Wie lässt sich Rechtsextremismus in der Gesellschaft besser bekämpfen?

Oha. Ich finde es ziemlich krass, dass das Thema Migration, dessen einziger direkter Einfluss auf das Leben der Anblick von (vermuteten) Migranten auf der Straße ist, auf die gleiche Ebene gehoben wird wie die Fragen nach Arbeit, Wohnung, Mobilität und Wohlstand, die sich ja mit großen Einfluss im Zentrum der täglichen Lebensgestaltung abspielen.
Dass man das Thema (gefühlte) Sicherheit in die Reihe stellt, kommt mir noch halbwegs plausibel vor.
Aber die einengende Zuschreibung von Sicherheitsproblemen auf bestimmte Gesellschaftsgruppen erweckt bei mir dunkle Erinnerungen an den Geschichtsunterricht.
Die gedankliche Abkürzung, dass es gar nicht mehr primär um Sicherheit geht, sondern diese Gesellschaftsgruppen selbst das Problem sind, ist da schon der zweite Schritt in Richtung Dunkelheit.

Ich bin auch der Meinung, dass die Politik gut daran täte, die echten Probleme der Menschen in den Blick zu nehmen. Und das sind eben Fragen unter welchen Bedingungen wir Leben, Wohnen, Lernen, Arbeiten und Konsumieren können.
Ganz bestimmt aber nicht die Frage, in welchem Land die Personen geboren wurden, die sich im Land aufhalten.

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Ich finde aber schon, dass der Staat sich um Integration bemühen muss und Migranten, die sich nicht integrieren wollen abschieben muss.

Indem man den gesellschaftlichen Problemen, die die Ängste der Rechtsdrifter schüren, den Garaus macht.

Warum ist Rechtsextremismus so erstarkt? Weil sich bestimmte Themen heute viel stärker instrumentalisieren lassen als früher.

Und die ideologische Verbohrtheit der linken Bubble die weite Teile der etablierten Parteien und Medien inzwischen erfasst hat lässt leider ein Vakuum, dass die Rechten und Neurechten bestens zu füllen wissen.

Am Ende des Tages ist der Mensch ein soziales Tier und die Ideologie der „Vielfalt ohne Wenn und Aber“ wird krachend vor die Wand fahren.

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Ich finde dieses Interview mit Matthias Platzeck sehr sehr eindrücklich.

Im Prinzip geht immer um Kontrollverlust des Staates:
(Diese Aufzählungen ist überspitzt formuliert)

Klimapolitik: von Atom und Kohlekraftwerken hin zu kontrollierbaren Erneuerbaren.

Wohnungsmarkt: Immer mehr Häuser wurden an dubiose Investoren verkauft, und jetzt weiß man nicht mal mehr wer dahinter steht. Dazu Bauvorschriften die alles teurer machen und der Fakt, dass man sich in den Mehrfamilienhäusern sich nicht mehr kennt und kein Vertrauen mehr da ist.

Finanzkrise: Panik und Hilflosigkeit vor dem Finanzsystem

Migration: Das Paradebeispiel für Kontrollverlust.

Schulen und Kitas: zu wenige Kitaplätze, Lehrermangel, Unterrichtsausfälle, Sprachchaos, …

ÖPNV: zum Zustand der Bahn ist glaube ich alles gesagt

Öffentliche Sicherheit: Leider hier aktuell das Thema Messerangriffe, und damit Ängste im öffentlichen Raum.
….

„Der Staat“ versagt in Augen vieler aktuell in seinen elementaren Aufgaben.

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Sicherlich. Es ist nur nicht die gleiche Liga.
In die Schulnote des Staates geht mit großen positiven Gewicht ein, wenn ich:

  • eine schöne Wohnung habe in der ich gut leben kann
  • überall gut hinkommen kann
  • eine sinnstiftenden tätigkeit nachgehen kann für die ich anerkennung bekomme
  • mir und meinen lieben mal was gönnen kann.

Wie gut die Integration funktioniert betrifft primär die Migranten, die aber vermutlich nicht in gleichem Maße davon abgehalten werden müssen, die AFD zu wählen.
Klar, langfristig strahlt das auch auf die primären Probleme aus, weil Migration und Integration eine Lösung sein können.
Und ob, wann und wie eine Hand voll Menschen irgendwohin transportiert werden ist doch an alltäglicher Relevanz für den potentiellen Rechts-Wähler kaum zu unterbieten.

Wir sollten hier klar unterscheiden zwischen echten Problemen, die die Politik lösen kann und sollte und Hetzdiskursen, denen man mit einer klaren humanistischen Haltung im Sinne unserer Verfassung begegnen muss anstatt sie zu bedienen.

Dass es im Themenfeld Migration auch lösenswerte Probleme gibt, ist unbenommen. Aber das sollte eben unter der Flagge von Humanismus und Vernunft angegangen werden und nicht getrieben von rassistischen Hetzern.

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Genau das nicht meiner Meinung nach.

Die AfD ist ein Sammelbecken für rechtsextreme Ideologen geworden und genau von da geht die Gefahr aus. Ich bin aber überzeugt das ein ganz großer Teil der AfD Wähler eben nicht „da“, auf Standpunkten ebendieser Ideologen, steht, sondern die Partei aus Frust und mangelnder Weitsicht wählt weil sie ein Vakuum populistisch ausnutzt das die etablierten Parteien offen lassen. Wer Probleme bei der Asylpolitik sieht ihm/ihr zunehmend Angst bereitet kommt um die AfD nicht herum weil sich keine andere Partei ernsthaft darum kümmert.

Und ich finde solche Aussagen ziemlich krass und makaber, keine zwei Tage nachdem drei Menschen die Kehle aufgeschlitzt wurde und weitere um ihr Leben kämpfen weil sie in Solingen ein Festival der Vielfalt feiern wollten. Der mutmaßliche Täter sollte abgeschoben werden, ist aber untergetaucht und bekam dann (als Belohung?) subsidiären Schutz. Der völlig überforderten Innenministerin fällt nichts besseres ein, als ein Messerverbot zu propagieren - eine populistische Forderung, die nur weitere Wahlkampfhilfe für die AfD ist.

Wieso nimmt man sich nicht endlich ein Beispiel am sozialliberalen Dänemark? Dort sieht man gelingende Integration ohne Parallelgesellschaften. Kalifatische Organisationen wie DITIB, die offen gegen Juden und Schwule hetzen, müssen endlich verboten werden. Hasspredigern im Netz und auf den Straßen darf keine Bühne gegeben werden. Nur so kann man den Rechtsradikalen den Wind aus den Segeln nehmen.

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Das ist m.E. zumindest nicht völlig abwegig. Es gibt praktisch kein konservatives Konzept zum Thema Klimaschutz - außer: weg damit. Es gibt praktisch kein konservatives Konzept zum Thema Migration - außer: weg damit. Und natürlich sind linke Konzepte zu diesen Themen alles andere als perfekt. Gibt nur halt keine konservativen Gegenentwürfe, mithilfe derer man das Thema konstruktiv diskutieren könnte.
Allgemein:

Da sind wir wohl ziemlich eindeutig weg gekommen vom Einzelnen und wieder beim Staat gelandet.

Warum „gefühlte“?

Ich habe gerade mal in die PKS gesehen. Demnach ist die Wohnbevölkerung im Alter zw. 14 und 29 Jahren um 0,5% zurückgegangen von 2022 auf 23 (die rein männliche Alterskohorte gar um 0,65% übrigens). Die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen sind aber um 6,8% gestiegen.

Also sind wir irgendwie deutlich gewalttätiger geworden von einem auf das andere Jahr. Würde ich dann schon als Verschlechterung der Sicherheitslage interpretieren, oder?

Das liegt vermutlich daran, dass die meisten mit der Diagnose, dass der Staat einiges besser machen könnte und sollte, mit den Rechten übereinstimmt.
Nur die daraus abgeleiteten Maßnahmen sind halt recht gegensätzlich.
Bei den Konservativen+Rechten sehe ich da vor allem eine Mischung aus insgeheim „weiter so“ + Sündenbock-Debatten mit Symbol-Politik

[quote=„MarkusS“]
Es gibt praktisch kein konservatives Konzept zum Thema Migration - außer: weg damit. Und natürlich sind linke Konzepte zu diesen Themen alles andere als perfekt.[/quote]

Es gibt linke Konzepte zum Thema Migration? Kannst du mir da Nachhilfe geben?

Die Gefühlte Sicherheitslage ist nun mal das Kriterium für Wahlentscheidungen.

Das durchschnittliche individuelle Risiko Opfer von Gewaltverbrechen zu werden liegt bei ca 0,2%. Das heißt einmal in 500 Jahren.
Das ist aber nur der Schnitt. Wenn man selber kein Migrant ist, und/oder sozial benachteiligte Gegenden nachts meidet, ist das Risiko nochmal geringer.
Es ist also ein Thema mit dem man wahrscheinlich nie in Berührung kommt.
Da gibt es mehrere Risiken, die zahlenmäßig höher sind und schlimmere Auswirkungen haben.
Wer sich tatsächlich Sorgen um die körperliche Unversehrtheit der Gesellschaft macht, sollte sich für Tempolimit, 0 Promille am Steuer und vegetarische Ernährung einsetzen oder mehr besser ausgestattete Frauenhäuser.
Und wenn man tatsächlich etwas gegen Gewaltkriminalität tun wollte, sollte man bei den wissenschaftlich ermittelten Einflussfaktoren ansetzen. Hochjazzen und (rassistische) Scheinlösungen helfen allenfalls dem Gefühl, nicht aber der Sicherheit. Im Gegenteil: Viele fühlen sich dadurch erst unsicher.

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Und nochmal ein Punkt des staatlichen Kontrollverlusts. Wie kann es sein, dass es solche Gegenden, zu den inzwischen ja auch schon Innenstadtbereiche zählen, geben.

Es stimmt einfach nicht, dass es es sich hauptsächlich/überwiegend um Protest-Wählende handelte:

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Da hier mittlerweile so gar nicht mehr zum Thread-Thema diskutiert wird, das da lautet:

Wie lässt sich Rechtsextremismus in der Gesellschaft besser bekämpfen?

Überlege ich ernsthaft, die Admins zu fragen, ob der Thread nicht besser geschlossen werden sollte.

Denn es geht ganz ausdrücklich nicht darum, was „die Politik“ tun sollte, um von rechtsextrem Wählenden besser gefunden zu werden.

Das Wort Kontrollverlust suggeriert, dass es vorher mal aufgrund guter Kontrolle keine Gewaltkriminalität gab. Das wage ich zu bezweifeln.
Die Frage wie die Gesellschaft die Kriminalität reduzieren kann (dazu gibt es soziologische Ursachenforschung), ist aber ein anderes Thema, auf das ich nicht weiter de-railen möchte.

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Zitat aus diesem Artikel, den ich unterschreiben würde.

Die demokratischen Parteien müssen nun zwingend eine konsequente Linie fahren. Sie müssen ihre Ankündigungen in Handlungen umsetzen. Die Regierung muss eine Botschaft an all diejenigen senden, die diesen Staat ablehnen: Wir werden die Destruktion unseres freiheitlich-demokratischen Lebenskonzepts nicht hinnehmen. Und an all die anderen: Wir kümmern uns darum, dass dieses Land eines bleibt, in dem man sicher leben kann. Das erfordert einen besser aufgestellten Sicherheitsapparat, besser informierte Geheimdienste und eine optimierte Zusammenarbeit der Behörden, wenngleich es auch zukünftig schwierig bleiben wird, radikalisierte Einzeltäter frühzeitig als solche zu erkennen. Und auch Repression, also harte Strafen und auch Abschiebung, wo es möglich ist.
Der Polizeipräsident von Wuppertal sagte bei der Pressekonferenz zum Solinger Anschlag am Samstag einen bedeutsamen Satz: Jeder müsse sich selbst überlegen, ob er noch ein Fest oder ein Fußballspiel besuchen will. Es ist die zutiefst bittere Erkenntnis, dass ein unversehrtes freiheitliches Leben nicht mehr garantiert ist. Das ist absolut nicht hinnehmbar.

Die Gesellschaft, und dazu zählen auch integrierte Ausländer, können und müssen dabei helfen zu zeigen, dass jeder der will dazugehören kann.
ABER: der Staat kann es nicht dulden, dass ausreisepflichtige Personen untertauchen und sich der Abschiebung entziehen.

Wenn sich Bürgen nicht mehr auf Feste, Bahnhöfe, in Züge oder Stadien trauen, weil sie Angst haben, dann haben wir halt wirklich ein Problem.

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Da hier offensichtlich kein Interesse an der Diskussion meines Themenvorschlags besteht, empfehle ich, den Thread zu schließen.

Abschließend sei noch angemerkt, dass ich es schon bemerkenswert finde, dass, wenn’s um Faschist:innen geht, hier im Lage-Forum schon nach kurzer Zeit zahlreiche Exkulpationen insinuiert werden, die das Wählen von Rechtsextremen irgendwie entschuldigen bzw. rechtfertigen, was aufs Selbe hinausläuft.

Auf Wunsch des Threaderstellers schließen wir hier.

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