Urteil zu youtube-dl Webseite bei uberspace

Hallo,

ich las heute irritiert die Nachricht zum Urteil in Hamburg. Die GFF war ja beteiligt, von daher kann hierzu in späteren Sendungen sicher etwas Detailliertes gesagt werden.

Ich stelle mir dazu Fragen, die sich sicher viele stellen. Wieso geht man nicht gegen GitHub vor und wozu bezahlen wir eigentlich Urheberrechtsabgaben auf Datenträger, die für Privatkopien etabliert wurden?

Klar, es gibt technische Maßnahmen die den Download unterbinden sollen. Nur so viel Aufwand haben die Autoren diverser Software die es ermöglicht nicht. Als wirksame Maßnahme möchte ich das ungern bezeichnet sehen.
Und was ist mit der Urtheberrechtsabgabe für Datenträger? Hier gibt es doch schon ein altes und sicher auch für alle Beteiligten bewährtes Modell, was Tantiemen an die Künstler verteilt.

Dieses Urteil scheint davon auszugehen, dass a) der Hoster der Software uberspace sei und b) Künstler die über Streaming publizieren nicht von der Urheberrechtsangabe profitieren.

Das ist doch beides Unsinn, oder verkenne ich das gänzlich?

Du lässt mich sehr verwirrt zurück,

Worum geht’s eigentlich?

Hier mal ein Artikel dazu:

Youtube-dl ermöglicht quasi das Downloaden von Musik (als mp3) und Videos von YouTube. Das ist natürlich urheberrechtlich nicht ganz sauber, um es mal sanft auszudrücken. Da dabei wohl auch Kopierschutzmechanismen umgangen werden („Rolling Cipher“), ist es nach deutschem Recht klar verboten (straf- und zivilrechtlich).

Auf der anderen Seite wird natürlich argumentiert, dass die Vervielfältigung von Videos und vor allem Musik von YouTube auf vielfältige Weise möglich ist, im Zweifel auch (mit Qualitätsverlust) analog.

Jetzt hat das Landgericht Hamburg - welches unter Juristen berüchtigt dafür ist, besonders urheberrechtsinhaber-freundlich zu sein und deshalb bei freier Wahl des Gerichtsstandes von den typischen Abmahn- und Urheberrechtsvertreter-Kanzleien stets gewählt wird - entschieden, dass ein Hoster („Uberspace“) den Service von Youtube-dl nicht mehr zur Verfügung stellen darf. Es wurde also nicht direkt gegen YouTube-dl vorgegangen, sondern gegen das Unternehmen, welches die Server betreibt, die den Dienst zugänglich machen.

Ändern wird sich dadurch vermutlich nichts - YouTube-dl wird einfach auf Server in urheberrechts-liberaleren Ländern umziehen und gut ist. Wie die Beispiele Pirate Bay und co. zeigen, gelingt es nie wirklich, solche Dienste über Angriffe auf die Hoster aus dem Internet zu verbannen…

Diese Abgabe soll natürlich nur den Teil der Urheberrechtsverletzungen abdecken, der nicht strafbar ist (z.B. Privatkopie) oder nach Ergreifen aller sinnvollen staatlichen Maßnahmen noch übrig bleibt, weil er nicht vermeidbar ist. Würde man das Kopieren grundsätzlich erlauben und wollte die dadurch entstehenden Einnahmeverluste durch eine solche Abgabe ausgleichen, würden SSD-Festplatten in Zukunft ihr Gewicht in Gold kosten :wink:

Vielen Dank.

Also hat DonQuichote (Musikindustrie) mal wieder eine Windmühle kurz gebremst ^^

Ich verstehe ja durchaus den Wunsch mit dem erzeugten Content Geld verdienen zu wollen, aber vielleicht sollte die Musikindustrie endlich mal einsehen, dass man mit einmal Aufwand (Aufzeichnung) nicht unendlich Geld drucken kann (verdienen kann man das ja nicht nennen).

Und gerade in Zeiten von Digital ist eine Aufnahme auch nicht mehr mit Qualitätsverlust behaftet.l, da ist nur noch die Zeitfrage übrig.

Ich denke, das wurde mittlerweile verstanden, aber man kann die sterbende Kuh ja noch melken, bis die letzte Milch versiegt ist.

Tatsächlich verdienen Musiker heute kaum noch Geld mit ihren Platten (von Superstars mal abgesehen). Geld verdient der durchschnittliche hauptberufliche Musiker mit Konzerten und Merch, die Musik selbst ist eher die Promotion für die Band, daher das Mittel, mit dem Menschen zu Konzerten gelockt und zum Kauf von Merch motiviert werden. Früher war das umgekehrt, da diente die große Tour zum Release der neuen Platte dazu, die Plattenverkäufe anzuheizen…

Und der Großteil der Einnahmen durch die Musik selbst stammt heute auch aus dem Streaming (YouTube, Spotify…), nicht mehr aus dem Verkauf von Datenträgern, ist daher i.d.R. werbefinanziert.

Ob hier auch juristisch mal ein Systemwechsel im Hinblick auf das Urheberrecht sinnvoll wäre, darüber kann man sicherlich diskutieren. Ich habe da auch eher sehr freiheitliche Ansichten und richte mich auch strikt gegen die populistische Hetze der Musikindustrie („Raubkopie“ / „Piraterie“; Ausdrücke, die das Kopieren mit schweren Verbrechen gleichsetzen) oder die übertriebene Kriminalisierung des Kopierens (durch Gleichsetzung mit „Diebstahl“; das schlimme am Diebstahl ist nicht, dass der andere nun mein Eigentum hat, sondern dass ich es nicht mehr habe!). Andererseits stimme ich dir zu, dass die Content Creators auch von ihrem Content leben können sollen, aber da muss es bessere Wege geben als die Kriminalisierung weiter Teile der Bevölkerung.

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Dazu, die pro Nutzer sind schon längst auf yt-dlp umgestiegen.

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Ich möchte hiermit etwas genauer darauf eingehen, worüber ich mir den Kopf zerbreche.

Vorher sei erwähnt, mir geht es nicht um das Thema Urheberrechtsverletzungen. Ich sehe den Hauptanwendungszweck der Software im Bereich Privatkopie. Ich persönlich benutze die Software als Brücke zwischen Technologien (Genauer gesagt streame ich damit Musik von einem Anbieter der nicht nativ auf dem Chromecast läuft. Also Streamingdienst => youtube-dl => VLC => Chromecast.)
Ich verstehe die Einwände der Rechteinhaber, denen das ein Dorn im Auge ist. Denn je nach Funktionsweise von youtube-dl oder ähnlichen Programmen verdient man mit dem Download bei YouTube entweder nur einmalig einen Kleinstbetrag, oder gar nichts. Das Thema, wie man heutzutage Künstler anständig vergüten könnte, sprengt hier den Rahmen. Es gibt dafür einige Ansätze, doch die Industrie möchte ja, wie hier schon erwähnt, den ewigen Profit durch einmaligen Aufwand.

Schon gar nicht geht es mir hier um Alternativen zur Software selbst. Die angesprochene weist sogar deutlich darauf hin, wenn ein Download aufgrund DRM nicht möglich ist, und man deswegen doch bitte keinen Bugreport einreichen soll. Das sollte man mal als äußerst respektvoll gegenüber der Rechteinhaber werten.

Ich würde zum einen durch die von mir gewünschte Recherche erfahren, ob in dem Urteil auch eingeflossen ist, dass wir alle schon eine Urheberrechtsabgabe auf Datenträger bezahlen. Das diese womöglich hinten und vorn nicht ausreicht, kann ich nicht beurteilen. Doch wie groß ist der Nutzerkreis von youtube-dl denn? Ich nehme an, dass es im Promillebereich im Vergleich zu Streamingkunden ist. Mir riecht das Urteil eher nach einem Exempel statuieren, statt sich ernsthaft mit der Vielfältigkeit auseinanderzusetzen.

Zum anderen, und das ist mir noch viel wichtiger: Was soll dieses Urteil in den Augen der Richter für Auswirkungen auf Hostinganbieter haben?
Ich arbeite bei einem solchen und bin dort in einer Position, bei der ich täglich auch mit Anfragen bzgl. Urheberrecht durch Anwälte oder Behörden zu tun habe.
Aktuell läuft das so: Wenn eine Behörde schreibt, gibt es eine Gesetzesgrundlage für Stammdatenauskünfte, dem Ersuchen kommen wir nach. Wenn wir etwas abschalten sollen, dann liegt ein richterlicher Beschluss bei. Das scheint für die Behörden und Rechteinhaber wunderbar zu funktionieren. Ich kenne auch in Deutschland keinen Provider, der nicht so handelt. Es ist ja auch aus Sicht des Provider alles Hieb und Stichfest. Sollte sich zum Beispiel zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass wir Inhalte fälschlicherweise unzugänglich gemacht haben, dann verweisen wir auf den Beschluss eines Gerichts und der Fall ist für uns erledigt.

Was neuerdings immer wieder mal vorkommt sind Anfragen nach §101 Abs. 2 UrhG durch Anwälte. Hierzu haben wir bei erstmaligen Aufkommen Anwälte konsultiert und wir kommen auch solchen Ersuchen nach, wenn diese nicht offensichtlich an den Haaren herbei gezogen sind. Vom Umfang her auch deutlich eingeschränkter als gegenüber Ermittlungsbehörden.

Und hier beginnt die Sicherheit für Provider zu bröseln. Wir müssen, wenn die Anfragen kommen, immer noch selbst abwägen, wie und in welchem Umfang wir Auskunft erteilen. Es kommt immer der Zwiespalt auf, zwischen dem Interesse unsere Kunden zu schützen und dem Interesse eines Rechteinhabers. Am Ende zwingt man uns zur Abwägung, welches Verhalten birgt das niedrigere Prozessrisiko.

Besonders schwer fällt das Verifizieren eines solchen anwaltlichen Ersuchens. Wer sagt mir, dass der Anwalt der ist, der er vorgibt zu sein? Wer sagt mir, dass er tatsächlich das Recht hat, sich auf dieses Gesetz zu beziehen? Bei Behörden ist das einfach: Man ruft die Kopfnummer der Behörde an und gibt das Aktenzeichen durch. Wenn das bekannt ist, wird man zum Sachbearbeiter durchgestellt und stellt damit einigermaßen sicher, dass hier kein Missbrauch betrieben wird, um an Kundendaten zu kommen. Es sei denn der Sachbearbeiter selbst ist das faule Ei in der Kette.
Und ja, es kommt, zwar sehr selten, vor, dass jemand versucht sich als Behörde auszugeben um an Kundendaten oder gar die Abschaltung einer Webseite verlangt. Andere, auf Gameserver spezialisierte Provider, haben ständig damit zu tun. Wenn sich irgendwelche Spiele-Clans nicht mögen, dann versuchen die gern mal sich als Gericht auszugeben, um die Abschaltung des Servers der Rivalen zu erwirken.

So, und jetzt nochmal zu diesem Urteil was hier gefällt wurde. Wenn das Schule macht und Anwälte ohne richterlichen Beschluss das Einschränken von Dienstleistungen fordern, wie soll man darauf reagieren? Aktuell sagen wir nein, gehe den Rechtsweg und das Gericht wird uns einen Beschluss übermitteln.
Doch wenn wir das weiterhin so machen, sieht man als Unternehmen einem teuren Prozessrisiko entgegen. Man hat als Unternehmen nur noch vor Augen: „uberspace hat es versucht sich zu wehren, und ist damit gescheitert.“ Und dann stellt man sich die Frage: Gehen wir dieses (auch finanzielle) Risiko ein, oder fügen wir uns dem Begehren ohne richterlichen Beschluss und riskieren damit andererseits jedoch einen Prozess gegen unseren eigenen Kunden?

Natürlich geht es bei der Urheberrechtsangabe nur um Privatkopien und nicht um kommerziellen Weitervertrieb. Und genau für Ersteres dürfte youtube-dl in aller Regel verwendet werden. Die Contentindustrie hat sich aber gedacht: Warum nicht die Urheberrechtsabgabe einsacken und trotzdem Privatkopien soweit irgendwie möglich verbieten lassen? Und hat entsprechend die zuständigen Politiker nicht nur von den üblichen verdächtigen Parteien bearbeitet und entsprechende Regeln bekommen, die dann so wie jetzt von ihnen genehmen Gerichten noch einmal sehr weit ausgelegt werden.

Können sich alle bei diesen Don Korruptos bedanken.

Das glaube ich kaum. Die allerallerallermeisten Festplatten werden doch überhaupt nicht privat verbaut um sie mit Mediendateien vollzuknallen – die man dann zwar sammelt aber in der Masse überhaupt nicht ausgiebig konsumieren kann, womit sie im eigentlichen Sinne nicht einmal „Schaden“ in Anführungsstrichen verursachen – sondern sind in Rechenzentren oder auf Schreibtischen in irgendwelchen Büros im Einsatz, wo sie über ihren ganzen Lebenszyklus nie mit irgendeiner kopierten Datei mit Unterhaltungsmusik in Kontakt kommen.

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Das ist denke ich nicht haltbar.

Es gab 2017 schon ein Urteil des EuGH zum Thema, ob Online-Videorekorder vom Recht der Privatkopie geschützt seien, das Urteil war recht klar: Nope, das erfordert die Zustimmung des Rechteinhabers. Die Logik dieses Urteils lässt sich relativ klar auch auf YouTube-dl übertragen.

Bei YouTube-dl geht es dazu ja noch darum, dass auch ein Kopierschutz umgangen wird („Rolling Cipher“), was ebenfalls ein Ausschlusskriterium für das Konzept der Privatkopie ist.

Demnach dürfte es sich bei YouTube-dl relativ klar nicht um eine Website zur legalen Erzeugung von Privatkopien handeln, auch wenn ich - wie oben ausgeführt - ideologisch da durchaus bei dir bin und wünschte, dass es anders wäre. Aber die rechtlichen Fakten (vor allem das Umgehen des Kopierschutzes) lassen hier keinen Raum für die Privatkopie offen.

Auch da stimme ich dir inhaltlich zu. Ich habe aus meiner Jugend (als gerade Napster, Audiogalaxy und co. alle aufkamen) noch ein MP3-Archiv von einem knappen Terabyte, tatsächlich zehntausende Alben. Natürlich hätte ich die alle nicht kaufen können, wenn ich sie nicht hätte kopieren können. Die Rechtsprechung ist in diesem Kontext leider absolut weltfremd, weil sie weiterhin davon ausgeht, dass jedes kopierte Medium zu einem wegfallenden Kauf führen würde, obwohl das offensichtlich nicht der Realität entspricht. Einen Schaden habe ich durch das Kopieren definitiv nicht angerichtet, denn das wenige Geld das ich hatte, ist dann eben in Festivalbesuche oder das klassische Metal-Shirt (also Band-Merch) geflossen. Eine realitätsnähere Betrachtungsweise bei der Berechnung von Schadensersatz täte der Justiz definitiv gut.

In der Diskussion ging es aber um Folgendes: Würden wir das legale Vervielfältigen von Filmen, Musik, Spielen und co. erlauben und wollten die Einnahmeausfälle mit der Pauschalabgabe ausgleichen, müsste die Pauschalabgabe signifikant steigen. Würdest du das wirklich bestreiten? Durch die Legalisierung von Kopiervorgängen würden diese ja auch im Volumen deutlich zunehmen, hier kann man schon davon ausgehen, dass da im Jahr Beträge im Bereich vieler hunderte Millionen zusammen kommen würden, die dann auf Datenträger und co. umgelegt werden müssten.

Deshalb gibt es für Business-PCs/Tablets auch den halbierten Zuschlag, weil davon ausgegangen wird, dass diese deutlich weniger (aber durch teil-private Verwendung immer noch etwas) betroffen wären. Bei einer Abschaffung des Urheberschutzes müsste aber die Abgabe auch Business-Software enthalten, und da wird’s noch mal richtig teuer…

Die Webseite (die hier im Urteil zur Debatte steht) kann weder zum Zweck der Kopie genutzt werden, noch wird das Programm direkt zur Verfügung gestellt.

Die Webseite ist lediglich eine Art Webvisitenkarte auf der steht „Schaut her, hier ist der Link zu meinem Github Repository“. Mehr ist das nicht.

Das diese Webseite vom Hoster abgeschaltet werden muss, ist nach meinem Verständnis absolut irrsinnig.

Das wäre wie, wenn ich eine Webseite betreiben würde, auf der steht "Übrigens, hier gibt es Programm XY herunterzuladen (Link zu anderer Webseite). Mein Hoster wird dann gezwungen, meine Webseite abzuschalten. Warum? Scheinbar, weil man nicht gegen den Author der Software vorgehen kann und gegen die Plattform auf der die Software zum Download angeboten wird nicht vorgehen will.

Ich habe für diese Logik nur Kopfschütteln übrig.

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Eine Trennung zwischen Website und Programm macht hier mMn wenig Sinn.
Die Website verlinkt zum Programm und ermöglicht damit den Zugang zum Programm. Dass es im Kern um das Programm geht und die Website nur als „Verbreitungskanal“ genutzt wird, ist doch wirklich nebensächlich.

Ich bin wie gesagt auch gegen Hoster-Sperren, aber innerhalb der aktuellen Rechtslage ist das doch nur konsequent. Warum sollte für YouTube-dl etwas anderes gelten als für die zahlreichen Websites, die nur als Link-Archiv zum Zugang von Inhalten auf Sharehoster fungieren, auf denen dann die urheberrechtsgeschützen Daten liegen?

Das ist doch der Punkt. Man geht gegen das vor, gegen das man vorgehen kann. Mehr kann man von einem Rechtsstaat doch nicht erwarten? Also ich sehe hier nicht das logische Problem, aber vielleicht erfasse ich den Sachverhalt auch falsch.

Für die juristische Logik dahinter habe ich durchaus Verständnis, die gesellschaftliche Wertung, die zu dieser juristischen Konsequenz führt, ist eher das Problem. Ich sehe das Urteil daher nicht als Fehlurteil, sondern schlicht als konsequentes Urteil, welches eine fragwürdige Rechtslage entscheidet.

Ich denke, wir sind uns alle einig, dass die Rechtslage im Hinblick auf die Privatkopie Mist ist, daher dass die Einschränkung der Privatkopie durch Kopierschutzmechanismen, wodurch aus YouTube-dl eine strafrechtlich relevant illegale Software wird, falsch ist und geändert werden sollte. Aber da können wir uns halt nicht bei den Gerichten beschweren, welche die bescheidene Rechtslage anwenden müssen, sondern wir müssen unsere Kritik an den Gesetzgeber richten. Das Problem ist nicht die Judikative, sondern die Legislative - und an die sollte sich unsere Kritik und Empörung richten.

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Damit tu ich mich sehr schwer. Denke mal weiter, was wäre das nächste Urteil?

Ich habe hier mal eine einfache HTML Datei abgelegt. Laut Urteil müsste der Hoster diese löschen: https://linkspartei.org/yt.html

Wenn diese Seite ein hinreichend großer Verbreitungskanal würde, dass jemand den Aufwand für die Klage auf sich nehmen würde - klar.

Natürlich ist das für die Rechteinhaber ein Kampf gegen Windmühlen, weil die Einrichtung einer neuen Seite einfach sehr schnell geht, so ein Prozess zum de-hosting aber Jahre dauert. In diesem Sinne kann man natürlich sagen, dass die ganze Übung sinnlos ist.

Aber so lange YouTube-dl als illegale Software zum Überwinden von Kopierschutzmechanismen im Sinne von § 108b Abs. 1 UrhG i.V.m. § 95a UrhG gesehen wird (was in der aktuellen Rechtslage logisch erscheint) ist es auch logisch, dass Links zu dieser illegalen Software juristisch bekämpft werden können, sofern der Hoster für das deutsche Recht zugänglich ist.

Wie gesagt, ich finde diese Rechtslage, vor allem das Kriminalisieren des Überwinden von Kopierschutz, auch völlig daneben, aber Schuld daran hat der Gesetzgeber mit der Schaffung o.g. Gesetze, nicht die Gerichte, die den Mist ausführen müssen.

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Ich muss gestehen, den Aspekt des Bekanntheitsgrades habe ich hier nicht berücksichtigt und gebe dir recht. Doch wird im Urteil kein solcher Unterschied gemacht, oder ich überlese es. Von daher wäre die HTML Datei, die ich hier veröffentlicht habe, genau so vom Urteil betroffen.

Auch das war ja Thema. Ist die Maßnahme wirklich ein Kopierschutz? Aus technischer Sicht ein klares Nein. Juristen sehen es leider anders. Juristen sehen hier selbst eine Bemühung als wirksame Maßnahme.

Jein, Gerichte müssen sich an Gesetzt halten, können aber da, wo Interpretationsspielraum besteht, diesen auch ausnutzen. Oder aber auch anmerken, dass ein Gesetz Humbug ist.

Nun ja. Mich regt die Sache unglaublich auf. Und damit möchte ich nochmal auf meine Ausführungen hinweisen, die die Provider betreffen. Solche Urteile sind unglaublich schädlich.

Ich bin seit meiner Arbeit in derart sensiblen Bereichen bei Providern auch immer für Firmenpolitische Einflüsse verantwortlich. Und das, was hier passiert ist, lässt auch nach Rücksprache mit Anwälten, so viele Fragen offen - die so viele andere Bereiche beeinflussen - was im Ergebnis nur Unsicherheit bei allen Beteiligten schafft.

Als Provider ist man pro Kunde. Das Schützen seiner Daten und Infrastruktur ist oberstes Gebot. Ausgehebelt wird das meist nur durch klare Anweisungen von Gerichten. Diese Ebene, die hier dazu kommt, die verunsichert. Die meisten Anwälte mit denen ich im Kontakt bin, das sind alles windige Typen, die sich bisher mit den Hinweis aufs den Rechtsweg geschlagen geben.
Wenn die jetzt anfangen mit einer Verhandlung wie der mit uberspace zu drohen, dann werden viele Provider ins straucheln kommen.

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Das ist letztlich eine Interpretationsfrage des § 95a UrhG. Gefordert wird nur, dass es eine wirksame technische Maßnahme ist, die das Kopieren erschweren soll. Es wird nicht gefordert, dass die Maßnahme besonderen technischen Standards genügt, also eine besondere Qualität aufweist. Netzpolitik.org kommt in diesem Artikel auch zu dem Schluss, dass die „Rolling Cipher“ ein denkbar schwacher Kopierschutz ist, aber es ist nichtsdestotrotz ein Kopierschutz mit dem klaren Ziel, Downloads zu erschweren.

Die Problematik ist: Wenn wir hier mehr Wirksamkeit fordern, weil wir sonst dem Kopierschutz die Qualität der „Wirksamkeit“ absprechen, hilft uns das nicht. Im Gegenteil, dann werden die Rechtsinhaber gegenüber YouTube und co. darauf pochen, stärkere Kopierschutzmechanismen einzusetzen und darunter leidet dann der normale Käufer, wie es dank DRM schon bei Computerspielen teilweise der Fall ist (ernsthaft, die Pflicht z.B., permanenten Internetzugang zu haben, ist mit dem Laptop auf Reisen durchaus nervig… von Abstürzen, die durch Kopierschutzmechanismen hervorgerufen werden, mal ganz abgesehen…). Also ich will so wenig Kopierschutz wie möglich haben - und das erreichen wir nicht, wenn wir mehr Kopierschutz fordern, damit § 95a UrhG anwendbar ist…

Das Urteil, ob ein Gesetz „Humbug“ ist, steht einem Gericht tatsächlich nicht zu. Wenn ein Gericht der Auffassung ist, ein Gesetz sei verfassungswidrig, darf es den Fall zur Prüfung dem BVerfG vorlegen, dieses darf das Gesetz dann verwerfen. Aber ein Gericht darf nie - und das ist zentraler Bestandteil der Gewaltenteilung - das Urteil fällen, dass ein Gesetz „Humbug“ sei, weil es der eigenen bevorzugten Meinung nicht entspricht, geschweige denn ein Gesetz nicht anwenden, weil es mit dem Regelungsinhalt nicht zufrieden ist.

Natürlich kann ein Gericht seinen Interpretationsspielraum maximal ausnutzen, aber was bringt das, wenn das Urteil dann in der nächsten Instanz ohnehin wieder gekippt wird? Ein Richter wird sinnvollerweise unter den vielen vertretbaren Entscheidungen diejenige wählen, bei der er davon ausgeht, dass sie die höchste Wahrscheinlichkeit bildet, vor höheren Instanzen Bestand zu haben, idealerweise sogar mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung identisch zu sein.

Wäre ich Richter müsste ich halt überlegen: Will ich wirklich das gerade noch im Rahmen meines Interpretationsspielraumes liegende, aber mit ziemlicher Sicherheit vor den höheren Instanzen nicht bestandkräftige Urteil fällen? Oder lieber das, bei dem ich davon ausgehe, dass es mit der absoluten Mehrheit der (v.a. höheren) Gerichte übereinstimmt?

Diese Probleme sehe ich durchaus, aber wie gesagt, dazu muss die Rechtslage geändert werden, der Gesetzgeber kann § 95a UrhG jederzeit konkretisieren und Ausnahmetatbestände für Privatkopien schaffen. Ansonsten wird sich irgendwann eine Rechtssicherheit durch höchstrichterliche Rechtsprechung einstellen - ob diese dann in unserem Sinne ist, ist bei der derzeitigen Regelung fraglich.

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noch sind wir nicht im lossless Zeitalter angekommen. Bei dem was bei spotifiy und youtube an qualität über den ‚Äther‘ geht wird einem oft schlecht.

Mit der Chatkontrolle werden ja schon die entsprechend Werkzeuge installiert: Einfach ContentID auf den Chat mit Friends und family und Urheberrechtscontent direkt bei Gema und VG Wort abrechnen lasen. Taucht dann auf der Steuer jedes Jahr auf. Die entsprechendenden Verbände sind ja in der Politik aktiver (besser bezahlt) als die Aktivisten für die Erhaltung der existierenden Freiheiten

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Das stimmt, daher schrieb ich von einer Anmerkung.

Das nicht. Das stimmt. Sollte ein Gesetz aber offensichtlich nicht mit dem Grundgesetz einhergehen, dann darf sogar ein Amtsgericht dagegen urteilen. Tut aber hier nichts zur Sache, denn das ist hier nicht der Fall.

Dein Kommentar

bezieht sich nicht auf das, was ich damit sagen wollte. Wir reden hier wahrscheinlich dummerweise aneinander vorbei.

Aber das ist ja kein Problem. Wir belassen es einfach bei dem, was es ist.

Ich möchte nochmal darauf hinweisen, dass ich die Angelegenheit gern als Thema in der Lage hören würde. Vielleicht klappt das ja.

So mancher hier weiß ja wer ich bin, und ich bin auch gern (wie auch andere Kollegen aus der Branche) dazu bereit, Eindrücke und Befürchtungen zu äußern. Leider sind wir, die nicht für aussenstehende offensichtlich sind, die leidtragenden - und wenn nicht heute - dann in 5 Jahren. Wenn sich immer und immer wieder auf solche Urteile berufen wird. Urteile, die nichts anderes tun, als Diensteanbieter einzuschüchtern, obwohl man in der Zusammenarbeit mit Behörden, alles tut was notwendig ist. - Die sind fehl am Platz.

Wieso hat der Kläger in diesem Fall nicht den Betreiber der Webseite angeklagt und einen Beschluss erwirkt? Dann ist die Welt OK. Dann schaltet man als Hoster die Webseite ab und gut.

Es ist ein Trauerspiel. Vielleicht verstehe ich auch die ganze Komplexität nicht. Wer weiß.