Verhältnismäßigkeit der Zeugnisbemerkung bei Schülern mit Behinderung

Seit dem 01.07.2016 gilt in Bayern eine Rechtsgrundlage zu den Maßnahmen Unterstützung von Schülern mit Behinderung. Diese hält für Menschen mit ausgewählten Behinderungen verschiedene diskriminierende Zeugniskommentare bereit, um einem späteren Arbeitgeber den Bewerbungsprozess zu „erleichtern“. Beispielsweise zwingt es dem Gehörlosen im Abschlusszeugnis den Kommentar „Auf Prüfungen zum Hörverstehen wurde verzichtet” auf. Ähnliche Kommentare gibt es nun bei blinden, körperlich-motorisch beeinträchtigten oder autistischen Schüler:innen.
Hier der Link zum Gesetz. Bürgerservice - BaySchO: § 34 Notenschutz
Das BVerfG erkannte in einer Beschwerde das Problem und es kam im Juni diesen Jahres zu einer mündlichen Verhandlung. Das Urteil wird am 22. November erwartet. Wie seht Ihr das mit der Verhältnismäßigkeit solcher Zeugniskommentare?

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https://www.merkur.de/politik/verfassungswidrig-legastheniker-ruegen-zeugnisvermerke-zr-92368738.html

Macht es einen Unterschied? Denn sollte die Behinderung dazu führen das der Bewerber die angestrebte und geforderte Arbeit nur eingeschränkt erbringen kann doch eh eine Offenbarungspflicht besteht, oder nicht? Der Punkt ist dann doch eher die Formulierung als die Angabe (welche ich nicht diskriminierend empfinde). Ich finde die Begründung, das Zeugnisse vergleichbar sein müssen und deswegen auch transparent in der Notenvergabe eigentlich recht schlüssig. Mal davon abgesehen das sich kein Personaler jemals die Texte durchliest von Zeugnissen. Noten und Anschreiben (wenn überhaupt) und fertig.

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Ich bin der Meinung es macht einen Unterschied. Gibt es hier eine Offenbarungspflicht? Die Frage möchte ich beantworten.
Eine Lesehilfe (z.B. Brille) wird im Zeugnis nicht offenbart, obwohl ein betroffene Schüler:innen mit starker Sehbehinderung wohl keine schriftliche Prüfung ohne Sehhilfe ablegen könnte. Ein von ADHS betroffener Schüler:innen kann einen Zeitzuschlag bekommen. Dieser wird im Zeugnis nicht offenbart. Ein/e Schüler:innen der nicht am Sportunterricht teilgenommen hat, bekommt keine Note im Fach Sport, aber auch kein Zeugniskommentar. Warum besteht bei autistischen Schüler:innen eine Offenbarungspflicht im Zeugnis?
Muss der Staat in Zeugnis durch einen Kommentar eine Behinderung offenlegen oder sollte der Arbeitgeber nicht besser im Bewerbungsprozess herausfiltern, wer für den Job geeignet ist? Sollte der Staat die Schüler:innen gegeben Ihren Fähigkeiten besten ausbilden und dazu geeignete Hilfsmittel wie Lesebrillen oder Zeitzuschlag einfach zulassen?
Oben referenzierte ich die Schulordnung, aber das Gesetz greift grundsätzlich die Rechte von Menschen mit Behinderung an. Ist die Schulordnung damit verfassungswidrig?

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Könntet Ihr dieses Thema mal aufgreifen @vieuxrenard? Sorry for bothering… Ich habe selbst ADHS und engagiere mich im Bereich Neurodiversität. Das Thema liegt mir sehr am Herzen.

Finde das eine ziemliche Katastrophe für die ND-Community (falls ich das jetzt nicht völlig falsch verstanden habe). Ich empfehle Menschen mit ADHS oder ASS eigentlich immer, ihre Behinderung im Berufskontext nicht zu erwähnen.
Da es noch viele Vorurteile gibt, kriegt man durch Offenlegung leider eher Problemen als Hilfe (kenne Menschen die sich danach einen neuen Job suchen mussten).

Mit einem Vermerk wie „ADHS“ im Zeugnis braucht man sich bei vielen Arbeitgebern gar nicht erst zu bewerben. Von noch krasseren Behinderungen will ich gar nicht anfangen (man stelle sich nur mal vor, dass jemand da etwas wie „Paranoide Schizophrenie“ oder „Narzisstische Persönlichkeitsstörung“ im Abi-Zeugnis prangen hat, mit dem er sich die nächsten 40 Jahre bewerben muss).

Vielen Dank
lg, Dave

PS: Stehe gerne für Fragen zur Verfügung.

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Ja! Es macht einen enormen Unterschied! Siehe mein Beitrag oben…

Was das Gericht offenbar nicht verstanden hat!
Ein Nachteilsausgleich ist KEINE ERLEICHTERUNG in der Prüfung. Es ist eine Anpassung an die Behinderung.

Hast Du eine Ahnung, was ADHS oder ASS für ein F*ckUp im Leben sein kann?
Wenn Du im Rollstuhl sitzt ist das in Deutschland schon nicht leicht. Aber wenn Du im Job-Kontext sagst dass Du ADHS hast, bekommst Du keine Hilfe, sondern musst Dich erstmal dafür rechtfertigen und kriegst tausend Vorurteile um die Ohren gehauen…
ADHS gibt es gar nicht…
Nur eine Erfindung der Pharma-Industrie…
Bist ja nur zu faul und benutzt das als Ausrede…

Ein Zeugnis mit so einem Vermerk kannste im Prinzip gleich verbrennen. Wenn das ein Personaler sieht, wirst Du den Job niemals bekommen.

Nö! Gesundheitsdaten muss man nicht preisgeben. Und die Entscheidung, ob das bei der Arbeit einschränkt. oder nicht (z.B. weil man Medikamente nimmt), sollte man doch bitte selbst treffen können.

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So wie ich das verstehe, soll auf dem Zeugnis nicht die medizinische Diagnose, sondern generell der erhaltene Ausgleich aufgeführt werden (zusätzliche Zeit, Nichtbewertung der Rechtschreibung, Bereitstellung einer Lesehilfe usw.), also das was schulseitig organisatorisch geleistet wurde um für Chancengleichheit zu sorgen.

Der Artikel impliziert jedenfalls was anderes…

Damit könnte es beispielsweise künftig auch vermehrt Zeugnisvermerke über Körperbehinderungen, Autismus oder andere Einschränkungen geben.

Und am Ende des Tages spielt es auch keine sooo große Rolle, weil man anhand des erhaltenen Ausgleiches eh auf die entsprechende Behinderung schließen kann.

@Eule hat schon recht.
Aber wie du schreibst, ist es nicht schwer, von der Art des Ausgleichs auf die Einschränkung zu schließen.
Danke fürs teilen. Im Radio wurde nur erwähnt, dass die Kläger gewonnen hatten. Dein Artikel hat mich gerade aus den Socken gehauen.

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No offense, aber kenne n paar mit adhs und hatte beruflich auch damit zu tun. Der Großteil ist auf ihrem Gebiet kompetent genug, dass der Arbeitgeber nicht auf sie verzichten möchte und bekommen ihre „Krankheit“ mit Sport als Ausgleich, also Verausgabung, gut in Griff. Oft habe ich auch das Gefühl, dass adhs einfach eine andere Verhaltensweise oder anderer Charakterzug ist und nicht direkt als Krankheit abgetan werden sollte.

Sorry, aber das ist dieses typische Argument das man meist von rechten Schwurblern hört… „Ich habe ja auch einen Kumpel der ist Türke. Deswegen kann ich ja gar kein Rassist sein.

Deine gefühlten Erkenntnisse decken sich nicht mit der Realität und der Studienlage. Nach außen wirkt ADHS oft harmlos, weil die Leute funktional wirken…

Komm mal in eine unserer Gruppen, und hör Dir mal die Schicksale an…

Dazu muss man den Job aber erstmal kriegen! Ich rate bei uns in den Gruppen JEDEM davon ab, seinem Arbeitgeber von der Störung zu erzählen. Geht sehr oft nach hinten los.

Und eine Trans-Frau macht auch keinen schlechteren Job… Sie hat trotzdem das Recht ihre geschlechtliche Identität für sich zu behalten. Denn auch hier ist die Gefahr von Vorurteilen sehr groß!

Oder sollte man eventuelle Sonderbehandlungen von Non-Cis-Personen im Sport-Unterricht auch im Zeugnis vermerken??? Damit alles „transparent“ ist…?

[quote=„Thore, post:10, topic:22052“]
andere Verhaltensweise oder anderer Charakterzug ist und nicht direkt als Krankheit abgetan werden sollte [/quote]

Ein paar Fakten:

  • Die Lebenserwartung von ADHS-Betroffenen ist um 13 Jahre geringer als bei Neurotypischen Menschen
  • 75% der ADHSler leiden unter Schlafstörungen
  • 80% unter Komorbiditäten wie Depressionen
  • 30% unter Angststörungen
  • 20% unter Zwangsstörungen
  • 50% entwickeln Suchterkrankungen
  • 60% werden Mobbing-Opfer
  • Das Risiko vorzeitig zu sterben ist 25 Mal höher als bei neurotypischen Personen

Und ja, wir sind „anders“, und zwei Drittel unserer Probleme entstehen nur durch die Gesellschaft in der wir leben.
Aber was Neurodiversität angeht, hinken wir, was Inklusion und Gleichstellung angeht dem LGBTQ±Thema noch mindestens 30 Jahre hinterher (und selbst da haben wir noch einen langen Weg vor uns)

lg, Dave

EDIT: Das oben Gesagte gilt natürlich nicht nur für ADHS sondern auch auch für Autismus (beides neurologisch sehr stark verwandt)

Die Offenbarungspflicht existiert nunmal und das aus gutem Grund. Es geht ja explizit darum ob die Beeinträchtigung einen Einfluss auf die Arbeitsleistung hat oder nicht. Ob dies der Fall ist muss halt im Bewerbungsgespräch ermittelt werden. Weder Sie wissen genau was für Anforderungen an den Job genau gestellt werden, noch weiß der Personaler ihre genauen Einschränkungen. Um dies sicher zu stellen gibt es ja die Pflicht bei Behinderung diese Menschen zum Bewerbungsgespräch einladen zu müssen.

Ich verstehe das Sie bei dem Thema sensibel reagieren. Aber ein Geschlecht macht bei der Leistungserbringung keinen Unterschied (Beispiel Trans-Frau). Eine erhöhte Ausfallquote kann in manchen Positionen (Busfahrer) jedoch ein erhebliches Problem darstellen. In anderen ist es eher egal (Verwaltung z.b.)

Die ist aber stark eingeschränkt und besteht nur, wenn die Arbeitsfähigkeit eingeschränkt wäre. So muss nach aktueller Rechtssprechung nichtmals eine Schwerbehinderung angegeben werden.

Es gibt aber keine Pflicht einen Grad der Behinderung anzugeben!
Und das ist der Unterschied:
Momentan ist der Default-Case: Daten bleiben bei mir. In Sonderfällen muss ich sie rausgeben.
Neu: Daten werden immer rausgegeben!

ein Geschlecht macht bei der Leistungserbringung keinen Unterschied
Eine Behinderung in vielen Bereichen auch nicht. Und in dem Falle müsste sie auch nicht angegeben werden. Jetzt erfährt es aber im Zweifel trotzdem jeder!

Die Folge wird sein:

  • Mobbing und Diskriminierung am Arbeitsplatz
  • Das man gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird
  • Dass viele Schüler auf den Nachteilsausgleich verzichten werden, um einen Zeugnisvermerk zu vermeiden.

Im übrigen herrscht hier im Forum Duz-Kultur, und ich habe Dir an keiner Stelle das „Sie“ angeboten…

lg, Dave

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Noch ein Gedanke der mir gerade kommt:

Wenn man das wirklich „fair“ und „transparent“ gestalten möchte, dann sollte man es auch zur Pflichtangabe im Zeugnis machen, wenn jemand Nachhilfe erhalten hat.

Auch DAS ist ein Nachteilsausgleich (den sich sozial schwächere Familien nicht leisten können).

Das ist aber ein gesellschaftliches Problem, was man nicht unbedingt durch Geheimhaltung lösen sollte.

Ich hatte bei mir im Team einen MA bei dem ich vermute, dass er eine autistische Störung hatte.
Wir haben ihn nach 50 Jahren in der Firma mit viel TamTam in die Pension entlassen.

Da war nix mit Diskriminierung oder Mobbing.

Es ist eine Einstellungssache und ich mag als Teamleiter gerne vorher über irgendwelche Einschränkungen informiert werden.

Bei dem MA wusste ich um die Beschränkungen, aber bei Neuanstellung möchte ich schon gerne vorher wissen ob irgendsowas zu berücksichtigen ist.

Ansonsten, wenn ich sowas in der Probezeit merke, kannst du dir sicher sein, dass es Einfluss auf die Entscheidung hat, ob die Person weiter beschäftigt wird.

Grundsätzlich hab ich in meinem Arbeitsleben 2 Erfahrungen gemacht:

  1. Ehrlich währt am längsten und bringt einen am weitesten.
  2. Meine Schulzeugnisse waren nur zum „Gewinn“ meiner Ausbildung gut. Seitdem wollte die nie wieder einer sehen.

PS: in gewissen Teilen ist es auch eine Arbeitsschutzfrage.
Gerade bei Geistigen Sachen ist die Frage ob der potentielle MA überhaupt in der Lage ist geltende Regeln und Vorschriften zu verstehen.

Hallo Zusammen,

von der Urteilsbegründung bin ich einigermaßen überrascht worden.

Mir war es bei der Recherche zu diesem Thema bereits ein Rätsel warum eine Zeugnisbemerkung, die direkt auf eine Behinderung verweist überhaupt in eine Verordnung geschafft hat. Zitat „Auf Grund einer fachärztlich festgestellten Legasthenie wurde die Rechtschreibung nicht gewertet.“

Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass ein Zeugniskommentar nicht auf eine Behinderung verweisen darf, weil es in diesem Fall für alle Menschen mit Behinderung und alle gesunden Menschen diskriminierend ist. Die Ursache ist, dass es im Allgemeinen der Lehrkraft frei steht ist die Rechtschreibung überhaupt zu bewerten. Ein Schüler, der nur mit Schreibhilfe schreiben kann und nicht selbst, erhält also keinen Kommentar ins Zeugnis, aber auch der Lieblingsschüler, weil die Lehrkraft die Rechtschreibung einfach nicht bewertet hat. Das ist Verfassungswidrig. Also Schutz der Persönlichkeitsrechte > als Offenbarungspflicht/Zeugniswahrheit. Zita Urteilt: „Legasthene Schülerinnen und Schüler mit Zeugnisbemerkung werden gegenüber Schülerinnen und Schülern ohne Zeugnisbemerkung benachteiligt.“

Der Bärendienst mit dem Urteil ist nun folgender: Das Bundesverfassungsgericht hat Zeugniskommentare allgemein zugelassen, ja sogar gefordert. Zitat: „Unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere bei Ausgestaltung des Abiturs durch den Gesetzgeber als breiter Leistungsnachweis und allgemeine Hochschulreife, können solche Zeugnisbemerkungen sogar geboten sein.” Oder wie Anja Braun vom SWR schriebt: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Schulen dürfen und sollen künftig in Abiturzeugnissen darauf hinweisen, dass Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen wie z.B. einer Legasthenie einen Notenschutz erhalten haben.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage wie soll das funktionieren? Ein extremes Beispiel: Es wäre also okay zu schreiben, Sport, Note: 1 *Leistungen, die Beinmuskulatur voraussetzen, wurden nicht bewertet. Der Betroffene ist Leistungssportler im Rollstuhlbasketball und das Zeugnis geht völlig an der Wahrheit vorbei. Anderes extremes Beispiel: ein gehörloser hochintelligenter Autist. Deutsch, Mathe, Englisch usw. Note 1 * „Auf Prüfungen zum Hörverstehen wurde verzichtet und bei Prüfungen wurden 20% mehr Bearbeitungszeit gewährt“. Die Person kann also Hochintelligent sein, hätte aber ohne technische Hilfen und Zeitverlängerung besonders die unteren Klassen niemals bestanden.
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Zeugniskommentar ja, aber kein Rückschluss auf die Behinderung, weil dann eine Diskriminierung vorliegen würde. Man könne sich als Vergleich Abiturzeugnisse wie Arbeitszeugnisse vorstellen, bei denen mit allgemeinen Formulierungen auf bestimmte Sachverhalte, wie die Motivation von Mitarbeitern, hingewiesen wird. Ich kann mir die Umsetzung in Abiturzeugnissen einfach nicht vorstellen und wiederspreche Herrn Klaus Hempel mit seiner Interpretation ganz entschieden: Legastheniker müssen in ihrem Zeugnis einen Vermerk über nicht benotete Rechtschreibung hinnehmen.

Der Fehler liegt meiner Einschätzung nach viel tiefer im System. Zeugniswahrheit ist nicht möglich, wenn ein Schüler in Sport und Kunst Abitur machen kann und der andere Schüler in Physik und Geschichte. Hier besteht einfach keine Vergleichbarkeit für einen Arbeitgeber. Zusätzlich wird ein Unterschied gemacht zwischen Nachteilsausgleich (soll die Behinderung ausgleichen) und Notenschutz (soll dem Menschen mit Behinderung einen Vorteil verschaffen). Mir ist nicht klar, warum ein Mensch mit Behinderung ein freiwillig einen Vorteil haben wollte, es geht immer um einen Ausgleich!

Der Unterschied zwischen Nachteilsausgleich und Notenschutz ist für mich im Schultag nicht darstellbar. Beispielsweise kommt es bei einem Diktat in Besonderem Maße auf die Zeit an. Wenn die Lehrkraft in zwei verschiedenen Geschwindigkeiten vorlesen kann, 1x für die gesunden Kinder und 1x für die Kinder mit Behinderung mit Zeitverlängerung, welcher Unterschied besteht in diesem Beispiel zwischen Notenschutz und Nachteilsaugleich. Für mich nicht nachvollziehbar.

Noch ein Beispiel: Als Nachteilsausgleich gilt die 1:1 Bewertung (Im Gegensatz zur 2:1 Bewertung) von schriftlichen zu mündlichen Leistungen in Fremdsprachen. Besonders für Kinder, die langsamer Schreiben sind ist diese Regelung wichtig um zu zeigen, dass Vokabeln gelernt wurden. Für mich stellt diese Regelung keinen Vorteil dar.

Das in Bayern die Schüler verpflichtet wurden, Nachteilsausgleich und Notenschutz gemeinsam und nicht unabhängig voneinander zu beantragen ist für mich ebenfalls nicht nachvollziehbar.

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Ein weiterer interessanter Aspekt ist für den verhandelten Fall wichtig. Legasthenie oder Dyskalkulie werden teilweise von Schulpsychologen, von denen es eine signifikante Anzahl gibt, festgestellt. Einfach weil Schulpsychologen die Schüler leicht erreichen können. Behinderungen werden normalerweise von Ärzten (Kinder- und Jugendpsychiatern) diagnostiziert. Kinder- und Jugendpsychiater gibt es aber wesentlich seltener. Wenn in Zukunft die Bewertung einer Lehrkraft ausreicht einen Nachteilsausgleich zu erhalten, dann sollte mehr Schüler individuell betreut werden können. Eine Legasthenie oder Dyskalkulie als Behinderung kann meiner Einschätzung nach aber nur von einem Arzt diagnostiziert werden, auch um Fehldiagnosen vorzubeugen.

Das Urteil ist für Schülerinnen und Schüler mit Legasthenie oder Dyskalkulie jedoch positiv zu sehen. Bis heute gewähren nicht alle Bundesländer einen Nachteilsausgleich bei Legasthenie und in ganz Deutschland nicht für Dyskalkulie. Das wird sich nun ändern, denn Zitat: „Legasthenie ist eine Behinderung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG.“

Das Bayrische Kultusministerium hatte die nun vom Urteil gebotenen Zeugnisbemerkungen bereits 2015 in der Schulordnung fixiert, wie in meinem ersten Kommentar bereits beschrieben. Umgesetzt wurden diese aber nicht. Weil offensichtlich selbst in der Lehrerschaft/im Kultusministerium Zweifel an der Rechtsmäßigkeit bestand. Nun wird es spannend wie die Länderregierungen das Urteil umsetze, ohne weitere Klagen zu provozieren. Es dürfte klar sein, dass Verbände mit diesem neuen Urteil den Rechtsweg nutzen werden, falls es zu diskriminierenden Kommentaren kommt, die Rückschlüsse auf die Behinderung erlauben.

Abschließend noch einen Kommentar zu Olaf.K. Ein Mensch mit Behinderung weiß immer besser als die Gesellschaft, was er kann und was nicht. Die Gesellschaft und auch der Arbeitsplatz muss sich dem Menschen so anpassen, dass der Mensch guten und marktwirtschaftlichen Leistungen erbringen kann. Wenn der Arbeitsplatz das nicht kann, ist der Fehler nicht beim Menschen, der seine persönliche Gesundheit nicht preisgeben will. Wahrscheinlich willst von deinen Mitarbeitern nicht wissen, ob diese Schwanger sind, gerne Extremsportarten betreiben, nur 3 Stunden Sitzen können oder 4 Dioptrien haben. Es sei denn, du hast ein berechtigtes Interesse, Beispiel Kampfpilot. In diesem Fall gibt es aber ein Test im Auswahlverfahren und kein Kommentar im Zeugnis.

Wie seht Ihr das Urteil?

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Das mag ggfs. in einzelnen Bundesländern unterschiedlich sein, aber so pauschal ist diese Aussage sicher nicht richtig. Ich kenne es aus NRW, dass Rechtschreibung in allen schriftlichen Fächern ein zwingendes Bewertungskriterium ist. In schweren Fällen führt schlechte Rechtschreibung in der Oberstufe sogar dazu, dass die Endnote um bis zu eine Notenstufe abgesenkt werden muss. Ausnahmen sind nur als formal festgelegter Nachteilsausgleich oder Notenschutz möglich.

Oh das bestreite ich gar nicht.

Okej, du verrätst mir also nicht worin deine Einschränkung besteht, erwartest aber von mir, dass ich den Arbeitsplatz entsprechend gestalte: Finde den Fehler…

Doch sonst können sie keinen Anspruch auf Schwangerschaftsschutz geltend machen.

Ich hab mal im AKW gearbeitet, da war es für schwangere Personen mit Tag des bekanntwerdens untersagt in den Kontrollbereich zu gehen. Diese wurden dann halt im Außenbereich eingesetzt.

Erklär mir wie du effektiv Schwangere vor möglichen biologischen/chemischen/atomaren Gefahren am Arbeitsplatz schützen willst, wenn sie doch nichts sagen brauchen.

Freizeitgestaltung.

Ich hatte gerade einen Fall mit der ärztlichen Diagnose: nicht stehen, nicht sitzen, nicht laufen.

Bereite für so einen Menschen eine Arbeit in der Industrie.

Auch hier, kommt auf die Aufgabe drauf an, aber wenn der MA nicht sagt, dass er nichts sieht, kann man ihm nicht helfen und am Ende wird er die Arbeit wegen zu vielen Fehlern verlieren.

Da ist aber auch ein Unterschied im schwedischen zum deutschen Arbeitsmarkt: ich bin als Arbeitgeber verpflichtet alles Nötige zu tun um einem MA die Arbeit zu ermöglichen.
Was schlussendlich für meinen MA mit 4 Dioptrien ein paar Tests mit unterschiedlichen Lupen bedeutete bis wir das passende Hilfsmittel gefunden haben, er war danach einer meiner effektivsten Montöre, trotz Sehbehinderung und Lernschwäche.

Ich schrieb ja bereits, dass mein Abizeugnis nur für die Ausbildung interessant war und danach nie wieder gefordert wurde.

Von daher finde ich persönlich das Ganze reichlich unnötig.

Es muss nicht im Zeugnis stehen, sondern die Gesellschaft muss sich dahingehend ändern, dass es kein Nachteil ist mit solchen Einschränkungen offen umzugehen.

Dann wird am Ende auch die Arbeitssuche einfacher, da der AG weiß welche Schwächen und Einschränkungen er ausgleichen muss um einen effektiven und zufriedenen MA zu bekommen.