Wozu soll er denn die Verfassung ändern, wenn es niemanden gibt, der ihn faktisch daran hindern kann, sie einfach zu brechen?
Die letzten freien und fairen Wahlen in den USA und wir waren Zeitzeugen.
Das wäre ja ein Putsch und der müsste von vielen Leuten getragen werden. Aber gerade den Amerikanern ist ihre Verfassung ja ziemlich heilig. Auch wenn ich letztlich nach dieser Wahl bei gar nichts mehr sicher bin würde ich nicht so weit gehen zu sagen es wäre die Zeit einer Alleinherrschaft angebrochen.
Wer genau sind denn diese „vielen deutschen Journalisten“, die angeblich einen Trump-Sieg in dieser Deutlichkeit „von Anfang an“ gewusst haben wollen?
Dass Trump gewinnen kann, war nun wirklich spätestens seit ein paar Monaten jedem klar. Schon bei der Staffelübergabe von Biden an Harris war auch klar, dass diese nur passiert, damit die Demokraten überhaupt eine Chance haben. Ich kenne zwar sehr viele, die sich ihren Sieg gewünscht haben, aber nur sehr wenige, die mit nichts anderem gerechnet haben.
Warum nicht? Für den letzten Putsch wurde Trump nicht zur Verantwortung gezogen, die Leute haben den Putschisten jetzt sogar gewählt. Die wollen genau das: Einen Verbrecher im Weißen Haus, der dort unbeschränkt und geschützt durch abhängige Justiz, Legisöative und Immunität tun kann, was immer ihm einfällt.
Noch etwas interessantes zur US-Wahl: die Referenden zum Abtreibungsrecht:
Ja in einigen sehr konservativen Staaten mit sehr sehr strengen Regeln gescheitert, aber die gescheiterte Initiative in Nebraska (aktuell bis zur 12. Woche) oder die angenommene Initiative in Arizona (bis zum 6. Monat!) halte ich dann doch für zu extrem.
Er hat sich schonmal zum Präsidenten geputscht?
Das nach der Wahl 2020 damals war war für mich auch ein Tabubruch, sicherlich hat er auch versucht auszuloten wie weit er gehen kann, aber da haben die Sicherheitskräfte ja keineswegs die Anhänger Trumps dabei unterstützt das Capitol zu stürmen.
Diesen Vorfall als Beleg dazu zu nehmen, dass niemand eingreifen würde wenn sich Trump gegen die Verfassung stellt halte ich dann doch für reichlich weit hergeholt.
Trump hat es geschafft, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung tief davon überzeugt ist, dass ihm der Wahlsieg 2020 „gestohlen“ wurde. Das hat sehr viele Menschen stark mobilisiert und dürfte ein Hauptgrund dafür sein, dass er noch mehr Stimmen erhalten hat als 2020. Und im Zweifelsfall zieht eine solche Mobilisierung von Feindbildern sehr viel mehr als irgendwelche Bekenntnisse zu einem Dokument. Aber was 2028 passieren kann, ist eh Spekulation. Vielleicht stirbt Trump auch oder will nicht mehr und Vance oder irgendjemand anderes übernimmt. Für den Trumpismus braucht es Trump nicht. Aber ich sehe nicht, womit ihm in naher Zukunft Grenzen gesetzt werden sollen, zumal er nun vier Jahre Zeit hat, sehr viel zu seinen Gunsten zu ändern.
„Belegen“ kann man etwas, was in der Zukunft passieren könnte, ohnehin nicht. Aber wenn ein abgewählter Präsident sich beständig weigert, seine Wahlniederlage anzuerkennen und mit der Lüge, er habe niemals verloren, erneut antritt und eine Wiederwahl gewinnt, warum soll das kein Indiz dafür sein, dass er populistische Mobilisierungen auch für andere Verfassungsbrüche nutzt, wenn es ihm nützlich erscheint?
Damals war ein Demokrat gewählt und es gab „adults in the room“. Weder das eine noch das andere wird in 4 Jahren möglich sein. Viele nutzen Trump 1 als Referenzrahmen und unterschätzen krass, wie oft und welche Ungeheuerlichkeiten damals von Republikanern mit Restanstand verhindert werden konnten. Von denen ist Trump so unabhängig, dass er seine Partei nicht mal erwähnte in seiner Ansprache nach der Wahl.
Die Wahrheit wäre, dass sich vieles drastisch ändern wird, was sich politisch auch nicht (mehr) verhindern lassen wird. Dass vieles davon für diese Wähler nachteilig sein wird und sie sich deswegen anpassen müssten, um diese Nachteile zu vermeiden. Das Grundproblem dieser Leute, das auch viele andere nach sich zieht, ist halt, dass sie das nicht wollen. Und zwar nicht aus Mangel an Erkenntnis, sondern aus Reaktanz, die unso größer wird, je offenkundiger sie falsch liegen. Deswegen ist es auch egal, ob man ihnen die Veränderung mit Druck oder mit Anreizen anbietet. Also muss man sie belügen, dass sie einfach super („normal“) sind und folgenlos so weiter leben können, wie immer und ihnen die Anpassung ersparen, indem man andere Wählergruppen umso härter behandelt. Weiß nicht, ob linke Parteien das überhaupt versuchen sollten, denn das können rechte Parteien schon immer besser und irgendwer sollte es im politischen Wettbewerb schon auch mit etwas Ehrlichkeit probieren, damit auch Menschen ein Angebot bekommen, die bereit wären, das Nötige anzupacken.
Ich bin aus tiefstem Herzen Demokrat, aber bei dem Wahlergebnis kommen mir langsam Zweifel, ob Demokratie wirklich die richtige Staatsform ist, wenn sich mehr als die Hälfte der Amerikaner für einen verurteilten Verbrecher entscheiden, der auch nach objektiven Gesichtspunkten psychische Störungen aufweist. Auf Deutschland bezogen bekomme ich Angst, dass uns ein ähnliches Bild nächstes Jahr nach der Bundeswahl blüht, wenn die AfD und auch das BSW weiter ihr nationalistisches Weltbild (analog zu Trump) propagieren und die anderen Parteien darauf anspringen (zum Teil ist das ja auch bei Harris passiert, wenngleich nicht so stark wie das z.B. die C[D|S]U aktuell macht). Das Resultat könnte dann ein unheilvolles Bündnis der Populisten sein (wäre nicht das erste Land in dem linke und rechte Populisten sich verbünden würden). Ich bin ziemlich rat- und hilflos bei der Vorstellung, wie man den Karren in einem Jahr noch aus dem Dreck ziehen könnte.
Naja, der Mann ist 78 und wird nicht ewig leben…
Mehr Sorgen macht mir Vance als potentieller Nachfolger.
Das finde ich etwas zynisch. Für viele Wähler geht es nicht darum, ob der Skiurlaub ausfällt, oder ob der Zweitwagen noch ein paar Jahre länger durchhalten muss, sondern ums wirtschaftliche Überleben. Der Anteil an Menschen, die von paycheck zu paycheck leben und kein finanzielles Polster haben ist enorm hoch. Soziale Sicherungssysteme wie wir sie kennen gibt es nicht, ein Schicksalsschlag wie eine Erkrankung heißt oftmals finanzieller Ruin.
In diesem System ist selbst für Gutverdiener der Verlust des Arbeitsplatzes und damit der Krankenversicherung existenzbedrohend. Logisch, dass die Wirtschaft bei einer Wahlentscheidung deshalb an erster Stelle steht.
Klar, zumindest wenn man „Wirtschaft“ im Sinne von Bill Clinton versteht als „hab ich mehr oder weniger in der Tasche als vor vier Jahren“.
Überhaupt nicht logisch ist es dagegen, dann in einer solchen Siutation einen Kandidaten zu wählen, zu dessen Wahlversprechen Steuergeschenke und direkte politische Macht für Superreiche sowie Handelskriege mittels einer Zollpolitik gehören, die Produkte des alltäglichen Lebens noch zusätzlich stark verteuern dürfte. Ganz abgesehen davon, dass Trump sich noch nie für höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, möglichst gute Krankenversicherung auch für sozial Schwache etc. eingesetzt hat, sondern immer nur dagegen. Es ist eben allein der Glaube vieler Menschen, dass es ihnen unter Trump besser gehen wird, das sollte man sich immer wieder vergegenwärtigen.
Da würde ich argumentativ dagegen halten, dass es unter Biden in den letzten 4 Jahren ja aber auch nicht besser wurde, sondern im Gegenteil durch die Inflation und hohen Zinsen massiv schlechter für viele.
Und dann stimmt die Aussage nämlich wieder, dass es unter Trump finanziell besser war.
Trump Fever in Trump Land – Schweigen ist Zustimmung!
Gute Lektüre zum Thema, was Trumps Sieg bedeuten (könnte). Bzw. was Project 2025 ist
Was heißt denn „finanziell besser“? Und für wen? Die entscheidende Frage ist doch, was Trump dafür getan hat, dass es Menschen - gerade mit geringeren Einkommen - wirtschaftlich besser ging. Ohne Begründung einfach anzunehmen, dass die wirtschaftliche Lage trotz Pandemie und Ukrainekrieg mit Trump besser gewesen wäre als mit Biden, ist nicht wirklich ein Argument, sondern vor allem das, was wahlentscheidend war: ein Gefühl.
Nein, es ist eben nicht nur ein Gefühl. Speziell die Lebensmittelpreise sind, ähnlich wie bei uns, massiv gestiegen. Dazu die Praxis, dass man in den USA inzwischen überall noch nahezu genötigt wird, ein Trinkgeld zu geben.
Und ja dafür gibt es Gründe, externe wie interne, aber es fällt eben in die Regierungszeit Bidens, und damit ist er politisch dafür verantwortlich.
Ich möchte die Frage einwerfen, ob man die USA nun als Oligarchie nach russischem Muster bezeichnen kann oder was noch bis dahin fehlt.
Thiel, Musk, Bezos, Kushner und die erweiterte Familie Trump passen jeweils sehr gut auf die Definition von Oligarchen. Sie nutzen ihren privaten Reichtum, um staatliche Macht zu erhalten, und nutzen ihre staatliche Macht, um privaten Reichtum zu erlangen. Über den Zugriff auf staatliche Quellen für privaten Reichtum entscheidet die Loyalität zum Staatsführer.
Musk und Bezos haben gezielt die Kontrolle über ein bedeutendes politisches Medium übernommen und dann inhaltlich im eigenen Interesse manipuliert, als es darauf ankam.
Der Supreme Court und eine große Zahl niedriger Gerichte wurden im Interesse der Republikaner besetzt. Die Staatsdiener sollen nun mit Ansage durch Loyalisten ersetzt werden. Die Institutionen werden neutralisiert.
Trump hat jahrelang betont, dass er Putins Führungsstil nacheifern will.
Er will ganz offen staatliche Gewalt gegen seine Gegner im Inneren einsetzen, dies war dieses Mal sogar ein Wahlversprechen. Bleibt nun die Frage, ob in den nächsten vier Jahren vermehrt Trump-Gegner aus Fenstern fallen werden und es ebenso wie in Russland als die neue Normalität hingenommen wird.