Wie kann es sein, dass immer noch Gebäude mit Gasheizungen gebaut werden?

Hallo liebes Lage-Team,

in der letzten Folge fiel sinngemäß der Satz bzw. die Frage:" wie kann es sein, dass immer noch Gebäude gebaut werden, die mit fossilen Brennstoffen beheizt werden?"

Ich lebe in einer Stadt in der Nähe von Frankfurt. Die Mieten in Frankfurt sind teuer und der Zuzug hierher ist enorm (ca. 1000 Personen /Jahr), weshalb immer wieder neue Baugebiete ausgeschrieben werden. Als wir vor ca. 7 Jahren hier gebaut haben, gab es keinerlei Vorgaben bezüglich eines Heizungssystems. Als das letzte Baugebiet ausgeschrieben wurde, waren Gas- und Ölheizungen nicht mehr zulässig.
Soweit so gut - bis… - ja bis plötzlich festgestellt wurde, dass das örtliche Stromnetz ein komplett neues Wohngebiet mit vielen Mehrfamilienhäusern gar nicht versorgen kann, wenn nur noch Wärmepumpen zum Einsatz kommen dürfen…
Ähnliches habe ich erlebt, als ich mir vor 2 Jahren ein E-Auto angeschafft habe und eine Wallbox installieren lassen wollte. Ich erfuhr, dass das einer Genehmigung des Energieversorgers bedarf. Im Ortskern können maximal 2 Wallboxen pro Straße installiert werden, weil sonst das alte Stromnetz überbelastet ist. Das führt dazu, dass E-Auto-Besitzer ihren Wagen an einer Schuko-Steckdose aufladen müssen… Oder Wallboxen deshalb nicht gebaut werden, weil sich ein Mehrparteienhaus nicht einigen kann, wer denn nun einen der begehrten Anschlüsse haben darf- grauenvoll…

  • Ich hatte Glück, meine Wallbox war die erste in der Straße…

So sieht die Realität in der Metropolregion Rhein-Main aus. Die Energieversorger und die Stromnetze sind hier weder bereit für mehr Wärmepumpen noch für mehr E-Autos…

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Das hätte ich gern mal aufgedröselt vom Versorger. Wir beheizen z. B. 200 m2 mit einem Gerät, das kaum mehr als 2 kW zieht. Also nicht viel mehr als ein Wasserkochen. Verglichen zu einer Wallbox also fast nix.

Ich kann mir die Bedenken nur so erklären, dass man von Wärmepumpen ausgeht, die bei sehr tiefen Außentemperaturen und/oder zur schnellen Bereitstellung von Warmwasser einen Heizstab nutzen. Da wiederum könnte man ja untersagen. Die Anlage muss dann entsprechend ausgelegt werden, aber das ist schon möglich.

Die Wallbox ist dagegen tatsächlich ein Großverbraucher, der mindestens vom Versorger in der Leistung steuerbar sein müsste.

Sind die 2 kW denn der Mittelwert übers Jahr?

Mfg
Matder

Das Jahr hat gut 10.000 Stunden. Bei einer mittleren elektrischen Leistung von 2 kW also 20 MWh, aus denen die Wärmepumpe mit Jahresarbeitszahl 4 bis 5 dann 80 bis 100 MWh Wärme machen würde.

Damit könnten wir die ganze Straße beheizen :slight_smile:

Also nein. Die ca. 2 kW sind die Leistung der Wärmepumpe, wenn sie Wärme produziert. Es ist ein nicht-modulierendes Gerät. Sprich: die Leistungsaufnahme ist konstant, sobald sie arbeitet.

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Okay, da hätte man mit einer Überschlagsrechnung tatsächlich rausbekommen können.

Aber welche elektrische Leistung kann denn das Gerät maximal ziehen. Dann sind die 2 kW das, was die Wärmepumpe im Winter-Betrieb typischerweise an elektrischer Leistung zieht oder wie?

Mfg
Matder

Maximal ca. 2 kW. Wenn es draußen superkalt ist und man ein Vollbad nach dem anderen nimmt, dann würde diese Leistung halt nahezu permanent abgerufen. Aber die Spitzenbelastung ist Recht gering. Das Netz muss ja auch damit klarkommen, wenn in einem Wohngebiet alle ungefähr zur gleichen Zeit den Sonntagsbraten in den Ofen schieben. Oder in umgekehrter Richtung in einem Straßenzug jede zweites Haus eine PV-Anlage auf dem Dach hat und dann Mittags 5 bis 10 kW ins Netz drückt.

Wallboxen sind demgegenüber eine ganz andere Hausnummer. Da hast du pro Ladeplatz 11 oder gar 22 kW Spitzenlast. Die müssten halt vom Netzbetreiber bei Bedarf gedrosselt werden könne. Die dazu notwenige Kommunikationstechnik kostet vielleicht 5 Euro. Keine Ahnung, warum man stattdessen die Zahl der Ladeplätze beschränkt.

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Da hast du Recht. Besonders, da Wärmepumpen ja offensichtlich vom Netzbetreiber gedrosselt werden können:
https://heizung.de/waermepumpe/wissen/sperrzeit-der-waermepumpe-das-ist-zu-beachten/

Ist natürlich auch schwierig für die Energiebetreiber das jetzt gleichzeitig die Elektroautos und die elektrischen Heizungen (wenn auch mit weniger Heizleistung) kommen.

Mfg
Matder

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Die Einspeisung unserer in diesem Sommer installierten PV-Anlage kann auch vom Netzbetreiber gedrosselt werden. Das war Bedingung, um sie installieren zu dürfen.

Bin jetzt nicht firm in dem Bereich, meine aber, dass für die Wallboxen die jetzt von der KfW gefördert werden, die gleiche Funktion in die Gegenrichtung Voraussetzung ist.

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Ich hab das Gefühl die heizungsdiskussion wird oft sehr einfamilienhauszentriert geführt.

In Mehrfamilienhäusern in der Stadt kann man afaik keine Wärme Pumpen installieren, also entweder gibt es nen Anschluss ans fernwaermenetz oder eben Gas und Öl. Oder hab ich da was relevantes übersehen?

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Der Artikel ist drei Jahre alt, dürfte sich also einiges getan haben.

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Aus dem Artikel:

Für den Einsatz in Bestands-Mehrfamilienhäusern stellen hohe Temperaturen eine Herausforderung dar. Ein Grund für hohe Temperaturen im Trinkwasserkreis ist der Legionellenschutz.

Eine Lösung dafür ist die Frischwasserstation. Dabei wird das Warmwasser per Wärmetauscher erwärmt. Warmwasserspeicher und (warmes) Trinkwasser sind damit getrennt. Kostet halt noch etwas zusätzlich. Aber daran kann die Energiewende eigentlich nicht scheitern.

Das ist so nicht ganz korrekt:
" Eine Ladeeinrichtung muss immer beim Netzbetreiber angemeldet werden, genehmigungspflichtig sind nur Wallboxen mit über 11 kW Ladeleistung ."

Quelle: Wallbox: Alles über die Elektroauto-Ladestation | ADAC

Ist das eine Aussage deines Stromnetzbetreibers oder deine eigene Schlussfolgerung?

Generell finde ich die Diskussion um die nicht leistungsfähigen Stromnetze etwas merkwürdig. Die Stromnetze werden für eine höhere Leistung ausgebaut werden müssen.
Aber während es vollkommen problemlos möglich ist bis in den letzten Winkel des Planeten eine Infrastruktur aufzubauen um fossile Energien zu fördern (was wir über den Einkauf dieser Energien finanzieren) soll es unmöglich sein im eigenen Land die Netze zu ertüchtigen eine höhere Leistung zu erbringen.

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Was soll den das für ein Gerät sein, dass mit 2kW diese Fläche beheizen kann?
Bzw. was bedeutet bei euch beheizen?

Sehe ich auch so. Die Boden-Bohrungen von jeweils 50m - 100m allein sind schon etwas, dass man sich in den dicht bebauten Städte kaum vorstellen kann. Der Stromverbrauch würde bei solchen Anlagen für Mehrfamilienhäusern auch entsprechend steigen.

Wenn man es mal überspitzt formuliert ist das auch erst mal nur eine Teillösung für bestimmte Haushalte. Ähnlich wie die Elektro-Mobilität. Da müssen einfach massiv die Stromnetze ausgebaut werden. Und da sehe ich schwarz:

https://bundesverband-gegen-suedlink.de/

Ich frage mich ja wie hoch die Schnittmenge aus Netzausbau-Gegnern und Elektromobilfahrern bzw. Wärmepumpen-Besitzern ist. Damit will ich die Technologien nicht per se schlecht machen sondern nur auf einen Widerspruch hinweisen.

Mfg
Matder

Eine ganz gewöhnliche Wärmepumpe für das EFH-Segment mit 8 kW Wärme(nenn)leistung. Die stellt Heizwärme und Warmwasser bereit für 200 m2 und sechs Personen.

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Kannst du das spezifizieren? Ich werde aus deinem Angaben nicht schlau und das Thema interessiert mich, da Wärmepumpe auch für uns die einzige Alternative zu Ölheizung wäre.
Du hast eine Wärmepumpe mit einer Nennleistung von 8kW, die einen Leistungsaufnahme von max 2kW hat und damit eure Warmwasser für Heizung und Verbrauch erhitzt, auf wieviel Grad wird das Brauchwasser erhitzt und auf wieviel Grad heizt ihr die Räume?

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Das Prinzip der Wärmepumpe ist das eines „rückwärts arbeitenden“ Kühlschranks. Anstatt aus einem kleinen Volumen Wärme abzuführen (das Innere des Kühlschranks) und einem großen Volumen zuführen (dem Aufstellraum, über die Kühlrippen an der Rückseite des Kühlschranks), transportiert die Wärmepumpe Wärme aus der Umwelt (Außenluft, Erdreich oder Grundwasser) ins Gebäude. Dafür wendet sie Strom auf und der typische „Gewinn“ ist es Faktor 3 bis 5, den man mehr an Wärme ins Haus bekommt, als man in Form von Strom aufwendet. Wir liegen etwas darüber (im Jahrdurschschnitt 4,x für Warmwasser und um die 6 für Heizungswasser), haben aber auch bestmögliche Bedingungen.

Das Brauchwasser erhitzen wir auf um die 55 Grad, wenn die Sonne scheint (weil dann Strom von der PV-Anlage sehr günstig zu Verfügung steht) und halten es den Rest der Zeit auf knapp über 45 Grad. Legionellen sind im EFH, wo die Leitungen ständig durchgespült werden, kein so großes Problem. Wer sich dennoch absichern will, der kann halt eine Frischwasserstation nutzen.

Die Räume beheizen wir auf maximal 23 bis 24 Grad (Badezimmer). Der Rest die üblichen 20 bis 21 Grad.

Was für die Effizienz einer Wärmepumpe hilfreich ist: Flächenheizung (sprich: Fußbodenheizung) und ordentliche Dämmung. Aber auch mit konventionellen Heizkörpern kann man klarkommen.

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Danke @Guenter für die Ausführung, jetzt leuchtet das ein :+1:
Die Grundzüge waren mir schon bekannt, nur mit den kW bzw. kWh in Bezug auf Wohnfläche ist schwer greifbar.
JAZ ist das was du mit 4,x & 6 angibst nicht?
Es wird wohl mittelfristig auf Wärmepumpe oder evtl doch eine Brennstoffzelleheizung, weil wir eh auch schon PV auf dem Dach haben.

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Genau.

[quote=„AlexS, post:18, topic:10237“]
Es wird wohl mittelfristig auf Wärmepumpe oder evtl doch eine Brennstoffzelleheizung, weil wir eh auch schon PV auf dem Dach haben.[/quote]

Heizung mit Brennstoffzelle ist eher exotisch und teuer.

Wir haben noch ein paar Jahre zeit und meine Frau arbeitet für ein Unternehmen die in dem Bereich entwickeln, vielleicht ergibt sich ja dass Glück, dass man an einer „Feldstudie“ teilnehmen kann :wink:

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