"Warum sagt das keiner von den Grünen?"

Vorab natürlich der Hinweis: ich bin riesiger Fan und will auch das die Kritik konstruktiv ankommt.
(Weil ich denke, dass ihr den Wald vor lauter Bäumen nicht seht, wird es wohl ein wenig polemisch, bitte entschuldigt das vorab. Und auch noch vorab - die Grünen sind hier nur ein aktuelles Beispiel, es könnte sich genauso gut um die AfD, Linken oder andere Parteien handeln)

Ihr fragt euch in LdN245 tatsächlich warum die Grünen nicht von ihren positiven Themen berichten - really? Wer bestimmt denn, welche Themen in den Nachrichten und Talk-Shows besprochen werden?
Wer bestimmt denn über was man in Podcasts redet oder was man seinen Gesprächspartner im Radio fragt?

Es seid ihr. Wer ist „ihr“? Das sind Journalisten, Blogger, Nachrichten(-sprecher) und die, die ein großes Publikum erreichen. „Ihr“ seid die 4. Gewalt und ich würde sogar noch weiter gehen und sagen ihr steht an 1. Stelle der 4 Gewalten.

Es fällt mir immer wieder schwer zu sehen, wie man anderen vorwirft etwas nicht zu machen obwohl man selbst dazu beiträgt, dass es nicht gemacht werden kann. Auch ihr hebt die positiven Beiträge der Grünen in euren Beiträgen nicht hervor, sondern redet über die Skandalisierung der nun wirklich vollkommen irrelevanten Fehler (wie Lebenslauf oder verspätete Anzeige der Einnahmen). Warum sage ich „irrelevant“ - weil diese Fehler Gesamtgesellschaftlich einfach keinerlei Relevanz aufweisen. Wir haben wichtigere Probleme und wenn wir diese weiterhin tot-schweigen, wie es 90% der Qualitätsmedien machen, dann werden diese auch nicht als relevant angesehen und gelöst.
In den Talk-Shows wird doch regelmäßig eine positive Diskussion mit wirklichen Argumenten abgewürgt und dass niemand von den Grünen versucht die „Verbotspunkte“ mit positiven Zukunftsvisionen zu erwidern ist einfach falsch - gutes Beispiel „https://twitter.com/hartaberfair/status/1402032954143019009“ oder auch Baerbocks Diskussion bei Maischberger (ich liefere noch konkretere Beiträge nach auch von anderen Parteien).
Warum kann man nicht, wie ihr es selber kurz im Beitrag macht, darauf hinweisen, dass es vollkommen richtig ist, was die Grünen sagen? Ist die Wahrheit zu unangenehm? Steht das etwa im Einklang mit dem was Wissenschaftler sagen? Kann man damit keine Auflage machen? Fühlt sich da ein Journalist vielleicht auch persönlich in seiner Vorstellung/Lebenssicht angegriffen?
Auch ihr erkennt, dass eigentlich die themenlosesten Parteien, sei es CDU/CSU oder SPD mit Schulz/Scholz profitieren, weil sie damit nirgends anecken - aber genau ihr lasst sie damit durchkommen.

Das wichtigste Gut ist nun einmal die Aufmerksamkeit und davon haben wir alle sehr wenig. Die Strategie der themenlosen Parteien ist nun recht einfach. Aufmerksamkeit auf irrelevante Themen lenken, damit niemand Zeit hat, sich mit den entscheidenden Themen zu beschäftigen - bitte fallt darauf nicht auch herein. Denkt bitte an das Gesamtziel auf welches wir als Gesellschaft hinsteuern müssen - verbraucht nicht die kostbare Aufmerksamkeit mit Nebelkerzen von denen, die darauf setzen, dass ihr sie anzündet.

Mir ist natürlich klar, dass es sich hier um total verkrustete Journalismus-Strukturen handelt, aber wenn diese jemand aufbrechen oder zumindest besser die Zusammenhänge dahinter erklären kann, dann ihr.

Als Abschluss noch die versöhnlichen Worte, dass ein jeder ja auch nur das Ergebnis seiner Wahrnehmungen ist. Aber wenn niemand diese Wahrnehmung stört, vervollständigt sich auch nicht das Ergebnis. Und dafür bin ich euch und dem Forum hier dankbar, denn durch die genialen Diskussionen wird meine Wahrnehmung regelmäßig gestört.

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Sehe ich ähnlich.

Bei Skandalen und emotionsgeladenen Artikeln wird schneller geklickt und gekauft, deswegen macht es für die meisten Medien mehr Sinn über die 16 Cent Bezinpreiserhöhung zu reden als über das „langweile“ Energiegeld.
Da können die Grünen das noch so thematisieren.

Deswegen fand ich dieses Grünen Bashing übertrieben, stattdendessen könntet ihr auch über Medien Mechanismen und Framing reden.

Danke

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Ich denke grüne Themen nehmen bei uns wirklich ausreichend breiten Raum ein. Außerdem geht es doch nicht primär darum, wie wir die Grünen sehen. Wir stellen halt einfach dar, wie die Grünen gerade abstürzen, weil sie einen unterirdischen Wahlkampf machen.

Und abgesehen von der Lage: Wer jetzt jammert, dass die bösen Medien so schlecht berichten, macht es sich viel zu leicht. Natürlich setzen Medien Schwerpunkte, aber die Grünen produzieren eben negative Nachrichten am laufenden Band. Wenn Baerbock eine Benzinpreisdebatte anzettelt, ohne deutlich von Entlastungen zu reden, dann ist das ihr Fehler, nicht der Fehler des Mediums.

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Aber produzieren die Grünen mehr bzw. gravierendere Fehler als andere vergleichbare Parteien? Die Kandidatenkür bei CDU/CSU lief ja nicht gerade glatt, die CDU/CSU haben eine Masken- und Azerbaijan-Affäre und sie haben noch nicht mal ihr Wahlprogramm veröffentlicht. Ob Armin Laschet und Olaf Scholz jetzt persönlich so wesentlich integerer sind als Annalena Baerbock wage ich auch zu bezweifeln. Armin Laschet und Olaf Scholz sind aber schon länger den Bürger:innen allgemein bekannt, so dass weniger Anlass besteht, jetzt noch einmal über in der Vergangenheit liegende Verfehlungen zu berichten.

Ich denke, dass auf die Grünen anders geschaut wird, weil sie zum ersten Mal eine Kanzlerkandidatin aufstellen, weil sie Inhalte vorantreiben die bestimmten Interessengruppen ernsthaft gefährlich werden könnten und weil sie die Oppositionspartei mit den größten Wahlchancen sind. Hinzu kommt, dass eine größere Zahl von Journalist:innen vermutlich selbst den Grünen nahe stehen, aber natürlich vermeiden wollen einseitig positiv über eine Partei zu berichten, der man selbst nahe steht (dann hieße ja wieder populistisch, die ganzen Medienschaffenden seien eh alle links-grün und würden berechtigte Kritik an den Grünen nicht ausreichend aufgreifen).

Nun hätten die Grünen sich vielleicht im Vorfeld mehr Gedanken über diese (vorhersehbare) besondere Wahlkampflage machen können. Kann ich aber aus meiner Perspektive schwer beurteilen ob eine andere Strategie da geholfen hätte.

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Ich habe da ein schönes Beispiel: https://www.podcast.de/episode/582253187/kontrovers-7-juni-2021-die-wahl-in-sachsen-anhalt-ein-signal-fuer-den-bund
Wie die Chefredateurin der Welt da Wahlkampf macht, ist fast schon peinlich.

Allerdings stimmt die andere Seite halt auch: Wenn ich einen Kanzlerkandidaten aufstellen möchte, wenn ich Kanzlerin werden möchte, dann müssen halt die Hausaufgaben gemacht werden. Es war doch vorhersehbar, dass jetzt die Leichen ausgegraben werden. Und sowohl die ungemeldeten Zahlungen als auch der Lebenslauf wären vermeidbar gewesen.
Und die Benzinpreisdebatte: Robert Habeck hat da bei Anne Will herumphilosophiert, beim dritten Nebensatz bin ich ausgestiegen. Da müssen sie einfach an sich arbeiten. Kurze, prägnante Sätze mit einer klaren positiven Botschaft, das kriegt die Konkurrenz halt einfach besser hin.

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Es geht mir hier wirklich nicht um die Grünen - sie sind nur grad wieder ein Paradebeispiel dafür. Mein eigentliches Ziel war aufzuzeigen, wie stark die Medien das Meinungs- und Themenbild bestimmen.

Aber ich greife mal ein Zitat von dir auf und erkläre dir warum die Medien (euch dann indirekt, weil ihr ja häufig Themen aus dieser Landschaft aufgreift) hier Meinung machen und die Parteien letztendlich ein Spielball sind.

Der Ursprung der Benzinpreisdebatte lag in der Sendung von Maybrit Illner dort wurde Habeck gefragt, was der aktuell von der Koalition angesetzte CO2-Preis-Anstieg bedeuten würde. Da sagte er das doppelte vom jetzigen Anstieg von 8Cent (Maybrit Illner vom 20.05.21). Im gleichen Atemzug sagt er aber deutlich, dass es auch zu einer Entlastung durch ein Bürgergeld erfolgen muss - komisch das dies im „Habeck“-Ausschnitt vom ZDF auf Youtube genau fehlt, deshalb hier der 2. Teil seiner Antwort im „Maja Göpel-Auschnitt“. Den Tag drauf greift dann die geliebte BILD die 16 Cent auf (hier) - natürlich ohne zu sagen, dass dies die Koalition beschlossen hat. Ihr Ziel ist die Diffamierung der Grünen - darum greifen sie nur das auf. Jedes andere Medium ist aber genauso faul oder noch fauler und nimmt nur die gleiche steile These und hält sie den Grünen vor. Die erklären darauf in allen Interview Antworten auch immer wieder, dass sie dafür ein Bürgergeld im Programm stehen haben für die Entlastung. Aber niemand, auch ihr scheinbar nicht, nehmen es auf und stellen es in den Titeln und Untertiteln dar. Ihr fragt euch sogar noch, warum die das nicht sagen.
Jedes Medium hätte aus dem Illner-Talk 10.000 andere Sachen rausnehmen können, aber es war ihre Entscheidung sich auf diesen Punkt, der aus meiner Sicht sogar aus dem Zusammenhang gerissen wurde, zu konzentrieren. Also nicht die Grünen sagen es nicht, sondern DIE Medien - die (höhere) 4. Gewalt.
Wir müssen uns das immer klar machen, diese Gewalt hat mehr in dem Land zu sagen, als uns und euch vielleicht lieb ist. Und das einer vom anderen abschreibt ist ja mehr als Standard mittlerweile im Mainstream. Ich bin immer wieder erschrocken, wie gut es die BILD schafft solche Narrative zu setzen und dann auch die Qualitätsmedien von ARD, ZDF, Spiegel usw. auf die Welle aufspringen, es dann aber als eigene Themensetzung verkaufen.

Ich hoffe ein es wenig deutlicher gemacht zu haben, als in meinem ersten Teil - da war ich wohl noch zu Meta unterwegs.

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Damit macht ihr es euch in den Medien aber auch etwas sehr einfach. Die grünen haben z.B. nie gesagt, dass es keine Entlastung geben soll. Da habrn sie sogar ein Konzept, nur das interessiert dann auch keinen Mensch mehr hinterher. Da kann man dann leicht von Fehlern sprechen.

Und sonst würde ich auch sagen, dass die Forderung positiv ist. Weil sie einfach notwendig ist, um langsam vielleicht wirklich doch noch mal etwas gegen den Klimawandel zu machen. Es wird da dann doch lieber etwas negatives draus gestrickt, als zu berichten, dass es halt so kommen muss, wenn wir als Gesellschaft unsere eigenen Klimaziele erreichen wollen. Der Berichtspunkt an der Stelle müsste doch eher sein, wie es dank den letzten Regierungen überhaupt soweit gekommen ist, dass es immer drastischere Maßnahmen braucht.

Von daher sehe ich da oft keinen direkten Fehler (klar kann man manches besser kommunizieren bevor auf dem Punkt weiter rumgehackt wird) aber es ist nun mal der Job der Grünen beim Klimaschutz was zu machen. Das ist deren Kernbotschaft und soll auch im Vordergrund stehen. Umso besser, dass sie da noch was mitgedacht haben, damit es sozialverträglich ist.

Also anstelle da ewig und drei Tage über ein eigentlich nicht existierendes Problem zu berichten sollte man die Zeit nutzen, um darauf einzugehen, was bei den anderen an diesem Punkt alles falsch läuft. Das ist der eigentliche Fehler.

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Danke @sportbag für die differenzierte Analyse, wie es dazu kam. Ich finde wirklich nicht, dass das ein riesiger handwerklicher Fehler war. Was eine Behauptung der Lage war.

Eine weiterer Punkt, den die Lage vorschlug: Die Grünen sollten überall gefragt oder ungefragt vom Energiegeld sprechen. Meine Frage (ich kann das gerade nicht recherchieren): tun sie das nicht vielleicht schon? Auch das sagst du, @sportbag , tun sie. Das klingt plausibel, ist wirklich hart schwer zu belegen.

Daher nochmal die Frage an die Lage, wo sie die schweren handwerklichen Fehler der Grünen sehen und was ihre wirklichen Vorschläge zum Verhalten sind. Oder war das vielleicht ein bisschen vom Ende her gedacht: Nach dem Motto: „sie stehen schlecht da also müssen sie einen Fehler gemacht haben. Sind selbst schuld“. Die Frage ist, ob sie wirklich eine Chance hatten, das „richtig“ zu machen.

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Ich höre mit Begeisterung den Podcast. Aber der aktuelle war ja eine reine Werbeveranstaltung der Grünen. Fand ich sachlich total daneben.

Nachtrag:

Ich glaube, da ist mehr kaputt.

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Ich hoffe, dass wurde inzwischen klargestellt, dass wir immer auch die vorgesehene Entlastung ansprechen. Wenn wir konkret nach unserem Programm gefragt werden, müssen wir darauf auch antworten. Da zettelt niemand eine einseitige Debatte an, bestimmt nicht.
viele Grüße, Thomas von Gizycki MdL

Die Frage ist welche Rolle Jurnalismus hat? Da würde mich natürlich vorallem die Einschätzung von Jurnalist:innen selbst interessieren.
Derzeit läuft es mit der Mechanik eines Gerücht ab. Ich mache mal ein kleines Beispiel: " Ulf Buermeyer möchte Kinderschänder schützen, weil er mit der GFF dem Staat die notwendigen Überwachungsmöglichkeiten nimmt" . Das ist jetzt mal eine völlig unbegründete, polemische Unterstellung. Natürlich ist Ulf nicht für Kinderschänder. Seine Meinung ist lediglich, dass der Weg der falsche ist, der Polizei immer mehr Überwachungsmöglichkeiten zuzuräumen. Statdessen würde er selbst wahrscheinlich mehr und besser ausgebildetes Personal fordern.

Wie sollten Jurnalist:innen nun damit umgehen? Würde man das Verhalten der Benzinpreisdebatte auf dieses Thema übertragen, würde ab jetzt jedes Interview mit der Frage losgehen „Herr Buermeyer, haben sie kein Herz für Kinder?“. In der Diskussion kommt Ulf jetzt in eine Deffensivrolle. Statt darum zu streiten, wie man Kinder gut schützen kann und welcher Weg hierbei der richtige ist, um Pädokriminalität zu verhindern, muss Ulf sich gegen ein ad hominem Argument verteidigen. Er als „Berlin Mitte Jurist, hat ja gar keine Ahnung, wie echte Polizeiarbeit läuft“ usw… Das perfide dabei ist, egal wie gut Ulf argumentieren wird, es bleibt etwas an ihm kleben. Die Leute werden unsicher. Einerseits hat er gute Argumente, anderseits sagen die Jurnalist:innen ja immer wieder, dass er „Kein Herz für Kinder“ hat. Letztendlich kommt man ins Zweifeln und wird unsicher.

Daher ist die Frage, ob Jurnalisten Vorwürfe einfach so aufgreifen sollten.

Auch diese Methadebatte ist seltsam. Statt das eigentliche Argument zu prüfen, wird über die Folgen spekuliert. Nachdem durch das Gerücht das Vertrauen geschädigt wurde, wird jetzt vorgeworfen, dass die Menschen kein Vertauen haben.

Dabei sind diese „Skandale“ und Themen ja nicht zufällig, sonder werden geziehlt von Medien, Verbänden. Parteien usw. gespielt. Mir scheint bei Medien hier eine Art Schlagseite zu herrschen. Über Kritik und Fehler von „den Guten“ wird viel eher Berichtet, da sie eine Hoffnung zerstören und eine Neuigkeit bieten. Dass die CDU, CSU und FDP hingegen stark von Industrieinteressen beeinflusst wird, wie z.B. beim Widerstand der Fraktion gegen die aktuellen Lieferkettengesetz deutlich wird, ist keine Neuigkeit und hat daher keine Nachrichtenwert.

So kommt aber ein völlig schiefes Bild zu stande, als ob die Grünen schlechte Arbeit machen würden, während bei der Union alles gut laufen würde. Wie können Medien so gewichten, dass sie einerseits keine Partei ergreifen, aber auch unsinnige Argumente und Anschuldigungen nicht durch die ständige Wiederholung in Tagesschau, Talkshows und Co. legitimisiert werden?

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Danke @Felix1 für deinen Beitrag. Du konntest dich ein wenig besser vom Beispiel der Grünen lösen (mit einem anderen, sehr guten Beispiel). Bin leider selber nicht auf ein solches gekommen, aber genau dahin wollte ich die Diskussion unter diesem Thema führen.
Ich denke einfach, dass wir die Rolle der JournalistInnen und deren Hintergründe, Abhängigkeiten vielleicht auch Zwänge viel mehr in den Blick nehmen sollten, um besser beurteilen zu können, wie Artikel einzuordnen sind.

Grundsätzlich bin ich halt der Meinung, dass wir die breite Berichterstattung immer in einem gesamtgesellschaftlichen Nutzen-Verhältnis betrachten sollten, so dass es uns besser gelingt nach vorn zu irren ohne auf der Stelle zu treten.

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Hallo!

Zuerst mal vielen Dank für die erhellenden Beiträge und Diskussionen jede Woche. Ich bin Fan der ersten Stunde und freue mich immer über die differenzierten Einschätzungen und den mitgelieferten Kontext.

Von daher habe ich mich schon sehr über den Grünen-Wahlkampf-Beitrag gewundert. Ich stimme voll und ganz mit der These der handwerklichen Fehler und der Naivität der Grünen überein. Jedoch fehlt mir die Einordnung in den derzeitigen Wahlkampfmodus vor allem von CDU/CSU. Das Niveau ist aus meiner Sicht unterirdisch und es wird nicht umsonst schon von der „Trumpisierung“ gesprochen.

In diesem Licht scheint es mir sehr gewagt, die Umfrageergebnisse allein der vermeintlichen Unfähigkeit der Grünen zuzuschieben. Wir erleben ein neues Level an Diffamierungen und persönlichen Angriffen aus unterschiedlichen Motiven heraus.

Die Grünen müssen damit umgehen, soviel ist klar.

Von Euch hätte ich mir aber eine entsprechende stärker Einordnung gewünscht.

Viele Grüße

Oliver

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Sehr schön, dass sich ein Politiker der Grünen der Debatte hier im Forum stellt!

@TvG: Was viele hier im Forum nicht nachvollziehen können, ist die schlechte Vorbereitung, wenn es zur Prime Time um dass Senden/Vermitteln politischer Inhalten vor Wahlen geht.

Eine Frage etwa in die Richtung: „Was bedeutet die Anhebung der CO2 Steuer für die Wählerinnen und Wähler? Führt das nicht zwangsläufig zu einer Verteuerung, die vor allem untere Einkommen stark belastet!?“ … ist vorhersehbar!

Das Energiegeld müsste als erster Teil der Antwort kommen und nicht als Korrektur für eine schlechte Nachricht, wenn die Zuschauer schon in alte Denkmuster (höhere Steuern bedeuten für mich weniger Geld) gefallen sind. Also eine Antwort in Richtung: „Die Anhebung der CO2 Steuer bedeutet eine höher Auszahlung des Energiegeldes für jeden einzelnen. Berechnungen zeigen, dass gerade Geringverdiener von einer Erhöhung des CO2 Preises profitieren.“

Um Nachfragen zur Berechnung muss man sich dann keine Sorgen machen, sollte aber ein Grafik wie die folgende zur Hand haben, um es zu belegen.


Quelle: https://www.mcc-berlin.net/fileadmin/data/C18_MCC_Publications/2019_05_03_Wirtschaftswoche_Folgen_einer_CO2-Steuer.pdf

Ein Sender, wie die ARD oder das ZDF sollte in der Lage sein, eine Grafik einzublenden, die man in der Vorbereitung auf die Sendung vermittelt hat.

Ziel der Grünen sollte es sein, dass sich die Erhöhung des CO2 Preises mit dem Begriff Energiegeld verbindet und nicht mit dem Begriff Benzinpreiserhöhung.

@TvG: Das ist nur ein Beispiel von vielen. Nochmal, warum schafft ihr es nicht euch so vorzubereiten, dass ihr die Debatte führt und in die Richtung lenkt, in die ihr hinwollt. Stattdessen lasst ihr euch in der Regel am Nasenring durch die Arena ziehen oder in Sachgassen leiten. Ihr müsst noch mehr in Coaching investieren und einfache, nachvollziehbare Botschaften senden. Bisher gelingt euch dass mehr schlecht, als recht.
Wie das Vermitteln von Sachverhalten geht, solltet ihr euch mal bei Emissionshandel einfach erklärt (explainity® Erklärvideo) abschauen. In eurem Erklärvideo Wie unser Energiegeld funktioniert bleibt bei den meisten wahrscheinlich emotional hängen, dass Autofahren teurer wird. Es wird keine Parallele vermittelt, dass man für „Müllentsorgung“ natürlich zahlen muss! Da man CO2 nicht in Abfalltonnen sammelt, wird er der Preis mit den Produkten erhoben. Das muss man einfach vermitteln können.

In Summe: Die Inhalte habt ihr ja. Kümmert euch bitte um die Vermittlung und verstrickt euch nicht in Erklärungen, die eigentlich keine Erklärung benötigen. Wenn es zu gezielten Provokationen kommt, hilft eher Vereinfachung, als Komplexität.

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Ich das beim Hören eigentlich nicht als Grünen-Bashing wahrgenommen, eher als Unverständnis darüber, dass die Grünen die Angriffsfläche des Gegners (seine Heuchelei) nicht nutzen und die Widersprüche offenlegen (CO2-Bepreisung beschlossen und es dann den Grünen in die Schuhe schieben, dass die Benzinpreise steigen). Herr Laschet hat das höchstrichterliche Urteil zur Generationenfrage gelobt und jetzt will er eine höhere Pendlerpauschale, damit sich nichts ändert und alle ihn wählen. Bei mir kam eher die Botschaft an: Zum Angriff, nur Mut! Für andere ist das wahrscheinlich sogar viel zu Grünen-freundlich, also das Gegenteil von Bashing. Dass die aufgehübschte Vita eine Nebelkerze ist, wurde m.E. auch gut herausgearbeitet…

Die Meta-Ebene war doch - so kam es bei mir an - was ist das für ein Kuschelkurs der Grünen, wo bleibt der Angriffsmodus? Die Stimmung und die zurück gezogenen Anträge auf dem "„Krönungsparteitag“ belegen auch nicht gerade das Gegenteil, die Grünen üben sich in Mäßigung. Wenn Sie es damit aber übertreiben, riskieren Sie auch so manche Stimme am 26.9…

Liebe Grüße

Ich finde meine Meinung in dieser Diskussion auch gut durch sportbag und Felix1 wiedergegeben.

Aus einem anderem Input kam zur Stellungnahme, oder eben Verteidigung der Grünen auch noch ein Taktikaspekt. Warum sollten die Grünen jetzt schon ihr Pulver verschießen? Man siehts doch am Versagen der Medien und der Bevölkerung, wie schnell die ganzen Skandale der CDU im wahrsten Sinne verpuffen. Also lieber vor dem Wahlkampf Alles auf den Tisch bringen ist vielleicht die bessere Variante.

Ich versteh es einfach nicht, wie es die CDU geschafft hat, dass das ganze Debakel um Scheuer der letzten Jahre, die Korruptionsfälle (Masken, Aserbaidschan usw.) völlig aus dem Wahlkampf rausgenommen wurde. Wer hilft dabei? Die schlechte Berichterstattung der Medien.
Es wurde das CDU-Ablenkungsmanöver AFD gezündet und voll aufgenommen. Kein einziges Thema im Wahlkampf, das die Bevölkerung wirklich weiter bringt. Das ist für mich unglaublich. Und da hätten Journalist:Innen viel mehr machen können. Aber nein, das Thema war gestellt, mehr Gedanken wurden sich nicht gemacht. Zumindest kam bei mir nichts Anderes an, bin offen für Hinweise, hab ja auch nur begrenzt Zeit mich zu informieren.

Das sollte bis zum Wahlkampf den Journalismus beschäftigen finde ich.

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Sehr interessante Diskussion. Ich sehe das ähnlich wie einige andere User hier, das Hauptproblem ist, dass die Erzählungen der anderen Parteien einfach so ohne viel Nachzudenken übernommen werden. Anstatt, dass es wirklich um Inhalte geht, wird die meiste Zeit nur über diese Meta-Inhalte (Alle Medien berichten, Sie hätten das Vertrauen der Wähler verloren, was sagen Sie dazu?) diskutiert. Bestes Beispiel die „Farbe bekennen“-Sendung mit Baerbock in der ARD. Das ist echt ein unterirdisches Niveau und ich frage mich ernsthaft, ob solche „Top-Journalisten“ der ARD in wirklich guten Politikformaten, wie es sie in den USA gibt, einen Job bekommen würden.

Trotzdem hat @myUser recht: Die Grünen müssen an ihrer Kommunikation arbeiten. So sympathisch ich Habeck finde und dass er immer ehrlich erst auf die Frage antwortet bevor er seinen eigenen Punkt macht: Das ist einfach naiv. Mann kann es doof finden, aber es läuft eben heutzutage so, dass diese Talkshows in 2-Minuten-Beiträge verwurstet werden und da darf man den Leuten eben gar nicht erst die Chance geben, so selektiv zu schneiden.
Statt erstmal die negativen Punkte aufzuzählen, bevor man erklärt, wie die Grünen das dann lösen, sollte man einfach nur die positiven Punkte der Grünen aufzählen. Lass doch die anderen vorrechnen, wieviel Cent das Benzin dann teurer wird.

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Ich glaub zum Kernthemen ist viel gesagt, ich glaube gerade das Beispiel von Felix1 macht da auch meine Meinung zu dem Thema sehr transparent.
Ein Metabeitrag über die Rolle von Journalismus & Twitter für die Debtattensetzung und Erzählungen in diesem Wahlkampf wäre wirklich super interessant, sprengt aber vielleicht den Rahmen dieses Podcasts (und ist vielleicht auch kein Thema mit dem sich Ulf und Philipp beschäftigen wollen).

Aber um hier auch einen Beitrag zur Diskussion dazu zu geben, würde ich noch folgende Anregung in die Runde geben.
Meiner Wahrnehmung haben die Grünen im Moment drei Kernthemen.
→ Klimakatastrophenverhinderung
→ Progressives Gesellschaftsbild, insbesondere Feminismus & LBGTI & Antirassimus (und alles was es da noch an Problemen gibt)
→ Politikstil, mit Blick auf das erstarken der neuen Rechten, dem Trumpismus, die asymmetrische Demobilisierung

Die Themen sind m.E. in dieser Reihenfolge wichtig für die Partei.
Aber, der dritte Punkt, der Anspruch andere Politik zu machen als die Kolleg:innen der Union, sachpolitisch, halbwegs ehrlich, und nahbar ist glaube ich wichtig für das Selbstverständnis der Partei.

Da kann man natürlich sagen, dass das machtpoltisch dämlich ist das zu versuchen, aber das halte ich wirklich für seltsame Kritik.
Ich glaube - als Mitglied etwas gebiased - tatsächlich das die Menschen bei den Grünen - stärker als bei anderen Parteien - wirklich Überzeugungstäter:innen zu sein, und die da wirklich sich abgrenzen wollen.

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In den Medien werden ja alle Parteien gebashed. Da die Grünen sich als Kanzler- tauglich halten werden die jetzt halt auch mehr unter die Lupe genommen und präsentieren genau das Bild von sich, was sie sind: noch nicht so weit! Zumindest nicht als erste Kraft! Ich weiß nicht, ob ich „leider“ sagen soll, da die Themen ja immer wichtiger werden, aber die Herangehensweise halte ich halt für falsch. Meines Erachtens kommt man mit den politischen Themen voran wenn man

  1. Wirtschaft
  2. Soziales und
  3. Umwelt behandelt.
    Und genau in dieser Reihenfolge wird man mE nur die Bürger mitnehmen. Die Wirtschaft muss laufen, damit die Menschen Geld haben, um sich Umweltmaßnahmen leisten zu können. Bei den Grünen ist die Reihenfolge halt anders herum. Wie soll das funktionieren?
    Auch wenn die CDU sich als z.T. korrupter Haufen gezeigt hat, merkt man in ihren Aussagen und Handeln halt die Regierungserfahrung.
    In den Einzelthemen wird leider häufig ungenau berichtet, je nachdem, wie es passt. Z.B. Es ist ja schon ein Unterschied, ob man eine Bezinpreiserhöhung um 15ct bis 2025 oder bis 2023 hat?
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