Verhältnismäßigkeit von Demonstrationen

Aus Anlass der heutigen „Bauernproteste“, aber vor allem aus prinzipiellem Interesse, würde ich gerne besser verstehen, was bei Demos erlaubt ist und was nicht. Also nicht die inhaltliche Seite der Proteste sondern, warum diese in dieser Form offenbar erlaubt sein sollen.

Nach meinem (naiven?) Verständnis sind Demonstration u.a. demokratisch, weil sie um so sichtbarer sind, je mehr Leute teilnehmen. Ich war auf Demos mit über 100.000 Menschen und auf Demos mit 20 Menschen. Erstere waren natürlich viel sichtbarer als letztere, obwohl aus meiner Sicht letztere ebenfalls sehr berechtigt waren. Erstere haben das öffentliche Leben (insb. den Verkehr) stark eingeschränkt, wobei dies aber selbst bei der größten Demo (gegen den Irakkrieg 2003) räumlich und zeitlich klar begrenzt war. Die kleinste Demo (Fahrraddemo für bessere Radwege) blieb weitgehend unbeachtet, u.a. weil sie das öffentliche Leben nicht gestört hat. Das fand ich schade, aber irgendwie auch berechtigt, wir waren halt nur 20 einsame Radfahrer:innen in einer Stadt mit 600.000 Einwohner:inne:n.

Nach diesem Verständnis wäre etwa eine „Ein-Auto-Demo“ für Geschwindigkeitsbegrenzungen, in der ich in einem Auto 8 Stunden am Stück die Durchfahrt-Bundesstraßen meines Heimatorts mit 20 km/h befahre, und damit den Verkehrsfluss für andere Verkehrsteilnehmer:innen stark beschränke, nicht verhältnismäßig und sollte dementsprechend von den zuständigen Behörden verhindert werden. (Dies ist meine Meinung, obwohl ich diese Demo sehr gerne durchführen würde…). Ebenso sollte es evtl. verboten werden, wenn ich ankündige, mich aus Proteste gegen die monatelang nicht reparierte Fußgänger-Bedarfsampel um die Ecke auf einen Gartenstuhl mitten auf die Straße zu setzen.

In der niedersächsischen Kleinstadt, in der ich lebe, haben heute Landwirte mit ihren Treckern von ca 7 Uhr morgens bis in den frühen Abend den Verkehr weitgehend lahmgelegt. Dabei fuhren sie immer zwischen zwei Kreisverkehren hin und her, erwartungsgemäß mit sehr geringer Geschwindigkeit, so dass der Verkehr nur sehr langsam bis gar nicht fließen konnte. Es handelte sich schätzungsweise 5 Fahrzeuge, vielleicht auch ein paar mehr, aber ziemlich sicher nicht mehr als 20, und ganz sicher nicht 100.000. Die Konsequenzen für die Verkehrsteilnehmer:innen waren aber enorm, auch weit über die Stadt hinaus. Nach meinem Verständnis war dies völlig unverhältnismäßig angesichts der Zahl der Demonstrierenden.

Wäre demnach also meine phantasierte „Ein-Auto-Demo“ (oder etwas ähnliches, gerne auch mit 5-10 Mitstreiter:inne:n) ebenfalls legal? Und falls nicht: was wäre der Unterschied?

Wären Proteste à la „Letzte Generation“ plötzlich erlaubt, wenn sie anmelden würden, dass sie mit 10 Leuten einen Spaziergang über die A100 machen, anstatt sich festzukleben? Die Konsequenzen für den Verkehr wären die gleichen, aber das eine wäre erlaubt, das andere nicht?

Für eine Klärung im Rahmen des Podcasts wäre ich euch sehr dankbar!

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Grundsätzlich darf man auch auf einer Autobahn demonstrieren, aber natürlich hat man da mit vielen Widerständen zu kämpfen.

Was die Bauern bei euch gemacht haben, war wahrscheinlich nicht legal. Genehmigt werden 20 Minuten, maximal 1 Stunde, dann muss der Verkehr wieder fließen dürfen. Aber wenn sich keiner beschwert, wird der Staatsapparat nicht aktiv.

Lustigerweise dürftest du das, wenn du zur Arbeit, zum einkaufen, spazieren gehen, Kinder abholen… fährst. Keiner darf dich zwingen, die maximal erlaubte Geschwindigkeit zu fahren. Aber die Fahrt muss halt einen Grund haben.

Siehe Par. 3, (2) StVO: „(2) Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, daß sie den Verkehrsfluß behindern.“

Nicht schneller fahren zu wollen auf breiter Bundesstraße im Durchgangsverkehr ist eher kein triftiger Grund. Radfahrer, Schnee, Demo etc. dagegen wohl eher schon

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Wenn ich mich nicht traue, schneller zu fahren, reicht das als Grund. Beweise mir das Gegenteil. Du darfst mich deswegen auch nicht zur Untersuchung schicken.
Und ganz korrekt scheint deine Aussage auch nicht zu sein, denn sonst hätte die evangelische Kirche zu einer Straftat aufgerufen, als sie ihren Vertretern empfahl, auf der Landstraße nur noch 80 und auf der Autobahn nur noch 120 zu fahren.

Ist das vergleichbar? 20 wo 50 erlaubt ist, wäre lediglich 40% der erlaubten Geschwindigkeit, wäre also vergleichbar mit 40 auf der Landstraße. Gerade wenn man das auf einer längeren Strecke mit der Begründung macht man traue sich nicht schneller zu fahren, dann wäre das zumindest objektiv durchaus ein Kriterium die Tauglichkeit in Frage zu stellen.

120 auf der Autobahn sogar nochmal harmloser, da das eine Geschwindigkeitistdieohnehin nicht unüblich ist.
Wer heute auf einer Autobahnabfahrt absichtlich langsam fährt um das Auto hinter sich zu „erziehen“ wird ja auch bestraft, warum sollte das auf einer Bundesstraße anders sein?

Generell finde ich alle Protestformen die darauf ausgelegt sind mit möglichst einfachen Mitteln möglichst großen Schaden anzurichten problematisch.
Das fängt schon in der destruktiven Form an, die einen Dialog erschwert.
Ein weiterer Punkt ist der Versuch seine eigene Meinung als wichtiger darzustellen als die Meinung aller anderen. Als regelmäßiger Protest ausgelegt steht für mich dann nicht mehr das aufmerksam machen auf ein Thema im Mittelpunkt sondern das Schaden anderer.

Beispiel wären hier auch Proteste vor Abtreibungskliniken

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Ohne triftigen Grund langsam fahren und den Verkehrsfluss behindern ist eine Ordnungswidrigkeit (20€ Bußgeld), keine Straftat.

Um am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen, muss der Fahrer eines Kraftfahrzeuges körperlich, geistig und charakterlich in der Lage sein, ein Kfz sicher zu beherrschen und zu führen. Eine eingeschränkte oder mangelnde Fahreignung oder Fahrtauglichkeit können eine Gefährdung des Straßenverkehrs darstellen und im schlimmsten Fall zu schweren Verkehrsunfällen führen.

Sowohl die Fahrtauglichkeit als auch die Fahreignung eines jeden Verkehrsteilnehmers können durch die Polizei, Gerichte oder die Fahrerlaubnisbehörde in Frage gestellt werden.

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Ergänzend zum ersten Beitrag:

Habe gestern mit der Polizeidirektion telefoniert. Sie meinten, sie könnten nichts tun, denn die Versammlung sei angemeldet. Ich meinte, dass ich mir das nicht vorstellen könne, aber sie beharrten darauf.

Wie ich heute vom Ordnungsamt des Landkreises erfahren habe, war das eine Falschinformation, oder jedenfalls sehr missverständlich: bei uns ist keine einzige Demo angemeldet, und ein solche Blockade wäre (wie auch in Reaktionen oben vermutet) verboten worden. Der MA des OA meinte, dass die Treckerfahrer hier in einem Graubereich operierten, dass er darauf gedrungen habe, eine landesweite Regelung zu erlassen (was offenbar nicht gemacht wurde), und dass dies ggf. ein Präzedenzfall sei, den man zum Anlass nehmen könnte, rechtliche Regeln anzupassen.

Dennoch gilt ja das Verbot „unnützen HIn- und Herfahrens“ (§30 StVO), wie auch von euch angemerkt, darum habe ich nochmal bei der Polizeidirektion angerufen. Die Mitarbeiterin (die gleiche wie gestern abend) war sehr genervt, „Wollen Sie Anzeige erstatten?“ - Ich: „Ich will vor allem, dass die Polizei so etwas verhindert. Wenn jemand eine Straße blockiert, muss man doch nicht erst Anzeige erstatten, dann sollte die Polizei selbst aktiv werden.“ Schließlich hat sie mich zu ihrem Chef durchgestellt, der meinte, sie hätten den Treckerfahrern heute gesagt, dass es so nicht weitergehe und dass ansonsten Bußgelder fällig würden.

Mal sehen, wie es weiter geht. MIr erscheint das Vorgehen als sehr zögerlich, aber kann auch verstehen, dass die Polizei moderieren und de-eskalieren möchte…

Nun ist also klar, dass dies - anders als ich erst dachte - dies keine angemeldete Versammlung war (und ist), somit erübrigt sich meine Frage, wie es sein kann, dass dies nicht untersagt wurde. Offen ist die Frage, was man dagegen tun kann, offenbar handelt es sich um einen Graubereich, der aber in Zukunft auf bei weiteren Protesten genutzt werden könnte.

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Da hat sich der der Mitarbeitende vom Ordnungsamt denke ich etwas zu einfach gemacht. Selbst wenn eine Versammlung nicht angemeldet ist, gilt grundsätzlich das Versammlungsrecht. Mit einem Verbot einer angemeldeten Versammlung, weil andere Verkehrsteilnehmer blockiert werden, wäre es für das Ordnungsamt bestimmt schwer geworden dieses zu begründen.

Es steht zwar in den Versammlungsrechten der Länder, dass eine nichtangemeldete Versammlung aufgelöst werden kann, jedoch ist dies durch die Rechtsprechung mittlerweile an bestimmte Rahmenbedingungen geknüpft. Strafbar macht sich hier nur der Leiter einer solchen Versammlung, der sich normalerweise bei einer solchen nicht angemeldeten Versammlung für gewöhnlich nicht zu erkennen gibt. Für die übrigen Teilnehmer gilt das Versammlungsrecht. Dies bedeutet, dass für die übrigen Versammlungsteilnehmer die Versammlung so gehandhabt wird, als wenn es sich um eine angemeldete Versammlung handelt. Es muss also ein Grundrechtsausgleich zwischen den Versammlungsteilnehmern und den anderen Verkehrsteilnehmern erfolgen. Grundsätzlich sind bei Versammlungen auch Beeinträchtigungen Dritter hinzunehmen. Es kommt also immer auf die Dauer und das Ausmaß einer solchen Beeinträchtigungen an, bevor die Polizei hier durch Auflagen tätig werden kann.

Solche nicht angemeldeten Versammlungen kommen im übrigen in jeder größeren Stadt regelmäßig vor.

Das spontane Versammlungsrecht gilt aber nur für die Bauern, nicht für ihre Traktoren.

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Es gilt für Bauern, und zwar so, wie sie zu demonstrieren wünschen. Solange die Form der Demonstration nicht aus irgendwie gearteten Gründen rechtswidrig ist, können die Bauern auf die Art und Weise vorgehen, wie sie es für zweckdienlich erachten. Von den Traktoren kann man halten was man möchte – aber das Versammlungsrecht gilt – ob spontan wahrgenommen oder nicht; für die Bauern mit und ohne Traktoren.
Was dann mit den Traktoren angestellt wird, ist eine andere Frage. Ob damit Straftaten begangen werden, sie von den Demonstrationszwecken entfremdet werden etc. wird erst relevant, wenn es um behördliche Auflagen oder gar ein Versammlungsverbot geht. Aber ob die Bauern sie zu Demonstrationszwecken verwenden dürfen, steht nicht zur Frage.

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Wenn das so pauschal stimmen würde, dann empfehle ich der Letzten Generation, zukünftig bloß zu zweit auf Kreuzungen mit einer zwischen zwei Ampelmasten gespannten Slackline zu „demonstrieren“.

Es gibt einfach absolut keinen Grund, weswegen die Gesellschaft es tolerieren sollte, dass demonstrierende Bauern durch die Verwendung schwerer Maschinen die durch ihre Aktionen entstehende Beeinträchtigung anderer Leute vervielfachen.

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Ich habe ja auch ein Problem mit dieser Form der Demonstration. Denn natürlich sind die Traktoren einschüchternd, wirken bedrohlich (man stelle sich nur vor, wenig begeistert Gegendemonstrantinnen wären, wenn auf sie plötzlich 30 Fends zugerollt kommen) und sind unterschwellig natürlich mehr, als bloße bspw. Signalisierung einer Geschlossenheit der Berufsgruppe der Bauern; doch darauf wollte ich nicht hinaus. Es ist nur wichtig klarzustellen, dass es aus guten Gründen gerade nicht so ist, das der Staat nur bestimmte „Stil“-Formen einer Versammlung zulässt – etwa nur Menschenansammlungen, die mit Bannern durch die Straßen ziehen –, sondern der Kreativität freien Lauf lässt. Dem, dass Traktoren letztlich eine problematische Form der Demonstration sind, stimme ich vollkommen zu. Mir ging es nur um die wichtige juristische Feinheit, dass es nicht so ist (wie es oben hieß), dass der Schutzbereich a priori nur für Bauern zu Fuß eröffnet ist, für Bauern, die in einem Traktor sitzen jedoch nicht.

Es ist eben eine Abwägungssache, und den Tagesablauf von möglichst vielen Leuten stören, darf nicht Zweck einer Aktion, sondern nur Nebenwirkung sein.

Da gibt es jahrzehntelange Praxis, was üblicherweise genehmigt wird und was nicht, und es würde mich wundern, wenn das nicht alles auch schon mal von Gerichten überprüft worden wäre. So wird dir für deine Demo in der Regel keine Lautsprecheranlage genehmigt werden, die bedeutend lauter ist als notwendig wäre, um deine Versammlungsteilnehmer zu beschallen. Vielleicht besitzt du eine Backline-Firma, die die Technik auf der letzten Manowar-Tour gestellt hat, aber die Versammlungsbehörde wird dir die Anlage für eine 50-Leute-Demo nicht genehmigen. Und würde ich mir einen Haubschrauber mieten, um heute Nacht ein paar Stunden 50 Meter über dem Haus vom Vorsitzenden des Bauernverbandes zu protestieren, wird das garantiert auch unterbunden werden.

Wie das im Fall von Treckerblockaden aussehen kann, zeigt z.B. dieses Urteil vom OVG Sachsen(!):
https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1072238

Das Oberverwaltungsgericht hat unter anderem folgende Maßgaben für die Durchführung der Versammlung verfügt:

  1. Die Zahl der Versammlungsteilnehmer wird auf die angemeldeten 75 Personen beschränkt.
  2. Die Versammlung findet im Zeitraum vom 8. bis 12. Januar 2024 zwischen 4.30 bis 17.00 Uhr jeweils zur vollen Stunde fünf Minuten statt.
  3. Die als Kundgebungsmittel angemeldeten Fahrzeuge werden mit Ausnahme jeweils eines Traktors für die beiden angemeldeten Straßenkreuzungen untersagt, wobei die hiernach verbleibenden zwei Traktoren am Kundgebungsort nur unter permanenter Anwesenheit eines zur Verbringung derselben befähigten Fahrers verbleiben dürfen, der den behördlichen Anweisungen vor Ort sofort Folge zu leisten hat.

Damit ein Gericht so etwas entscheiden kann, muss aber erstmal eine Behörde überhaupt Einschränkungen verhängen, aber wenn die zuständigen Stellen in den Kommunen offen mit den Anmeldern sympathisieren, oder Angst vor einem Shitstorm durch die BILD haben, funktioniert das eben nicht.

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Eine Demonstration muss natürlich dort stattfinden, wo sie von möglichst vielen Menschen wahrgenommen wird. Der Streik der Lokführer ab morgen ist analog darauf ausgelegt, möglichst viel Stillstand im Land zu haben, um die eigenen Forderungen durchzusetzen. Ebenso finde ich es gut, dass sich die letzte Generation für das Klima auf die Straße setzt und demonstriert.
Wie man all diese Protestformen ablehnen kann, weil sie in das Alltagsleben der Menschen eingreifen ist mir ehrlich gesagt schleierhaft.

Bei den Lokführern ist es nur ein Nebeneffekt, dass Bahnfahrer betroffen sind. In erster Linie geht es bei einem Streik darum, den Arbeitgeber wirtschaftlich zu schädigen.
Das ist der Unterschied zwischen Streik und Protest.

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Und Lokführer blockieren auch nicht den Busbahnhof nebenan, damit der Schienenersatzverkehr ebenfalls ausfällt.

Hier übrigens ein Urteil zu (bzw. gegen) Blockaden von Autobahnen, wenn die Aktion mal nicht von CSU-Wählern geplant wird: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.01.2017 - 15 A 296/16 - openJur

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Es geht um Aufmerksamkeit und die erlangt man nunmal am besten, wenn viele Menschen und öffentlich wirksam demonstriert / gestreikt wird.

Natürlich wollen die Lokführer die Bahnfahrer treffen, damit diese ihren Unmut oder Verständnis äußern und somit auch „Druck“ auf den Arbeitgeber ausüben.

Gerade die Lokführer schädigen mehr die Bahnfahrer als den Arbeitgeber, weil die Bahnfahrer nunmal die Kunden des Unternehmens sind und Lokführer die nicht fahren, nicht einfach nur ein Produkt X oder Dienstleistung Y nicht erbringen, wo wenige Tausend oder Zehntausend an einem Tag betroffen sind, sondern direkt Millionen.

Zwischen Streik und Demo ist auch ein sehr großer Unterschied

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Danke für die vielen Reaktionen. Zu ein paar Diskussionspunkten:

Ist denn klar, dass 5-10 Traktoren, die 10 Stunden zwischen zwei Kreisverkehren hin und herfahren eine Versammlung sind? Dies schien der MA vom OA nicht so zu sehen, darum war er aus seiner Sicht nicht zuständig (wenn ich ihn richtig verstanden habe).

Man kann sich in diesem Fall nicht darauf berufen, dass dies eine spontane Versammlung war, denn die Trecker waren mit Transparenten behängt. D.h., wenn man dies eindeutig als Versammlung einordnen könnte, wäre es eine unangemeldete, geplante Versammlung, und damit vermutlich verboten?

Bei einer angemeldeten Versammlung hätte es sicher Auflagen gegeben, wie oben beschrieben (z.B. stündlich je 5 Minuten ist ok, mehr nicht).

Angenommen, es wäre eine spontane Versammlung: Darf man dann wirklich machen, was man will, oder gibt es dafür nicht auch Regeln? Zumindest müsste es der Polizei (oder dem OA) ja dann möglich sein, auch spontan Auflagen auszusprechen. Und wenn die nicht eingehalten werden, die Versammlung aufzulösen?

Angenommen, das stundenlange Trecker-Rumgefahre zählt nicht als Versammlung (oder die zuständigen Stellen finden es nicht eindeutig genug…): Es kann doch nicht sein, dass man durch so ein Verhalten stundenlang den Verkehr lahmlegt. Hier eine Idee für die letzte Generation (oder mich selbst, wenn mich der Verkehr mal wieder nervt): Laut §25 (2) StVO darf man nicht nur sondern MUSS als Fußgänger sperrige Gegenständige, die auf dem Fußweg keinen Platz finden, auf der Fahrbahn transportieren. Demnach dürfte (bzw. MÜSSTE) ich z.B. ein großes Bettgestell oder einen Heißluftballon oder eine Auto-Attrape oder was mir sonst so einfälllt zu Fuß, mit z.B. 3 km/h, über die Durchgangsstraße transportieren. Und wenn man, wie die Polizei bei uns im Ort, §30 (Verbot „unnützer“ Hin- und Herfahrten; wobei dies ja praktischerweise gar keine Fahrt wäre!) außer acht lässt, dürfte ich das nicht nur einmal sondern stundenlang. So attraktiv ich das für meine eigenen Ziele finden könnte, es erschiene mir gesamtgesellschaftlich als inakzeptabel. Und würde vermutlich keine 5 Minuten toleriert werden. (Anders als die Treckerfahrer müsste ich vermutlich um mein Leben fürchten - damit wären wir wieder bei der Frage, ob es erlaubt sein sollte, sich bei einer Demo in einem Quasipanzer zu verschanzen…)

Insbesondere wenn durch Transparente ein politisches Anliegen transportiert wird, definitiv. Selbst 3 Leute, die mit einem Pappschild auf dem Gehweg herumstehen, werden i.d.R. als Versammlung gewertet.

Prinzipiell wäre die Versammlung als solche dann nicht von vornherein verboten, (weil die Teilnehmer ja u.U. gar nicht wussten, dass die Demo nicht angemeldet war,) aber der/die Organisatoren hätten sich strafbar gemacht.

So ist es. Wenn die Polizei willig ist, hat man bei so einer nicht angemeldeten Versammlung im Grunde sogar die schlechteren Karten, denn die Polizei kann sich praktisch an Auflagen aus dem Hut ziehen was sie möchte, und das gilt dann erstmal. Falls die Auflagen übertrieben sind, kannst du sie hinterher evtl. von einem Gericht für unrechtmäßig erklären lassen, aber das bringt dir außer vielleicht einem mäßig guten Gefühl überhaupt nichts. Hat man dagegen rechtzeitig angemeldet, bekommt man die Auflagen in der Regel rechtzeitig, um noch Eilentscheidungen vor Verwaltungsgerichten dagegen anstreben zu können. (Obwohl’s da manchmal auch Foulspiel gibt, und die Auflagen absichtlich bis kurz vor dem Termin offen gelassen werden.)