Was hat es mit dem Wolfsgruß auf sich?

Irgendein Türkischer Spieler hat ein speziellen „Wolfsgruß“ bei der EM gezeigt. Aus dem Kontext entnehme ich, dass es sich hier wohl um eine Türkisch-Nationalistische Geste handelt.

Das hat jetzt sogar diplomatische Konsequenzen weil die Deutsche und Türkische Regierung gegenseitig die Botschafter einbestellen.

Was ich nicht verstehe:

  • Wenn dieser Gruß in Deutschland illegal ist, warum nimmt das nicht seinen normalen Lauf über die Behörden?
  • Wenn dieser Gruß nicht illegal ist, warum machen dann die Politiker so ein Aufstand?
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Er ist nicht verboten. Die Grauen Wölfe (Bozkurt) werden zwar vom Verfassungsschutz als Rechtsextrem eingeschätzt und beobachtet, aber verboten sind sie (leider) noch nicht, obwohl dies öfters mal gefordert wird. Mehr dazu:

Weil ein Zeichen einer rechtsextremen, nationalistischen, aber nicht verbotenen Gruppe dennoch aus gutem Grund kritisiert werden kann. Also wenn ein deutscher Nationalspieler jetzt z.B. ein klares Erkennungszeichen der Identitären Bewegung nach einem Tor zeigen würde, würde das auch zu einem großen Aufschrei führen. Mit Recht!

Wie gesagt, dass die Grauen Wölfe - und damit ihr Gruß als Erkennungszeichen - nicht verboten sind bedeutet leider vor allem, dass der Staat hier schläft. Diese Bewegung ließe sich ohne weiteres mit gutem Grund verbieten, als ganz simples Vereinsverbot.

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Dann müssen sich die Kita aber erstmal eine Alternative zu dem „Schweigefuchs“ überlegen, sondern wandern die ErzieherInnen alle in den Knast.

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Okay, das verkompliziert die Sache. Damit alle das Problem nachvollziehen können:

Damit wird es natürlich deutlich schwerer, diese Geste zu verbieten. Allerdings auch nicht unmöglich, aber dadurch kommt es natürlich sehr stark auf den konkreten Kontext der Verwendung an und ermöglicht leichte Ausreden, die in manchen Situationen schwer zu widerlegen sind. Da der Wolfsgruß in Österreich aber schon verboten ist, scheint es jedenfalls nicht völlig unmöglich. Hier kann man vielleicht mal untersuchen, wie sich das Verbot auswirkt, ob es funktioniert oder zu Problemen führt.

Der Wikipedia-Artikel sagt aber auch, dass der Leisefuchs wegen dem Wolfsgruß schon weitestgehend verdrängt wurde. Es ist wie immer die Diskussion, ob man sich von Rechtsextremen ein Zeichen verderben lassen sollte…

Hier stehen auch kompakt viele Informationen.

Die Grauen Wölfe sind seit Jahren die größte rechtsextreme Gruppierung in Deutschland. Das wissen vermutlich die Wenigsten und sollte auch bedacht werden, wenn über gestiegene, rechte Gewalt gesprochen wird

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Na ganz einfach, weil nicht alles was legal ist, auch legitim ist.

Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, ist das aber auch nicht das erste Mal, dass dieser Gruß durch einen Fußballspieler für Aufregung sorgt.
Gesten und Gesänge die als problematische Nationalismusbekundungen eingestuft wurden, gab es bei allen vergangenen Fußballturnieren. Insbesondere, aber auch nicht exklusiv, bei Mannschaften aus dem vormaligen Jugoslawien (da hier der Wunsch nach Heraushebung der eigenen Nationalität hier offensichtlich historisch bedingt ausgeprägter ist, als anderswo). Ist also zumindest kein türkeiexklusives Ding, der Wolfsgruß ist halt nur deren spezifische Ausprägung.

Das stimmt zwar, aber es ist zu Bedenken, dass im öffentlichen Diskurs keine juristische Beweispflicht existiert. Ergo: Mann muss nicht beweisen, dass Wolfsgruß die einzig mögliche Interpretation der Handlung ist. Den Botschafter einbestellen, Medienecho, Problematisierung etc. kann alles auch stattfinden, sofern es nur als hinreichend eindeutig angesehen wird (und dafür reicht es ja, dass der Fanblock die Geste nicht als Leisefuchs versteht). Für den vorliegenden Fall also kein Problem, aber, wie du sagst, hinsichtlich eines Verbotes vielleicht schon (aber so etwas wird ja ohnehin nicht angestrebt!?).

Also meine Nichte hat den vor 3 Jahren noch ausm Kindergarten mitgebracht und ich war einigermaßen erstaunt über die Geste. Aber nun gut, ist ja kein einschlägig verbotenes deutsches Handzeichen und steht daher eher zyklisch im Interesse der Medien, weshalb hier wohl auch weiterhin eine gewisse Bedeutungsvielfalt bestehen wird.

Die Frage ist aus meiner Sicht, sollte man den Botschafter eines Landes einbestellen wenn irgendein Sportler dieses Landes ein legales, aber provozierendes Verhalten zeigt?

Ich bin da hin- und hergerissen. Zum einen ist der Spieler idealerweise ein Botschafter seines Landes. Andererseits ist es „nur“ ein einzelner junger Mensch, dem der türkische Staat sicher nicht jede seiner Handlungen vorschreiben kann und darf.

Entrüstung von Politikern in Deutschland halte ich für richtig. Aber eine Staatsaffäre mit Einbestellung von Botschaftern sollte dieser Unsinn nicht verursachen. Das ist blanker Aktionismus im Außenministerium.

Die Türkei hatte zuerst den Botschafter einbestellt aufgrund der Kritik deutscher Politiker. Der politische Arm der grauen Wölfe sitzt in der türkischen Regierung.
Die deutsche Seite sah sich dann wohl genötigt, Kontra zu geben.
Ermittlungen werden nun von der UEFA aufgenommen. Das ist auch angemessen, denn die Fairplay- und One-Family-Botschaften des internationalen Fußballs vertragen sich mit so einer Geste nur schwer.

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Das ist nicht passiert.
Der deutsche Botschafter wurde durch den türkischen Außenminister einbestellt, nicht umgekehrt.

Genau diese angebrachte Entrüstung hat zu der Einberufung geführt, da der türkischen Regierung die Kritik an dem rechtsextremen Zeichen nicht gefallen hat. Es gibt Verbindungen zwischen AKP und Grauen Wölfen.


Bzgl der Legalität des Grußes: Es hat schon einen Grund, warum der Gruß in vielen anderen europäischen Ländern verboten ist. Die Grauen Wölfe sind mit über 18000 Mitgliedern die größte rechtsextreme Gruppierung in Deutschland und wurden lange zu sehr unterschätzt:

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Also ich werde auch in Zukunft Gigi D’Agostino hören und auch weiterhin den Schweigefuchs benutzen. Ich lasse mir von Nazis doch nicht vorschreiben wie ich zu leben habe! Das es in dem Kontext eines türkischen Fußballers gegenüber türkischen Fans anders verstanden wird ist halt so…aber ich bin weder das eine noch das andere. Was kommt als nächstes? Daumen hoch heißt nicht mehr ok? Irgendwo hört es auf.

Ich werds dir nicht verbieten. Wir sind ein freies Land.

Als nächstes kommt, dass man - sapperlot! - Gesten im Kontext ihrer Verwendung bewertet.

Wenn Du als Kindergärtner den Leisefuchs verwendest, wird Dich keiner dafür kritisieren.

In diesem Fall hier stand nicht ein Kindergärtner auf dem Fußballplatz, sondern ein türkischer Nationalspieler. Aus diesem Kontext heraus kann man eindeutig schlussfolgern, dass er nicht seine Kindergartenkinder zum Leisesein auffordern wollte, sondern das Handzeichen der Grauen Wölfe verwendet hat.

Und das kann man kritisieren.

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Das passt aber nicht mehr wenn das Zeichen als solches verboten werden sollte,oder?

@der_Matti @sereksim

Danke für die Richtigstellung. Das hatte ich anders verstanden. Die Einbestellung des deutschen Botschafters ist völlig unsinnig. Das mit einer eigenen Einbestellung zu beantworten würde ich zwar nicht für nötig erachten, aber vielleicht sind das ja die diplomatischen Gepflogenheiten.

Man kann das Zeichen Kontext bezogen verbieten. Wenn wir jetzt bei dem türkischen Nationalspieler klar ist, dass es nicht im Ruhe sondern Extremisten geht ist es strafbar. Wenn es in der Schule oder Kita bei extremen Lärm benutzt wird ist es erlaubt. Ich sehr da ehrlich gesagt wenige Grenzfälle. Wobei ich tatsächlich schon lange keinen Schweigefuchs mehr mitbekommen habe. Also unsere Kita und Grundschule macht den eh nicht.

Wie gesagt, das ist die ewige Diskussion, ob man sich von Extremisten bestimmte Zeichen oder Parolen wegnehmen lassen möchte. Extremisten haben nun einmal leider die Macht, Zeichen zu vereinnahmen - und wenn die Russen auf ihr Militärgerät ein „Z“ anbringen und Russen in Deutschland dieses „Z“ auch zwecks Befürwortung des Ukraine-Krieges verwenden, überlege ich mir eben zweimal, ob ich noch mein „Zorro“-T-Shirt mit dem großen „Z“ anziehen will :wink:

Es ist nicht toll, dass Extremisten diese Macht haben, aber das nicht anzuerkennen hilft auch nicht weiter. Man sollte sich schon fragen, wie wichtig einem ein solches Symbol ist, dass man es unbedingt gegen die Vereinnahmung von Rechts schützen möchte. Für mich gilt grundsätzlich: Wenn ein Zeichen eine Bedeutungsebene hat, welche ich vollständig ablehne und welche hinreichend verbreitet ist, werde ich das Zeichen eher nicht mehr nutzen. Es gibt genügend andere Zeichen, die ich stattdessen benutzen kann und der Kampf gegen diese Vereinnahmung ist in der Regel hoffnungslos.

Wenn es wie in Österreich verboten wird, wird natürlich auch geraten, es in anderen Kontexten nicht mehr einzusetzen. Aber einem Kindergärtner, der es als Leisefuchs einsetzt, wird man in der Regel keinen Vorsatz vorwerfen können. Aber ein Verbot spricht sich i.d.R. schnell genug rum und wie gesagt, es gibt genug andere Zeichen. So viel Energie in einen hoffnungslosen Kampf zu investieren wäre einfach nicht clever, so ein hohes Kulturgut ist der Leisefuchs nun wirklich nicht…

Und das dürfte nach der neuerlichen Medienberichterstattung noch weniger werden. Wie gesagt, es ist schade, aber auch Teil der kulturellen Sensibilität, nicht auf Zeichen zu beharren, von denen man weiß, dass sie andere Menschen (z.B. Kurden, die das primäre Hassobjekt der Grauen Wölfe sind) verletzen könnten. Jedem halbwegs gutem Menschen sollte es wichtiger sein, unnötige Verletzungen zu vermeiden, als auf sein Recht zu beharren, einen bestimmten Ausdruck (siehe N-Wort-Debatte) oder ein bestimmtes Zeichen (siehe „Das Hakenkreuz gibt’s ja auch im Hinduismus“-Debatte) zu benutzen.

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Ich fand das war hier eine verpasste Chance. Man hätte den Spieler auf die Schippe nehmen können in dem man so nach dem Motto reagiert hätte: „Psst seit mal alle leise, der Spieler möchte was sagen, er macht den Schweigefuchs“

Wenn wir das als Gesellschaft gut genug durchziehen würden könnten wir diese Geste quasi alleine dadurch abwürgen, dass wir es mit der Geste für ungeduldige Kinder verbinden. Damit würde es zumindest in Deutschland recht schnell unattraktiv sein so eine Geste zu machen, wenn man dann jedes Mal so blöde verballhörnt wird

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Also ich bin kein Jurist, deshalb kann ich nur nochmal empfehelen die vorletzte (oder vorvorletzte?) Lage zu hören, als es um „From the river to the sea“ und die roten Palästinenserkreuze ging. Da hat Ulf es sinngemäß folgendermaßen erklärt (gesetzt dem Falle das würde verboten werden): Damit dir damit in Deutschland juristische Konsequenzen drohen muss das Gericht zur Auffassung kommen, dass für dein Verhalten keine andere Interpretation mehr möglich ist, als dass du das verbotene Zeichen / Parole / Geste etc. verwendest. Die Handbewegung ist also nicht kontextunabhängig strafbar, weil das Gericht immer noch unterstellen kann, dass du das ggf. nicht wusstest oder du deiner Nichte gegenüber selbstverständlich den Leisefuchs machen wolltest. Also auch durch ein Verbot der Geste ist nicht automatisch alles nur noch schwarz-weiß. Bei Herrn Höcke und seinem zitierten SA- Ausspruch war es ja genauso: Auch das ist nicht zwingend strafbar, wenn jemand gar nicht einordnen konnte, was er da sagt. Einem Geschichtslehrer mit deutlich rechter Schlagseite hat das Gericht aber keine Laienunwissenheit mehr unterstellen wollen. (Mit dem Hitlergruß ist es ja ganz ähnlich: Jedem Menschen in unserem Kulturkreis jenseit der fünften Klassen, unterstellt das Gericht nicht mehr, dass er nicht weiß was er da tut).

Also wie gesagt, ist jetzt kein juristischer Ratschlag meinerseits, sondern nur quasi das Lagewissen von neulich widergegeben (am besten nochmal nachhören). Derzeit ist es ja ohnehin nicht strafbar, sodass du die Geste ohnehin machen dürftest. Ich wollte nur sagen, dass - so wie ich es verstanden habe - auch ein Verbot der Geste erstmal nichts daran ändert, dass du den Leisefuchs machen darfst. (Und da gibt es ja zig Beispiele: Die Wolfsangel ist mWn ja auch ein verbotenes Nazi-Symbol - trotzdem kommt es in diversen Stadtwappen vor und darf dort nach wie vor verwendet werden. Der Kontext wird nie ganz abgeschafft).

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