Wirtschaftsstandort zukunftsstark machen - Förderung neuer Technologien durch den Staat

Hi zusammen,
ein Vorredner hat das Thema mit den möglichen Krediten für Lilium angeschnitten. Ich würde es sehr gerne etwas allgemeiner aufgreifen.

Lilium und Volocopter arbeiten seit Jahren an neuen Mobilitätskonzepten - elektrisch betriebende Flugshuttles. Derzeit sieht es aus als würde der Staat weder bei Volocopter, noch bei Lilium die diskutierten Kredite einräumen wollen. Den Unternehmen droht kurz vor Marktstart die Luft auszugehen. Es droht wertvolles Wissen zu versiegen oder ins Ausland abzuwandern.

Angesichts wohl massiver Arbeit an ähnlichen Projekten im Ausland stellt sich für mich die Frage: Vergibt Deutschland die Chance, mit den beiden Unternehmen künftige Spitzentechnologie zu fördern und damit Deutschland fit für die Wirtschaft der Zukunft zu machen?

Klar, die Kredite sind risikobehaftet. Aber wäre der Verzicht darauf und das Zeichen an Investoren nicht wieder eine mögliche Schlüsseltechnologie, die wir dem Ausland überlassen, obwohl wir das Zeug dazu gehabt hätten?

Klar, über die Flugshuttles kann man lästern. Aber man muss auch der Realität ins Auge schauen: Haben wir sie nicht, wird sie jemand anderes haben und Geschäfte damit machen. Immerhin geht’s hier um Fliegen mit Strom. Den Aspekt Umweltfreundlichkeit kann man da mE nur begrenzt gelten lassen. Schließlich stellt sich dieselbe Frage auch beim Auto - Verbrenner oder Elektro? Der Verzicht auf die Mobilitätsoption kann realistisch keine Option sein.

Und was den Vorwurf von Luxusspielzeug angeht: Auch das Automobil wurde einst als eine bloß vorübergehende Erscheinung verspottet. Tesla hat an sich damals auch kein Mensch gebraucht oder gewollt, gerade hier in Deutschland - oder? Und wie ist es mit Apple? Wer braucht schon sündhaft teure Designerstücke, mit denen man auch telefonieren kann.

Bottom line: Deutschland muss sich bei Innovationen was trauen, sonst werden wir von den Innovationen abgehängt. Wir haben mit Volocopter und Lilium endlich wieder die Chance, bei einem neuen Ding ganz vorne mit dabei zu sein.

Wenn es nicht klappt, haben wir es wenigstens versucht! Das ist unternehmerischer Mut - den braucht Deutschland unbedingt für die Zukunft.

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Der Staat soll jetzt einspringen, weil die Investoren genau diesen Mut nicht mehr haben, also in ihren bisher geleisteten Investitionen keine Zukunft mehr sehen.
Das ist genau die falsche Richtung. Der Staat sollte stattdessen voranschreiten. Er sollte frühzeitig investieren, also dann, wenn noch keiner an eine Technologie glaubt und nicht, wenn keiner mehr daran glaubt. Ich finde auch, dass der Staat für diese Investitionen Beteiligungen bekommen sollte, um vom späteren möglichen Erfolg auch zu profitieren.
Überhaupt sollte er keine Subventionen mehr verteilen, sondern Geld gegen Beteiligung tauschen.
Dann gibt es keine Diskussionen mehr wegen Unternehmenssteuern, sondern der Staat bekommt seine Einnahmen aus den Gewinnausschüttungen. Und die zahlen die Unternehmen sogar gern.

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Der Staat als Hedgefonds mit Venture Capital Ansatz… Da hätte ich Zweifel

Da ich einmal bei einem Unternehmen gearbeitet habe, was massiv von der Förderung bei neuen Technologien profitiert hat, bin ich etwas im Thema drin.

Was mir damals schon aufgefallen ist, ist die Abhängigkeit von Verbindungen zur Politik und Behörden (Lokal, Regional, Landes, Bundes und EUweit). Der Gründer und Eingetümer (hat den Wirtschaftsförderpreis gewohnen) war im Prinzip nur am Klinge putzen bei diesen Leuten.
Die Politiker und Behörden haben meiner Erfahrung nach überhaupt keine Ahnung, ob das Produkt bzw. die Technologie überhaupt eine Funktion hat. Die kennen nur die Power Points und Business Pläne. Ich erinnere mich dabei immer an die Cargo - Lifter. Da war auch viel Betrug bei, aber es folgte dem gleichen Schema.

Darum bin ich sehr skeptisch was diese Art der staatlichen Förderung angeht. Ich würde lieber mehr in Grundlagen- und Anwendungsforschung investieren und die daraus entstehenden Start ups Steuerlich begünstigen.

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Im Kampf gegen den Klimawandel werden wir energieeffiziente Mobilität brauchen. Dazu gehört Fliegen nicht.
Ich würde zwar mitgehen, dass moderne Industrienationen grundsätzlich nicht ohne das Fliegen auskommen werden. Wenn auch die Intensität drastisch reduziert werden muss. Aber da geht es vor allem um Lang- und Mittelstreckenflüge, die schwer durch andere Verkehrsmittel zu ersetzen sind. Da ein Mittelstreckenflugzeug deutlich größer ist als ein elektrisches Flugtaxi und aufgrund der Energiedichte nicht mit Batterie fliegen wird, lässt sich aus dem Antriebsstrang für die Lilium und Volocopter Anwendungen wenig für die wirklich notwendigen neuen Flugzeug-Generationen lernen. Das dürfte mit der Grund sein, warum sich z.B. MTU aus diesem Feld weitgehend zurückgezogen hat.
Ich sehe ehrlich gesagt keine Zukunft in der die breite Masse mit elektrischen Flugtaxis unterwegs ist. Insofern halte ich es für richtig, dass hier nicht weiter öffentlich investiert wird.

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Stimmt, Cargolifter ist ein (Negativ)Beispiel, dass da immer mit schwebt (im Gegensatz zu dem Lifter). Allerdings gab es damals ja gar kein wirklich funktionierendes System. Volo und Lilium haben ja funktionsfähige Demonstratoren, die bisher alles geschafft haben, was sie sollten.

Subventionen sind natürlich auch immer ein Thema. Kann man durchaus kritisch sehen. Aber auch hier ist es ja so, dass es sie gibt. Die Frage ist eben, wie geht man mit ihnen um. Fördert man nur den Bestand oder auch das, was zum Bestand werden will, auch wenn es am Ende nicht funktioniert? Und auch beim Bestand sind Subventionen ja auch deswegen kritisch, weil man das Sterben ggf. nur hinauszögert. Das kam in der Lage ja durchaus auch mal vor.

Nun, die bisherigen Investoren haben ja schon mehr als eine Milliarde reingesteckt. Dein Punkt ist einerseits valide. Aber andererseits lässt es sich ja auch so drehen, dass sie nun auch ein Zeichen sehen wollen, dass der Staat die Dinger wenigstens nicht abwegig findet und dass man bei einem Gelingen damit rechnen kann, dass er unterstützt oder jedenfalls keine Hindernisse bereitet.

Was die Beteiligung angeht, bin ich bei dir. Geld gegen Beteiligung, da hat der Staat dann auch langfristig Gewinn. Aber hier geht es ja um Kredite. Und keine eingleisigen Subventionen.

Aber was den Zeitpunkt des Invests angeht: Wirklich nur frühzeitig? Weil bis jetzt haben die beiden Unternehmen ja gezeigt, dass sie was können. Man könnte das auch in die Richtung sehen, dass der Staat jetzt greifen kann, was vorher noch zu unsicher war, ob es überhaupt realistisch ist.

Was ich gehört habe war, dass der Prototyp auf 2025 verschoben wurde und darum die Investoren nun auch skeptisch geworden sind.

Vaeridion aus Bayern, Elysian aus den Niederlanden und CATL aus China versprechen in der Reihenfolge der erste bald Kurzstrecke und die anderen beiden bald Mittelstrecke oder Langstrecke mit Batterieflugzeugen zu ermöglichen, wobei bald in letzterem Fall 2050 ist, wenn China klimaneutral sein möchte.

Ich habe mal in der SZ einen Artikel zu so einer Abteilung gelesen, die in Frankfurt ihren Sitz hat. Ich finde ihn aber nicht mehr. Es werden Ziele genannt und Prämien ausgeschrieben. Jeder kann sich bewerben. Und wer die Ziele am Präsentationstag erfüllt, bekommt die Prämie. Das Budget war eher klein, kann mich an die Höhe aber nicht mehr erinnern.

Danke an @peteM für die Korrektur.

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Anfang 2025 soll der bemannte Erstflug bei Lilium stattfinden. Die unbemannten Flugtests waren bisher aber wohl alle erfolgreich. Das letzte Video dazu, was ich auf YT fand, ist das hier: https://www.youtube.com/watch?v=gvoj8mL2jsc

Ja, als erste am Abgrund.

Ich bin der erste der zugibt ein Techniknerd zu sein. Aber Elektro-Flugtaxis? Sorry, das wird nix, die Dinger sind immer noch laut, teuer, haben eine bescheidene Reichweite, einen schmalen Nutzungskorridor und sind so am Ende nur etwas für die oberen 0.5%, wenn überhaupt.

Siehe dazu auch: Futuristisches Flugtaxi: Ist der Lilium-Jet ein Rohrkrepierer? | FLUG REVUE

Wie schon andere vor mit gesagt haben, wir brauchen Risikofinanzierung durch den Staat am Anfang der Kette, bei Forschung, Experiment und Unternehmensgründungen. Nicht dann, wenn die privaten Geldgeber ihr Geld lieber doch wieder in mittlerweile besser verzinste alternativen stecken.

Ich habe auch genug staatlich geförderte Forschungsprojekte von innen gesehen, ich hatte selten den Eindruck, dass die Fördergeber irgendein Verständnis davon hatten was sie da gefördert haben. Ich denke aber auch nicht, dass wir das von unserer staatlichen Verwaltung verlangen sollten. Daraus folgt dann aber, dass wir am besten viele kleine (und damit tendenziell in frühen Phasen sich befindende) Ideen/Projekte fördern sollten, die kosten pro Idee weniger und es ist dann nicht so schlimm, wenn man sich mal bei der Nutzenbewertung vertut.

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Interessant. Hättest du da eine Quelle oder einen weiterführenden Link? Mich wundert das etwas, weil man z.B. für einen Flug über den Atlantik schlicht an physikalische Grenzen stößt was mögliche Materialpaarungen angeht, die für etwaige Batterien der Zukunft infrage kommen, die auch nur potenziell das notwendige Gewichts/Leistungsverhältnis ermöglichen. Aus diesem Grund - so ist zumindest mein Informationsstand - setzen auch alle mir bekannten großen Hersteller von Flugantrieben auf andere Konzepte um diese Leistungsdichten zu ermöglichen. Z.B. die fliegende Brennstoffzelle.

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Immer diese Staatsgläubigkeit. Irgendwelche Beamten verteilen auf Basis von PowerPoints das Geld der Steuerzahler und tragen dabei noch nicht mal ein persönliches Risiko, ist ja das Geld der Steuerzahler.

Wenn die Idee so toll ist, dann würden private Investoren Schlange stehen, Beamte sind bestimmt nicht die schlaueren Investoren.

Gebt den Menschen das Geld, deren Schwarmintelligenz findet sicherlich bessere Verwendung als eine Behörde.

Wieso also den Menschen das Geld erst wegnehmen, damit Beamte mit diesem Geld schlechter investieren als sie selbst.

Ich finde der Staat sollte nur dort investieren, wo es kein privates Interesse geben kann - z.B. in Grundlagenforschung oder Raumfahrt etc.

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Ich persönlich fände geeignete staatliche Unterstützungsmassnahmen sehr sinnvoll.

Meines Erachtens ist das Hauptproblem, dass es eben gar keinen Konsens darüber gibt, wie Deutschland sind in Zukunft positionieren möchte.

Autos werden künftig vermutlich eher andere bauen als wir, da einfach zu teuer. Wind- und Solarenergie haben wir schon vor vielen Jahren kaputt gemacht. Aber was können wir denn dann noch? Wir können uns ja nicht mal auf gemeinsame Grundwerte einigen, wie wir in den letzten Jahren vermehrt feststellen und jetzt bräuchten wir eine gemeinsame Utopie für ein zukunftsfähiges Deutschland… Weiss nicht, ob das einfach wird, aber ich denke, wir brauchen es, das gemeinsame Ziel.

Mein Vorschlag für staatliche Beteiligung wäre ein Wettbewerb, bei dem Unternehmen mit einer Jury und einem objektiven Bewertungssystem gemessen werden und diejenigen mit den meisten Punkten gewinnen dann einen Geldpreis und profitieren zudem von der Publicity.

So etwas ähnliches haben wir doch eigentlich (Link):

Durch zwei Förderungen im Rahmen der Gründungsoffensive Biotechnologie (GO-Bio), mit der das BMBF gründungswillige Forscherteams in den Lebenswissenschaften unterstützt, hat das BMBF 2007 bis 2013 mit insgesamt 4,1 Millionen Euro die Gründungsphase von BioNTech maßgeblich mit unterstützt.

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Ich verweise nur auf WIkipedia.

" mit rechtlichem Sitz in Amsterdam"
" Im Januar 2020 veröffentlichte der Aerokurier einen Bericht, in dem es hieß, dass Lilium die angegebenen Leistungsziele des Flugzeugs nicht erreichen könne und nur zwei Minuten am Stück fliegen könne.[63][64] Der anonym verfasste Bericht wurde vom Unternehmen zurückgewiesen, später jedoch von vier deutschen Luft- und Raumfahrtwissenschaftlern bestätigt, die schrieben, dass Lilium „mit brillanter PR eine Scheinwelt schaffe, um Investoren anzulocken“[65]. Auch Der Spiegel (online) veröffentlichte einen Artikel zu dem Thema.[66]

Im Februar 2021 veröffentlichte Forbes einen Artikel, in dem mehrere ehemalige Mitarbeiter zitiert wurden und in dem es hieß, dass die Entwicklung des Lilium-Flugzeugs von Problemen geplagt sei und die Flugtestkampagne nur minimale Fortschritte machte".[67]"

Puh, wollen wir da Geld reinstecken, wenn Investoren schon keine Lust mehr haben?

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Was das Verständnis der Fördergeber des Staates anbelangt gibt es hier ja Projektträger wie das PTJ, die bei der Entscheidung und Auswahl der zu fördernden Unternehmen/Ideen beraten und helfen. So eine Beratung sollte denke ich auch bei Kreditvergaben und Unterstützungen gegeben sein. Schwierig ist eben, wenn sich eine PolitkerIn aufgrund von anderweitigen Interessen und Kontakten gegen eine Empfehlung dieser Beratung entscheidet. Was man z.B. bei HVO100, Wasserstoff im Verkehr und aus meiner Sicht auch bei Flugtaxis sehen würde. Es gibt coole Ideen und technische Lösungen, die einfach nicht sinnvoll sind gesamtgesellschaftlich.

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Soweit die Theorie. In der Praxis habe ich >5 Jahre davon nichts gesehen. Das war reine Verwaltung: „sind denn die Reisekosten auch richtig abgerechnet worden“? Von Fachkompetenz war da weit und breit nichts zu sehen.

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Da haben also Leute ne Milliarde Euro in ein Projekt reingesteckt, von dem sie glauben, dass es die Erfindung der elektrischen Bratkartoffel ist - machen aber jetzt schlapp, weil der Staat keine 50 Millionen reinbuttert? Offensichtlicher kann der Scam doch nicht sein.

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Habe ähnliche Erfahrungen mit PTJ und anderen Projektträgern gemacht. Die einzigen, die solche Forschungsvorhaben wirklich inhaltlich prüfen könnten, sind Forschungseinrichtungen, die an ähnlichen Themen arbeiten und die sind dann in aller Regel nicht unabhängig. Am Ende kann die Politik also vmtl tatsächlich nur eine grobe Richtung fördern wie z.B. " alles was in Richtung E-Mobilität geht". Das bringt dann das Problem mit sich, dass auch so sinnlos-Projekte wie elektrische Flugtaxis gefördert werden (wie @peteM schon sagt - der Reichweite sind einfach physikalische Grenzen gesetzt). Vielleicht tatsächlich ein Thema, das man mal in einem Interview mit jemandem vertiefen könnte, der sich mit der Förderlandschaft im Detail auskennt. Würde mich auch interessieren, was ser beste Ausweg aus dem Dilemma ist …

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Vielleicht wieder weniger Projektfinanzierung, und dafür mehr Grundmittel? Der eingesparte Overhead beim Projektcontrolling könnte schon ausreichen um die paar Wissenschaftler zu bezahlen die das Geld mitnehmen, aber nichts leisten wollen.

Alleine die ganzen nutzlosen Arbeitsjahre die in das Schreiben und Lesen von Anträgen fließt. Denn am Ende werden ja von 100 Anträgen vielleicht 25 gefördert. D.h. 75 Anträge sind „nutzlos“ geschrieben worden.