Wie Medien den Rechtsruck verhindern können

Hallo Philip und Ulf,

allgemein aber auch im Hinblick mit Kritik am Interview mit Herrn Voigt möchte ich auf folgenden Text hinweisen:

Ich fasse kurz zusammen: In Belgien und Luxemburg gibt es auch Rechte wie in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Doch die rechten Parteien haben dort nicht den Erfolg wie in den Ländern außen herum. Ursache dafür ist der „cordon sanitaire médiatique“ dem sich alle Medien unterworfen haben und der beinhaltet:
„Menschen, die rassistischen, demokratiefeindlichen Gruppen nahestehen, bekommen keine Plattform; Einladungen zu Live-Interviews und Talkshows sind tabu.“

Ich kann nachvollziehen warum Ihr Herrn Voigt interviewt habt. Die Wahl in Tühringen ist für Deutschland sehr wichtig und die Frage ob CDU und AfD koalieren ebenfalls. Vor diesem Hintergrund war das Interview aus meiner Sicht wichtig und richtig. Doch hätte es nicht als ungeschnittenes Live-Interview veröffentlicht werden sollen. Ihr seid fachlich echt gut und habt es auch geschafft Herr Voigt vorzuführen, dennoch ist es ihm gelungen ungefiltert diverse Thesen einfach so rauszuhauen ohne das diese eingeordnet wurden. Und das reicht leider, denn was wir immer wieder hören, glauben wir irgendwann auch.

Ich fände es gut, wenn sich die öffentlich-rechtlichen Medien ebenfalls so einem Kodex unterwerfen würden. Dann werden alle Rechten toben, insbesondere CSU und CDU, aber vielleicht schwenken die dann auch wieder in Richtung Mitte.

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Das würde ich mir auch wünschen.
Es hätte aber vermutlich nicht den Erfolg wie in anderen Ländern.
Mit der Welt haben wir ein Medium, das eine große Reichweite hat und der Axel Springer Verlag wird sich einer solchen Vereinbarung nicht anschließen. Im Gegenteil wird er mit dem Vorwurf, die Pressefreiheit zu beschneiden, dagegen anschreiben und viel Applaus bekommen
Es gab in den 90ern eine geplante EU-Verordnung, die die Vielfalt der Presse sichern sollte. Der Axel Springer Verlag hat sie verhindert.
[Europäische Medienpolitik: Kohls Geschenk an die Konzerne - Medien - SZ.de](SZ - paywalled)
Auch das aktuelle Mediengesetz wollte er verhindern, die Union und die AFD haben ihn dabei unterstützt.

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Wenn der ÖRR diese Regeln konsequent umsetzen würde, würde z. B. in der Tagesschau erläutert werden was es mit den 300.000 Asylanten und den Zahnärzten auf sich hat. Die Reichweite des ÖRR sollte so groß sein, dass damit auch den Lesern von Welt und Bild vermittelt werden sollte, dass die Aussage ihrer Lieblingszeitung unvollständig ist. Auf Dauer sollte damit Welt und Bild als das identifiziert werden was sie sind, Zeitungen voll mit unvollständigen bis falschen Aussagen.

Dennoch hast Du einen wichtigen Punkt, denn die Macht von Axel Springer, CxU und AfD sind zu groß um das umzusetzen und der ÖRR wird sich auch nicht trauen dies umzusezten. Dazu müsste sich der ÖRR gegen die CDU positionieren, das halte ich - leider - für ausgeschlossen.

Tausend Dank! Das ist wirklich gut! Ich kannte das und hatte es schon wieder vergessen.

Ich hatte noch einen anderen Gedanken für den Umgang:
Wir oder eigentlich eher Journalisten können viel Armin Wolf lernen. Ich fand seine Strategien und Haltungen wie im Alles-Gesagt-Interview geäußert sehr interessant. Er erzählt, wie er eine Taktik entwickelt hat Haider zu begegnen. Und wie alle anderen gescheitert sind, weil mach diese dreisten Lügen bis dahin nicht kannte. Und wie gut er war, wie in Übungssituationen motivierte Journalistenschüler:Innen hart an ihm gescheitert sind. Das ist nicht einfach. Und was er sich als Taktiken überlegt hat. Und inzwischen gibt es anders herum Schulungen für Politiker, wie man mit Wolf umgehen kann. Das zeigt: er ist echt gut.
Ich habe mir nicht alles seine Maßnahmen gemerkt. Aber ein Teil waren seine Zettel, mit denen er Fakten überprüfen will. Er hat zudem gut auch seine Zuhörerschaft im Blick und weiß, was man so in de Gesprächsführung wie ankommt (da gibt es Abschnitte zum Gendern und zum Unterbrechen. Letzteres ist ein großes Dilemma).

Sicherlich könnte ein noch besserer ÖRR einige Menschen vom Populismus zurückgewinnen.
Trotzdem halte ich solche großen Hoffnungen für illusorisch:

Wer sich für journalistische Qualität und Falschaussagen interessiert, weiß auch jetzt schon, dass die Bild Müll ist. Viele Menschen wollen aber genau die einfachen (und mitunter falschen) Antworten der (rechts-)Populisten hören. Da geht es nicht um fehlende Informationen, sondern um die Erhaltung des eigenen Welt- und Menschenbildes.
Dafür wird dann auch mitunter kontrafaktisch der ÖRR als linksgrün-bevormundender Staatsfunk diffamiert und schwupps muss man sich schon nicht mehr mit der Kritik an Bild auseinandersetzen

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Es gibt Menschen auf die trifft dies zu und die sind einfach lost. Es ist aber auch so, dass die Mainstream Medien momentan kaum einordnen. Heißt für alle Menschen die sich nicht aktiv um Informationen bemühen wollen, gibt es nur die Einordnung der Populisten. Und genau diese Menschen würde man mir so einem Kodex gewinnen können wie Belgien und Luxemburg zeigen.

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Grundsätzlich durchaus eine Überlegung wert, ich frage mich nur, wie die praktische Umsetzung aussieht.

Die erste Ebene des Problems ist: Wer bestimmt, was eine „rassistische, demokratiefeindliche Gruppe“ ist?

Bei der NPD (oder jetzt: Die Heimat) oder Splitterparteien wie „Der III. Weg“ („Hängt die Grünen“) ist klar, wo lang der Hase läuft, aber „Politiker“ von diesen Parteien bekommen ja auch jetzt schon keine Interviews oder Talkshow-Einladungen, die werden also bereits ignoriert.

Aber bei der AfD werden die Meinungen auseinander gehen. Und die meisten Juristen würden sich wohl auf die Position stellen, dass bis die Partei nicht vom BVerfG verboten wurde, eine derartige Ungleichbehandlung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegen das Prinzip der Chancengleichheit der Parteien verstoßen würde. Daher: Wenn die AfD die stärkste Oppositionspartei ist, darf der ÖRR sie nicht einfach ignorieren, Pressekodex hin oder her. Und wenn die Partei verboten wird, wird man ihr eh keine Interviews mehr geben.

Eine bloße Beobachtung durch den Verfassungsschutz kann eben nicht reichen - sonst hätte auch die längste Zeit kein Politiker der Linken in den Medien auftreten dürfen. Der Verfassungsschutz ist eben keine „neutrale“ Behörde. Das Beispiel der langjährigen Beobachtung der Linken zeigt daher leider sehr gut, dass es jedenfalls nicht alleine auf die Einschätzung des Verfassungsschutzes ankommen kann.

Der zweite Problembereich ist:
Die BLÖD / Axel Springer verstößt bereits jetzt regelmäßig gegen den Pressekodex und sammelt Rügen. Der Pressekodex in seiner jetzigen Form ist nur eine Selbstverpflichtung und hat keinen Normcharakter, bedeutet: es hat absolut keine Konsequenzen (außer eben Rügen) dagegen zu verstoßen. AfD-nahe Zeitungen würden daher sofort den Pressekodex völlig ignorieren und es ist nicht undenkbar, dass Axel Springer als Konzern komplett aus dem Pressekodex aussteigt.

Das könnte man nur verhindern, indem man den Pressekodex staatlicherseits verpflichtend machen würde, aber das wäre ein massiver, massiver Eingriff in die Pressefreiheit, der mit größter Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig wäre. Selbst bei einer entsprechenden Verfassungsänderung müsste man diskutieren, ob es sich um verfassungswidriges Verfassungsrecht handeln könnte (da die Unabhängigkeit der Presse kaum zu gewährleisten wäre, wenn der Staat einen „Verhaltenskodex“ für die Presse vorgibt und bei Verstößen sanktioniert).

In diesem Sinne kann ich nachvollziehen, was man hier erreichen will, ich halte es nur für ausgesprochen schwierig, es zu erreichen.

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Sieht der Verfassungsblock anders.

Auch Anne Will und Maibrit Illner haben mal geäußert, dass nur sie entscheiden, wenn sie einladen und eine Ausgewogenheit nicht zwingend ist.

Die ganze Argumentation des Verfassungsblogs ist zweigleisig:

Erstens wird festgestellt, dass die Präsenz im ÖRR nicht exakt proportional zur Stärke der Parteien in den Parlamenten sein muss, weil der ÖRR hier durchaus einen Gestaltungsrahmen hat (im Gegensatz dazu die Verteilung von Zeiten für Wahlwerbespots, bei der der ÖRR keinen Gestaltungsrahmen besitzt). Das ist korrekt, aber auf Grundlage dieser Argumentation kann man nur „weniger“ AfD fordern, aber nicht „gar keine“.

Zweitens wird dann darauf verwiesen, dass der Auftrag des ÖRR auch beinhalte, die Verfassung zu schützen. Das kann man durchaus so argumentieren, aber hier drehen wir uns eben wieder im Kreis, denn die Frage bliebe ja, wer entscheidet, welche Partei so verfassungswidrig ist, dass man ihr keine Sendezeit im ÖRR geben kann. Diese Entscheidung dem ÖRR selbst zu überlassen ist gelinde gesagt problematisch, gerade auch im Hinblick auf die Staatsferne des ÖRR. Hätte man diese Sichtweise schon früher gefahren, wären im schlimmsten Fall die GRÜNEN in ihren radikaleren Zeiten ebenso wie die PDS (später LINKE) nie in die Berichterstattung gekommen und dadurch möglicherweise so weit „klein gehalten“ worden, dass sie es nie über die 5%-Hürde geschafft hätten. Hier muss man sich einfach bewusst sein, was für einen riesigen Einfluss der ÖRR in der Vergangenheit hatte und heute wohl immer noch hat.

Wie gesagt, ich sympathisiere durchaus mit der Idee und ich kann die Argumentation des Verfassungsblogs auch nachvollziehen, als „Aktivist“ würde ich diese Argumentation auch teilen, aber als „Richter“ (also in einer neutralen Position) würde ich die Argumentation vermutlich nicht gelten lassen. Der Verfassungsblog vertritt hier eben (wie so oft, was ihn sympathisch macht) relativ klar eine eher linke Position, uns muss aber klar sein, dass gemäßigte Konservative (und die sind leider immer noch die Mehrheit unter den Juristen) diese Position eher nicht teilen werden.

Wie immer in juristischen Fragen sollte man es sich, wenn man einen realistischen Blick bewahren möchte, daher nicht zu einfach machen, und die einem selbst sympathischste Ansicht als offenkundig richtig und alles andere als offenkundig falsch sehen. Als Aktivist hingegen kann man sich natürlich bedenkenlos auf die Seite des Verfassungsblogs stellen, aber das macht die Wahrscheinlichkeit, dass das BVerfG die Sache hinterher genau so sehen wird, eben nicht höher. Aktuell gehe ich persönlich davon aus, dass das BVerfG bei einer strikten Benachteiligung der AfD im ÖRR von einer Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit der Parteien ausgehen wird, so lange die AfD nicht verboten wurde. Aber natürlich kann meine Einschätzung da auch falsch sein, denn „vor Gericht und auf hoher See…“

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Diese Sichtweise ist interessant, vor allem, da sie ja von der Realität nicht gedeckt wird.
Bei der nächsten Europawahl treten 35 Parteien und Gruppierungen an, davon neben den Bundestagsparteien 6, die bereits im Europaparlament vertreten sind.
Wo kommen diese in der Berichterstattung vor, abgesehen von den Freien Wählern, BSW und letzter Generation? Wie oft werden die in Talk-Shows eingeladen?

Vielmehr sind die öffentlich-rechtlichen angehalten, Parteien in die Berichterstattung aufzunehmen, die relevant sind - sie müssen die 5% also bereits überschritten haben oder sehr wahrscheinlich auf dem Weg dorthin sein (BSW) oder anderweitig Relevanz haben (Freie Wähler? Letzte Generation?).

In der Berichterstattung die AFD zu berücksichtigen ist also nicht zu verneinen - diese kann aber rein beobachtend, neutral, kritisch und vor allem rein passiv sein.
Ein Recht, in Talk-Shows eingeladen zu werden, abgesehen von den Wahlnachbesprechungen, gibt es nicht (und da habe ich schon erlebt, dass dem AFD-Vertreter, wie auch dem Vertreter der Linken, eine Frage gestellt wurde und dann ging es um die Pläne von SPD, CDU und Grünen garniert mit einem Hauch FDP).

Nicht formell, aber ob dieses Recht (im Rahmen des ÖRR!) Bestandteil der Chancengleichheit der Parteien ist, kann in letzter Instanz wirklich nur das BVerfG sagen. Wie gesagt, wenn du mich nach meiner politischen Meinung fragst, stimme ich völlig zu, dass die AfD nicht im ÖRR mit Talk-Shows oder Sommerinterviews bedacht werden sollte, wenn du jedoch nach meiner juristischen Meinung fragst sage ich recht klar, dass ich das zumindest für problematisch halte.

Die Frage, die sich hier stellt, ist die gleiche wie beim AfD-Verbotsverfahren: Natürlich kann der ÖRR es einfach mal darauf ankommen lassen und die AfD grundsätzlich nicht mehr einladen. Wenn die AfD dann jedoch klagt (und das wird sie definitiv tun!) und Recht bekommt, wird ihr Opfer-Mythos noch mal deutlich stärker, denn dann kann sie - sogar mit Recht - behaupten, der ÖRR hätte sie „canceln“ wollen und das BVerfG hätte ihn gestoppt. Ein für sie positives Urteil des BVerfG einzig bezogen auf die Chancengleichheit der Parteien würde die AfD (bewusst falsch!) auslegen als Gutachten über ihre Verfassungskonformität, und das würde im Wahlkampf definitiv einige Menschen erreichen.

Ob man es dennoch versuchen will, hängt deshalb davon ab, für wie erfolgversprechend man es hält. Und hier kann ich beide Seiten völlig verstehen, die eine, die schätzt, dass es erfolgversprechend genug ist und getan werden sollte, die andere, die befürchtet, dass es vor dem BVerfG scheitern könnte und der AfD im Ergebnis mehr nutzt als schadet. Hier haben wir daher im Prinzip die gleiche Diskussion wie beim AfD-Verbotsverfahren. Und hier muss ich ehrlich sagen: Wenn die Politik schon nicht den Mut zum Verbotsverfahren hat, können wir dann davon ausgehen, dass der ÖRR den Mut hat, die AfD zu ignorieren? Meiner Einschätzung nach wird der ÖRR sich eher auf die Position stellen, den schwarzen Peter der Politik zu reichen und zu sagen: „Verbietet doch die AfD, das ist euer Job, dann müssen wir uns nicht mit solchen politische Fragen herumschlagen“. Denn der ÖRR will sich eigentlich gerade nicht in diese politischen Grabenkämpfe begeben, nicht mal gegen die AfD. Und diese Position des ÖRR kann ich durchaus nachvollziehen. Welcher Intendant des ÖRR will ein Risiko eingehen, welches die Politik zu meiden scheint?

Ich verstehe den Kodex irgendwie anders, denn er hat überhaupt nichts mit Parteien zu tun. Ich zitiere den Satz nochmal:

Menschen, die rassistischen, demokratiefeindlichen Gruppen nahestehen, bekommen keine Plattform; Einladungen zu Live-Interviews und Talkshows sind tabu.

D. h. er richtet sich gegen Aussagen bzw. gegen Menschen. Wenn ein Politiker einer rassistischen, demokratiefeindlichen Gruppe nahesteht, erhält er keine Plattform. Das heißt nicht, dass nicht mehr über solche Menschen/Gruppen/Parteien berichtet wird, es wird lediglich nicht mehr ungefiltert berichtet.
Am Beispiel von Herrn Voigt hieße das konkret: Das Interview wird wie jetzt auch passiert, durchgeführt. Es wird dann jedoch nicht einfach wiedergegeben, sondern Philip und Ulf berichtet über die Inhalte des Interviews. Dies hat zur Folge, dass die ganzen vielen populistischen Falschaussagen herausgefiltert worden wären, bzw. eingeordnet worden wären. Dann könnte man die Folge auch viel angenehmer anhören.

Naja, an dem Beispiel sieht man ja jetzt schon, dass man die vorgeschlagene Formulierung sogar gegen die CDU anwenden will. Ich bin der Letzte, der die CDU verteidigen will und ich halte die Aussage von Voigt auch für rechtspopulistischen Unsinn, aber man sieht an dem Beispiel eben, wie schnell das weite Kreise zieht.

Und die Trennung von Personen und Parteien ist eben fragwürdig. Ja, die Formulierung richtet sich gegen einzelne Personen, aber der Kreis der Personen wird definiert über „rassistische, demokratiefeindliche Gruppen“, womit wohl relativ klar vor allem Parteien gemeint sein dürften (anderen rassistischen, demokratiefeindlichen Gruppen wird ja ohnehin zum Glück keine Plattform geboten, also Pegida-Akteure waren denke ich in keinen Talkshows vertreten, ebenso wenig irgendwelche Neonazi-Gruppierungen…). Also auch wenn in letzter Instanz Personen betroffen sind, wenn diese Personen wegen ihrer Parteizugehörigkeit betroffen sind verschärft das eigentlich nur die Problematik. Oder anders gesagt: Als ÖRR-Verantwortlicher würde ich eine Ablehnung eines Interviews mit einem „Spitzenkandidat Höcke“ tatsächlich im Zweifel vor dem BVerfG vertreten, weil ich davon ausgehen würde, zu gewinnen, eine Ablehnung eines Interviews mit einem hingegen unbeschriebenen Blatt in der AfD wegen der Zugehörigkeit zur AfD hingegen wäre mir zu heiß. Also anders gesagt: Es ist juristisch eher vertretbar, bestimmte Personen, die sich persönlich vorwerfbar verhalten haben, auszuschließen, als ganze Parteien bzw. bisher nicht persönlich vorwerfbar auftretende Personen von Parteien, in denen viele „Problemfälle“ sich sammeln (wie bei der AfD zweifelsohne der Fall).

In dem von dir gebrachten Beispiel wäre diese Formulierung des Pressekodex nicht einmal anwendbar, eben weil die CDU kaum als „rassistische, demokratiefeindliche Gruppe“ bezeichnet werden kann (das wäre selbst mir über’s Ziel hinaus geschossen; die CSU hingegen… :smiley: ) und Voigt auch keine anderen Nähebeziehungen zu solchen nachgewiesen werden können. Das zeigt einmal mehr die Problematik, dass es eine neutrale Instanz bräuchte, die erst mal bestimmen müsste, welche Gruppen offiziell als demokratiefeindlich oder rassistisch gelten.

Ich will wirklich nur die Probleme aufzeigen, die hier vorliegen. Aber selbst wenn wir davon ausgehen, dass das BVerfG einen „harten Pressekodex“, dem sich der ÖRR unterwirft, absegnen würde, bliebe doch die Frage, wie man ihn durchsetzen will, weil er eben nur eine freiwillige Selbstverpflichtung ist und außer Rügen keine Sanktionen existieren. Jede Form des Zwangs durch den Staat wäre zweifelsohne ein massiver Eingriff in die Rundfunkfreiheit.

Und wer soll das auslegen? Wie du jetzt darauf kommst, dass jemand wie Herr Voigt darunter fällt, scheint mir ebenfalls Wunschdenken zu sein. Er sagt ja nichts rassistisches, noch kann man ihn - bei aller Kritik, die man ja inhaltlich haben kann - wohl kaum als Demokratiefeind bezeichnen. Und auch nicht die gesamte CDU. Das hier in den Zusammengang zu setzen ist echt etwas lächerlich und eher populistisch als die Positionen der CDU.

Ich schaue auch regelmäßig Talkshows in ARD und ZDF, die Hardcore-Nazis der AfD sieht man da ja eher nicht. Die laden je schon eher die (sofern man das so bezeichnen kann) gemäßigteren Leute von der AfD ein - in Abgrenzung zu Höcke oder Krah.

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Eigentlich sind die öffentlich-rechtlichen ja nur ein Nebenaspekt der Diskussion. Dem TO ging es ja vor allem um die kommerziellen Medien.
Ansonsten zeigen die Zahlen schon jetzt die AFD im ÖRR unter- und die CDU/CSU überrepräsentiert.

Die AFD weiß ihre Auftritte allerdings besser danach zu skandalisieren, sodass sie gefühlt wesentlich präsenter ist.

Die Frage ist tatsächlich, ob man damit der Sache einen Gefallen tut. Denn dadurch fällt es der AfD natürlich umso leichter, sich als „bürgerliche Alternative“ zur CDU darzustellen. Auch das ist also schwierig.

Wie gesagt, auch für die ist der Pressekodex nicht verbindlich. Der Pressekodex basiert letztlich auf einem Minimalkompromiss (und selbst den bricht die Springer-Presse regelmäßig!), ein Antirassismus-Klausel würde daher erfordern, dass die großen Medienhäuser mitziehen. Und irgend etwas sagt mir, dass Axel Springer eher den Pressekodex als Ganzes aufkündigt, als die AfD auszugrenzen…

Das sind schon krasse Zahlen, das hätte ich vom Gefühl auch nicht so eingeordnet (aber da ich seit vielen Jahren keinen Fernseher mehr habe, ist meine Wahrnehmung ohnehin sehr selektiv).

Das in jedem Fall, aber das hängt eben auch mit der allgemeinen Mentalität der Bevölkerung zusammen. Skandale sorgen dafür, dass über etwas gesprochen wird - und eine Talkshow mit AfD-Beteiligung wird i.d.R. mehr Skandale verursachen als eine Talk-Runde zwischen SPD und CDU (wenn Merz und co. nicht wieder am rechten Rand fischen gehen…)

Ich empfehle den Thread zum Interview von Herrn Voigt mal etwas detaillierter zu lesen. Die CDU hat einen Rechtsextremen zum Chef des Verfassungsschutzes gemacht, sie hat eine Werteunion die sich bei so einem gewissen Geheimtreffen beteiligt hat, sie hat einen Chef der Thesen von Putin und der AfD wiedergibt (Zähnärzte) und die Liste ist da noch lange nicht zu Ende. Das heißt nicht, dass jedes CDU-Mitglied rechtsradikal ist, aber in Summe ist das Verhalten der CDU aus meiner Sicht ziemlich deutlich demokratieschädigend.
Die Frage ist doch: Hat ein jeweiliger Auftritt, also hier das Interview mit Herrn Voigt der Demokratie geschadet oder sie gefestigt? Das kann nur schwer beantwortet werden. Philip und Ulf haben Herrn Voigt durchaus vorgeführt, aber dafür hat er auch eine ganze Menge populistischer Falschaussagen ungefiltert unter den LagerhörerInnen verbreitet. Bei einem normalen Publikum würde ich sagen klarer Punkt für Herrn Voigt, das Lagepublikum dagegen schätze ich als informierter und dadurch resilienter ein. Dennoch kann unbewußt das ein oder andere verfangen haben.

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Maaßen ist allerdings nicht mehr in der CDU und der CDU Vorstand - inkl. Merz - hat vorab einstimmig für die Einleitung eines Partei-Ausschluss-Verfahrens gestimmt. Da eine Verfassungsgefährdung rein zu interpretieren ist einfach hanebüchen.

Ich kenne keinen namhaften Politiker in Deutschland, der deine radikalen Äußerungen hier stützen würde. In Summe herrscht Konsens, dass die Union eine demokratische Partei der Mitte ist. Die Zahnarzt-Äußerung wird aus meiner Sicht zurecht kritisch bewertet. Das macht aber weder Merz als Person noch die CDU zu einer Gefahr für die Demokratie. Maaßen hingegen ist ja offensichtlich eher ein Zeichen, dass die CDU entschlossen reagiert und sich da klar abgrenzt.

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Nur aus Interesse, du scheinst dich besser auszukennen:

War Maaßen tatsächlich Rechtsextrem bevor er Chef des Verfassungsschutzes wurde? Oder wurde er durch die Arbeit rechtsextrem? Ich kann mir gut vorstellen, dass man konservativer wird wenn man ständig mit Worst Case Szenarien zu aufkommenden Gefahren konfrontiert wird.

Ist mittlerweile belegt, dass die Werteunion beim Potsdamer Treffen offiziell vertreten wurde oder waren es eher Privatbesuche einiger Werteunion-Mitglieder?

Nichts für ungut, aber du haust hier ziemlich harte Anschuldigungen raus. Es wäre daher schön wenn du sie belegen würdest oder du solltest sie als subjektive Meinung statt als Fakt markieren.

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Da lohnt es sich, einen Blick auf seine Doktorarbeit zu werfen.

Sind immer Privatbesuche bei solchen Treffen.