'Zu viel Energie' ist (k)ein Problem (-> oder?!)

Moin moin,

ich bin fleißiger Hörer der Lage - bin aber nicht sicher, ob dieser Punkt so schon (explizit) genannt wurde …

Ich verstehe, dass die Besonderheit des Strommarktes (Speicherproblem) gegeben ist und ein zeitkritisches Merit-Order-System erzeugt.

Threads dazu:

Gleichzeitig haben wir bei Strom aus Erneuerbaren die bekannten und unerfreulichen Tages/Monats-Schwankungen.

On Top habe ich verstanden, dass erneuerbare einfach abzuschalten sind - welch ein Glück.

Wenn die erneuerbaren gleichzeitig die günstigste Stromquelle stellen …

… dann verstehe ich den Punkt „Oh nein, es könnte mit erneuerbaren zu viel Strom geben“ ausschließlich im Henne Ei-Kontext.


Kontext:

  • Wir sind zwar nicht der beste Staat für Wind (wie Offshore-Schottland) und Sonne (bspw. Spanien OnShore) , dennoch ist Distanz ein Problem (Stromverlust bei Überlandleitungen) bzw. Transport von Bsp. Wasserstoff von außerhalb Europas … ABER … beides ist (generell) vorhanden.

  • Industrie ist zumeist energieintensiv, spätestens, wenn es sich um thermische Vorgänge handelt

  • Zwischenspeicherung ist zwar noch nicht in großem Stil möglich … ABER es gibt Hoffnung, dass es in 10 Jahren besser ausschaut

… Weiterentwicklung und Massenproduktion von Batterien

… Verbesserungen in der Wasserstoff-Synthese

… etc.

Mein Verständnis:

Wenn es Intervalle mit billigem Strom gibt, wird dieser auch genutzt und lockt Investoren an - immer unter der Annahme „Langfristige Sicherheit“.

Die Vision:

Wenn wir also nicht erst in 10 Jahren merken wollen, dass Unternehmen sich 'wo Anders’ niedergelassen haben, dann sollten wir jetzt mit Strom-Überproduktion beginnen.

Ich weiß, das hört sich zynisch an.

Ich meine damit u.A., dass wir es erst hinbekommen, die fossilen Kraftstoffe aus dem Energiemix zu verringern, sobald wir eine klare Überproduktion von erneuerbarem Strom erzeugt haben.

Conclusio:

Ich habe das Gefühl in der Debatte aus der Richtung der „Fossil-Befürworter“ ein Argument zu vernehmen → Es gibt zu viel Strom (alleinstehend ok)

Anschließend wird dieses Argument auf die Erneuerbaren übertragen.

Ich wüsste gerne, ob ich mit dem Gefühl, welches die Conclusio erzeugt alleine stehe oder ob das auch bei anderen der Fall ist :wink:

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Es stimmt natürlich, dass im Stromnetz jederzeit Einspeisung und Verbrauch im Gleichgewicht sein müssen (außerdem braucht man noch Übertragungskapazität, von der wir im Moment noch zu wenig für eine weitgehende Umstellung auf erneuerbare Energien haben).

Aber das Problem mit zu viel Energie halte auch ich für sehr viel leichter lösbar als das mit zu wenig. (Wir werden aus verschiedenen Gründen Speicher mit viel Leistung und Kapazität brauchen - viel mehr, als wir jetzt haben, wenn wir unsere Enegieversorgung weitgehend auf erneuerbare Energien umstellen wollen, weil Sonnen- und Windenergie stark wetterabhängig sind. Außerdem wird man einen Teil der Schwankungen durch Steuerung mancher Verbraucher und bei Überproduktion zur Not auch durch Abschaltung der Erzeuger regeln können.)

Ich habe das Gefühl, wir sind nahe beieinander, auch wenn ich den Punkt mit der Übertragung auf die Erneuerbaren in der Conclusio nicht verstehe.

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Hi @Helmut ,
denke auch, dass wir in der gleichen Gedankenrichtung unterwegs sind.

Ich habe nicht das Gefühl, dass es eine Argumentation in Richtung „es gibt zu viel Energie“ gibt.
Meine Aussage ist eher - es könnte der Eindruck entstehen, dass es „zu viel Energie aus volatilen erneuerbaren“ geben wird.

Beispiel:

Wie gesagt, nicht explizit, gleichzeitig aber eine legitimes Fazit.
Mein Argument ist in diesem Fall:

  • Das Henne-Ei Problem - „Industrien, die günstigen Strom kurzfristig abnehmen können aber bei teurem Strom nicht Wettbewerbsfähig sind“ - kann hier durch Überangebot aus erneuerbaren gebrochen werden.

Hoffe der Punkt ist nun klarer.

Wahrscheinlich läuft dieser Thread am besten unter „Abwehren eines hypothetischen Gegenarguments zum Überangebot aus erneuerbaren Energiequellen“ :wink:

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Zuviel Energie wird es ganz sicher nie geben, zumindest nicht langfristig, denn es wird immer irgendjemand kommen und diese Energie nutzen und wenn die Energie nahezu kostenlos, weil überzählig, ist, dann macht man im Zweifel nichts sinnvolles damit:

Es macht meiner Meinung nach aber auch keinen Sinn, gewaltige Mengen an Windrädern, Solarparks u.Ä. zu bauen, nur damit wir bei nächtlichen Flauten abgesichert sind.
Viel mehr brauchen wir vernünftige Speicherkonzepte, die die natürliche Volatilität von erneuerbaren Energien auffangen. Leider wird dieses Thema immer noch nicht ernst genug genommen.

Danke für die Erklärung.
Ich verstehe die Quelle eher so, dass es an Trassen und Speichern fehlt und deshalb der Ausbau von Photovoltaik teilweise begrenzt werden muss. Und das Argument halt ich prinzipiell für richtig. Auch wenn ich glaube, dass ein Teil der PV-bedingten Volatilität durch Steuerung mancher Verbraucher kompensiert werden kann, wird das alleine nicht reichen. Sonst müsste man sehr viele Verbraucher nahe bei den PV-Anlagen bauen, die dann die meiste Zeit stillstünden, was nicht wirtschaftlich oder ökologisch wäre.

Das ist halt Deine Meinung.

Der Ausbau von EE ist noch lange nicht weit genug vorangeschritten, dass darüber diskutiert werden könnte, die restlichen Kapazitäten ließen sich ggf. durch gute Speicherkonzepte lösen. Im Gegenteil: Die Elektrifizierung von Wärme, Mobilität und der Industrie ist gerade erst in den Startlöchern, was dann auch für den Ausbau der EE gilt.

Und natürlich ist die Speicherproblematik längst angekommen.
Die Konzepte sind längst da:
Einbindung der E-Fahrzeuge in die Netze; Vehicle2Grid, Umbau alter Kraftwerke in Speicher, Stromleitungen nach Norwegen und sonst wo, um Pumpspeicher zu beladen, Ausbau der Netzinfrastruktur, Einbindung von Wärmepumpen, variable Stromtarife. Das alles und noch viel mehr hilft dabei, die EE effizienter zu nutzen und die Speicherproblematik zu entschärfen.

Große Batteriespeicher lassen sich schon heute profitabel betreiben, weil u.a. die Regelleistung so gut vergütet wird.
Vanadium-Redox Flow Speicher werden seit Ewigkeiten erforscht und gerade beginnt in China die Kommerzialisierung.
Vanadium Redox-Flow Batterien: Die Kommerzialisierung beginnt! - ingenieur.de

Okay da habe ich mich oben wohl missverständlich ausgedrückt. Natürlich müssen die EE noch weiter ausgebaut werden, keine Frage.

Sehe ich anders. Gerade die fehlende Grundlastfähigkeit ist natürlich ein Problem bei den volatilen Energiequellen Sonne und Wind. Wir hätten eigentlich schon direkt am Beginn der Energiewende anfangen müssen, Speicheranlagen im notwendigen Maße hoch zu ziehen.

Wahrscheinlich habe ich da als Ingenieur eine andere Sicht drauf, weil wir bereits im ersten Semester eingetrichtert bekommen haben, dass man eine „unregelmäßige Quelle“ mit einem entsprechenden Speicher ausgleichen muss, wenn man eine konstante Versorgung haben will, aber genauso ist es.

Vielleicht wäre sogar die gesamte Akzeptanz der Energiewende größer, wenn man sich von vorneherein mehr auf diesen Aspekt konzentriert hätte. Schließlich laufen Typen wie Hans Werner Sinn heute noch herum und faseln was von „Zappelstrom“.

Da bin ich auch sehr skeptisch. Denn aktuell haben wir den meisten Strom ja im Sommer zu Mittagszeit und da sind viele Leute auf Arbeit vielleicht sogar mit dem E-Auto unterwegs oder sie sind im Urlaub.
Man könnte außerdem auch nur einen Bruchteil der gesamten Akku-Kapazität nutzen, vielleicht so 10 - 20 %, da das Auto ja immer noch fahrbereit bleiben muss. Und man erzeugt dadurch zusätzliche Ladezyklen.
Daher setzt das Ganze eine große Menge an Kundenakzeptanz voraus, die sehe ich bei den Deutschen und ihrem liebsten Spielzeug aber eher nicht.

Versteh mich nicht falsch, es wäre gut, wenn man diesen dual-use mitnehmen könnte, aber wir brauchen definitiv große Speicheranlagen in Deutschland, mMn am besten mit Power-to-X für saisonale Speicherung. Batteriespeicher in der Größenordnung TWh sind nicht vermutlich nicht realisierbar, das wäre eher was für die tägliche Speicherung.

Allein die aktuellen! deutschen Gas-Reservespeicher fassen (Quelle) Erdgas mit einem Arbeits-Energiewert von 228,3 TWh, da ist also eine Speicherung im benötigten Umfang sehr viel eher möglich und die Technologie gibt es schon heute.

Hier gibt’s Informationen dazu, wie die Gas-Speicher in ihrem System wirken, also z.B. die Erdgas-Infrastruktur entlasten:
https://erdgasspeicher.de/positionen/bezahlbarkeit/wert-gasspeicher-deutschland/

Spricht für mich alles dafür, solche großen Speicher auch für den Strommarkt einzusetzen und zeigt auch den Mehrwert solcher Speicheranlagen.

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Vielleicht mal den Menschen mit jahrzentelanger Erfahrung in dem Bereich zuhören und nicht ständig auf Vermutungen hin Kreislaufgedanken drehen:

ich würde mir an eurer Stelle mal eher über folgendes Gedanken machen und wer hier bei uns was verpennt hat!?

Die Speicherung von PV-Strom zu Hause, hat mit der Lösung der schwankenden Verfügbarkeit von EE auf saisonaler Ebene etwa soviel zu tun, wie ein Ruderboot mit einem Flugzeugträger.

Das sagt sogar Herr Piepenbrink selbst, in deiner Quelle. Hast du die überhaupt angehört?

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Ich habe das Gefühl, dass die meisten der oben genannten Aspekte gleichzeitig wahr sind. Ja, Erneuerbare müssen schnell ausgebaut werden. Ja, Speicherkapazität müssen ausgebaut werden, vom Pumpspeicher, über Batterie, bis hin zu Elektrolyseuren und den passenden H2-Kraftwerken. Ja, die Netzinfrastruktur fehlt.

Jedoch spielt in der Geschichte Timing eine wichtige Rolle. Wird die Windenergie überproportional ausgebaut und kommt der sinnvolle Verbrauch nicht hinterher, haben wir eben auch ein Problem. Es ist jetzt schon spürbar, dass wir extrem häufig zu viel Wind haben und im Sommer viel Solarstrom. In diesen Zeiten fällt der Strompreis auf fast null oder darunter. In der Folge werden die Anlagen abgeschaltet.

Das ist auf zwei Ebenen bedauerlich. Erstens geht uns Energie verloren. Zweitens, verdienen Betreiber von Erneuerbaren zunehmend weniger Geld. Da, wenn mein Windrad viel Strom produziert, alle Windräder viel Strom produzieren und der Strompreis im Keller ist. Bei Solar ist die Lage noch schlimmer.

Diesem Trend wird leider gerade weniger Aufmerksamkeit geschenkt.

Daher, zu viel Energie ist ein Problem, da es die Wirtschaftlichkeit von Anlagen senkt und damit auch die Ausbaugeschwindigkeit reduziert.

Mein Eindruck ist, alle haben doch verstanden, dass der Erneuerbaren Ausbau wichtig ist. Dass bei dem Ausbau, welcher nicht in ein sinnvolles Energiekonzept eingebettet ist, sich die Erneuerbaren letztlich kannibalisieren ist noch nicht ganz durchgedrungen.

Wenn jemand also sagt, wir haben zu viel Erneuerbar oder diese werden zu schnell ausgebaut, sollten wir sie nicht als Gegner der Erneuerbaren abstempeln, sonder verstehen, dass die anderen Aspekte der Energiewende zu langsam vorankommen. Im Grunde ziehen wir doch alle am selben Strang hier.

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Wikipedia sagt, wir haben nur 40 GWH Pumpsspeicher, wir könnten nur eine Stunde oder weniger mit Pumpspeichern decken.

Ja korrekt, aber warum sollen wir 100% mit Pumpspeicher versorgen, wenn wir anhand der Zeitreihen sehen, dass selbst an den allerschlechtesten Tagen immer noch 22 % aus Wind/PV vorhanden war?

Und die Realität ist, wir haben 635 GWH Pumpspeicher fürs Deutsche Stromnetz.

https://energy-charts.info/charts/filling_level/chart.htm?l=de&c=DE
und

Oft, habe ich nicht das Gefühl, dass hier alle am selben Strang ziehen.

bei vielen Kommentierenden hier habe ich das Gefühl, sie versuchen, Stimmung zu machen und Unfrieden zu schüren.

Haben aber sehr wenig Ahnung von der Materie, über die sie schreiben! Und um die sich ihre Kreislaufgedanken drehen.

Die Zahlen Daten Fakten zeigen nämlich am Ende ganz andere differenzierte Bilder!

Da geht es um Speicherwasser- und Pumpspeicherkraftwerke.

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:+1:

Sehe ich anders.
Mit einem vernünftig ausgebautem Netz wären die EE mMn schon heute nahezu Grundlastfähig. Irgendwo in DE weht nahezu immer Wind. Die Sonnenstunden sind da natürlich schon weniger flexibel.
Zu Beginn der Energiewende wären die Speicher noch unbezahlbar gewesen. Trotzdem gebe ich dir Recht, dass zu lange zu wenig getan wurde.
Trotzdem sind große Teile der Gleichung eben die von mir erwähnten „Netzverbesserer“. Ein smartes Netz inklusiver smarter Speicher, Wärmepumpen, Wallboxen, variable Tarife für An- und Verkauf aus Speichern (egal wie groß) und Erzeugern kann die EE-Nutzung massiv steigern.

me2

Die Leute im Urlaub klammern wir mal aus. Die durchschnittliche tägliche Fahrleistung eines PKW liegt weit unter dem, was 80-90% der Kapazität an Reichweite ermöglichen, sodass der Großteil der Kapazität der Großteil der E-Autos netzdienlich betrieben werden könnte.
Die zusätzlichen Zykluskosten müssen halt durch Vergütung ausgeglichen werden. Emissionstechnisch ist es egal, ob im Großspeicher oder im Kleinspeicher Verschleiß generiert wird.
Also auch hier Flaschenhals: Fehlendes Smartes Netz.

Power-to-X wird natürlich kommen und gebraucht. Allerdings werden smarte Netze, Speicher und Verbraucher die Volllaststunden von Power2X reduzieren, was hinsichtlich der Gesamt-Effizienz ein Gewinn ist.
Das Gasnetz als Stromspeicher zu begreifen ist aufgrund der Umwandlungen und der dabei entstehenden Verluste nicht optimal und eher Notlösung. Vehicle2Grid ist ja vor allem aufgrund der riesigen Speicherkapazität, die sich nahezu sofort erschließen lassen könnte, interessant. (Allerdings nicht im TWh-Bereich)

Verstehe mich nicht falsch:
Wir brauchen all das, denn mein mehrfach beschworenes smartes Netz allein wird es natürlich nicht allein richten können. Gespeichert werden kann dann immer noch nichts. Aber die Speicherkapazität kann reduziert werden. Und im Hinblick auf die Elektrifizierung von allem (!) muss immer die (Ressourcen) Effizienz mitgedacht werden. Maßlose Einspeicherung in Power2X führte aufgrund der schlechten Wirkungsgrade sogar zu noch mehr Bedarf an EE-Anlagen.

Dein Post, auf den ich zuerst einging, klang mir nur zu sehr danach, als sei es schon (oder schon bald) an der Zeit, EE-Anlagenausbau zu stoppen/zu überdenken und auf Speicher zu setzen.

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Was genau meinst du damit? Der entscheidende Teil ist doch das wir in DE nicht nur 40GWH haben sondern eben 635 GWH.

Übrigens machen die Österreicher noch viel mehr.
Hoffentlich verpennen wir das nicht!?

Außerdem ist zum Hochlauf der EE auch interessant E Autos hochlaufen zu lassen, und geschieht wohl weltweit so:

Der entscheidende Unterschied ist, dass ich Pumpspeicher aktiv wieder befüllen kann.

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Für mich ist der entscheidende Unterschied, das oben von den Beitragenden suggeriert wurden, was fälschlicherweise auf Wikipedia steht, nämlich das wir nur 40 GWH Kapazität hätten und nur 1 Stunde etc damit hinkämen.

Wieviel von den 635 GWH jetzt Pumpspeicher sind müssten wir Prof. Bruno Burger fragen, oder einzeln die Kraftwerkslisten der BNETZA durchgehen. → da hab ich jetzt aber keine Lust zu, ich hab vertrauen in unsere „ziemlich gut arbeitende“ Energiewirtschaft.