Vergleichbare Protestformen von Landwirten u. Klimakleber?

Wenn man hier Bauern präventiv in Haft nehmen würde wie bei der LG möchte ich mal sehen, wer dann den Traktor fährt.

Ich finde Deine Vermischung zwischen Arbeitskampf (Lokführer) und diesen Bauernprotesten recht unfair.

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Da würde ich so nicht vollständig mitgehen. Zwei Milliarden sind eine so lächerlich große Summe, dass kaum jemand von uns sich vorstellen kann, wie viel das ist. Beim Klimawandel sprechen wir eher von Billionen, aber in der Vorstellungskraft kommt das auf selbe hinaus. Der Punkt ist, dass wir bei den Subventionen genau wissen, wie das beim Landwirt ankommt. Beim Klimawandel hingehen ist das diffus: ich weiß nicht, wann und wie genau mich irgendwann dann eine Dürre, eine Überflutung, ein Schneesturm Treffen wird.

Der Witz ist ja: keiner weiß, was die Alternative ist. Es wird gefordert, dass die Subventionen nicht zurück genommen werden sollen. Aber was dann? Wo kommt das Geld denn dann stattdessen her? Das sehen wir auch bei dem Energiewende-Thema ständig: Dinge werden, ohne Alternativen zu nennen, abgelehnt.

Im Rest der Argumentation stimme ich zu.

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Die Bauern wollen einfach nicht auf einen Teil der Gewinne verzichten. Damit sind sie natürlich nicht die einzigen in Deutschland, aber für mich ist das ein Streik/Protest wie jeder andere auch.
Das die Rechten da aufspringen liegt wohl daran, das man daraus einen Protest gegen die Grünen machen kann.

Die Klimaaktivisten kämpfen dagegen uneigennützig für die ganze Gesellschaft. Außer vielleicht, man legt ihnen den Wunsch in einer intakten Umwelt alt zu werden, als egoistisch aus.

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Kann ich nachvollziehen, wobei es im Kern um das Gleiche geht:
Die eigene Gruppe soll es besser haben. Bei den Bauernprotesten handelt es sich um Proteste selbständiger Unternehmer gegen den Staat als Geldgeber (weil die Landwirtschaft sich zu großen Teilen aus Subventionen finanziert), bei den Lokführern um Arbeitnehmer, die primär gegen die Bahn, die zu 100% im Staatsbesitz ist, streiken. In beiden Fällen ist es letztlich - mehr oder weniger direkt - der Staat, der entscheidet, wie viel Geld die Arbeit der jeweiligen Gruppe wert ist (ähnlich wie bei Streiks im öffentlichen Dienst).

Ich bin mir daher nicht sicher, inwiefern die Differenzierung zwischen Streiks von (indirekt) Staatsbediensteten anders bewertet sollte als die Proteste einer Gruppe von Unternehmern, die am Tropf des Staates hängen. Als ehemaliger gesetzlicher Betreuer (die sind auch Selbständig, aber deren Lohn ist per Gesetz geregelt, siehe VBVG) würde ich auch Proteste von Berufsbetreuern als „Streikähnlich“ betrachten, ebenso wie die Bauernproteste. Die Bauern bezeichnen ihre Proteste hingegen selbst gerne als „Bauernstreik“, weil das einfach besser kommunizierbar ist als „Landwirtschaftsunternehmerproteste“.

Mich würde interessieren: Wem gegenüber findest du den Vergleich unfair? Den Lokführern oder den Bauern?

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Das was die Bauern jetzt machen wäre als würden die Lokführer z.B. Supermärkte blockieren.

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Mich würde in diesem Zusammenhang mal eine rechtliche Einschätzung interessieren im Vergleich: Bauerndemos vs letzte Generation. Beide blockieren die Straße. Beide treten teilweiße über die Strenge (Farbaktionen letzte Generation <> Schiffsblockade mit versuchtem eindringen einiger Bauern).

Dennoch ist die letzte Generation als kriminelle Vereinigung eingestuft und Akteure werden teils in Gewahrsam VORAB genommen und für die Bauern hat man Verständnis.

Ich möchte den Bauern ihr Demonstrationsrecht nicht absprechen, ich finde es nur erstaunlich wie hier mit zweierlei Maß gemessen wird und ob das rechtlich erklärbar ist.

Oder liegt es daran, dass man sich mit einer größeren Lobby nicht anlegen möchte?

Oder im zugespitzten Vergleich, glaubt ihr, jemand der im Stau steht wegen der Traktoren wird über einen Traktorreifen fahren? Wie sie teilweiße über Sitzblockaden gefahren sind? Sicher nicht, vor dem größeren Gefährt hat man dann doch Respekt. Umso interessanter, den Bauern wurden jetzt Zugeständnisse gemacht, bei der Klimapolitik sieht es so lala aus.

Vllt sollte die letzte Generation das nächste mal mit Traktoren was blockieren…

https://www.mrn-news.de/2024/01/07/ludwigshafen-mannheim-bauernproteste-am-montag-08-01-2024-hier-drohen-verkehrsbehinderungen-auch-der-oeffentliche-nahverkehr-ist-betroffen-520951/

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Vielleicht sollten wir endlich mal verstehen, dass wir für gute Lebensmittel auch mehr Geld ausgeben sollten, sodass die Landwirte nicht auf irgendwelche Subventionen angewiesen sind. Unsere Bereitschaft ist da sehr gering.

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Die Protestformen der Bauern sind ähnlich wie bei der LG vielfältig, so dass eine Bewertung der Zulässigkeit immer nur für eine konkrete Form und da u. U. für den konkreten Fall möglich ist.
Ein sanktionsbewährte Protestform ist das Befahren von Autobahnen, einschließlich der Auffahrten, mit Traktoren. § 18 StVO besagt, dass nur Fahrzeuge auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen unterwegs sein dürfen, die bauartbedingt eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 60 km/h erreichen. Meine Recherchen zur Höchstgeschwindigkeit bei der Traktoren von John Deere, Fendt und Deutz hat ergeben, dass alle Modelle im oberen Mittelklassesegment, mit ca. 250 PS auf 50 teilweise 40 km/h begrenzt sind und somit nicht auf die Autobahn auffahren dürfen.
Allerdings sind die Sanktionen mit einem Bußgeld i. H. v. 20 Euro doch ehr gering. Teurer wird es wenn die Traktoren auf der Fahrbahn / dem Seitenstreifen geparkt werden. Für solche Aktionen gibt es dann auch Punkte in Flensburg. Fahrverbote kommen hinzu, wenn auf der Fahrbahn gewendet wird. Wir bleiben hier aber stets bei Ordnungswidrigkeiten, für eine strafrechtliche Einwertung taugt die Straßenverkehrsordnung also nicht. Hat schon mal jemand gesehen, dass die Polizei bei der Abfahrt der Traktoren an der Autobahnausfahrt oder sogar auf der Autobahn „Knöllchen“ and die Fahrer verteilt? Ich denke es wäre ein gutes Signal wenn sie die Owi sofort sanktionieren würden. Müssen sie das, wenn sie Kenntnis davon haben, oder hat die Polizei da Ermessensspielraum?

Wenn die Subventionen sinken, können Unternehmer:innen ihre Preise anpassen oder (da es hier um eine verbrauchsabhängige Subvention geht) die subventionierten Produktionsmittel einsparen. Ich verstehe schon, dass das rechtliche und ökonomische Umfeld dazu führt, dass de facto einige Landwirt:innen das nicht können und damit "Lohn"einbußen hinnehmen müssen oder den Beruf aufgeben (Letzteres nicht wegen der Agrardiesel- oder Kfz-Subvention allein, aber im Allgemeinen gesprochen). Auch verstehe ich, dass aus sozialhistorischen Gründen die Berufswahl in der Landwirtschaft vielleicht nicht ganz so frei ist wie bei Angestellten im ÖD. Der Punkt bleibt trotzdem: Es ist ein Markt, auf dem das Staatsgeld mit dem Lohn der Landwirt:innen nur mittelbar zusammenhängt, während die Lokführer:innen klassische abhängig Beschäftigte sind.

Ein damit verbundener Unterschied, der auch die Wahrnehmung betrifft, ist vielleicht, dass Landwirt:innen tlw. als Unternehmer:innen wahrgenommen werden (Heuschrecken und große Agrarkonzerne, die von den Subventionen, für die nun gekämpft wird, auch profitieren, treten hingegen nicht öffentlich in Erscheinung). Das erleichtert die Identifikation und Solidarisierung vor dem Hintergrund des recht stark verankerten, neoliberalen Ideals des Unternehmers. Mit Lokführer:innen könnten sich hingegen Arbeitnehmer:innen anhand des ebenfalls recht stark verankerten, sozialistischen Ideals des Arbeitskampfs leichter solidarisieren. Beide hängen auch eng mit tieferen Idealen von Fleiß und Stolz auf die eigene Arbeit zusammen, würde ich sagen, blicken nur aus unterschiedlichen Richtungen darauf.

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Kommt drauf an, auf welcher Ermächtigungsgrundlage die Polizei handelt. Wenn die Ermächtigungsgrundlage Ermessen vorsieht, dann ja. Wenn es eine gebundene Entscheidung ist, dann gibt es kein Ermessen.

Allgemein zum Ermessensspielraum: Bei Ordnungswidrigkeiten gilt nach § 47 OwiG ein Ermessensspielraum, anders bei Straftaten, § 152 Absatz 2 StPO (sog. Legalitätsprinzip). Bei der Gefahrenabwehr, also auch der Verhütung von Owi und Straftaten, gilt im Grundsatz ein Ermessen (Opportunitätsprinzip), das aber im Einzelfall ausgeschaltet sein kann (sog. Ermessensreduktion auf 0), wenn die Behörden einschreiten müssen, um Grundrechte zu schützen.

Zur StVO: Puh, ich komme gerade nicht drauf, wo genau rechtlich das Einfallstor ist (in letzter Not ist es die Verhältnismäßigkeit der Verhängung des Bußgelds), aber würde davon ausgehen, dass das Befahren der Autobahn, soweit es im Rahmen (und als Teil, nicht nur anlässlich) einer zulässigen Versammlung geschieht, letztlich durch das Versammlungsrundrecht (Art. 8 GG) gedeckt und daher nicht ordnungswidrig ist.
Dafür muss der Protest nicht genehmigt, aber angemeldet werden, woraufhin die Versammlungsbehörde (müsste in der Regel Polizei sein) Auflagen nach dem jeweiligen LandesversammlungsG oder, wo ein solches fehlt, dem BundesversammlungsG erteilen können. Erst der Verstoß dagegen wäre dann ordnungswidrig.
Im Falle der Landwirt:innen hat man das in Brandenburg wohl versucht, aber das wurde gerichtlich gekippt: Bauernproteste: Gericht erlaubt am Montag Autobahnblockaden in Brandenburg

Darüber hinaus sind im Einzelfall wie bei der Letzten Generation Nötigung (§ 240 StGB, hier aber ohne die berüchtigte „Zweite Reihe“-Konstruktion, da die Traktoren ein echtes körperliches Hindernis darstellen) und ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) denkbar, aber eben nur, wenn die Versammlungsfreiheit das konkrete Verhalten nicht mehr abdeckt.

Edit: Fehlendes Hilfsverb ergänzt.

Meiner Ansicht nach absolutes Skandalurteil. Dass es auch anders geht, zeigt (ausgerechnet) das OVG Sachsen (Überschrift ist etwas irreführend):

https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1072238

Die Frage ist: Wieso ist anscheinend Sehma-Cranzahl die einzige Kommune in Deutschland, die sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt?

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Wäre kein Problem wenn die Leute zum Beispiel weniger für Miete bezahlen müssten :man_shrugging:
Ist ja nicht so das hier jeder am Ende Geld übrig hätte und nicht wüsste wohin damit. Nicht umsonst sind die Tafeln an vielen Orten in Deutschland bereits an Ihre Grenzen gestoßen. Höhere Preise für Lebensmittel muss man halt irgendwo anders wieder reinholen.

Genau. Wäre mal interessiert daran, zu wissen, was die jetzt demonstrierenden Landwirt:innen von höherem Bürgergeld, höheren Löhnen oder BGE halten.^^

Gute Frage. Totalverbot ist natürlich happig, aber vielleicht war es strategisch klug, um dann am Ende mit Auflagen durchzukommen. Wüsste aber nicht aus dem FF, was für oder gegen den Erfolg einer solche Strategie spräche (als Vertreter der Behörde hätte ich Sorge, dass ein Verbot nur angefochten wird und ich am Ende ohne alles da stehe, weil keine Zeit mehr für Verhängung von Auflagen bleibt).

In anderen Meldungen - vielleicht für diesen Thread interessant: Nach Klimaprotest: Bewährungsstrafe für Sprecherin der "Letzten Generation" | tagesschau.de

Ob nun das eine oder das andere die bessere Strategie ist, würde ich auch nicht abschließend bewerten wollen. Aber flächendeckend wird ja keins von beidem versucht. Weder Verbot, um dann mit Auflagen durchzukommen, noch mit irgendwelchen nennenswerten Auflagen an sich, sondern „passt schon, sagt einfach Bescheid, wenn ihr fertig seid“.

Der in diesem Artikel der Frankfurter Rundschau befragte Anwalt bestätigt die These zumindest dahingehend, dass es etwas mit der stärkeren Lobby der Bauern zu tun hat (und in welcher Partei diese Lobby ist, ist kein Geheimnis…)

Ich sage es ja immer wieder: der konservative Bias von Polizei, Justiz und Sicherheitsbehörden (da dort eben überdurchschnittlich viele überdurchschnittlich konservative Menschen arbeiten und vor allem in Führungspositionen gelangen) ist ein Problem, aber leider werden wir es nicht schaffen, mehr „Linke“ und „sozial progressive“ Menschen in Polizei und Staatsanwaltschaft zu bekommen…

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Ich kann die beiden Protestformen nur theoretisch vergleichen. Ich bin bislang noch durch keinen Klimakleber in meiner Freiheit - im weitesten Sinn - beeinträchtigt worden. Als Anwohner einer Innenstadt kann ich lediglich beurteilen, wie sich vier Stunden Hupkonzert von einem schleichenden Traktorenkorso vor dem Fenster meines Homeoffice auf meine Konzentrationsfähigkeit auswirken. Ich bin überzeugt, amnesty international würde das als - möglicherweise milde - Form des Terrors einstufen. Insbesondere wenn ich dann aus dem Mund eines bezeugenden Polizisten höre, dass er nichts gegen die hundertfach begangenen Ordnungswidrigkeiten unternehmen wird!

Ich lebe in Bayern, einem Bundesland mit einem Polizeiaufgabengesetz, das weit drastischere Zugriffe bei lässlicheren Aktivitäten zulässt. Aber hier ist die Polizei untätig.
Hilft das bei der Einschätzung der Unterschiede? Der weitere Unterschied ist bereits angesprochen worden. Ich finde lediglich die Einteilung der Demonstrantengruppen in links und rechts etwas irreführend: Die Bauern waren zumindest früher die Basis der CSU. Kenner der Materie wissen um den legendären Ochsensepp, der die Bauern als Wähler zur CSU führte. Die Menschen der LG sind dagegen äußerst unverdächtig in der Frage ihres Wahlverhaltens. Kein CSU Stratege käme auf die Idee, bei der LG Wählerpotential zu vermuten.

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Was ich heute gesehen habe, denn bei uns fahren auch ein Haufen Menschen mit ihren Traktoren:
Es braucht mit großen Maschinen wesentlich weniger Beteiligung um groß und laut zu wirken. Überall hupt es, obwohl die Beteiligung vermutlich nicht so hoch ist wie bei Fridays for Future. Unser Volksfestplatz ist rappel voll, weil riesige Traktoren alles vollstellen.

Merke: es geht nicht um den Willen der Menschen, sonder um die Repräsentation der Maschinen

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