Veröffentlichung von Mitschnitt

Ernst gemeinte Frage: Welchen Zweck hat es, solche offensichtlich kontrafaktischen Szenarien zu diskutieren? Wenn es wirklich um die militärtechnischen Aspekte geht, wär dann eine Frage an einen der einschlägigen Militärexperten oder einen der diversen Podcasts zum Thema hilfreicher? Ist ja hier nicht so das Waffensystem-Nerd-Forum :wink:

Als ob das das erste Waffensystem wäre, dass Scholz erst gar nicht und dann später doch liefern würde. Im Gegenteil, gibt es überhaupt irgendwas, das direkt auf Anfrage der Ukrainer geliefert wurde? Vielleicht Helme, aber sonst…

Haubitzen, Kampfpanzer, MLRS, alles wurde erst verneint, sogar mit den gleichen Argumenten (Quelle):

Hatte vor allem Bundeskanzler Scholz anfangs einen solchen Schritt noch mit der Sorge verweigert, die NATO und damit auch Mitglied Deutschland dürfe keine Kriegspartei werden, sagte die Ampel-Koalition seitdem die Lieferung mehrerer schwerer Waffensysteme zu

nur um dann doch geliefert zu werden. Warum glaubst du denn, das Scholz diesmal hart bleibt?

Hab ich noch nirgendwo eindeutig gelesen. Kann sein, dass die Trägersysteme der Storm Shadows kompatibel sind, ist ja der gleiche Hersteller. Aber der Knackpunkt wird wohl die Ausbildung für die Missionsdaten-Erstellung sein, sofern das nicht Deutschland plötzlich doch übernehmen kann.

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Das wurde doch hier und in anderen Threads schon mehrfach diskutiert. Allein schon weil er sich entschieden hat, genau damit Wahlkampf zu machen und als „Friedenskanzler“ genau diesem Image - dass er am Ende ja dann sowieso alles liefert - entgegenzuwirken.
Wenn Scholz jetzt einknickt, nach dem Leak und nachdem er sich so klar und deutlich gegen den Taurus positioniert hat wie nie zuvor, wäre das der denkbar größte Gesichtsverlust für ihn. Warum sollte er so dumm sein? Gute Argumente für die Lieferung und politischen Druck gab es auch schon vorher.

Darum ging es in meiner Frage weniger.

Eher darum, das man ja nun öffentlich diskutiert, das man Taurus schnell liefern solle.
Wenn schnell jetzt aber heißt, mit 5-6 Monate Ausbildung der ukrainischen Soldaten und ggf noch der Umrüstung von Sukhoi Kampfbomberm auf Taurus einige Monate (und wer macht das wo?), bekommt „schnell“ eine andere Bedeutung.

Zudem sich deutsche Soldaten bis auf Ausbildungsunterstützung ja eher raus halten sollen.

Es kommt sonst der Eindruck auf, wenn Scholz sich umentscheidet, kann die Ukraine in wenigen Tagen die Taurus nutzen……wäre ja eher nicht so.

Ein Einsatz „innerhalb weniger Tage“ ist aus meiner Sicht genau so ein Strohmann-Argument wie die angebliche Anpreisungd es Taurus als „Wunderwaffe“. Außerdem ist das Ganze eine Scheindiskussion: Fakt ist doch: Ohne Scholz’ Zustimmung wird es keine Lieferung geben und für diese Zustimmung gibt es nicht auch nur das geringste Anzeichen.

Sicher.

Die Argumente für die „schnelle“ Taurus Lieferung kommen ja eher aus Opposition und Koalition.

Nur da finde ich das Argument halt sehr missverständlich.

Unabhängig von Scholz Entscheidung.

Suggeriert der Öffentlichkeit ein falsches bzw unklares Bild.

Zudem es nicht „die“ Wunderwaffe gibt.

Naja vielleicht steckt da ja der Wunsch drin, das deutsche Soldaten die Missionsvorbereitungen übernehmen. Dann könnte sich die Zeit bis zur Einsatzbereit reduzieren je nach dem wie schnell die Umrüstung geht. Aber der Hersteller kennt die SU-24 ja jetzt schon etwas besser durch die Anpassung für die Storm Shadows. Die Umschulung der Piloten dürfte am schnellsten gehen.

Scholz hat heute im Bundestag zu einem Unionsabgeordneten [Edit: es war Johann David Wadephul] wörtlich gesagt: „Die Bürger haben Angst vor ihnen“, nur weil dieser auf die Widersprüche in Scholz’ Argumentation hingewiesen hat und ihn fragte, warum er den Ukrainern nicht vertraut, sich beim Taurus genauso wie bei allen anderen bisher aus dem Westen gelieferten Waffensystemen an die Absprachen zu halten. Die Richtung ist also völlig klar: Die nächsten Monate wird es um Innenpolitik gehen, um die „Sorgen der Bürger“ und nicht darum, was in der Ukraine an Unterstützung benötigt.

Scholz’ Taktik von der „Friedenspartei“ als Wahlkampftaktik beschreibt die FAZ in einem Artikel und erinnert daran, dass ein gewisser Gerhard Schröder damit 2002 schon mal eine Wahl gewann.

ist diese Behauptung noch haltbar? Soweit ich weiß wurden bei den ersten „Belgorod raids“ westliche Fahrzeuge (iirc Bradley’s) eingesetzt. Bei dem mehr oder weniger synchronen Abschuß mehrerer russischer Jets und Helis über Russland, kann eigentlich nur ein Patriot verwendet worden sein. Auf Twitter gab es von offz. ukrainischer Seite entsprechende Fotos eines Patriot Systems, auf dem die Abschüße vermerkt sind.

Es ist aber auch denkbar dass Kiew sich für diese Aktionen grünes Licht geholt hat.

Vertrauen ist eine unpassende Kategorie. Scholz trägt Verantwortung für Deutschland. Jemanden (hier Selenski) zu vertrauen, den man Netto vlt erst ein paar Stunden persönlich kennenlernen konnte, ist unseriös. Als eine Rakete in Polen einschlug, hat sich auch Selenski an den Spekulationen beteilgt, dass es ein russisches Geschoß sei. Im Zweifel wird Selenski alles tun um sich und sein Land zu retten. Merkel hat uns recht deutlich gemacht, was Vertauenszusagen in der Politik wert sind

Da erinnerst du dich mWn falsch. Humvees oder irgendwelche Manschaftstransportfahrzeuge habe ich in Erinnerung. Kaum möglich irgendwelche Bestätigungen zu bekommen und wo die Fahrzeuge herkommen ist auch unklar (Bestände der urkrainischen Streitkrä#fte die von Russen erobert wurden und von den „freien Legionen“ zurückerobert wurden habe ich mal gehört).
Wenn da irgendwas halbwegs dran wäre, dass Bradleys nach Russland gefahren sind, dann würde uns das RT&Co schon mitteilen.

Russisches Territorium wurde damit ja nicht beschossen…

Nein, eine Forderung, man solle Taurus schnell liefern hat nichts mit einer Behauptung zu tun, dann würde Taurus sich schnell auswirken. Klar ist aber, je länger man mit der Lieferung wartet, desto länger dauert es, bis es sich auswirken kann (sofern man nicht schon ohne OK der Lieferung mit der Ausbildung begonnen hätte).

Bevor wir das weiter diskutieren, würde ich gerne mal eine Quelle bekommen, wo von 2 oder 3 Leuten überhaupt behauptet wird, dass Taurus schnell eingesetzt werden könnte. Und dann bräuchten wir eine Quelle, die belegt, dass es doch Monate dauert. Und dann bleibt immer noch der Fakt, dass eine schnelle Lieferung zu einem schnelleren Einsatz führt als eine verzögerte Lieferung.

Das ganze erinnert mich langsam an Brandolinis Gesetz.

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Schnell ist erstmal die Botschaft, die in der politischen Diskussion schon sehr deutlich suggeriert wird, für den unbedarften Hörer.
Das finde ich zumindest etwas irreführend.

Faktisch und technisch würde ich da als Nicht-Experte mal schon eher von Monaten ausgehen.

Was ist das denn? :laughing: Wieso holt die FAZ den diesen alten Beleg für die blinde Amerika-Hörigkeit der CDU und FDP raus?

Seine vorher schon angedeutete Weigerung, sich an einem amerikanisch geführten Waffengang im Irak zu beteiligen, unterstrich er nun unmissverständlich und mit schröderscher Rhetorik: „Das ist so, und die gilt, und die bleibt. Davon ist nichts abzustreichen.“ Christdemokraten und Liberale waren empört, […]

Wir wissen doch inzwischen alle, das der gesamte Irak-Krieg von Anfang bis Ende erstunken und erlogen war:

Aber das ironische daran ist ja, dass es für Scholz heute wieder die Möglichkeit gäbe sich als echter „Friedenskanzler“ zu beweisen. Aber nicht indem er den Ukrainern sinnvolle Waffenlieferungen verweigert, sondern indem er ALLE Waffenlieferungen und Millitärhilfen für Israel auf Eis legt, bis die ihren potentiell völkerrechtswidrigen Angriff wenn nicht gar Annektion in Gaza beenden.

Ich weiß weder genau, wann welche Waffensysteme oder Militärfahrzeuge eingesetzt wurden, noch kenne ich die diesbezüglichen Vereinbarungen - und ich vermute mal, dass es bei Dir dasselbe ist.

Das ist mit Verlaub ein recht absurdes Argument. Nach dieser Logik wären dann dann ja auch sämtliche internationalen Gipfeltreffen (EU, G8, G20, UNO, NATO, WHO, IWF etc. pp.) „unseriös“, denn die dort Anwesenden und Verhandelnden „kennen“ sich persönlich häufig noch weniger als es beispielsweise Scholz und Selenski tun. Und natürlich geht es im einen wie im anderen Fall um rechtsverbindliche Verträge zwischen Staaten (bzw. von ihnen benannte Vertreter) und nicht um Absprachen, die an einzelne Personen gebunden sind.

Aber das hat auch beides herzlich wenig mit dem Punkt zu tun, um den es mir ging. Scholz hätte ja auf den Vorwurf des mangelnden Vertrauens ruhig und sachlich antworten können. Stattdessen unetrstellt er Röttgen, aus populistischen Gründen ein angebliches Geheimwissen zurückzuhalten und wirft Wadephul vor, der Bevölkerung Angst zu machen. Das ist ein klassisch populistischer Move: Er setzt Spekulationen über geheimes Wissen oder geheime Absprachen in die Welt und argumentiert mit der Angst der Menschen, als deren Beschützer er sich inszeniert.
Das ist genau das Gegenteil dessen was wir bräuchten, nämlich einer offenen, ehrlichen, sachlichen und strategischen Debatte darüber, wie sehr Deutschland die Ukraine überhaupt unterstützen will (oder auch nicht), wo weshalb welche Grenzen liegen und wie man dann diese Unterstützung am besten bewerkstelligt.

Findest du solche Begriffe wirklich angemessen für eine ernsthafte politische Diskussion? Ich kann darin jedenfalls nur schwer ein Argument erkennen. Man mag ja den Irakkrieg schon 2002 für falsch gehalten haben. Das ändert aber nichts daran, dass Schröders Opposition dagegen hauptsächlich wahltaktisch motiviert war. Schröder hat damit nicht nur direkte Zusagen an Verbündete gebrochen (die er ja gar nicht erst hätte machen müssen), sondern hatte gleichzeitig auch kein Problem, in Afghanistan quasi dasselbe zu tun und die USA u. a. militärlogistisch bei ihrem Vorgehen im Irak zu unterstützen.
Der FAZ-Artikel hebt genau auf diesen Aspekt ab - also nicht auf die Frage, ob man einen bestimmten Kriegseinsatz nun befürwortet oder nicht oder wie eng man politisch mit den USA assoziiert sein will (wobei Scholz ja nicht mal Leos liefern wollte ohne dass die USA mitziehen), sondern auf die populistische Art und Weise, wie SPD-Kanzler sich als „Friedenspolitiker“ gerieren - übrigens in derselben Weise, die auch die Russlandpolitik der SPD in den letzten 20 Jahren maßgeblich geprägt hat.

Ich habe heute die aktuellste Folge des NDR Podcast Streitkräfte und Strategien gehört, in der zweiten Hãlfte war ein Interview mit Oberst Reisner vom österreichischen Bundesheer.

Er beschreibt die Lage genauso wie ihr, also die Tatsache, dass der Ukraine nur gerade so viel Waffen geliefert werden, wie sie zum Überleben braucht, aber er sagt on top, das sei genau die Strategie der Amerikaner. Er nennt das Ganze „boiling the frog“.

Ich paraprasiere jetzt seine Aussagen, aber ich habe das Interview nebenbei im Auto gehört, im Zweifel also bitte nachhören und mich hier korrigieren:

Im Oktober 2022 ist die russische Front an recht vielen Stellen in der Ukraine kollabiert und sehr viele große Einheiten waren dadurch abgeschnitten und eingekesselt. Er nennt als Beispiel 30.000 Soldaten, die bei Cherson standen und im Rücken den Dnepr hatten.

In der Situation hat der CIA wohl erste Überlegungen bei den russischen Generälen registriert eine taktische Nuklearwaffe einzusetzen, um den Soldaten den Rückzug zu ermöglichen.
Daraufhin haben die Amerikaner interveniert und den Russen kommuniziert, was sie alles zerstören werden sollte es zu einem taktischen Schlag kommen.

Infolge der Intervention der Amerikaner konnten sich aber die 30.000 Soldaten unbebelligt aus Cherson zurückziehen und nach Bachmut verlegt werden.

Seitdem verfolgen die USA die Strategie Russland langsam wie den sprichwörtlichen Frosch zu kochen, so dass es irgendwann von alleine aufgibt und das Heer so ausgelaugt ist, dass auch ein taktischer Schlag keinen Vorteil mehr verschaffen würde.

Er sagt aber auch, dass sich die USA bezüglich der Kriegswirtschaft Russlands verkalkuliert haben. Russland produziert mittlerweile 3 Millionen Granaten pro Jahr, die doppelte Menge dessen, was wir 2025 schaffen werden.

Ich weiß nicht, ob es im besagten Streitkräfte und Strategien-Podcast war oder einem anderen, aber ein anderes Argument, das auch noch regelmäßig genannt wird, ist, dass der Westen nicht will, dass die Ukraine gewinnt, weil man Angst davor hat, was mit einem Atomwaffen-Staat wie Russland passieren könnte, wenn die aktuelle, problematische Regierung an einer Niederlage in der Ukraine zerbricht. Kurzum: Man arbeitet lieber mit dem Schlechten, das man kennt, als mit dem - vielleicht besseren, vielleicht schlechteren - was man nicht kennt - oder gar mit einem Russland, das nach einem Regierungssturz zerfällt und niemand mehr sichere Kontrolle über die zahlreichen, über das ganze russische Staatsgebiet verteilten Atomwaffen hat. Also da spielt auch die Angst mit, dass bei einem Sturz der russischen Regierung Atomwaffen an noch problematischere Akteure (z.B. Terroristen) gelangen könnten. Wenn Russland zerfällt und Leute wie Kadyrow in Tschetschenien plötzlich ihre eigenen kleinen Reiche führen und an Atomwaffen kommen wäre es tatsächlich für die globale Sicherheit vermutlich problematischer als ein großes, imperialistisches Russland.

Ich persönlich halte diese Bedenken für verfehlt, das hat einfach zu viel von „too big to fail“, dh. man hält an einem problematischen System fest, weil dessen Fall schwerwiegende Konsequenzen hätte.

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Hier mit einer möglichen Referenz

Das kann ich verstehen. Und doch ist mir die realpolitische Abwägung lieber als die Risiko-Option. Ein gewollter oder provozierter Regimechange muss vorbereitet werden. Erst muss ich eine Alternative aufbauen und dann den verhassten Leader ins wanken bringen.

Macht man das nicht, endet man in Szenarien wie im Irak, Afghanistan und anderen. Scheut man wegen des Risikos die harte Konfrontation und den Sturz Putins, dann muss man die Lage erst konsolidieren (das heißt einfrieren des Konflikts und Aufrüstung) und dann strategisch, also langfristig vorgehen. Der Taktiker gewinnt Schlachten. Den Krieg der Stratege.

Dazu vielleicht ein interessantes Interview zur aktuellen Präsidentschaftswahl in Russland.
Fazit hier, das Putins Macht stark vom Verlauf des Krieges abhängt, er daher alles aktuell einem gewollten Kriegserfolg unterordnet:

Nur: ist die Ukraine damit das Bauernopfer? Später vielleicht auch Moldau oder Georgien? Oder gar die baltischen Stasten, trotz NATO Mitgliedsschaft? Nur um Putin an der Macht zu halten?
Also wo wäre die Grenze dieses Kalküls?

Edit: einer USA unter Trump wäre möglicherweise egal, was Putin im fernen Europa treibt, solange er keine Atomwaffen einsetzt. Im schlimmsten Fall.

Bei dem Argument ist m. E. die spannende Frage, ob es konkrete Befürchtungen gibt, was nach einer Implusion des politischen Systems in Russland passieren könnte (etwa mit Blick auf die Atomwaffen) oder ob es um ein abstraktes Unbehagen mit einer neuen, unbekannten und (noch) nicht einschätzbaren Situation geht. Hier ist die deutsche Außenpolitik ja seit Jahrzehnten insgesamt eher bekannt dafür, auf „Stabilität“ zu setzen, auch im Umgang mit blutigen Diktaturen, frei nach dem Ausspruch von Goethe: „Es liegt nun einmal in meiner Natur, ich will lieber eine Ungerechtigkeit begehen, als eine Unordnung ertragen.“