubwürdig. Eine Modernisierung der Rhetorikprogramme wäre eine gute erste Maßnahme.

Wahlalter 16

Ich habe mich „systemisch“ dazu durchgerungen, das Wahlalter 16 gut zu finden. Nur wer eine Stimme hat, wird gehört. Die Politik sollte sich frühzeitig mit den Sorgen, Nöten und Interessen der Jugendlichen auseinandersetzen. Sollten die Parteien dafür zusätzliche Investitionen in Bildung als notwendig erachten, umso besser.

Ministerien und Zusammenarbeit

Auch Ministerien könnten mit vertrauensvoller Zusammenarbeit bessere Ergebnisse erzielen. Beispiel Einwanderung: Wir haben es mit Push- und Pull-Faktoren zu tun. Krieg oder Armut drängen Menschen aus ihrem Land, dann kommt die Frage, wohin. Die Steuerung der wirtschaftlichen Push-Faktoren – Hunger, Armut, fehlende Perspektive – liegt zum Teil in den Händen von Entwicklungshilfe-, Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Außenministerium. Die Steuerung der Pull-Faktoren – die Anziehungskraft von Ländern oder Regionen – liegt bei Arbeit & Soziales und dem Innenministerium. Die Durchführung liegt dann beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF), den Städten, Landkreisen und Gemeinden. Wie sagt man so schön: »Vorne gerührt, brennt hinten nicht an«.

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„die Politik“ liest hier generell nicht mit.
Wenn du willst dass diese Vorschläge umgesetzt werden, musst du den traditionellen Weg gehen:
einer Partei beitreten und aktiv mitarbeiten damit diese Themen von den Leuten aufgegriffen werden, die sie auch umsetzen können

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Da muss ich @Reiner beispringen. Die Parteistrukturen sind so gemacht, dass die von ihm genannten Berufszweige grundsätzlich bevorzugt sind auf Grund Ihrer Struktur und das ist schon lange ein Problem. Außerdem sind Parteien leider sehr hierarchische Konstrukte in denen man seine Ideale verkaufen muss um wirklich in hohe Posten zu kommen. Als ob dein Vorschlag noch von niemanden versucht worden wäre. Man sieht es ja an dem ach so jungem Bundestag. Ich kriege nichts mit von den so rebellischen Jusos. Die sitzen brav auf dem Bänkchen und spekulieren auf gute Listenplätze.

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oder eine Petition einreichen … siehe „ein weiter-so darf es nicht geben …“

Es ist bekannt, dass Frösche damit ein Problem haben, ihren Teich selbst trocken zu legen.

Hier müssen wir als Gesellschaft Partei ergreifen und uns revanchieren. Ähnlich wie die Parteien, die der Gesellschaft bei der Meinungsbildung helfen, sollten wir den Parteien helfen, ihr Verhalten zu reflektieren und zu korrigieren :wink:

Ich glaube nicht, dass das Problem „die Parteien“ sind. Das Problem ist, dass Politik zu einem sehr großen Teil unbezahltes Ehrenamt ist. Und wenn man politisch (egal ob kommunal, im Land oder Bund) wirklich was erreichen möchte, dann ist der Zeitaufwand selbst auf bezahlten Positionen mit vielen Lebensentwürfen nicht vereinbar.

Die genannten Berufe haben da strukturelle Vorteile, die nichts mit „den Parteien“ zu tun haben und die auch in jedem anderen politischen System gegeben sind: teilweise haben sie Synergieeffekte und Wissensvorsprünge (Beamte, Juristen), teilweise sind es extrem sichere Anstellungsverhältnisse mit geringen formalen Leistungsanforderungen für die Karriereentwicklung.

Wer an der Repräsentation der Bevölkerung in der Politik etwas ändern möchte, der sollte an diesen Grundstrukturen arbeiten: bessere soziale Absicherung bis hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen, mehr Arbeitnehmerrechte, Freistellung und Kompensation für ehrenamtliche politische Tätigkeiten, etc.

Ich bin gerade in einen Gemeinderat gewählt worden (Ehrenamt) und die monatliche Aufwandspauschale (30 Euro/Monat) wurde hier seit 1996 (!) nicht mehr angepasst. Da kommt dann zwar noch das Sitzungsgeld dazu (soll jetzt auf 40 Euro/Sitzung angehoben werden), aber bei dem Zeitaufwand ist das absolut nichts, wovon man auch nur den Babysitter bezahlen kann. Hinzu kommt, dass es keine Fraktionsgelder gibt, die Sitzungsgelder also traditionell an die Partei abgetreten werden (machen alle Parteien hier so), um die Wahlkämpfe zu finanzieren.

Da muss man sich nicht wundern, wenn praktisch nur gut situierte Menschen jenseits des Eltern-Alters im Rat vertreten sind.

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Und wer es in ein gewähltes hauptberufliches Amt (Abgeordnety, Bürgermeisty) geschafft hat, muss damit rechnen nach ein paar Jahren nicht wiedergewählt zu werden (der Durchschnitt bei MdBs liegt glaube ich bei zwei Legislaturperioden?). In vielen Berufen ist eine Rückkehr nach so einer Auszeit aber schwierig bis unmöglich. Die Interessenten sind also entweder finanziell abgesichert, oder risikoaffin, oder wahlweise am Beginn (sehr jung) oder Ende (ein paar Jahre vor der Rente) ihrer Karriere.

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Ich glaube, du und ich haben unterschiedliche Vorstellungen davon, was ein konkreter Lösungsvorschlag ist. Von deinen 10 Vorschlägen kann ich in 2 Fällen Konkretes herauslesen:

  • Beschränkung von Amtszeiten der Politiker*innen
  • Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre

Dem würde ich auch wahrscheinlich zustimmen, aber ich bezweifle, dass das alleine ausreicht, und bei deinen anderen Punkten sehe ich nicht, was genau da verbessert werden soll und wie.

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Zuerst einmal, ich finde es schön, sich in einer Demokratie nach vorne zu streiten. Also los … warum meinst du, das die Vorschläge nicht konkret seien?

Sind sie nicht konkret bezüglich des Wunsches?
Oder hast du Zweifel an der Umsetzbarkeit?

Zum Beispiel Bündelung der Wahltermine
Wirklich nicht wünschenswert?

Unabhängig von System - mit anekdotischer Evidenz bestreiten wir unseren politischen Diskurs. Und dann reagieren Politiker darauf. Wie sonst ist es zu erklären, dass beim Bürgergeld gespart werden soll während man Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer oder einfach nur mehr Finanzbeamte überhaupt nicht diskutiert. Vielleicht ist hier auch der mündige Bürger gefragt?

Nicht jeder kann einen Diskurs zu jedem Thema führen mit der dafür notwendigen Kompetenz. Daher gibt es Ausschüsse und Abgeordnete, die eine Partei in diesem Ausschüssen vertreten und die Verhandlungen führen. Nicht jeder muss mitreden können. Den Diskurs gibt es, es ist mühsam - und wenn jeder mitreden will, sind wir beim Stil der Ampel.

Was soll das Wahlalter an der Politik verbessern? Und was hat Wahlalter mit Bildung zu tun. So zu tun, als ob 16jährige unbedingt gebildet sein sollen zum Wählen, ist falsch. Ab 18 interessiert es dich auch keinen mehr.

Pullfaktoren sind ein gutes Beispiel für deine Punkte. Es wird vielfach suggeriert, es gäbe Pullfaktoren, um sich vermehrt auf die Flucht zu begeben. Das ist wissenschaftlich nicht belegt.

Hier kürzt man die Entwicklungshilfe, weil Geld in Haushalt fehlt und eine Partei nicht über Steuererhöhungen reden möchte. In Vordergrund steht wieder „anekdotische Evidenz“, nicht Systemdenken. Angesehen davon, das eine Entwicklung der Staaten auf unser Niveau hat nicht angestrebt ist - es soll ja keine Konkurrenz entstehen sondern Käufer unserer Waren.

Agil hat für mich etwas den Charakter einer undichten Entwicklung. Bei der Lernkultur bin ich bei dir, nur haben wir nicht immer schnelle Rückmeldungen auf Entscheidungen (ausgenommen der Shitstorm) und damit beißt sich dieser Punkt mit der Begrenzung der Amtszeit auf zwei Wahlperioden. Kommunikation mit dem Wähler ist schon ganz okay. Es gibt viele Möglichkeiten mit seinem Abgeordneten in Kontakt zu treten.

Hier wäre Bildung gut. Dann wäre Wahlkampfgetöse auch nicht mehr so wichtig, bzw würde direkt als solches erkannt werden. Was du erreichen willst, ist das Politik auch mal eine zeitlang ohne „Ablenkung“ von Wahlen regieren können soll. Wählen sind aber auch Kontakt mit Bürgern und das Werben um die eigene Position. Wenn wählen Weng zusammenliegen (2 Monate) sollte man einen Termin finden, sonst passt es aus meiner Sicht ganz gut.

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Erst einmal wäre interessant, ob Du schon einmal eine Partei von innen gesehen hast.
Ich denke, das hilft, das eigene Verständnis zu schärfen, wie Politik funktioniert.

„Systemwissen für Politiker“
Das ist immer eine Abwägung. Nehmen wir die Aufstockung für Geringverdiener: wer sie möchte, muss selbst aktiv werden und HartzIV beantragen. Dabei könnte er den Arbeitgeber verpflichten, wenn er dementsprechend geringe Löhne zahlt, dem Arbeitnehmer eine Broschüre auszuhändigen, die vom Arbeitsministerium vorbereitet wurde und alle Informationen enthält.
Was ist nun der Vorteil, wenn der Staat keine Bringschuld seinerseits, sondern eine Holschuld vom Bürger verlangt:

  • mancher, der auch so zurecht kommt, verzichtet auf den Aufwand
  • mancher, der es nicht weiß, stellt keinen Antrag
  • eine Bringschuld macht den Staat regresspflichtig, wenn er seiner Schuld nicht nachgekommen ist

Ich unterstütze die Bringschuld, stoße aber immer wieder, gerade bei Bildungsbürgern, auf Widerstand. Bringschuld kostet, da der Staat die Informationen verständlich aufbereiten muss, Beratungen ermöglichen und die Berechtigten wirklich ihren Anspruch geltend machen

„Agilität in der Politik“
Es gibt Grundsatzprogramme und Parteiprogramme.
Ein Parteiprogramm kann auf dem jährlichen Parteitag geändert werden.
Wenn das Thema altbacken wirkt, liegt das meist an ideologischen Gründen.
Eine Lern- und Fehlerkultur erfordert vor allem ein Umdenken beim Bürger.
Wer immer gleich „Rücktritt“ ruft, wird das nicht fördern. Und auch die Kommunikation beruht auf Gegenseitigkeit. Wer versucht, die Politik mit radikalen Forderungen vor sich herzutreiben, wird nicht mit gemäßigten Politikern belohnt werden.

„Bündelung der Wahltermine“
Ein zweischneidiges Schwert: nehmen wir zum Beispiel Europawahl und Thüringenwahl
Man kann das zusammenlegen, spart sich viel Geld für den Wahlkampf und es wird etwas ruhiger. Aber man kann nicht vermeiden, dass die Themen vermischt werden.
Auch jetzt, wo es getrennt wird, versuchen Parteien die Landeswahlen für Abstimmungen über die Regierung im Bund zu missbrauchen. Die Trennung hat also durchaus manchmal einen guten Grund. Ansonsten wurden ja Europawahl, Kommunalwahlen und Bürgerentscheide jetzt schon in manchen Bereichen zusammengelegt. Man könnte die Landesparlamente in jedem Bundesland gleichzeitig machen, was aber, wenn in einem Landtag jemand zurücktritt: Soll der Nachfolger dann für 1 oder 2 Jahre gewählt werden, damit die Gleichzeitigkeit gewahrt bleibt?

„Unabhängigkeit der Abgeordneten“
Aus Sicht des Wählers ist die Parteidisziplin etwas Gutes. Er hat diese Partei gewählt und möchte sich dann auch darauf verlassen, dass sie das vertritt, was sie versprochen hat. Ansonsten müsste sich jeder Wähler mit den Listenkandidaten und ihren Interessen befassen und nicht mehr mit dem Parteiprogramm.

Nein es ist nicht wünschenswert. Zum einen müsstest du um dieses Ziel zu erreichen Legislaturperioden die laufen kürzen was extrem undemokratisch und kaum vor dem Bundesverfassungsgericht haltbar ist. Zusätzlich müsstest du Legislaturperioden in der Länge angleichen. Eigentlich reicht der Grund aber ein weiterer wäre, dass so eine Partei auf einen Schlag ein kurzes Momentum nutzen kann um die absolute Macht auf Jahre zu sichern. Durch die versetzten Wahlen wird dies verhindert.

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@Christoph Vielen, vielen Dank für Deine Punkte

Ein gut gestaltetes System sollte keine anekdotischen, sondern systemische Ungerechtigkeiten verhindern.

Der politische Diskurs muss viele Einzelfälle kennen und diskutieren, die „Lösung“ darf nicht aus einer Aneinanderreihung von Einzelfällen bestehen, sondern muss aus einem „größeren Guß“ sein. Erbschaftsteuer, Vermögensteuer, Steuerprüfung … alles relevante Themen. Natürlich wird der mündige Bürger gebraucht … Diskurs auf allen Ebenen bezieht den Bürger mit ein.

Ich bin kein Vertreter der direkten Demokratie, nicht jeder muss mitreden und entscheiden (z.B. Brexit). Aber jeder muss das Gefühl haben, das er vertreten wird und „seine Belange“ in die Entscheidungsfindung eingegangen ist.

Zum Thema Entscheidungsfindung habe ich einen Artikel geschrieben. Ist zwar auf LinkedIn, aber trotzdem lesenswert - Content over Form.

Wahlalter 16

Dachte ich begründet zu haben »Nur wer eine Stimme hat, wird gehört. Die Politik sollte sich frühzeitig mit den Sorgen, Nöten und Interessen der Jugendlichen auseinandersetzen«

Push und Pull-Faktoren

Es sind die die Push-Faktoren, die Einwanderer aus dem Land treiben.

Agil

Wir denken immer in „Silo-Ministerien“. Digitalisierung muss ein agiles Projekt sein und mit „betroffenen Ministerien“ zusammenarbeiten. „Not in my backyard“ darf nicht der Standard sein.

ernsthafte Argumente und Wahlkampfgetöse etc.

Wie wäre es denn wenn Kommunikation normal wäre und nicht auf den Wahlkampf beschränkt bliebe :wink:

Ich muss sagen ich finde die meisten „Lösungsvorschläge“ hier auch nicht besonders konkret. Insbesondere wird hier nicht darauf eingegangen, dass es praktisch immer Gründe gibt, warum die Dinge sind wie sie sind. Man kann Änderungen fordern (und viele der Forderungen sind ja grundsätzlich sinnvoll), aber dann muss man auch erklären, wie man die Rahmenbedingungen so ändert, dass eine Veränderung auch möglich wird.

Am einfachsten ist das vielleicht noch beim Wahlalter. Da gibt es ein Grundgesetz, dass das auf 18 Jahre (bei Bundestagswahlen) festlegt. Das Gesetz kann man ändern. Diverse Parteien haben das auch im Wahlprogramm. Laut diesem Artikel haben im letzten Bundestagswahlkampf Grüne, FDP, SPD und LINKE für diese Änderung geworben, CDU und AfD waren dagegen. Weil eine Grundgesetzänderung aber eine 2/3 Mehrheit braucht, gab es nach der Wahl keine Mehrheit für die Reform.

Wer den Status Quo hier ändern will, muss also entweder dafür kämpfen dass die richtigen Parteien eine 2/3 Mehrheit im Bundestag bekommen, oder er muss auf die CDU Einfluss nehmen, dass die ihre Einstellung ändert. „Die Politik“ ist hier nicht das Problem, sondern „die Wähler“ oder Alternativ „die CDU“.

Bei allen anderen angesprochenen Punkten wird es nur komplexer. Über die Repräsentation der Gesellschaft in der Politik hatte ich schon gesprochen. Am erfolgreichsten waren hier in den letzten Jahrzehnten vielleicht die Grünen im Bereich Repräsentation der Geschlechter durch die konsequente Durchsetzung einer Parteiinternen Quotenregelung.

Aber viele der von @Reiner angemahnten Probleme sind in erster Linie die Reaktion von Politikern und politischen Institutionen auf die Dynamiken einer von Meinungs- und Medienfreiheit geprägten Gesellschaft. Sprunghafte Reaktionen auf „anekdotische Ungerechtigkeit“? Wenn die BILD eine Kampagne fährt und Menschen wegen dem „Heizungshammer“ auf die Barrikaden treibt, dann hängen sich da natürlich gerne Politiker aus Opposition und FDP dran, um Beliebtheitspunkte zu sammeln. Das kann man doof finden (tue ich persönlich auch), aber „doof finden“ ist für sich noch kein „konkreter“ Lösungsvorschlag.

In anderen Fällen ist die Situation komplexer, als das Framing hier glaubhaft machen will. Begrenzung von Amtszeiten? Hört sich erstmal toll an. Bis einem klar wird, dass die Arbeit z.B. im Bundestag extrem viel Kompetenz und spezifisches Fachwissen braucht, das man sich nur im Bundestag aneignen kann. Ohne altgediente Abgeordnete würde es eine Machtverschiebung hin zur Bundestags-, Partei- und Ministerialbürokratie geben, die wiederum ihre ganz eigenen Nachteile mit sich bringt.

Auf kommunaler Ebene wiederum (wo praktisch alles ein Ehrenamt ist) können viele politische Positionen schon heute nicht mehr gut besetzt werden, eine Begrenzung der Amtszeiten würde hier de facto zu einer Entvölkerung der demokratischen Institutionen führen.

Also: Verbesserungen im demokratischen System sind immer wichtig, wir werden nie damit „fertig“ sein. Aber eine konstruktive Diskussion braucht ein wenig mehr Tiefe.

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Nein, das regelt §12 Bundeswahlgesetz.
Die jetzige Regierung hätte es also ändern können, wenn sie gewollt hätte.

Definitiv Grundgesetz: Art 38 GG - Einzelnorm

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

EDIT zur Ergänzung: §12 Bundeswahlgesetz regelt die Details der Wahlberechtigung, kann aber § 38 GG Absatz 2 nicht einfach ignorieren. Man bräuchte also eine 2/3 Mehrheit zur Änderung des Grundgesetz („Wahlberechtigt ist, wer das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat; …“) und eine einfache Mehrheit zur Änderung §12 Bundeswahlgesetz (die aber automatisch gegeben sein sollte).

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Ja, Bündelung der Wahltermine hatte ich übersehen, das ist tatsächlich auch recht konkret. Andere Punkte dagegen wie „Negative Rückkopplung“ … ich weiß überhaupt nicht, was das bezogen auf Politik deiner Meinung nach heißen soll. So ähnlich geht es mir mit den anderen 6 Punkten, auf die wir uns bisher nicht als „konkret“ geeinigt haben.

@Faust

Migration ist ein Thema für negative Rückkopplung.

Hier kokurrieren viele „Aspekte“ zusammen …legale, ethische und „machbare“.

Bei 80 mio Migranten in einem Jahr wären wir uns schnell einig. Das geht nicht!

Hier kämpfen der „Bremser“, - ich will es überhaupt nicht, mit dem „Betroffenen“ - gerne, aber nicht bei mir und dem „Zweifler“ - unser Herz ist offen, aber unsere Mittel beschränkt". Zu allem Überfluss treffen auch noch „Irrationale“ und „Idealisten“ aufeinander.

Und weil einer dem anderen nicht traut, wird die Diskussion so polarisiert geführt. Die einen denken Schneeball, die anderen Lawine (Achtung: LinkedIn-Link ;))

Wir müssen am Vertrauen arbeiten … und das braucht „Voraussetzung“ → Petition

Meine „konkreten“ Vorschlage haben verschiedene Fuktionen

  • man kann sie akzeptieren
  • man kann sie widerlegen
  • man kann alternative Vorschläge machen

Haupsache wir streiten nach vorne!

Wobei unsere Unfähigkeit mit größeren Immigrationsbewegungen umzugehen auch kein Naturgesetz ist. Das Römische Imperium hat beispielsweise routinemäßig echte Völkerwanderung mit zehn- bis hunderttausenden Menschen (bei damals erheblich niedrigeren Bevölkerungsdichten als heute) nicht nur akzeptiert, sondern teilweise sogar ermutigt. Ab 1685 haben die Staaten auf dem heutigen Gebiet Deutschlands mehr als 50.000 Hugenotten aufgenommen, da wurden ganze Dörfer neu aus dem Boden gestampft. Es gibt da viele, viele historische Beispiele.

Auch hier bestimmt der Kontext und das Framing wesentlich die Debatte und die Zwänge, innerhalb derer Politik gemacht wird.