Ich denke wir sehen Trump zu sehr aus unserer Sicht, so dass wir die Wahl nicht verstehen können.
Gestern in den Tagesthemen oder bei Maischberger wurden diverse interessante Grafiken eingeblendet. Zum einen Charaktereigenschaften zwischen Harris und Trump im Vergleich. Harris galt als sympathisch aber schwach, Trump als Unsympath, aber durchsetzungssstark. Und eine zweite Grafik zeigte, dass für 80% der Wähler die Wahlversprechen bzw. Programme entscheidend seien, nicht die Person. Das wurde in Kontrast zu uns Deutschen gesetzt, wo man Trump schon wegen seiner Persönlichkeit ablehnt.
Später war eine Politikwissenschaftlerin mit Schwerpunkt USA im Gespräch. Die erklärte was wir hier in Deutschland wohl nicht verstehen. Viele Wähler in den USA wissen, dass Trump ein Ekel ist, aber sie sehen eben auch, dass er Dinge durch seinen transaktionellen Politikstil durchsetzt. Das gefällt ihnen, da es ihnen das Gefühl gibt, dass Dinge voran gehen. Die Demokraten gelten hingehen als Teil des Establishments, die viel versprechen, aber nicht zur Umsetzung bringen. Insgesamt habe man Bidens Amtzeit vor allem als Stillstand und wirtschaftlichen Verlust wegen der Inflation empfunden.
Harris konnte hier am Anfang ihrer Kandidatur wohl suggerieren als junge Kandidatin noch nicht so sehr mit dem Establishment verbunden zu sein. Dann wurde sie wohl aber in einem Interview gefragt was sie rückblickend anders gemacht hätte als Biden und antwortete angeblich „Nichts“. Damit hätte sie wohl viel Support und den damaligen Drive verloren.
Das ist überhaupt nicht ausgemacht. Trump dürfte ähnlich wie in seiner ersten Amtszeit Zölle nur auf Produkte erheben, die eingeführt werden müssen.
Für Produzenten ist die Lage klar. Dann verlagert man die Produktion einfach in die USA. Dadurch werden zwar die Produkte nicht günstiger, aber es schafft potenziell massenhaft Arbeitsplätze.
Zum Nachteil wird das nur wenn auch wir signifikante Zölle erheben und der Freihandel damit beschädigt wird. Angenommen wir trauen uns das nicht, dann ist das für die USA durchaus ein Gewinn.
Der 5. November wird nicht nur für die USA, sondern für alle Demokratien weltweit als schwarzer Tag in die Geschichte eingehen.
Und das Wahlergebnis kann nichts anderes als ein Weckruf für Europa sein, zusammenzustehen und dem Faschismus zu bekämpfen. Sonst wird es noch düsterer.
PS: Um meine Stimmung etwas aufzuhellen, habe ich mir (endlich) ein LagePlus Abo geklickt.
Nun, offenbar hat eine Mehrheit der Amerikaner nach US-demokratischen Normen bewusst Donald Trump gewählt.
Das muss uns nicht gefallen vom Ergebnis her, ist aber erstmal eine Entscheidung der Amerikaner.
Müssen wir wohl so erstmal akzeptieren.
Was es bringt? Sehen wir erst konkret 2025.
Aber, provokant gefragt: war das vielleicht der schmerzhafte Tritt in den Hintern, den wir in Europa vielleicht gebraucht haben? Um wieder ins Agieren und Handeln zu kommen?
Die US-Amerikaner sind uns nicht so ähnlich, wie hier (Deutschland/Europa) häufig geglaubt wird. Viele Themen werden mit einem grundsätzlichen anderen Denken angenommen. Dazu gehört insbesondere der Freiheitsgedanke, auch gegenüber der Regierung in Washington. Aber auch Themen wie die Eigenverantwortung, durchaus auch im Kontext der Freiheit, und eben nicht die soziale Absicherung gegen alles, wie es zumindest in Deutschland gefordert wird.
Zu Demokratie gehört auch, dass man den Willen des Volkes akzeptiert, wenn man mit seinen Meinung in der Minderheit ist. Ich bin schon sehr gespannt auf die vier Jahre mit Trump und hoffe auf mehr Unabhängigkeit Europas/EU. Das kann man ja auch als Chance sehen. Als Chance auf mehr eigene Verantwortung der Länder, die bisher unter den Schirm der USA geschlüpft sind. Aber gut, Themen wie eine Verteidigungspolitik sind nicht nur teuer, sondern auch immer noch politisch schwierig.
Ich würde den USA auch zutrauen, dass sie ihre Demokratie zu verteidigen wissen. Und am Ende ist Trump auch nur ein recht alter Mann. Wie man an Biden sehen kann, geht es manchmal recht schnell.
Ich bin kein Experte was US Politik betrifft, habe aber Schwierigkeiten, mir das vorzustellen. Die Republikaner sind ein extrem heterogener Haufen, was bei so einem großen und diversen Land und so einer großen Partei in der Natur der Sache liegt.
Auf der einen Seite ist es sicherlich so, dass die Republikaner Trump ihre Stärke zu verdanken haben. Daher wird es auch viele geben, die ihm gegenüber loyal sind. Und es wird innerhalb der Partei sicher auch schmerzhafte Kompromisse zugunsten von Trumps Agenda geben. Aber für mich ist schwer vorstellbar, dass sie alle mitspielen, wenn Trump die Demokratie in den USA pulverisiert. Gerade weil es trotz des überraschend deutlichen Wahlsieges ja nur ein paar Abweichler in den Kammern des Kongresses braucht. Ähnliches gilt für den Supreme Court. Da sind die Richter in der Mehrheit konservativ aber eben keine korrupten MAGA Marionetten. Insofern sehe ich die Lage dort als sehr ernst und gefährlich an, aber keinesfalls als aussichtslos / verloren.
Trump hat einerseits eine Kampagne in den letzten Jahren gegen alle gestartet die gegen ihn waren. Das heißt Trump ist der leader schlecht hin. Auf der anderen Seite hat Trump auch fast alle Republikaner in ihren Senatrennen und rennen um das House outperformed. Das heißt sie wissen er erreicht Wähler, die sie nicht erreichen können. Trump hat einen gewaltigen Support und jeder Republikaner weiß, wenn er sich gegen Trump stellt, sieht es schlecht mit der eigenen politischen Karriere aus. Nach diesem Wahlerfolg werden die Republikaner Trump die Füße küssen.
Du meinst den Supreme Court der neulich entschieden hat, dass Trump über dem Gesetz steht und bei dem Trump jetzt 2 neue Richter einsetzen wird können? Bei dem als 5 von 9 Richter von Trump appointed wurden? Außerdem ist der Supreme Court glaub ich relativ egal, für den Schaden den Trump beim Klimaschutz und in der Ukraine anrichten wird.
Ist diese Aussage nicht eher unterkomplex? Harris war von vornherein keine starke Kandidatin. Nach einem starken Start hat sie dann einen Wahlkampf gemacht, der auch von Demokraten ktitidiert wurde. Viele Amerikaner geben in Umfragen wider, dass es ihnen schlechter geht wegen Inflation und Wirtschaftsentwicklung. Im letzten Interview hat Harris auf die Frage, was sie anders gemacht hätte, mit „nichts“ geantwortet. Das war ein klares Weiterso und diese Aussagen und Haltungen haben sie den Sieg gekostet.
Alles immer auf Sexismus und Rassismus runterzulochen, wird der Komplexität von Realitäten halt nicht gerecht.
Auch hier ist Sexismus halt bequem als Argument. In einer Zeit, wenn viele Amerikaner ihre eigene wirtschaftlinche Situation als schlecht bezeichnen wegen Inflation und Ökonomie, ist es politisch schlicht instinktlos, sich für ein Glamourmagazin ablichten zu lassen.
Trumps Wahlkampfteam hat ihn parallel zu McDonalds geschickt. Die Macht der Bilder.
Nutshell: Wir sollten aufhören, immer nur instinktiv alles auff Sexismus und Rassismus zu reduzieren. Die Welt ist komplexer und diese Automatismen bringen uns nicht mehr weiter.
Disclaimer: ich selber hätte die Dems gewählt, aber auch nur mittelmäßig überzeugt.
Ich reduziere nicht darauf. Aber das zur Schau getragene Machismo Trumps und Vances hat im Wahlkampf eine solche Rolle gespielt, dass es man Sexismus als Faktor auch nicht ignorieren kann.
Man kann natürlich hoffen, dass die Menschen besser wären, als ihre Wahlentscheidung, aber ich denke da fällt man auf die Ausreden rein, die diese Leute sich und anderen erzählen. Wir werden ja jetzt (wenn wir Glück haben nur) 4 Jahre sehen können, was die Leute bestellt haben und was sie geliefert bekommen. Dass ernsthaft wer Trump gewählt hätte, weil er sich mit (nicht wirklich existierenden) Wirtschaftsplänen befasst hätte, glaube ich auf keinen Fall. Einmal ne Rede ungekürzt hören, dann ist die Frage ob der in eine weiße Jacke ohne Ärmel gehört, nicht ins weiße Haus. Man muss auf die verzweifelten Rationalisierungen und Verharmlosungen ja nicht reinfallen.
Die pauschale Behauptung, dass sämtlich deutschen Medien - vom Freitag bis zu NUIS - von ein und demselben Narrativ getragen waren, Leuten qua Herkunft bestimmte politische Ansichten unterstellt haben und so zu einer „verzerrten Blase“ gehören, hat von der Form her schon recht viel mit Trumpismus zu tun. Natürlich haben hierzulande viel gehofft und auch gewünscht, das Harris gewinnt und auch nachvollziehbare Gründe gefunden, warum das u. a. aus deutscher Sicht besser wäre. Aber das ist eben eine ganz anderes als diese verzerrende Behauptung.
Im Übrigen sind Trumps Mobilisierungen von Hass und Ressentiments eben keine „Ausfälle“, sondern Programm.
Wofür oder wogegen soll das jetzt ein Argument sein?
Ich glaube das eine war die Vize Präsidentin Harris, das andere die Kandidatin. Die Kandidatin Harris ist so eine Art Kandidatin mit deren Story man in Europa auch gut connecten konnte oder so eine Art Hoffnung wie „solche Charaktere bräuchten wir hier auch in der Politik“.
Die Berichterstattung in den deutschen Medien zu dem Thema, müsste man bezüglich der Frage, wieso doch viele so extrem überrascht waren, dass Trump so deutlich gewonnen hat, wirklich nochmal genauer analysieren. So unwahrscheinlich war es laut Umfragen nicht das Trump gewinnt. Die meisten Umfragen waren innerhalb der Fehlertoleranz. Anstatt auf die Faktenlage einzugehen, hat man lieber die emotionale Berichte direkt aus dem demokratischen Wahlkampfteam verbreitet. (ja bewusst sage ich deutsche Medien, weil die bspw. In den britischen/französischen Medien, viel weniger emotional war)
In der Tendenz sehe ich das genauso. Ich glaube aber eben nicht, dass es für jeden einzelnen gilt. Sprich: vielleicht gibt es noch den ein oder anderen, der sich tatsächlich seinen Wählern verpflichtet sieht.
Die entscheidende Frage ist m.E., ob das eine problematische Entscheidung von ggf. problematischen Richtern war, oder ob da eine Agenda dahinter steckt.
Auch Biden war ein schwacher Kandidat und alle waren sich danach einig, dass die Amerikaner nicht Biden gewählt, sondern gegen Trump gewählt haben.
Letztendlich wird Trump als der Präsident in die Geschichte eingehen, der zweimal eine Präsidentin verhindert hat. Ob das nun den Ausschlag gegeben hat oder nicht, wird sich letztendlich nie ganz klären lassen.
Ist natürlich immer von der eigenen Mediendiät abhängig, aber für Deutschlandfunk, SZ, FAZ und WAZ, die ich regelmäßig verfolge, würde ich das zurückweisen. Genau das wurde rauf und runter dekliniert und dass Trump gewinnen könnte, wurde eigentlich nirgends in Frage gestellt. Wenn man Trumps Reden mal im Original in voller Länge neben die mediale Berichterstattung legt, würde ich sagen, dass er durchgängig positiver dargestellt wurde, als seine Reden das hergaben („sanewashing“), wohingegen Harris für inhaltliche Leerstellen kritisiert wurde, die bei Trump genauso offen blieben, aber im Strudel seiner Lügen nicht auffielen und von ihm auch seitens der Wähler nicht erwartet wurden. Die mediale Berichterstattung hat sich da nach meiner Wahrnehmung gegenüber 2016 deutlich entwickelt.
Leute, die unter Bush Guantanamo, Massenüberwachung, eine Drohnenmord-Programm und einen illegalen Angriffskrieg verantworteten, sind als zu links, zu moderat oder „RINO“ (Republican in name only) aus der Partei gedrängt worden oder gegangen. Da stehen die Republikaner heute. Trump erwähnt die Partei nur noch sehr selten, weil das längst keine Partei mehr ist, sondern sein Personenkult.
Wenn man sich tiefer mit dem Thema beschäftigt hat, klar. Es gab auch in verschiedenen Talkshows immer wieder Leute die genau vor diesem Szenario gewarnt haben. Ich gehe jetzt aber mal vom normalen Medien/ Politik Konsumenten aus, der vielleicht einmal am Tag die Tagesschau schaut. Und von dieser Gruppe habe ich viele in meinem Umfeld. Ich kann sagen, dass die allermeisten echt schockiert waren und es nicht damit gerechnet haben.