Wie wünscht ihr euch Kritik im Lage-Forum?

Ziel dieses Threads soll es ein, sowohl dem Lage-Team als auch den Usern im Forum etwas Frust zu ersparen. Hatte beim Lesen dieses Beitrags [1] nämlich den Eindruck, dass viele Formen von Kritik der User an das Lage-Team an Missverständnissen in Form und Inhalt scheitern. Die da wären:

  1. Unterschiedliche Sichtweisen auf eine kritisierte Aussage
  2. Unterschiedliche Kritik-Kultur

Beiden Punkten liegt zugrunde, dass die Kritiker einer Aussage ja meist im Thema zuhause sind und sich oft sogar wissenschaftlich damit beschäftigen. Die Kritisierten stecken meist sehr gut im Kontext und in der Kommunikation des Themas.

Zu Punkt 1: leider ist nicht jeder Wissenschaftler auch ein Wissenschafts-Kommunikations-Profi. Die Sichtweise des Kritikers ist meist eher sehr auf die isolierte Aussage fokussiert. Die Sichtweise des kritisierten Journalisten stärker auf den Kontext. Bei ersterem ist der Kritiker meist der Experte, bei zweiterem meist der Journalist. Beide mögen mit ihrer Fokussierung aber einen Punkt haben. Der Kritisierte hat sicher Recht, wenn bestimmte Details den Kontext einer Aussage nicht ändern. Der Experte hat aber vielleicht auch einen Punkt, dass eine falsche Aussage unabhängig von ihrem Kontext problematisch sein kann, wenn sie ein großes Publikum erreicht.

Zu Punkt 2: Die Kritik-Kultur in der Wissenschaft ist schon sehr speziell und für Außenstehende ist häufig schwer verständlich, wie das noch „konstruktiv“ sein kann. In meiner Zeit als WiMi hat mal ein neuer Kollege angefangen und sein paper vor dem Institut vorgestellt. Nach der nachfolgenden Diskussion ist er völlig frustriert nach hause gefahren, weil er der Ansicht war, man hätte sein paper komplett zerrissen. Allerdings waren sich alle Mitarbeiter ziemlich einig, dass das paper super war und es nur ein paar Details zu bemängeln gab. Man kann sich jetzt drüber streiten, ob hier die Kritiker das paper erstmal etwas mehr hätten loben müssen, oder ob sich der Kritisierte einfach auf die Sachebene hätte konzentrieren müssen. Tatsache ist, dass hier zwei Kulturen von Kritik aufeinander geprallt sind.

Meine (auch selbstkritische) Empfehlung wäre, dass sowohl Kritiker als auch Kritisierte stärker auf mögliche Missverständnisse durch (1) und (2) achten sollten. Speziell würde ich dem Kritiker stärker empfehlen zu kommunizieren, warum er eine falsche Aussage für problematisch hält und dem Kritisierten empfehlen deutlich zu machen, ob er die Kritik in der Sache oder im Kontext für ungerechtfertigt hält. Außerdem würde ich empfehlen bei jeder Kritik im Sinne der „im Zweifel Wohnwollenden“ Interpretation von einer konstruktiven (vielleicht schlecht kommunizierten) Absicht auszugehen.

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Hierzu noch eine Ergänzung. Bei genauerem Hinsehen würde ich tatsächlich sagen: in der Sache gibt es keine ungerechtfertigte und vor allem keine überzogene Kritik. Letzteres gibt es dann eigentlich erst im Kontext.
Das kann man sich eigentlich ganz gut mit folgendem Gedankenexperiment klar machen: ich gebe jemandem das Manuskript eines geplanten Vortrags und sage er solle „drüber schauen“. Der streicht dann alles an, was ihm auffällt - sowohl grobe Schnitzer als auch Kleinigkeiten. Danach würde ich als Vortragender ja nicht auf die Idee kommen zu sagen: diese und jene Anmerkung war überzogen oder ungerechtfertigt. Ich würde alles einbauen, was ich nachvollziehen und zeitlich noch umsetzen kann und Danke sagen.
Anders wäre das ggf. wenn ich nach dem Vortrag frage: hat jemand Anmerkungen? Wenn jemand hier mit denselben Kleinigkeiten um die Ecke kommt bin ich vielleicht geneigt das als Versuch zu verstehen, meinen Vortrag schlecht dastehen zu lassen. Hier verschwimmt also ganz schnell die Frage: was ist falsch auf der Sachebene und was bedeutet das für die Qualität des Vortrags?
Das lässt sich aus meiner Sicht sehr einfach vermeiden indem man beide Fragen bereits beim formulieren der Kritik sauber trennt. Was ist falsch und was bedeutet das für den Vortrag / den Podcast / die Sendung? Letztere Einschätzung kann man auch komplett weglassen. Mache ich häufig, weil ich das in den seltensten Fällen umfassend beurteilen kann.
Im Gegenzug würde ich vom Kritisierten erwarten, dass er auf der Sachebene geäußerte Kritik nicht mit einer Bewertung seiner Vortragsleistung verwechselt. Jeder Vortrag oder Podcast enthält unzählige Fehler und Ungenauigkeiten - das ist keine Schande. Am Ende kann vor allem der Vortragende selbst beurteilen, wie ein Fehler seinen Vortrag beeinflusst.
Das heißt nicht, dass man das nicht auch mit dem Vortragenden diskutieren kann. In der Lage frage ich mich sehr häufig, ob eine bestimmte Korrektur wirklich notwendig war (weil sie mir relativ irrelevant vorkam) oder ob eine andere Korrektur nicht dringend hätte gemacht werden müssen. Und ich denke mal das kann man auch diskutieren. Ich würde mir aber kaum anmaßen es abschließend beurteilen zu können - vielleicht im Gegensatz zur Richtigkeit mancher Aussagen auf der Sachebene, die meinen Fachbereich betreffen.

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Fortsetzung der Diskussion von Aufruf für die Bewerbung im Team "Lage der Nation" (LdN 379):

Vielleicht stellen wir auch zu hohe Anforderungen an Kritikfähigkeit. Dass die Hosts ein Forum betreiben, in dem fast jede Form der Kritik geäußert und diskutiert werden kann, geht ja schon weit über das hinaus, was die meisten anderen Formate tun. Man könnte es sich auch einfacher machen und Leserbriefe sammeln von denen man nur diejenigen beantwortet, die man möchte.
Was die Dynamik der Kritik angeht passt das Beispiel ganz gut zu den obigen Ausführungen. Ich denke die Kritik wurde hier wieder sehr stark als Angriff auf die Lage verstanden. Und der Grund dafür liegt möglicherweise gleichzeitig in der Formulierung der Kritik sowie in seiner Rezeption. Insofern wurde in der Antwort auch vor allem darauf eingegangen in wieweit die Lage einen „Schaden“ angerichtet hat und nicht auf den Mechanismus an sich. Wie das angekommen ist, da konnten sich alle ein Bild machen. Interessanter wäre es vermutlich für alle gewesen, ob die Lage Hosts ggf. zu dem Mechanismus an sich etwas zu sagen haben und warum sie ihn ggf. gar nicht als problematisch ansehen.
Ich denke auf diese Ebene müssen wir wieder zurück kommen. Ist aber gar nicht so einfach wie vielleicht jeder aus seinem privaten Umgang mit Kritik weiß.

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Die Lage hat auch das gleiche Problem wie die Grünen. Der Anspruch ist einfach sehr viel höher als an andere, vergleichbare Podcasts und somit die Fallhöhe auch entsprechend höher. Das manches nicht leistbar ist, wie z.b. das tiefe recherchieren von Werbeträgern, ohne massiv aufzustocken und somit nicht mehr rentabel zu sein ist einfach gegeben. Das dies dann auch mal anstrengend ist, weil man ja alles versucht und dann trotzdem jede gefühlte „Kleinigkeit“ direkt angesprochen wird, kann denke ich jeder persönlich nachvollziehen. Vielleicht wäre es bei mancher Kritik wirklich besser zu sagen: „Wir haben deine Kritik gelesen und werden Sie in zukünftigen Vergleichbaren Situationen mit berücksichtigen.“ Der Kritiker weis das sein Beitrag gelesen wurde aber man muss sich nicht für alles vor jedem rechtfertigen. Der Podcast ist ein kann und kein muss. Wen es stört…da draußen gibt es noch viele andere.

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Definitiv. Was ich mit diesem Thread ein Bisschen sagen will ist, dass all diese Probleme sich im Idealfall in Luft auflösen, wenn die Beteiligten eine positive Kritik-Kultur pflegen. Denn dass irgendwo falsche Zahlen genannt wurden o.ä. kann man kommunizieren / verstehen als „da hat die Lage schlecht gearbeitet“ oder als „da hilft die Community mit, die Qualität des Podcast zu verbessern“. Wenn die Firma hinter einer Werbung kritisiert wird kann man das kommunizieren/ verstehen als „da hat die Lage nicht gründlich geprüft“ oder „schaut doch mal, ob ihr mit denen weiter zusammen arbeiten wollt“.
Wenn man das so lebt, ist es auch relativ egal, ob es sich um Kleinigkeiten handelt oder nicht, vor allem weil das immer auch im Auge des Betrachters liegt.
Die Entscheidung, was man am Ende im Podcast aufgreift liegt ohnehin bei den Hosts.

Mal angenommen das funktioniert, dann würde ich die Community nicht als nervigen Haufen begreifen, der Forderungen aufstellt und Dinge schlecht redet. sondern als zusätzliche Ressourcen, die Dinge prüft / ergänzt / reflektiert. Was man dazu tun muss habe ich ja beschrieben.

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Eine Grenze sehe ich halt bei offensichtlich unternehmerischen Entscheidungen.
Wenn sich Hörer gestört fühlen, weil die Hosts die Texte selbst sprechen, ist das schön und gut. Aber es liegt ja auf der Hand, dass sie das tun, weil es besser vergütet wird. Das kann man nicht in Ordnung finden, aber dennoch muss man die Entscheidung dann entsprechend akzeptieren. Solange niemand deswegen auf den Podcast verzichtet, ist die Entscheidung auch aus Sicht der Hosts richtig.
Genauso das Thema Bewerbung: Kam die Kritik, weil die Hörer die Kriterien für unzureichend empfinden oder gar es sie persönlich von einer Bewerbung abgeschreckt hat? Wenn es letzteres ist, und davon gehe ich mal aus, dann ist die Intention schon mal eine völlig falsche. Dazu kommt, dass die Lage-Hosts nun mal die sind, die am besten abschätzen können, was sie brauchen und darauf aufbauend die Anforderungen erstellen.

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Vielleicht muss man die beiden Dinge trennen. Das eine ist es Kritik zu äußern über ein Bewerbungsverfahren, über Werbung etc. Das kann aus meiner Sicht schon sinnvoll sein, weil ja vielleicht auch Sachverhalte angesprochen werden, die den Hosts gar nicht bekannt / bewusst waren.
Das andere ist, welche Erwartungshaltung ich dann daran knüpfe. Ich denke erwarten kann ich, dass meine Kritik im Rahmen des Machbaren ernst genommen wird, wenn ich sie konstruktiv herüberbringe. Erwarten kann ich in so einem Fall natürlich nicht, dass sie auch umgesetzt wird.
Etwas anders würde ich das bei falsch dargestellten Fakten sehen. Wenn ich wirklich zeigen kann, dass etwas falsch dargestellt wurde und gleichzeitig relevant ist (was der schwierigere Part ist), dann darf man sicher auch anmerken, dass das korrigiert werden sollte. Auch da kann ich die Umsetzung der Korrektur natürlich nicht einfordern und auch nicht in allen Belangen beurteilen ob sie sinnvoll oder machbar ist. Aber ich würde einen Hinweis auf notwendige Korrektur eben nicht als unangemessen / anmaßend beurteilen.

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