Wie kann der "vergessene Osten Deutschland" zurückgewonnen werden?

Lieber Ulf, lieber Philip,
ich wünsche mir von euch eine Lage zu Ostdeutschland. Ich habe selbst Verwandte dort, die eher im ländlichen Raum leben und bei denen sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren immer mehr verschlechtert haben. Es gibt z.B. immer weniger Ärzte, Krankenhäuser schließen bzw. werden zusammengelegt, hohe Arbeitslosigkeit, zu wenig Rente, Unmöglichkeit die Pflege eines Angehörigen zu finanzieren (bei einer Rente von 1500€ stehen 3000€ Pflege für den Ehemann mit Demenz gegenüber - Wie soll das finanziert werden, wenn auch die Kinder nicht unterstützen können?).
All diese Menschen, mit denen ich auch immer rede, haben den Eindruck, mit ihren Anliegen von der Politik nicht wahrgenommen zu werden. Viele wählen aus Protest die AfD, weil sie sich mit keiner anderen Partei identifizieren können - außer vielleicht noch BSW. Sie sagen von sich: Wir sind keine Nazis, aber es muss etwas passieren.
Viele - insbesondere junge Menschen haben große Angst vor einem sozialen Abstieg. Viele haben in ihrem unmittelbaren Umfeld erlebt, wie die Arbeitslosigkeit und der Niedriglohnsektor zunimmt und Menschen massenweise wegziehen. In den ländlichen Regionen bleiben dann neben vielen alten Menschen besonders junge Männer mit niedrigem Bildungsniveau übrig. Diese sind möglicherweise aufgrund des Gefühls, abgehängt worden zu sein, leichter empfänglich für populistische und autoritäre Botschaften.
Immer mehr Kommunalpolitiker:innen demokratischer Parteien werden persönlich bedroht, halten dem eine Weile stand und geben dann auf.
All diese Entwicklungen sind sehr beängstigend und vor allem ein großes Problem im ländlichen Raum Ostdeutschlandes.

Ich möchte gern verstehen, wieso es zu dieser Entwicklung kam, welche Möglichkeiten es gibt, den Osten wieder zu stärken, den Menschen wieder das Gefühl zu geben, dass sie mit ihren Ängsten, Sorgen und Anliegen gesehen werden. Was kann getan werden - nicht nur kurzfristig, sondern langfristig, damit der ländliche Raum im Osten wieder lebenswerter und attraktiver wird? Wie kann eine bessere soziale und medizinische Infrastruktur aufgebaut werden, dass Menschen dort gerne Leben? Wie kann die AfD zurückgedrängt und die demokratischen Parteien unterstützt werden? Wie kann diese große, große Zahl an Protestwählern zurückgewonnen werden?
Ich selbst rede immer wieder mit meiner Verwandtschaft, aber kann sie nicht überzeugen, dass es falsch ist die AfD zu wählen.
Vielleicht würde mir es besser gelingen, wenn ich bessere Argumente hätte. Ich dachte, dass ihr das bestimmt total gut mal aufdröseln könnt und vor allem Maßnahmen mit Experten diskutieren und vorstellen könnt, wie es gelingt den Osten wieder „zurückzuholen“.

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Ich persönlich kann zwar mit „es muss etwas passieren“ gar nichts anfangen, auch wenn ich eine gewisse Hilflosigkeit verstehe. Gesellschaft passiert aber nicht durch Zugucken, sondern auch eigenes Engagement.
Meine Werte haben ein großes Problem damit, wenn Menschen leichtfertig in Kauf nehmen, dass Minderheiten diskriminiert oder benachteiligt werden. Artikel 3 GG scheint der #noafd fremd zu sein, obwohl angeblich eine Liebe zum Land besteht. Somit habe ich wenig Verständnis, warum man diese verfassungsfeindlichen Ansätze einfach übersehen kann und behauptet, dass nur so „etwas passieren kann“. Wer Feuer legt, baut nicht automatisch ein neues Haus, sondern sorgt erstmal für einen Brand.

Aber gehen wir tiefer rein: ja, der Großteil der Menschen sind keine „Macher“, aber warum gibt es keine Initiativen, wenn Schulen oder Krankenhäuser schließen oder der Jugendtreff merkwürdige Thesen verbreitet? Warum werden die Anfeindungen hingenommen? Warum widmet sich die Landespolitik nicht dem Frauenmangel?

Natürlich sind die Ursachen zermürbend, denn nach der Wende hat sich der Westen nicht für den Osten interessiert. Ausverkauf, deutsche Treuhand… bis heute spürbar. Keine großen Unternehmen, landwirtschaftliche Großbetriebe. Alles wahr, sodass bis heute z.B. kein ostdeutsches Unternehmen im DAX gelistet ist und die Wachstumsräume sich allein auf die Großstädte beziehen. Zugleich lohnt sich tatsächlich ein Blick auf Dresden oder Halle/Leipzig.

Wirtschaftlich kommt aktuell hinzu, dass der Anteil an Industriebeschäftigten (meist männlich) höher ist als in den westlichen Bundesländern - und in der aktuellen Wirtschaftskrise ist v.a. die energieintensive Industrie betroffen. Selbst die VW-Krise könnte sich auf das Werk in Zwickau auswirken.

Demographisch ist weiterhin eine deutliche Schrumpfung zu erwarten, was auch am Frauenmangel liegt und dadurch verstärkt wird: "Alle sind weggezogen": Der dramatische Männerüberschuss und die Folgen | MDR.DE

Kurzfassung: junge, gut ausgebildete Frauen gehen in andere Bundesländer, um dort die gewünschten Berufsmöglichkeiten zu haben, die viele Regionen im Osten ihnen nicht bieten. Frauen zieht es eher in den tertiären Sektor, während Männer im bereits erwähnten industriellen Sektor Arbeit finden. Zudem haben Frauen einen leicht höheren Anteil bei höheren Bildungsabschlüssen. Muss ich noch erwähnen, dass frustrierte junge Männer rechts wählen!?

Es gibt also viele Auswirkungen, die v.a. durch die schrumpfende Bevölkerungszahl beschleunigt werden. Ganz blöd: wenn nun der Osten auch noch unattraktiv für ausländische Arbeitskräfte wird, dann fehlen in der Pflege noch mehr Fachkräfte.

Meines Wissens hat z.B. Sachsen aber bereits eine Quote „Medizinstudienplatz durch Landarztquote“ initiiert, die Studierenden dürften aber noch nicht fertig sein.

Pauschalisierungen sind ja immer blöd, aber schrumpfende Räume brauchen Konzepte, die die Schrumpfung akzeptieren. Und noch pauschaler: es ist mir schleierhaft wie ausgerechnet die #noafd in ihrem Programm Lösungsansätze für den Osten haben soll. Und eine andere Frage betrifft wohl generell den ländlichen Raum: was erwartet man vom ländlichen Raum, der überaltert, in Zeiten des Online-Shoppings und Streamings?

Mein Tipp: kennst du das Magazin Katapult? Die machen weiterhin viel gegen Rechtsextremismus und sehen sich seit Beginn als ein Gegenbeispiel zum Schwund von Journalismus in Ostdeutschland.

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Ich finde diese Aussagen zu pauschal. Weder ist der Zuspruch nur am Land überdurchschnittlich, noch gibt es im Osten im ländlichen Raum homogene Bedingungen.

Teile des Erzgebirges mit seinen vielfältigen Betrieben hat ganz andere Rahmenbedingungen als die Uckermark und die wiederum ganz andere Bedingungen als rund um Hoyerswerda (nur um paar Beispiel reinzubringen). Im Erzgebirge gibt es Gegenden wo Fachkräftemangel ein ernsthaftes Problem ist und Arbeitslosigkeit gerade unter jungen Menschen mit Qualifikation kaum ein Thema ist und dennoch gibt es kaum Landkreise in Deutschland wo die AfD mehr Zustimmung erhält als dort. Auch die Infrastruktur ist dort dank Tourismus noch relativ gut.

Die Gründe dürften also doch vielfältiger sein als nur die wirtschaftliche Lage und die Infrastruktur auf dem Land.

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Ich bin letztes Jahr von Köln nach Berlin gezogen und habe den ersten Monat in Bernau bei Berlin gewohnt. Das ist eine Stadt in Brandenburg, die an die S-Bahn Berlin angeschlossen ist und nur 20 Minuten Fahrtzeit mit der Regionalbahn vom Berliner Hauptbahnhof entfernt ist. In Köln würde man so etwas „Speckgürtel“ nennen und sich freuen dort zu wohnen. Unter einer abgehängten Region verstehe ich etwas anderes. Trotzdem haben dort bei den Landtagswahlen viele einem rechten Populisten von den Freien Wählern oder der AfD ihre Stimme gegeben. Mein homosexueller Kollege, der aus Bernau kommt, jetzt aber in Berlin wohnt, hatte auch nicht viel positives über die Toleranz der Menschen dort zu berichten. Ich glaube man macht es sich zu einfach, wenn man nur ökonomische Gründe für die Unzufriedenheit aufführt. Armut gibt es auch bei uns in NRW und trotzdem liegt die AfD nur bei ~10% in Umfragen und das BSW spielt keine Rolle.

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Eine Möglichkeit wäre den Osten in den Medien auch mal „existieren“ zu lassen.
Und zwar nicht nur weil gerade mal wieder Rechtsextremismus oder AfD Wahl thematisiert wird.

Einfach mal so auch die Probleme des Ostens aufnehmen.

Kleines Beispiel: das PCK in Schwedt war genau 2x Thema in den bundesweiten Medien
1x durch die Aktion der Klimaaktivisten
Und 1x als die Frage des russischen Öls aufkam das da verarbeitet wurde.

Ansonsten ist es nicht existent.

Frankfurt/Oder wird nur dann benannt wenn man mal wieder was über die Viadrina hört.

Ansonsten ist es nicht existent.

Und so zieht es sich durch. Quasi überall.

Der Osten existiert so gut wie nicht in den Medien/ den Parteien.
Auch deshalb hat es die AfD dort so einfach, weil sie sich als Kümmerer und Zuhörer darstellen.

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Wie viel hört man denn über andere Regionen explizit in den Medien und was sind überhaupt die Medien?

Meine fränkische Heimat ist in den bundesweit tätigen Medien genausowenig präsent wie der Osten.

Und der Osten ist ja auch keine homogene Region. Kaum jemand aus Sachsen dürfte Berichterstattung über Mecklenburg Vorpommern als Berichterstattung über seine Heimat wahrnehmen.

Wer aber will kann sowohl über Regionen in Bayern als auch über Regionen im Osten oder überall anders sehr wohl sehr gute Beiträge in den ein oder anderen Formaten finden oder auch eben bei den Landesrundfunkanstalten. Genau diese werden im Osten ja aber wieder ziemlich breit abgelehnt.

Ich sehe eher das generelle Problem, dass viele Beiträge in den Medien sehr aus der Perspektive Großstadt gemacht werden, das betrifft aber die ländliche Bevölkerung bundesweit.

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Also ich kann dir aus dem Stehgreif mehr westdeutsche Landesregierungschef aufzählen als Ostdeutsche.

Bayerns König kommt allenthalben zu Wort wird benannt.

U.s.w.

Das nicht alle westdeutschen Regionen dauernd vorkommen weiß ich selber auch, aber es ist ein Teil des gesamten dass sich die Ostdeutschen als nicht wahr genommen vorkommen nicht als spezifische Region Sachsen, Brandenburg u.s.w. sondern als Ostdeutscher Teil der Republik.

Der inszeniert sich natürlich ziemlich, aber wie viel kommt denn in den bundesweiten Medien über die wirtschaftliche Lage im deutsch-tschechischen Grenzgebiet Bayerns?

Also sollte auf der einen Seite von Deutschland insgesamt berichtet werden, aber dann nochmal besonders von Ostdeutschland, aber ohne das nach Regionen zu differenzieren?

Ich auch, aber das liegt schlicht daran, dass es mehr westdeutsche Bundesländer gibt. Prozentual gesehen läge der Osten vorne.

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Frag dochmal die Forschung, nicht mich, ich schreibe dir aus mittlerweile veralteter Erfahrung ^^


Vielleicht einfach mal neben Söder auch mal’n anderen Ministerpräsidenten zu Wort kommen lassen.

Man könnte auch einfach mal Themenschwerpunkte reihum setzen, jede Woche eine Bundesland.

Denn Problem: sobald irgendwas über Wirtschaft kommt gehts um die Konzernzentralen und oh Wunder, gibt keine in Ostdeutschland.
Jetzt kann man natürlich nicht einfach eine Konzernzentrale nach Ostdeutschland verlegen aber vielleicht auch mal mehr nach unten gucken und eben nicht nur den Bankenchef aus FFM zitieren.

Das ist mit der Punkt warum Ostdeutschland nirgendwo wirklich vorkommt und sich halt eben immernoch bevormundet vorkommt.

Auch das wird ja immer gerne mal eben vom Tisch gewischt, ein paar Alibiossis in irgendwelchen Positionen aus dem Hut gezaubert und am Ende kommt dann doch wieder nur: „Halt die Klappe Ossi und nörgel nicht“.

Auch das als Gesamteindruck prägt die ostdeutsche Wahlentscheidung.

Ich kann es wirklich nicht mehr hören. Keine andere Region des ehemaligen Ostblocks ist dermaßen weich gefallen, wie Ostdeutschland. Global ebenso wie im historischen Vergleich leben die Ostdeutschen immer noch in einem Schlaraffenland, wo Milch und Honig fließen. Und selbst wenn das anders wäre: Keine Rechtsextremisten wählen, sollte für anständige Menschen schlicht voraussetzungsfrei sein.
Einerseits jammern, dass kein Arzt da ist und deswegen andererseits die Wahl einer Partei auch nur zu erwägen, die mehrere tausend Fachkräfte im Medizinbereich nach Syrien und in die Ukraine „remigrieren“ will, ist für mich der Inbegriff von persönlichem Wählerversagen. Da stehe ich ganz klar für "Selbst schuld.’

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Wer sollte das tun? Die von den AfD Wählern verhassten Sender des ÖRR?

Da gibt es in den dritten doch wirklich schon viel Sendungen explizit über den Osten in allen Facetten. Wollen die ja am liebsten sofort abschaffen.

Mir kommt da wirklich zu kurz, dass es schon zu Zeiten der DDR massiv Probleme mit Neonazis gab, dass diese im Osten direkt in den 90ern massive Zustimmung hatten, dass Neonazis sich in der Mitte der Gesellschaft voll ausleben durften, dass Linke dort bei Polizei und co. Keinen Schutz fanden.

War da schon immer die mangelnde Berichterstattung der Medien dran schuld oder gibt es nicht vielleicht doch vielmehr ein Problem mit extrem rechten Gedankengut welches in breiten Teilen der Gesellschaft Zustimmung findet?

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Es gibt Hinweise, dass die Neigung zum Rechtsextremismus teilweise (nicht nur in Ostdeutschland) Ausdruck soziologischer und regionaler Kontinuitäten ist. AfD: "Wo die NSDAP erfolgreich war, ist es heute die AfD" | ZEIT ONLINE

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Ja wir können auch einfach aufgeben und gar nichts probieren.

Naja. Es war ja kein anderer da in den 90ern der irgendein Zugehörigkeitsgefühl angeboten hat.

Die Sportvereine kämpften um’s Überleben. Alles an AG’s wurde eingestellt u.s.w.

(… Bitte sachlich bleiben – Mod.)

Durchaus auch, weil sich niemand für die Probleme interessiert hat.
Die Eltern waren ja mit sich selbst und der neuen Situation beschäftigt.

Eine Berichterstattung über die Problematik hätte vielleicht die Entwicklung anders gestaltet.

Wie gesagt…auf mdr, rbb und auch ndr kann man Berichte über diverse Themen rund um Ostdeutschland ansehen. Dokumentationen, Reportagen, News, etc.

Es gibt Formate die die Vergangenheit romantisch verklären ebenso wie solche die ziemlich hart die Realität darstellen. Es werden Probleme angesprochen, ebenso wie Lösungen gezeigt. Es wird der heruntergekommene ehemals blühende Industriestandort ebenso dargestellt wie Orte oder Zentren die liebevoll restauriert wurden.

Einige Beiträge laufen auch in Formaten in ARD, ZDF, Phoenix etc. also auf Sendern die Bundesweit aufgebaut sind.

Ansehen müssen es sich aber die Leute doch auch selbst.

Wie gesagt begann die Problematik doch schon vor der Wende. Nur trauten sich die Neonazis da halt noch nicht so viel Präsenz zu zeigen, bzw. zumindest wurde es medial nicht aufbereitet. Diese Gruppen unterstützt von Rechtsextremen aus dem Westen waren eine Basis dafür, dass sich dort schnell Strukturen bilden konnten.

Dass es ausgerechnet Rechte Gruppierungen waren bei denen viele Zugehörigkeitsgefühl finden konnten liegt doch auch daran, dass man sich durchaus mit deren Zielen identifizieren konnte.

Das mit den Sportvereinen verstehe ich auch nicht. Sport hat doch auch im Osten in Vereinen kontinuierlich stattgefunden. Es gab einige Konkurse im Profisport, aber Breitensport fand ja weiter in Vereinen statt. Niemand musste sich also mangels Sportverein eine neue „Heimat“ suchen.
Nur musste man halt plötzlich selbst organisieren was vorher noch von Staatsseite für einen organisiert wurde.

Ich weiß nicht was genau du meinst. Was hätte berichtet werden müssen und wo? Wie gesagt habe ich ab Ende der 90er (vorher war ich zu jung) dank mdr, orb (später rbb) und ndr recht viel vom Osten mitbekommen. Über Probleme, Perspektiven, Schicksale, etc.

Ich weiß nicht was man da erwartet. Jeden Tag eine Sondersendung in der ARD?

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Was ich nicht verstehe: In den 40 Jahren deutscher Teilung ist es der alten Bundesrepublik offensichtlich gelungen, die Neonazis klein zu halten. Warum hat man nicht einfach die selben Rezepte, die im Westen so erfolgreich gegriffen haben auf den Osten angewandt? Dann dürfte das Problem heute - 35 Jahre später - im Osten doch nicht größer sein, als es 1990 im Westen war?

Jep, nur wenn die Vereine in den Sportstätten der Betriebe angesiedelt waren …

Mein Volleyballverein hörte halt einfach auf zu existieren, da die Sporthalle nach der Privatisierung nocht mehr zugänglich war.
Mein Kegelverein hörte auf zu existieren, da die Kegelbahn nicht mehr von dem Betrieb erhalten wurde.
Mein Kanuverein kämpfte extrem ums Überleben und wir fuhren mit geflickten Faltboten, da für neue das Geld fehlte.

(… Bitte sachlich bleiben – Mod.)

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Und wie viele davon wurden von Ostdeutschen gemacht?

Ich würde an die These mit dem „Kleinhalten“ ein Fragezeichen setzen.
Das wesentliche Problem bei allen Angeboten, die eine Gesellschaft oder ein Staat machen kann, ist in meinen Augen, dass auf der anderen Seite jemand stehen muss, der wirklich mitmachen will. Das würde ich fast allen AfD-Wähler:innen absprechen. Ich erlebe da eine trotzige Entschlossenheit, die Demokraten zappeln zu lassen. So ein schräges Machtgefühl, dass man endlich einen Schmerzpunkt gefunden hat. Wirklich frustrierend und nervtötend, weil man als Demokrat auf Einsicht setzen will und das kann man nicht erzwingen.
Ich hatte letztes Jahr einen Kuzurlaub bei Studienfreunden in Oybin, ziemlich tief im Osten. Das sind fast alles Menschen, die sich ein Bein ausreißen, um in ihrer Region Kulturangebote zu machen, Arbeit zu vermitteln, in Schulen ehrenamtlich arbeiten, eine Familie organisiert in ihrem Dorf, dass das Freibad im Ort wieder öffnen konnte und für Kulturevents genutzt werden kann und so. Keine Besser-Wessis sondern Leute, die teils seit drei Generationen Zivilgesellschaft vor Ort organisieren. Diese beleidigte, trotzige, passiv-agressive Selbstgerechtigkeit in ihren Gemeinden, die von der AfD befeuert wird, mit zunehmenden, von den Dorfgemeinden stillschweigend geduldeten bis mitgetragenen latenten Drohungen, treiben die letzten Engagierten immer weiter Richtung Wegziehen, Aufgeben, Rückzug ins Private. Und dann ist am Ende der böse Staat schuld. Dass Demokratie was ist, das auf Mitmachen angewiesen ist, ist (nicht nur in Ostdeutschland) einfach nicht verstanden. Zu viele haben die Erwartung, dass das wie ein Demokratie-Drive-In funktioniert, bei dem man maximal alle 4 Jahre ne Bestellung aufgibt und wehe es fehlt hinterher was, dann hat das System versagt.

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Moving the Goalpoast.

Die geäußerte Kritik war, dass die neuen Bundesländer medial unterrepräsentiert seien. Daraufhin wurde zurecht entgegnet, dass erstens die jeweiligen Landes-Rundfunkanstalten viel regionale Berichterstattung haben und zweitens die größten Kritiker in der Thematik sowieso keinen ÖRR nutzen würden.

Jetzt ist das Argument plötzlich, dass nicht genug Menschen mit Ost-Hintergrund die regionale Berichterstattung machen, die es gibt und dass dies der Grund sei, warum diese nicht gesehen wird? Halte ich für vorgeschoben. Weißt du denn, wie viele von den in Ostdeutschland für ostdeutsche Medien arbeitenden JournalistInnen deine Kriterien für ostdeutsch nicht erfüllen würden?

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Ich weiß, dass die Zeit zwar eine ostdeutsche Redaktion hat, aber sie selbstkritisch darauf blickt, dass die sehr westlich dominiert ist. Das ist auch verständlich, denn die meisten Gebildeten wollen vor allem eins: weg. Und bewerben sich dann für die Redaktion im Westen.
Ich gebe dir recht. Das war ein Moving des Goalposts. Allerdings hat @pbf85 das Bayerisch-tschechische Grenzgebiet angesprochen. Auch dort wird lieber über als mit gesprochen. Und die AFD ist stark und der Frust groß.