Es ist geschehen, D. Trump hat die US Wahl deutlich gewonnen, und Stand jetzt sogar den popular Vote mit ca. 5 Millionen Stimmen.
Dazu gibt es jetzt im Senat, und wahrscheinlich auch im House, eine republikanische Mehrheit.
Umgangssprachlich kann man wohl von einem Landslide sprechen.
Wenn man auf die Frage schaut, wer Trump und die Republikaner zum Sieg verholfen haben, wird es wirklich interessant:
Die Basis sind immer noch Weiße (Tendenz männlich, gering gebildet, aus dem ländlichen Raum), auch wenn hier die Differenz sogar geringer wurde.
Ich wusste, dass es passieren kann, bin aber ehrlich schockiert, dass Trumps Sieg so deutlich ausfiel.
2020 war man sich noch so sicher, dass Trump ein Auslaufmodell ist, weil vor allem weiße Männer ohne Collegeausbildung oder Abtreibungsgegner ihn wählen würden. Doch die Exit-Polls von CNN zeigen: 44 % der Weißen mit College Degree, 52 % der weißen Frauen, 54 % der „Latino“-Männer, 47 % jener die meinen, Abtreibung sollte „in den meisten Fällen legal“ sein.
Das ist der Sieg von „they’re eating the cats“ über herkömmliche Politik, wie wir sie kannten.
Hinzu kommt eine konservative Mehrheit im supreme court. Vor dem Hintergrund fände ich besonders die Frage interessant wie stabil die Konservativen und Republikaner in den verschiedensten Institutionen der USA hinter Trumps Agenda stehen und wie reibungslos oder eben nicht somit die Umsetzung von Project 2025 sein wird.
Gibt es irgendwo eine Gewichtung nach Anteil in der Bevölkerung? Ohne die kann man nicht sagen, welche Auswirkung der Trend auf das Gesamtergebnis hatte, vor allem da ja nach wie vor auch die Mehrheit der Hispanics die Demokraten gewählt hat.
„Spannend“ wird werden, ob, wenn kommt, was kommen wird, Ausländer, Arme oder Linke schuld sein sollen werden, oder ob die Trumpisten händeringend erklären, sie hätten ja nicht gewusst, dass sie Demokratie und Rechtsstast abgewählt haben. Nebenwetten könnte man abschließen zur Frage, ob es erst den verbleibenden Veto-Spielern in der Justiz oder der freien Presse an den Kragen geht… Konnte ja keiner ahnen, haben aber 50%+× genauso an der Wahlurne bestellt, also nicht jammern, wenn auch Trump-Wähler zu den Opfern seiner Politik werden🤷♂️
Die Vorstellung von 4 neuen Jahren Trump ist schauerlich. Aber sie drängt mindestens 2 Fragen auf:
Offensichtlich fühlen sich viele US Bürger mit ihren Bedürfnissen von den Demokraten nicht wahrgenommen und erwarten Taten und Umsetzungsstärke. Das Problem haben wir auch. Was müssen wir tun, damit wir nicht denselben Weg wie die USA gehen?
Die USA wollen nicht mehr für unsere Sicherheit zahlen. Viele werden in Dt. das Problem erst negieren weil es nun teuer wird und Verteilungskämpfe drohen.
Was müssen wir nun tun, um unsere Sicherheit in Dt. und mit der EU selber zu garantieren und was wird das kosten?
Wir können froh sein, wenn die US-Truppen nur ihren Schutz entziehen. Einer wie Trump könnte zur Durchsetzung bspw. seiner Außenwurtschaftspolitik noch ganz andere Ideen haben. Und es gibt keine „Adults in the room“ mehr, die ihm in den Arm fallen.
Dafür muss es m. E. erst Analysen der tatsächlichen Wahlergebnisse geben, denn erstens gilt es ja verschiedene Kriterien zu berücksichtigen (Ethnicity, Geschlecht, Einkommen, Ausbildung, Alter etc.) und zweitens sind diese Anteile ja regional sehr unterschiedlich. Eine Exit Poll mit gut 2000 Befragten kann das nicht vollständig abdecken. Klar ist aber: Es war eben nicht die eine Gruppe, sondern es war das starke Abschneiden in sehr unterschiedlichen Gruppen, was Trump zum Sieg verholfen hat.
[Edit: Und deutlich ist jetzt schon, dass Trump absolut an Stimmen dazugewonnen hat im Vergleich zu 2020 - und zwar auch in Staaten, die er verloren hat - während Harris selbst in diesen Staaten zum Teil weniger Stimmen erhielt als Biden 2020. Wenn sich durch die noch nicht ausgezählten 2-5 % Stimmen nicht noch dramatisch was ändert, war die Entscheidung in den einzelnen Staaten sehr viel weniger knapp als 2020 oder 2016:
Dass es um einen allgemeinen Trend geht, zeigt auch die Tatsache, dass Trump auf in Michigan und Arizona klar vorne liegt - also vermutlich alle sieben „battleground states“ für sich entscheiden wird.].
Der Populismus ist ja aber nur das Kommunikationsmittel, und Trump der politische Hoffnungsträger.
Geht es im Endeffekt bei den oftmals wirtschaftlich vernachlässigten, ländlich(er) lebenden Menschen nicht darum, welcher Kandidat für sie persönlich das bessere Versprechen macht? Denn die 3 Kernthemen war ja Inflation (bzw. eher Lebenshaltungskosten), Jobs und gefühlte (versprochene) Sicherheit.
Und in allen 3 hatten die Republikaner die höheren Werte.
Oder für die Zukunft formuliert:
Welches Aufstiegs- und Sicherheitsversprechen können linke Parteien dem männlichen, ländlichen Raum geben?
Nein, es geht um wesentlich mehr als „nur das Kommunikationsmittel“. Und bei herkömmlicher Politik, wie ich sie verstehe, würde es auch nicht nur um die Versprechen gehen, sondern zumindest auch um die Chance ihrer Umsetzung. Schon auf dieser Ebene gibt es erhebliche Zweifel daran, dass Trump die USA wieder „groß“ machen wird - und die Bilanz seiner ersten Amtszeit sieht da eher bescheiden aus.
Es geht aber noch um viel mehr: Es geht um einen verurteilten Verbrecher, der sich nicht nur der eigenen Strafverfolgung entziehen will, sondern der offen eine Verfolgung politischer Gegner (in seinen Worten „Feinde“) ankündigt, der eine irreversible Veränderung der demokratischen Strukuren des Landes anstrebt, der offen Korruption praktiziert und der offen gegen beliebige gesellschaftliche Gruppen hetzt und offensiv lügt, wann immer er sich einen Vorteil davon verspricht. Kurzum: Trump hat gar nicht mehr den Anspruch, wie ein „normaler“ Politiker wahrgenommen zu werden. Und von ihm ist auch keine „normale“ Politik zu erwarten.
Das ist eine berechtigte Frage - nicht nur in ländlichen Räumen - und das fehlen einer überzeugenden Antwort dürfte auch außerhalb der USA noch zu weiteren politischen Katastrophen führen. Deswegen sollte man aber nicht den Fehler machen, Trumps populistische Versprechen für eine tatsächliche Zukunftsoption zu halten.
Die wichtigsten Themen waren übrigens laut Exit Polls Wirtschaft und Demokratie - beides also sehr weit gefasst. Sowohl Immigration (worauf Trump gesetzt hat) als auch Abtreibung (worauf Harris gesetzt hat) war nur für jeweils 10-15% relevant, Außenpolitik für 3-4%.
Der Plan ist, dass er dauerhaft an der Macht bleibt. Das System dahingehend zu ändern wird eins seiner Ziele sein aus dem Project 2025.
EDIT: Bestätigt eigentlich nur, dass die Beteiligung von Demokratiefeinden und Faschisten an der Regierung oder in Verantwortung sie NICHT entzaubern.
Genauso die FPÖ in Österreich.
Es stärkt diese Gruppen, da sie legitimiert werden und deutlich mehr Zugriff auf Ressourcen haben (Geld, Mitarbeiter, Medienpräsenz)
Das ist der Sieg von „they’re eating the cats“ über herkömmliche Politik, wie wir sie kannten.
Oder vielleicht eher die Niederlage der herkömmlichen Politik? Die USA hatten nach der ersten Amtszeit von Trump vier Jahre Biden. Aber anscheinend konnten diese vier Jahre keine Mehrheit davon überzeugen, ein „Weiter so“ (Harris) zu wählen.
Während Bidens Amtszeit gab es einen großen Inflationsschock, und das bei z.B. bereits davor schon sehr hohen Lebensmittelpreisen, weswegen viele die Trump Jahre für sie persönlich als wirtschaftlich besser einstufen.
Wie wir hier schon oft festgestellt haben, sind Menschen leider sehr egoistisch, speziell finanziell.
Trump hatte außer großen Worten zwar auch nie ein Konzept zur Inflation vorgelegt, aber die Erinnerung a die guten alten Zeiten scheinen inzwischen ausreichend zu sein. GroKo lässt grüßen.
Was mir als erstes einfiel: könnte Trump die Verfassung ändern und sich noch mehrmals wählen lassen?
Sonst muss man halt 4 Jahre durchhalten und Nachrichten und Social Media ignorieren…
Und genau das ist der springende Punkt. Es ist allein die Mischung aus dem Wunsch, alles möge wieder besser werden und dem Ressentiment gegen jene, die das angeblich verhindern wollen, die Trump mobilisiert. Null Substanz. Er wird kein einziges der Probleme seiner Wähler lösen. Daher wird er darauf angewiesen sein, die Spirale aus Erlösungsfantasie und Hass immer weiter anzukurbeln - und irgendwann werden Worte allein nicht mehr reichen. Das ist genau das, was Thomas Zimmer in der LdN 404 als Faschismus des 21. Jahrhunderts bezeichnete.
Das stimmt in der Schärfe nicht.
Ja, Trump wird in der Auslegung der Verfassung, der Interpretation, sehr frei sein, aber Verfassungsänderungen selbst haben extrem hohe Hürden:
Eine substantielle Reform der US-Verfassung steht dennoch nicht zu erwarten. Denn die US-amerikanische Verfassung macht ihre Veränderung selbst von allzu hohen Hürden abhängig. Nach Art. 5 US-Verfassung kann der Kongress Verfassungsergänzungen (Amendments) vorschlagen, wenn dem jeweils zwei Drittel der Abgeordneten bzw. Senatoren zustimmen. Diese Änderungen bedürfen dann der Zustimmung von drei Viertel der gesetzgebenden Körperschaften der Einzelstaaten.
Erschreckend eindeutig ist aber, nicht wie 2016, das Ergebnis. Das Wahlsystem ist diesmal nicht schuld. Dazu hat Trump in zu vielen Bundesstaaten gewonnen. Popular Vote hat er auch gewonnen. Und trotz viel höherer Wahlkampspenden für die Demokraten!Ich greife auch schon mal vor: das Ergebnis ist auch nicht auf irgendwelche Russen Propaganda zurück zu führen. Die Amerikaner bzw. Die amerikanischen Wähler haben sich entschieden. Gegen den Liberalismus, für eine rückwärts gewandte Politik, mit stark faschistischen Zügen. Wie sollten uns vom alten Amerika, aus den Hollywood Filmen verabschieden.
Interessant finde ich wie viele deutsche Journalisten auf X plötzlich alle behaupten von Anfang an gewusst haben wollten, dass das genauso passiert und Harris von Anfang an die falsche Kandidatin war.