Zum Thema, ‚nicht jede wirre Splittergruppe soll im Parlament sitzen‘. Wenn man mal von der Bezeichnung ‚wirr‘ absieht, finde ich kann man in einer repräsentativen Demokratie schon gut für diese Position argumentieren.
Zunächst mal ist es ja eh so, dass nicht jede Splittergruppe im Parlament sitzt, einfach weil das Parlament endlich groß ist, die Frage ist also nicht, ob Splittergruppen ausgeschlossen werden, sondern wo wir den Cut machen. Damit zwingt dieses Modell zu einer Bündelung von Interessen, durch die 5%-Hürde allerdings sehr stark.
In meinen Augen ist genau das auch konzeptionell sinnvoll, um handlungsfähige Regierungen zu erhalten. Man muss sich vor Augen halten, dass Koalitionen so geschmiedet werden, dass jeder Partner notwendig für die Mehrheit ist, umgekehrt also auch jeder Partner eine Sperrminorität hat. Wenn eine Regierung nur ihren Koalitionsplan abarbeiten muss, mag man damit noch klarkommen, aber wenn sich spontane Herausforderungen ergeben (tun sie immer), dann wird es richtig schwierig. Ich möchte mir zum Beispiel nicht ausmalen, wie wir in der Corona-Krise mit der Ampel gefahren wären. ‚Handlungsfähigkeit‘ sehe ich da nicht nur als Bequemlichkeit, sondern als einen relevanten Bewertungsmaßstab.
Die Kosten dieser Lösung sind, dass das Parlament Interessen nicht besonders granular abbildet. Da unsere Verfassung aber nicht nur die parlamentarische Demokratie vorgibt, sondern auch innerparteiliche Demokratie festschreibt, hat jeder Mensch die Möglichkeit, zunächst einmal eine Partei zu suchen, die ihm nahe steht und in dieser für sein Anliegen zu werben. Wenn es zumindest in einer Partei genügend Unterstützer für dieses Anliegen gibt, dann gibt es dadurch auch die Möglichkeit dieses Anliegen politisch zur Geltung zu bringen. Falls das wirklich gar nicht klappt, gibt es immer noch die Möglichkeit, eine eigene Partei zu gründen, aber ich finde es vorteilhaft, dass unser System, die Menschen dazu „nötigt“ erstmal auszuloten, was innerhalb des bestehenden Parteienspektrums möglich ist, bevor jeder sein eigenes Ding macht. Das fördert ja auch eine Kompromissbereitschaft, die für das Gelingen dieses Systems sowieso zwingend notwendig ist.
Mal unabhängig von dem Grundprinzip, finde ich allerdings auch, dass die 5%-Hürde sehr hoch ist. Eine 2%-Hürde würde immer noch bedeuten, dass eine Partei bei der Bundestagswahl ca. 1 Millionen Wähler von ihren Anliegen überzeugen konnte.