Wie viel Quadratmeter Wohnraum pro Einwohner wollen wir uns leisten?

Das Argument mit dem Eigentumsverzicht ist glaube ich ein massiver Punkt. Ich wohne derzeit in einer kleinen Wohnung und kann Umzüge noch mit einer einzelnen Fahrt in einem kleinen VW Bus Transporter bestreiten. Bekannte, Eltern & Co. haben dagegen solche Mengen Unrat, wo man sich nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen kann.

Aber dennoch verstehe ich sie. Ein „downgrade“ ist erheblich schwieriger als ein Upgrade. Das hat man auch beim abnehmen vs. gar nicht erst zunehmen. Und nicht umsonst steigen die Sparraten beim Eintritt ins Berufsleben am stärksten, wenn man den größten Sprung im Lebensstandard macht, während eine Beschränkung der Ausgaben später sehr viel schwieriger ist.

Beim 2. Argument glaube ich aber, dass es eine ganze Menge Leute gibt, die für kleinere, aber modernere Wohnungen mehr zahlen würden - inkl. mir.

Vieles, was du schreibst, kann ich gut nachvollziehen, auch wenn ich den von Dir beschriebenen Extremfall bisher nur in sehr abgewohnten Studentenwohnheimen erlebt habe. Allerdings ist doch das meiste beim Haus mit Garten in Suburbia ganz ähnlich. Man hat vielleicht weniger Nachbarn, diese lernt man aber dafür umso intensiver (und langfristiger) kennenlernt:

Es gibt immer einen Nachbarn, der direkt nebenan auf seiner Terrasse grillen/ein Lagerfeuer machen muss, so dass der Rauch in das Wohnzimmer zieht. Hat man mal im Winter nicht in aller Frühe Schnee geräumt, die Zeitung aus dem Briefkasten geholt oder sind um 9 Uhr die Vorhänge noch zugezogen, wird gleich geklingelt, „um zu sehen, ob alles in Ordnung ist“. Der Rentner auf der anderen Straßenseite führt genau Buch, wann die Hecke wieder zu hoch gewachsen ist und belehrt einen dann über die einschlägige Verordnung. Wenn die Kinder im Garten zu laut sind oder gar auf der verkehrsberuhigten Straße vor dem Haus Fußball spielen, kommt eine Intervention der gesamten Anwohnerschaft. Selbst simple Bauvorhaben, wie ein Carport, führen zu epischen Fehden mit den Nachbarn. Der Querdenker drei Häuser weiter mit seinem schon etwas ölverlierenden SUV ignoriert konsequent das Tempo-30 oder Spielstraßen-Schild („ist ja nie was passiert“). Überhaupt lebt man Grundstück an Grundstück mit den immergleichen - sorry - Spießern, denen man auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist, und in 45 Jahren nicht mehr, als ein „Guten Tag“ oder „gutes Wetter für Tomaten dieses Jahr“ wechseln wird.

Das ist natürlich genauso eine Karikatur, wie deine Beschreibung von shared spaces. Doch „l’enfer, c’est les autres“ und ich muss mich im Leben einfach mit anderen Menschen arrangieren. Das gilt in der dichten Stadt genauso wie in der Suburbanität.

Das ist ein herer Wunsch und prinzipiell stimme ich der Aussage, dass neue Häuser autark zu sein haben zu, aber ist das nicht ein ziemlicher umständlicher Schlingerkurs? Erst Umwelt durch Neubauten unnötigerweise belasten und dann die Belastung irgendwie gering halten. Das ist doch ein wenig, als würde ich eine funktionierende Waschmaschine wegwerfen, weil die neue pro Waschgang 0,05 kWh weniger verbraucht.

Zudem ist das größte Umweltproblem bei aus EFH bestehenden suburbanen Siedlungen meiner Meinung nach nicht der erhöhte Energieverbrauch pro dort wohnender Person (denn da kann man sich Lösungen vorstellen), sondern der durch die Zersiedelung erzeugte massive Mobilitätsbedarf nach mittellangen und langen Wegen, der mehr Autofahrten, Straßen und Parkplätze erzwingt. Dieses Problem ist aus meiner Sicht völlig ungelöst.

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Auf mich klingt es so, als ob die Frage „Wo wohne ich?“ viel mit der Frage nach dem Altwerden und letztendlich unserer Sterblichkeit zu tun hat. Wenn ich in einem Eigenheim wohne, aus welchem ich nicht herausgeworfen werden kann, dann kann ich mir gut eine Illusion von Dauerhaftigkeit aufbauen und einige Jahrzehnte lang gut nicht darüber nachdenken, dass meine Zeit eben nicht ewig ist. Ebenso suggeriert der etwas altbackene Spruch von „Baum pflanzen, Haus bauen, Kind zeugen“, dass das Bauen eines Hauses in unserer Gesellschaft für Viele ein bedeutsamer Weg ist, etwas über den eigenen Tod hinaus bleibendes zu hinterlassen.

Ich möchte jetzt keinen tiefenpsychologischen Dillettantismus betreiben, aber wenn man (wie ich und wahrscheinlich auch du) stark für einen flexibleren Umgang mit Wohnraum argumentiert, sollte man derartige psychologische Mechanismen im Blick haben.

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Wenn ich vom Neubau spreche, meine ich auch nicht die Ausweisung neuer Flächen, sondern primär (und damit meine ich primärST) die Verdichtung von Baulücken und die Renovierung alter Häuser. Neuflächen müssen in Zukunft die absolute Ausnahme sein, das habe ich glaube ich aber auch anklingen lassen. So würde nicht die Natur zerstört, um sie danach zu schonen. Das träfe halt nur auf die wenigen Ausnahmen einer Neuausweisung zu.

Der erhöhte Mobilitätsbedarf ist absolut ein Punkt! Gleichzeitig würde der sich im Vergleich zu jetzt nur erhöhen, wenn weiter heiter zersiedelt wird, nicht jedoch in meinem Szenario einer Modernisierung des EFH-Bestands. Dadurch, dass Bauen ohnehin ein sehr langfristiger Sektor ist, kann man die Verkehrwende (und muss man) hier gleich mitplanen.

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Ein Gedankengang von mir ist, dass es möglich sein muss zwischen Miet-Wohnungen sehr leicht zu tauschen. Natürlich vorzugshalber in seinem sozialem Wohnumfeld.

Es müssten Umzugshilfe gewährt werden und der vorige Mietpreis wird mitgetauscht. Insbesondere sollte das schnell möglich sein bei Genossenschaften und staatlichen Wohngesellschaften.

Das passiert dann, wenn wegen Veränderung der Lebenssituation (z.B. Kinder ziehen raus, Partner stirbt, Krankheiten Pflege) die Wohnfläche den Anspruch übersteigt.

Für Menschen, die in einem Eigentum (oder Mietwohnung) leben und dort Flächen versiegeln der Überproportional ist, wird ein Versiegelungspreis fällig. Die Motivation sollte dahin gehen, dass ihr Eigentum bei Veränderung der Lebenssituation „einfach“ anders nutzbar wird.

Wie zum Beispiel als Wohngemeinschaft, Mehrgenerationsfläche oder als Einliegerwohnungen.

Diese Regelungen benötigen einen zeitlichen Vorlauf, damit alle jetzt gebauten Wohnungen, so modular gestaltet werden können.

Voraussetzung ist natürlich, dass der Gesellschaft jeder Besitzer einer Wohnung in Deutschland bekannt ist. Und die Anzahl der Hauptwohnsitz Meldungen pro Wohneinheit erfasst werden.

Grundlage ist, dass diese Informationen Deutschland weit erfasst und über eine Datenbank Tagesaktuell vorliegen.

Wofür es wahrscheinlich Anpassungen am Grundgesetz bei der Erfassung von Personendaten geben muss.

Das wirkt auf mich alles nach ganz schön Overkill. Diese Maßnahme ist im Ansatz interessant, wäre aber ein unglaubliches Bürokratiemonster. Und ein riesiges zentrales Melderegister? Weiß nicht. Warum nicht die Eigentümer verpflichten und eine steuerliche Absetzbarkeit ermöglichen? Wer mietet, hat selten noch ein paar ungenutzte Grundstücke. Wer vermietet, kann vermietete Immobilien steuerlich auf diese Abgabe geltend machen und wer Zeug nur rumliegen lässt, der zahlt halt. Aber für jede einzelne Immobilie einen aktuellen Bauplan vorhalten, nur damit bloß keiner zu viele m2 verschwendet, halte ich für sehr extrem. Sollen die Eltern halt im gemeinsamen Haus wohnen bleiben. Problem sind doch eher die ungenutzten Flächen.

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  • wie wollen sie in den älteren Baugebieten rechtlich jemanden zwingen den Bauplatz zu verkaufen damit jemand darauf bauen kann? In den neuen Baugebieten wird bei uns von der Gemeinde eine Pflicht zum bebauen innerhalb von 2-3 Jahren festgeschrieben.
  • „nur wer reich ist kann ein Haus sanieren/umbauen“ oft ist das abreißen und neu bauen die bessere Alternative. Vor allem weil bei einem Umbau immer Kompromisse gemacht werden müssen.

Du musst niemanden zur Teilung zwingen, das passiert ganz automatisch. So 4000 m2 Grundstücke aus den 60ern werden von den Erben meist geteilt und einzeln verschwerbelt. Das habe ich schon oft mitbekommen.

Und den Rest kann man ganz natürlich kommen lassen, wenn turnusmäßig die nächste Renovierung (oder auch Abriss+Neubau ansteht)

Bauen dauert und ist zäh. Man kann natürlich nicht den ganze Bestand einmal runtermähen und neubauen. Sowas wandelt sich organisch und dafür braucht man nur die richtigen Wegweiser

Was du beschreibst ist nicht nur deine persönliche Erfahrung, sondern fast so etwas wie ein Naturgesetz des shared space, genannt „tragedy of the commons“. Im Prinzip ist das auch die größte Achillesferse einer sharing economy. Für mich ist das aber kein Grund solche Konzepte zu verwerfen, eben weil das Potential riesig ist und bisherige Ansätze noch kaum versuchen, das Problem in den Griff zu bekommen. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass sharing economy natürlich weniger Konsum bedeutet und damit für die Wirtschaft tendenziell unattraktiv ist.

Trotzdem gibt es ein paar gute Ansätze. Professionelles car sharing funktioniert in Großstädten inzwischen ziemlich gut. Das WG Klo ist natürlich das Paradebeispiel einer gescheiterten sharing economy :slightly_smiling_face:. Wie schon erwähnt wäre aber ja z.B. ein Ansatz einen Teil des gesparten Geldes in professionelle Instandhaltung zu investieren. Für gemeinsam genutzte Räumlichkeiten könnte man sich ggf. eine Reinigungskraft leisten. Ein gemeinsam genutztes Auto kann man regelmäßig zur Inspektion schicken.

Ein anderer Ansatz könnte es sein, Anreize für “gute Behandlung“ zu schaffen. Mietbare E-Scooter werden häufig an den unmöglichsten Orten abgestellt. Man überlegt hier ein Verfahren einzuführen, bei dem der nächste Mieter bewerten kann, wie gut der vorherige Mieter den Scooter abgestellt hat. Wenn er das gut gemacht hat, bekommt er einen besseren Mietpreis. Der finanzielle Anreiz ist dabei allerdings gar nicht der entscheidende. Es gibt hierzu einige Forschung, die zeigt, dass Nutzer vor allem dann ein höheres Interesse haben, gut mit den Dingen umzugehen, wenn nach außen sichtbar wird, dass sie das getan haben. Das ist sicher auch etwas, dass man auf gemeinsam genutzte Räumlichkeiten übertragen könnte.

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Nick_Linden Stammgast

4 d

Das wirkt auf mich alles nach ganz schön Overkill. Diese Maßnahme ist im Ansatz interessant, wäre aber ein unglaubliches Bürokratiemonster.

Bei der Digitalisierung könnt so etwas doch gelöst werden. :wink:

Die Einwohnermeldeämter wissen doch, wer wo seinen Hauptwohnsitz hat.

Nach meiner Vorstellung kennen die Bauämter alle Bauanträge und prüfen, genehmigen die Bauten. Bestenfalls werden die Bauten mit Wohnfläche erfassen und das hoffentlich in Datenbanken.

Die Katasterämter kennen die Besitzer aller Flächen, Bauten und Wohnungen.

Scheint mir lösbar zu sein.

Wo die gesetzlichen Grundlagen der Kataster-, Bau- und Einwohnermelde-ämter (Landes oder Bundesrecht) liegen und diese damit organisatorisch aufgestellt sind, ist die nächste Frage die sich mir stellt.

Wenn diese Grundlagen alle im Landesrecht liegen, ist die Versieglung nicht zu stoppen und wir werden unser Heil im Neubau suchen.

Wenn man die initiale Erfassung von millionen Grundstücken und die Problematik einer zentralen Datenerfassung mal ausblendet - ich sehe hier realistischerweise in den nächsten mindestens 7 Jahre keine Chance, mit der Digitalisierung so etwas zu automatisieren. Gerade das Grundbuch ist vielerorts noch, ja, ein Buch.

Ich blende mal die technische Machbarkeit aus.
Dann ist die Frage wie die Daten dort liegen, was bei der Digitalisierung der Behörden ein grundsätzliches Problem ist. Als Altbau bestimmt als Akte in den hintersten Schränken der Katakomben und müssten aufwendig aufbereitet werden.

In unserer Kommune wurde, um das anfallende Abwasser (Rückhaltebecken) zu berechnen, eine Erhebung gemacht welche Dach und Hofflächen an den Kanal angeschlossen sind. Falls solche Erhebungen auch andernorts gemacht wurden wäre das ein Ansatzpunkt die versiegelten Flächen zu erfassen.

Des weiteren wäre vielleicht ein Ansatzpunkt bei der Grundsteuer zu finden denn diese wird ja irgendwie berechnet und vielleicht ließen sich einige Daten aus diesen Berechnungen ziehen.

beim Punkt „die Einwohnermeldeämter wissen wer wo seinen Hauptsitz hat“ fallen mir noch ganz andere DInge ein.
Andere Länder kommen ohne das lästige, aufwändige deutsche Meldesystem auch aus.
Ich denke Datensparsamkeit kann auch hier sinnvoll sein.
Steuern werden ja erhoben bevor mein Konto berührt wird.

Geiles Beispiel einer Sharing Economy:
https://www.unparkd.com/

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Also ich wäre für 150qm pro Person.

Im Ernst, jeder so wie er will.
Wenn ich mir ein großes Büro ins Haus baue, ein Fitness-Studio, eine Sauna oder einen Pool, geht das niemanden etwas an. Wie ich das und meinen großen Garten sauber halte, soll auch niemandes Sorge sein.

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Eine Möglichkeit ungenutzten Wohnraum frei zu bekommen wäre die Trennung von Amtspost- und Meldeadresse nach Niederländischem Vorbild.
Dort können Personen, die nicht wohnen wollen, eine Adresse für Post beim Amt angeben und eine separate Adresse, unter der sie anzutreffen sind. Dieser Ort, an dem sie anzutreffen sind, kann auch dynamisch sein - wie z.B. der GPS/AIS-Punkt eines Binnen- oder Seefahrtsschiffs.
Diese Lösung wird in Deutschland nicht gewollt, und so sind Mitarbeiter’innen von international mobilen Branchen (Schifffahrt, GIZ, Diplomatie o.ä.) gezwungen, in Deutschland weiter unnötig Wohnraum zu betreiben.
Die vorherrschende Haltung in Deutschland ist „Jede’r MUSS Wohnen“ (Kevin Kühnert im Zeit Podcast „Alles Gesagt“ vom 18.03.2022)

Diese Haltung zu liberalisieren in „Jede’r darf wohnen“ mit entsprechender Entbürokratisierung/Entstigmatisierung von Nicht-wohnen-wollenden wäre eine sowohl sozialere als auch nachhaltigere Lösung zur geringeren Verschwendung von Wohnraum.

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Interessante Ideen hier, die teils doch aber massiv in geltendes Recht eingreifen würden. Zudem würden sich Vermieter ungern in die Höhe ihrer Mieten reinreden lassen, wie wir aktuell ja sehen.
Ähnliche Beispiele kenne ich auch. Da wohnt ein Ehepaar auf dem Lande mit 2 Kindern zu günstiger Miete auf rund 140 qm; der Vater pendelt täglich 50 km einfache Strecke zur Arbeit (Weill die Mieten am Arbeitsort mehr als doppelt so hoch sind).
Nach 20 Jahren ziehen beide Kinder aus. Nun gibt es da noch pflegebedürftige Angehörige in einem nahen Pflegeheim, man zieht also schon daher nicht weg.
Das Ehepaar stellt fest, das 140 qm nun recht groß sind, aber eine kleinere Wohnung würde mittlerweile mehr Geld kosten als die große Wohnung.
Solche Fälle gibt es sicher häufig.
Die Frage bei Neubauten wäre eher, ob man die Größe eines Wohngrundstückes deckeln kann. Muss man 1500 qm Garten haben? Nur mal als Frage…

Klar, auf dem Land? Warum nicht? Darf halt nicht zubetoniert sein.

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Das ist das Problem, zu viel Beton im Garten. Das muss ganz klar gedreckelt werden, höchstens 5% oder meinetwegen 30 Quadratmeter Beton im Garten.

Das Problem ist nicht nur ein zubetonierter Garten. Auch ein Rasen, regelmäßig gemäht wird ist quasi eine Totfläche für Insekten. Auch haben Gärten in den meisten Fällen Zäune, sodass sie keinen Zugagng für größere Säugetiere bieten, deren Lebensraum also weiter eingeschränkt wird. Auch führen große Gärten dazu, dass die Distanz zwischen Häusern größer werden, das heißt, mehr Straßen müssen gebaut werden (mehr Fläche wird versiegelt), was auch zu mehr Strecke führt, die mit dem Auto zurückgelegt werden muss. ÖPNV lohnt sich deutlich weniger, da weniger Leute mit einem ÖPNV Angebot erreicht werden könnten. Der Platz für den Ausbau von Windrädern sinkt, da die ja mittlerweile häufig 1 km von der nächsten Siedlung entfernt sein müssen.

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