Wie kann ich Laschet als Kanzler verhindern?

Ok, sorry, dann nehme ich meine Aussage bezüglich des Hambacher Forsts zurück - das hatte ich mir offensichtlich falsch gemerkt. Fakt bleibt aber, dass die Grünen eine ähnlich umstrittene Waldrodung in einem Bundesland in dem sie mitregieren derzeit rigide durchsetzen und legitimieren. Auch hat schwarz-grün in Hessen ein ziemlich umstrittenes Polizeigesetz durchgeboxt, was die Grünen als Opposition anderswo sicherlich kritisiert hätten. Meine These, dass die Rhetorik der Grünen sich sehr stark unterscheidet, je nachdem ob sie an der Regierung sind oder nicht, würde ich daher aufrechterhalten.

1 „Gefällt mir“

Natürlich ist es auch nur eine These, aber ich halte es für plausibler, dass es am Zustand der jeweils beteiligten Parteien liegt als per daran, dass jemand mit der Union koaliert. Das Beispiel der FDP zwischen 2009 und 2013 bestätigt das m. E. eher noch, denn da hatten die Liberalen schon ziemlich spezifische Probleme mit enttäuschten Hoffnungen in Schwarz-Gelb.
Geht man nur nach den Prozentzahlen und Koalitionen, dann hat auch die Union in den Merkel-Jahren verloren und nicht gewonnen. Und der FDP ging es in ihren Koalitionen mit Union und SPD seit 1949 mal besser und mal schlechter. Ganz abgesehen davon, dass vergangen Ereignisse nun mal nichts über die Zukunft aussagen.

Alles andere ist wie du selbst schon schriebst Kaffesatzleserei. Zukünftige Ereignisse können wir alle nicht bewerten weil sie noch nie passiert sind, aber aus der Vergangenheit lassen sich zumindest Tendenz ableiten und das zeigt sich für mich, das die CDU/CSU ihre Partner eher schlecht aussehen lässt.
Das siehst du ehe nicht so, das ist ok, Hinweise dass die CDU/CSU gegenteilig agiert konnte ich aber auch nicht erkennen.
Bleibt unter dem Strich, deine Vermutung ist nicht weniger spekulativ wie meine. :wink:

Ich hoffe für sie und das Land, dass sie mit Macro das Alter und den Erfolg gemeinsam hat, aber nicht seine Hybris, die ihm fast zum Verhängnis geworden wäre. (Allerdings scheint sie da einen ganz anderen Stil zu fahren.)

Nun, weißt du, die Menschen kommen nicht zu den Grünen, weil sie ein Klimaschutz-Image suchen. Und bis vor wenigen Jahren kamen sie auch nicht zu den Grünen, weil man sich dort so viel Macht und Einfluss erarbeiten konnte.

All die Beispiele die du nennst, sind immer die Ergebnisse politischer Mehrheiten. Sie bilden nicht den „Willen“ der Grünen ab, sondern das, was in den jeweiligen politischen Bündnissen als machbar gesehen wurde.

Ich behaupte nicht, dass da nicht an manchen Stellen auch mehr drin gewesen wäre. Ich sage nicht, dass ich mit Kretschmanns Rolle im Wechselspiel mit der Automobilindustrie in Baden-Württemberg glücklich wäre, ganz im Gegenteil. Aber ich sehe ein, dass es für die deutsche Automobilindustrie notwendig gewesen sein dürfte, die Grünen nicht als Gegner für zukünftige Entwicklungen kennenzulernen.

Jetzt haben wir eine deutsche Automobilindustrie, die weiter ist als der Bundesverkehrsminister. Einen Herbert Diess, der Volkswagen radikal umzubauen versucht (gegen die inneren Widerstände). Und ja, da wäre mehr möglich gewesen und da muss auch noch sehr viel mehr kommen. Aber das wiederum scheitert dann nicht an den Grünen in politischen Mehrheiten. So viel Fairness würde ich mir bei der Beurteilung schon wünschen.

Nun, ich möchte daran erinnern, dass der schwarz-gelbe Atomausstieg nach Wiedereinstieg durch die dadurch fällig gewordenen Entschädigungen der deutlich teurere geworden ist.

Politik ist immer die Ausgestaltung des Möglichen. Ja, das hängt natürlich mit dem Engagement und der Vorstellungsbereitschaft einzelner Akteure zusammen und ja, natürlich würde Fridays for Future hier noch einmal einen noch radikaleren Ansatz favorisieren – wie ich auch. Aber es hängt ganz wesentlich von den dafür zu gewinnenden Mehrheiten ab. Das hat die Klimaliste in Baden-Württemberg gezeigt.

Und mir ist es wichtig, dass wir als Gesellschaft uns endlich an die Wahrheit gewöhnen, dass die Klimaschutzpolitik, mit der sich die Bundesregierung die letzten 8 Jahre so schmückte, auch ganz aktiv aus den eigenen, vorwiegend schwarzen Reihen bekämpft wurde.

Und trotzdem: Wenn am Ende ein Schwarz-Grünes Bündnis das Einzige ist, bei dem sich der politische „Partner“ z.B. auf einen vorgezogenen Kohleausstieg bis 2030 einlässt, ja, dann muss man ein solches Bündnis wahrscheinlich eingehen. Und dann – um auch mal auf das Thema des Threads zurück zu kommen – dann akzeptiere ich sogar einen Kanzler Armin Laschet, wenn dies der einzige Weg ist, den besten Klimaschutz-Deal für 2021-2025 zu bekommen. Das wäre dann nämlich wichtiger, als Laschet zu verhindern. Aber bequem wäre es garantiert nicht.

Am Ende hängt es durchaus vom Wähler ab und nicht von den Regierungsvorlieben Winfried Kretschmanns – aber klar, vermutlich hat er sogar recht, dass er von der Union mehr Klimaschutz bekommen hat als von der FDP. Andere Bündnisse standen halt nicht im Raum.

3 „Gefällt mir“

Zunächst mal: Ich habe da keinerlei Insiderwissen, aber deinen Beiträgen entnehme ich, dass es bei dir u. U. anders ist, dann lasse ich mich natürlich gern überzeugen.
Auf die einzureichenden Änderungsantrage, die bis Ende April gestellt werden können, wurde hier ja schon hingewiesen. Wahrscheinlich wird man erst danach und auf dem Parteitag im Juni wirklich sehen, wohin die Reise geht.

Zustimmung. Allerdings sind Wahlprogramm und Grundsatzprogramm auch zwei völlig verschiedene Dinge, aber in den ‚grünen Details‘ bin ich auch nicht so sattelfest. Die Grünen werden sicherlich auf den letzten Metern vor der BTW auch alles daran setzen, keine großen Konflikte erst entstehen zu lassen und/oder diese in der Öffentlichkeit auszutragen.

Die Formulierung war zugegeben unglücklich und wird den Problemlagen nicht gerecht. Trotzdem sehe ich mehrere Konfliktlinien:

  • Innerparteilich: Vermutlich wird der vorliegende Entwurf für einige nicht ambitioniert genug sein, bspw. im Bereich Klima/Umwelt (Erhöhung CO2-Preis auf 60 Euro ab 2023, S. 12).
  • Im Umgang mit anderen Parteien: jährlich zusätzliche Investitionen im Umfang von 50 Mrd. Euro für die Transformation (S. 32); Ausstieg aus der Kohle bis 2030 (S. 13); Zulassung ausschließlich emissionsfreier Autos bis 2030 (S. 19). Berührungspunkte mit der SPD gibt es aber allemal (Erhöhung Spitzensteuersatz/Einführung Vermögensteuer, S. 48–49).
  • Mit bestimmten Wähler/innengruppen, die es unwahrscheinlich machen, dass die Grünen mehr Stimmen als CDU/CSU bekommen werden.

Mir persönlich fehlen im Entwurf wichtige Ideen und Impulse hinsichtlich Digitalisierung. Aber vielleicht ist das auch nicht der beste Thread, um die grüne Programmatik in Tiefe und Breite zu diskutieren… Das ist ohnehin dann sinnvoller, wenn alle Programme vorliegen und final beschlossen worden sind.

(Edit: „2030“ statt „2013“)

Das ist ein guter Punkt.

Ergänzen muss man zudem, dass dies wahrscheinlich das erste Jahr einer BTW sein wird – je nachdem, wie sich die Pandemie entwickeln wird – wo wir ganz andere Konzepte und Formen von Wahlkampf erleben werden. Aber ob Laschet in einem Bierzelt auftreten wird oder nicht, macht am Ende sicherlich keinen Unterschied.

Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Mir ging es gar nicht um Grünen-Bashing. Die Grünen operieren halt wie jede andere Partei: Sie kreieren ein bestimmtes Image, versprechen bestimmte Dinge - im Falle der Grünen eben „richtigen“ Klimaschutz. Andere Parteien versprechen halt Dinge wie Sicherheit (Union) oder soziale Gerechtigkeit (SPD). Ob sie den Anspruch dann jeweils auch einlösen, mag jede:r für sich selber beurteilen. Ich finde es nur wichtig, bei der Analyse diese beiden Ebenen - also den symbolischen Kampf um „Marke“ und Image einerseits und die Realpolitik mit ihren Kompromissen andererseits - differenziert zu betrachten und nicht bei den Grünen auf einmal alle Wahlversprechen für bare Münze zu nehmen.

3 „Gefällt mir“

Deswegen ist es auch wichtig, sich die Taten der jeweiligen Partei anzusehen, wenn sie an der Macht sind. Versprechen können die Parteien alle viel, beim Umsetzen wird es spannend. Um die Grünen beurteilen zu können sollte man also nach BaWü schauen. Dort sind sie stärkste Kraft und stellen bereits seit 2011 den Ministerpräsidenten. Genug Zeit um sich ein Bild zu machen.

1 „Gefällt mir“

Ich will mich nicht als wirklicher Insider bezeichnen. Ich bin zwar (eher inaktives) Mitglied und ich habe Verbindungen in die Partei ja, bin dort aber wenn überhaupt mehr mit technischer Infrastruktur beschäftigt, als besonders aktiv an Inhalten beteiligt. Ich würde mich etwa als so gut informiert bezeichnen, wie vielleicht Journalisten, die auch regelmäßig von den Parteitagen berichten.

Ich widerspreche dir den konkret von dir herausgearbeiteten möglichen Konfliktlinien tatsächlich gar nicht! Ich glaube, das ist sehr gut beobachtet. Ich halte tatsächlich wenn die Wahrscheinlichkeit für das Aufbrechen dieser Konflikte für nach der Wahl für wahrscheinlicher.

2 „Gefällt mir“

Ich wollte dir auch kein Grünen-Bashing unterstellen. Im Gegenteil finde ich jede differenzierte Auseinandersetzung verglichen mit manch plakativem Kram von rechts außen wahnsinnig angenehm. Und natürlich ist die Differenzierung zwischen Markenimage und politischem Agieren vollkommen gerechtfertigt.

Ich glaube nur – und auch wenn ich an dieser Stelle ein bisschen nicht völlig unvoreingenommen sein mag – dass bei der Bewertung politischen Handelns manchmal unterschiedliche Maßstäbe gelten. Und gerade weil ich diese unterschiedlichen Maßstäbe auch für eine Frage von Macht und … in Ermangelung eines besseren Wortes … Accountability halte, möchte ich das noch ein bisschen ausführen, weil ich glaube, dass es auch erklärt, warum die Union so stark in Deutschland ist.

Und um den Fokus weg von den Grünen zu lenken, versuche ich mich an einem Beispiel der SPD:

Die SPD hat ja sowohl die Mietpreisbremse im Bund, wie auch den Berliner Mietendeckel dort eben in der Landesregierung politisch (mit) verantwortet oder gar voran getrieben. Bezahlbare Mieten gehören sicherlich zum Markenkern der Sozialdemokratie und ich finde beide Projekte im Sinne bezahlbaren Wohnraums begrüßenswert.

Nun sind beide Projekte in der Praxis wohl weitgehend eine politische Enttäuschung oder auch ein Scheitern. Die eine Maßnahme gilt allgemein als tendenziell eher zahnlos, die andere ist gerade vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Ist die SPD für beides verantwortlich? Ja, politisch gesehen natürlich. Hätte sie in den jeweiligen Projekten klüger agieren können, so dass diese am Ende erfolgreicher hätten sein können? Womöglich ja, aber letztlich würde ich das mich gar nicht zu bewerten trauen.

Aber mache ich nun die Glaubwürdigkeit der SPD in Bezug auf ihre Mietenpolitik jetzt an diesen beiden Projekten fest? Eher nein. Und vor allem: Wie bewerte ich nun die Mietenpolitik aller anderen Parteien in Bezug in Relation zur SPD? Darf man die SPD vielleicht für handwerkliches Ungeschick bei diesen Projekten kritisieren? Unbedingt. Darf man annehmen, dass manche Akteure in der Partei nicht gleichermaßen motiviert sind zu agieren, wie andere, weil sie womöglich selbst vermieten? Auch unbedingt.

Aber für diejenigen, die an einer anderen Mietenpolitik interessiert sind, sollte trotzdem deutlich sein, welche politischen Kräfte sie strukturell unterstützen und welche nicht. Und das finde ich immer wichtig, klar zu benennen.

Denn letztlich finde ich, wird es der Union viel zu leicht gemacht, für das beabsichtigte Scheitern all dieser politischen Initiativen der anderen Akteure nicht nur nicht verantwortlich, sondern fast noch nicht einmal erwähnt zu werden. Wir haben uns einfach daran gewöhnt, dass die Union an dieser Stelle nichts verändern möchte und das bekommt zu wenig ab.

An alle: Tut mir leid, dass es so lange geworden ist. Aber ich hoffe, dass dieser Vergleich auch als Diskussionsbeitrag in Bezug auf den ursprünglichen Thread-Titel taugt: Wie verhindert man Armin Laschet als Kanzler? Indem man deutlich macht, welche politischen Veränderungen die Union seit Jahren in diesem Land ohne große Anstrengung und ohne große Kritik blockiert.

3 „Gefällt mir“

Prinzipiell ist das eine gute Einstellung, jedoch muss man natürlich auch differenzieren, wo bzw. auf welcher Ebene regiert wird: Die Länder haben nur noch sehr wenig Gestaltungsspielräume in vielen Politikfeldern und das Jagdwesen betrifft nur sehr wenige Menschen… ^^
Außerdem unterscheiden sich die Grünen in BaWü teilweise schon stark von denen im Bund oder anderen Ländern. Daher würde ich nicht unbedingt auf die Politik, die sie in einer Bundesregierung machen würden, schließen. Dass BaWü allerdings nicht als Vorbild für Klima- und Umweltschutz (Bsp.: Windkraft) taugt, wurde in der Vergangenheit offensichtlich und liegt auch an der starken CDU und Wirtschaftslobby dort. Insofern ist immer die Konstellation einer möglichen Koalition entscheidend, welche Inhalte umsetzbar sind oder eben nicht so wichtig und daher ‚nur‘ Verhandlungsmasse. Kompromisse gehören in der einen oder anderen Form auch immer dazu…

Danke für die Antwort in dieser Ausführlichkeit und Differenziertheit. Ich stimme Dir absolut zu, dass Bewertungen in der Politik alles andere als „gerecht“ sind. Wer für was gelobt, gefeiert oder angegriffen wird, hat eben sehr viel mehr mit Image zu tun als mit den Mühen der Realpolitik. Und da war die Union mit Merkel einfach in den letzten Jahren sehr erfolgreich - ich bin fast geneigt zu sagen trotz ihrer Politik. Sie hat es geschafft, die Digitalisierung komplett zu verschlafen, die Energiewende zu verhindern, die EU mehrmals an den Rand des Scheiterns zu bringen und sicher noch vieles mehr. Aber ich bin davon überzeugt, dass es für die Post-Merkel-CDU schwer werden wird. Ob es Grünen in vier Jahren ergehen wird wie der SPD oder ob ihre Popularität mangels Alternativen weiter anhält, wird aus meiner Sicht entscheidend davon abhängen ob und ggf. wie sich die Union spaltet. Aber bis dahin dürften die Grünen eher mit der CSU zu kämpfen haben als mit der CDU.
Ich würde ja gerne noch auf die SPD und die Mietenpolitik eingehen - gerne auch im historischen Vergleich, aber das mache ich mal an anderer Stelle mit mehr Zeit. Nur so viel: Es gab mal eine SPD, die wirksame Instrumente zur Behebung des Wohnungsmangels etabliert hat - auch gegen massive Widerstände.
Edit: Tippfehler

2 „Gefällt mir“