Unterschiedliche Blickwinkel auf den Nahost-Konflikt

Ich wusste nicht zu welchem offenen Themen dieses beitragen sollte, deswegen habe ich ein neues Thema aufgemacht.

Ein interessantes Interview mit einer etwas anderen Darstellung auf den Nah-Ost-Konflikt.

Insbesondere die Themen um die Staatsräson Deutschland gegenüber Israel sowie das Festhalten an einer Zwei-Staatenlösung durch die Bundesregierung werden aus meiner Sicht gut zurechtgerückt.

Beide Themen der Bundesregierung Zwei-Staatenlösung und das uneingeschränkte an der Seite stehen Israels, werden sehr kritisch aber aus meiner Sicht absolut nachvollziehbar betrachtet. Vielleicht sollte man seine Schuld nicht gegenüber Israel „abtragen“, sondern gegenüber dem jüdischen Volk und Leben.

Beispiel:


Wie soll das solch einem Staatsgebiet, ein funktionierender Start Palästina werden?

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Würde hier gerne ein Video mit einem Gespräch mit Dr Izzeldin Abuelaish empfehlen. Der Mann hat 2009 bereits 3 seiner 8 Kinder verloren durch den Gaza Krieg. Er zeigt nun die Bilder von 25 Mitgliedern seiner Familie, die im aktuellen Krieg gestorben sind. Er betont, dass die Palästinenser nicht nur Zahlen sind, sondern auch Gesichter haben und Menschen sind. Trotzdem bleibt er ein Advokat für Frieden und stellt sich dem Hass entgegen. Am Ende des Gesprächs betont er sogar nochmals auch das Leid der Israelis.
Sehr beeindruckend. Im Gespräch geht er darauf ein, dass es auf beiden Seiten gute Anführer benötigt und man den Palästinensern ein Leben in Freiheit und Würde ermöglichen muss. Er vergleicht es mit siamesischen Zwillingen, die nur beide gemeinsam Frieden und Sicherheit haben können.

Sollte jedem etwas Hoffnung geben, dass es irgendwann in der Zukunft doch noch zu einem Frieden kommen kann.

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Was dieses Interview vor allem spannend macht ist dass es bricht mit dem Konsensus in Deutschland, dass:

  • palästinensische Leben weniger Wert sind als israelische Leben
  • arabische Leute unter Generalverdacht gehören

Die beide Statements oben haben für die meiste arabische Leute die in Deutschland leben natürlich keine Neuigkeitswert aber neu ist es dass die Gesellschaft sich dazu offen bekennt hat und damit der ganze Diskurs nach rechts gerückt ist.

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Magst du diesen Punkt erläutern?

Also ich sehe es nicht so, dass die Gesellschaft sich offen dazu bekennt, dass palästinensische Leben weniger wert seien als israelische. Ich sehe durchaus, warum man als palästinensischer Mensch dieses Gefühl bekommen kann und ich sehe auch, wie einige Menschen diese Meinung tatsächlich implizit vertreten, aber ich würde nicht sagen, dass das ein „gesamtgesellschaftliches Bekenntnis“ sei. Ebenso kann ich aber sehen, dass ein jüdischer Mensch in Deutschland das Gefühl bekommen kann, dass in Deutschland zu viel Antisemitismus seitens der Palästinenser zugelassen wird.

Das Problem ist, dass wir alle emotionale Wesen sind. Wenn wir also die Bilder der schrecklichen Massaker vom 07.10. sehen ist es ganz natürlich, Mitleid mit den israelischen Opfern zu haben und die palästinensischen Täter zu verfluchen. Und manch einer macht an dieser Stelle den Fehler der Verallgemeinerung, indem er sämtliche Palästinenser in die Gruppe der Täter steckt und sämtliche Israelis in die Gruppe der Opfer. Daraus resultiert dann teilweise eine sehr problematische Sichtweise, nach der ein israelisches Leben mehr Wert sei als ein Palästinensisches.

Das gleiche gilt aber auch für die Schlagzeilen aus dem Gaza-Streifen. Ich kann vollständig verstehen, dass wir emotional auf die hohen Todeszahlen dort (5-stellige Zahlen!) reagieren und deshalb geneigt sind, erst Mal Vorwürfe an Israel zu formulieren und die Palästinenser einseitig als Opfer zu sehen. Daher wird Israel auch sehr stark für das militärische Vorgehen im Gaza-Streifen kritisiert, die Gegenseite zu deiner Position führt regelmäßig an, dass man in Deutschland ganz im Gegenteil viel zu sehr auf Seiten der Palästinenser sei und das Leid der Israelis nicht verstehen würde.

Deshalb appelliere ich ja immer dafür, das Leid beider Seiten zu sehen, weshalb ich Interviews wie die von Jung & Naiv auch sehr wertvoll finde.

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Das Gefühl kann man vielleicht auch daraus ableiten, dass die gewählte deutsche Regierung und Opposition seit Jahren bzw. über einem Jahrzehnt durch Passivität Israel in seinem Kampf für die Einstaatenlösung unterstützt hat.

Statt Israel für seinen kontinuierlichen Bruch von Völkerrecht zu sanktionieren, hat man alle Initiativen die israelische Regierung unter Druck zu setzen als grundlegend antisemitisch geframed.

Oder lass uns die unterschiedliche mediale Rezeption nehmen. Wenn arabische Kinder in der Bahn bepöbelt oder angespuckt werden, reicht das bestenfalls für eine kleine Nebenmeldung auf SPON oder in der Regionalzeitung.

Behauptet jedoch ein jüdischer Künstler beim Check-In im Hotel, das andere Gäste schneller eingecheckt wurden und er gebeten wurde seine Kette wegzustecken (was anscheinend eher eine PR-Ente war), melden sich sogar Bundespolitiker zu Wort, werden tagelang Protest-Demonstrationen vor dem Hotel organisiert, Politiker und Verbände fordern die Kündigung des beschuldigten Mitarbeiters usw…

Also ganz ehrlich, ich kann verstehen wenn Menschen ein Ungleichgewicht wahrnehmen und ich empfinde es ähnlich.

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Immerhin wird der Fall gerichtlich aufgearbeitet. Letztlich hat die betroffene Person allen jüdischen Menschen, die tatsächlich Opfer von Antisemitismus werden, mit der Aktion einen Bärendienst erwiesen.

Naja, die EU hat es 2013 und 2014 ja mal versucht:

Das Problem ist aber, dass in Europa eben das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Und irgendwer blockiert letztlich dann doch etwaige Sanktionen oder handelsrechtliche Maßnahmen wie den Boykott von Waren aus illegalen Siedlungen.

Und Deutschland alleine wird definitiv keine Sanktionen verhängen, würde Deutschland dies tun, würde das in der Tat den Vorwurf des Antisemitismus in den Raum stellen, weil Deutschland so weit ich weiß keine unilateralen Sanktionierungen vornimmt, sondern nur im Rahmen von UN, EU und anderen supranationalen Organisationen sanktioniert. Würde Deutschland hier eine Ausnahme für Israel machen, würde das mindestens merkwürdig wirken.

Wie gesagt, ich denke auch, dass es ein wesentlicher Schritt zur Befriedung des Nahost-Konflikt wäre, wenn die USA klar in Richtung Israel kommunizieren würden, dass man Israel im Falle weiterer Siedlungs-Genehmigungen nicht mehr vor UN-Sanktionen schützen würde. Die USA sind leider das einzige Land, das diesen Weg gehen kann. Die EU würde mit ziemlicher Sicherheit mitziehen. Hier müsste der Westen in der Tat mehr Druck machen, aber das können sich weder Demokraten noch Republikaner innenpolitisch leisten…

Und so wird sich leider nichts ändern.

Die Initiativen gegen anti-muslimischen Rassismus werden glücklicherweise auch immer stärker. Aber in der Tat bekommt der Zentralrat der Muslime in Deutschland nicht das gleiche Gehör wie der Zentralrat der Juden. Die Gründe dafür sind vielfältig und natürlich auch historisch bedingt.

Die Gesellschaft vielleicht nicht (ich glaube da ist es eher 50/50 …) aber politische, mediale und institutionelle Eliten haben sich da sehr eindeutig positioniert.

Israel bedingungslos zu unterstützen egal wieviele Leute sie in Gaza tot bomben ist die Auflösung von allen humanistischen Werten zu denen Deutschland sich immer bekannt hat.

Sehr starke Kritik sieht anders aus.

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In jedem zweiten Podcast, den ich aktuell höre, wird das Vorgehen Israels zumindest kritisch betrachtet, was ja auch durchaus gerechtfertigt ist. Die Gegenseite hingegen bemängelt z.B., dass Deutschland sich nicht entschlossen genug hinter Israel stellen würde, dass Kritik an dem militärischen Vorgehen wegen der Geschehnisse vom 07.10. aktuell falsch sei. Das ist auch ein Punkt, den man zumindest nachvollziehen können sollte.

Da ich in der Sache ziemlich klar zwischen den (verhärteten) Fronten stehe schildert sich die Sache für mich hier so, dass beide Seiten die Meinung vertreten, man sei nicht entschlossen genug auf ihrer Seite bzw. würde die Gegenseite nicht genug kritisieren oder habe nicht genug Verständnis für die Handlungen der eigenen Seite (um dieses Verständnis werben aktuell sowohl Palästinenser („Freiheitskampf“) als auch Israel („Wirksame Verteidigung gegen Terrorismus“)). Diese Position schließt für mich zumindest aus, dass die in Deutschland vertretenen Positionen maximal-einseitig sind. Dass historisch ein gewisser Bias besteht wird ja auch nicht bestritten, wobei ich immer wieder betone, dass wir mMn auch eine Verantwortung gegenüber den Palästinensern haben, da die Schoah letztlich die Gründung Israels, die definitiv zum Nachteil der dortigen muslimischen Bevölkerung war, alternativlos machte, wir also auch das Leid der Palästinenser zumindest mit verursacht haben und es uns daher zu leicht machen, historisch nur unsere Schuld gegenüber den Juden zu verweisen.

Und mehr, als keine zu extrem einseitige Positionen zu vertreten, kann man kaum verlangen - eine absolute Neutralität ist einfach für die meisten Länder nicht erreichbar (und auch nicht wünschenswert, die Schweizer Neutralität hat im zweiten Weltkrieg viele Fragen aufgeworfen und wirft sie auch jetzt im Rahmen des Ukraine-Krieges auf…).

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Die Gründung (und als Folge davon: die Existenz) Israels ist nicht die Ursache für „das Leid“ der Palästinenser. Ja, die Staatsgründung bedeutete Nachteile (=/= Leid) für Teile der in dieser Gegend lebenden arabischen Bevölkerung, weil entsprechende Gebiete zugeteilt wurden. Das tatsächliche Leid tritt mit der Vertreibung („Nakba“) auf den Plan. Die ist aber keine Folge der Gründung Israels, sondern vielmehr eine direkte Folge der Reaktion darauf, nämlich des Palästinakriegs.

Das Aufrechnen, auch und gerade aktuell, läuft immer wieder in die logische Falle des „post hoc, ergo propter hoc“ (= „danach, also deswegen“). Bei dem Massaker der Hamas stellt sich naturgemäß die Frage, warum so etwas sein kann. Die Suche nach Erklärungen findet die (von Israel beeinflusste) Situation der Menschen in Gaza, und verbindet beides. Tatsächlich hat das aber wenig miteinander zu tun: Das Massaker passierte, weil die Hamas die Gelegenheit dazu hatte. Und sie kündigen an, dass sie es wieder tun wollen wenn sie erneut eine Gelegenheit dafür bekommen. Die Existenz von Juden ist für sie Begründung genug. Wie diese sich verhalten ist ihnen völlig egal. Im Verhalten Israels einen Grund zu suchen und damit einen Einflussfaktor auf künftiges Verhalten der Hamas, läuft damit in die falsche Richtung. Wenn Israel morgen jedem Palästinenser ein Haus baut und ein bedingungsloses Grundeinkommen zahlt wird die Hamas immer noch bei jeder Gelegenheit Terroranschläge verüben.

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Mit der Gründung Israels als „jüdischen Staat“ kam es zwangsweise dazu, dass die Palästinenser nicht den ihnen zuvor (1915) von den Briten versprochenen Arabischen Staat gründen konnten, zumindest nicht in der Größe, die ihnen ursprünglich versprochen war. Natürlich war die Gründung Israels für die arabische Bevölkerung dort bereits ein massiver Nachteil, ob „Leid“ es trifft ist da eher Semantik.

Hier verweise ich auf meine Differenzierung zwischen Letztverantwortung und Zustandsverantwortung aus diesem Thread:

Du machst hier den typischen Fehler, nur die Letztverantwortung, die klar die Hamas trägt, zu betrachten, nicht die Zustandsverantwortung.

Dass die arabische Bevölkerung im Hinblick auf die letzten 70 Jahre einen massiven Hass auf Israelis (und damit vereinfacht: die Juden) entwickelt hat, darf uns nicht überraschen. Ebenso wie es nicht überraschen darf, dass sich in der Ukraine ein massiver Hass auf alles Russische und in Taiwan teilweise ein Hass auf alles Chinesische entsteht. (Und nein, ich setze diese Fälle nicht gleich, ich will nur zeigen, dass ein starker Konflikt wie ein Krieg (Ukraine) oder langfristiger, schwelender Konflikt (Taiwan) zur Ablehnung der als Feind auftretenden Gruppe führt.

Die Frage, die man sich tatsächlich stellen muss, ist:
Wären es nicht israelische (größtenteils) Juden, die Gaza die letzten 70 Jahre so behandelt haben, sondern Deutsche/Amerikaner/Inder/Chinesen/Russen/Whatever. Würde eine Organisation wie die Hamas anders reagieren?

Ich denke, die Antwort ist nein. Wenn die als Feinde wahrgenommene Seite nicht jüdisch wäre, hätten sich dennoch extremistische Organisationen wie die Hamas gegründet und würden mit dem gleichen Terrorismus gegen diese „Feinde“ oder „Besatzer“ (jeweils aus deren Sicht!) vorgehen. Die Tatsache, dass dieser „Feind“ in dem Fall Israel ist, gibt der Hamas mit dem Antisemitismus lediglich ein historisch besonders starkes, weil vielfach „erfolgreich“ verwendetes, Narrativ an die Hand, sodass sie vielleicht geringfügig erfolgreicher ist.

Die Beziehung zwischen Islam und Judentum ist nicht so feindselig, weil es irgendeine „natürliche Ordnung“ gäbe, dass Muslime Juden hassen müssen. Es ist so feindselig, weil die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort dazu geführt haben.

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Ich bezweifle, dass „Gegebenheiten vor Ort“ eine passende Kategorie sind, um Antisemitismus zu erklären. Unter Palästinensern gibt es nicht wenige, die ihren (nicht gewählten) „staatlichen“ Protagonisten wie Abbas vorhalten, korrupt und machtversessen am status quo festzuhalten. Im Marx´schen Sinne: das Sein bestimmt das Bewusstsein, ergo wäre eine bessere gesellschaftliche Organisation der palästinensischen Gesellschaft nötig, um langfristig Antisemitismus in Bildung und Kultur zu überwinden. Der arabische Antisemitismus wird institutionell gepflegt, weil Rassismus eine politische Funktion erfüllt. Nie und nirgendwo begründen gesellschaftliche Verhältnisse Rassismus.

Bei dem ganzen Thema irritiert mich: warum fordert niemand die Hamas und ihre Unterstützer (Katar, Iran,…) auf, die Raketenangriffe auf Israel endlich zu beenden, sondern richtet Waffenstillstandsappelle ausschließlich an Israel?

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Ich glaube, wir missverstehen uns hier.

Ich gebe dir völlig Recht, dass die palästinensische Gesellschaft von Antisemitismus zerfressen ist und gewisse arabische Staaten das aktiv unterstützen. Wo wir unterschiedlicher Meinung sind, ist scheinbar, wo der Antisemitismus her kommt. Und hier fallen bei Israel zwei Dinge zusammen:

  1. Historisch waren die Juden als Minderheit stets der Sündenbock, sei es für Naturereignisse wie Missernten oder aus politischen Gründen durch Adel und Klerus. Dieser historische Antisemitismus ist auch heute leider noch eine mächtige Waffe, insbesondere durch die nach wie vor starken Verschwörungstheorien.

  2. Jedes Volk, das über Jahrzehnte in Konflikt mit einem anderen Volk steht und offensichtlich unterlegen ist und folglich in wesentlich schlechteren Verhältnissen lebt, ist ein maximal dankbarer Nährboden für Rassismus und Extremismus. Und hier ist es nebensächlich, ob die Schuld für diesen Zustand bei Israel oder den Palästinensern liegt (für beide Annahmen gibt es gute Gründe!), das Problem bleibt die Existenz dieses Zustandes.

Ich denke, wir wollen doch alle, dass die nächste Generation der Palästinenser weniger antisemitisch wird als die vorherige. Dazu ist es zwingend nötig, ihre Lebensbedingungen zu verbessern und den Einfluss von „bösen“ Akteuren wie dem Iran oder der Hisbollah zu begrenzen - auch das gelingt besser, wenn es gelingt, im Gaza-Streifen Zivilisation herzustellen. Daher bin ich völlig auf der Seite Israels, wenn es darum geht, die Hamas nun zu zerschlagen - das ist notwendig, auch wenn es zu vielen Opfern führt. Aber es muss einen konstruktiven Plan für danach geben.

Das erste ist eine Selbstverständlichkeit, das Letztere leider nicht.
Jeder hier würde sofort zustimmen, dass die Hamas ihre Raketenangriffe einstellen muss. Müssen wir das wirklich in jedem Thread und am besten in jedem Post erneut bekräftigen?!?

Entschuldigung, habe ein Missverständnis hervorgerufen… Ich meine das viel allgemeiner und überhaupt nicht auf das forum bezogen. Mich irritiert z.b. die UN-Resolution.

a) Ich habe das Gefühl, das wird ständig gefordert.
b) Auf einen demokratischen Staat, den wir unterstützen, haben wir mehr Einfluss als auf vom Iran gesteuerte Terrororganisationen.
c) Das Verhalten von Terrororganisationen sollte nicht der Maßstab sein, an dem wir dem Anspruch nach demokratische Rechtsstaaten in Hinblick auf das humanitäre Völkerrecht bemessen.

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Nein, vielmehr streite ich ab, dass Israel in Bezug auf den Hamas-Terror eine Zustandsverantwortung hat. Nichts was Israel getan hat, tut oder tun kann wird die Ziele und Absichten der Hamas beeinflussen. Ihr Hass ist keine Reaktion auf israelische Handlungen, sondern auf jüdische Existenz. Das ist für sie ein religiöser Kampf, kein politischer. Die Hamas ist keine Befreiungsbewegung der Palästinenser, sondern eine extremistische Sekte. Die „tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort“ sind dafür völlig belanglos.

Die entscheidenden Fragen sind nun: Wie breit ist die Unterstützung für die Hamas unter den Palästinensern? Und wie kann Israel die Hamas bekämpfen und gleichzeitig die Situation für die übrigen Palästinenser verbessern?

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Okay, also glaubst du wirklich, dass wenn Palästina sich wirtschaftlich und kulturell ähnlich entwickelt hätte wie Israel, eine Organisation wie die Hamas so stark und so extremistisch geworden wäre?

Das bezweifle ich einfach extrem stark, ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass ich das für unmöglich halte. Es ist in meinen Augen hinreichend belegt, dass erbärmliche Lebensumstände ohne jeden Zweifel die Entstehung von Extremismus massiv befördern und es terroristischen Organisationen extrem viel leichter fällt, Menschen für selbstmörderische Terrorkommandos zu rekrutieren, wenn diese Menschen ohnehin wenig zu verlieren haben.

Völlig auslöschen kann Israel die Hamas wohl nicht, da scheinen sich die Experten einig zu sein. Und meine These ist auch: Das würde nichts ändern, weil dann eine Nachfolgeorganisation in das Vakuum eintreten würde. So lange die Umstände für die Bevölkerung im Gaza-Streifen und Westjordanland so sind, wie sie sind, wird dort immer ein fruchtbarer Nährboden für Terrorismus herrschen. Und ganz ehrlich: So lange Israel dort jedes Jahr neue Siedlungen baut und Palästinenser vertreibt kann ich von den Palästinensern auch nicht verlangen, die Waffen niederzulegen. Man muss sich hier auch mal in die Situation der Palästinenser versetzen.

Israel von jeder Verantwortung freizusprechen, indem man alles auf Antisemitismus reduziert, ist einfach mMn eine wesentlich zu einseitige Sichtweise, die auch keinerlei Lösungsmöglichkeiten bietet. Das heißt nicht, dass Antisemitismus kein großes Problem dort wäre, aber wie gesagt: Ich bin überzeugt davon, dass wenn im Nahost-Konflikt nicht Israel, sondern eine andere Gruppe (USA, Russland, Whatever) der mächtigere Staat wäre, der Hass genau so stark wäre, dann wäre es eben Anti-Amerikanismus oder Anti-Russizismus, der sich dort entwickelt hätte, statt Antisemitismus.

Kurzum:
Ja, die Hamas ist ein Haufen antisemitischer Arschlöcher - aber wenn wir wollen, dass die nächste Generation der Palästinenser weniger antisemitisch wird, müssen wir die Lebensumstände dort verbessern und Israel muss mit dem Siedlungsbau aufhören, Israel muss den Palästinensern eine akzeptable Zukunftsaussicht bieten, egal, ob das eine Zwei-Staaten-Lösung oder eine Ein-Staaten-Lösung mit völliger Gleichberechtigung ist. Wenn es so weiter läuft, wie es die letzten Jahrzehnte gelaufen ist, wird die Lage sich definitiv nicht bessern, sondern im Ergebnis wird eine Seite die andere irgendwann vertreiben oder auslöschen… und das ist das Worst-Case-Szenario, egal, welche Seite gewinnt.

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Ein bedenkenswerter Blickwinkel:

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Das ist eher ein extrem egoistischer Blickwinkel. Dazu mal dieser Artikel:

https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-junge-politik-lexikon/321486/zionismus/

Das oberste Ziel der zionistischen Bewegung war die Rückführung der in aller Welt lebenden Juden in das Gebiet zwischen Mittelmeer und Jordan. Dies war für die Zionisten das ursprüngliche Heimatland der Juden, hier wollten sie sich niederlassen und einen eigenen Staat gründen. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts begannen viele jüdische Einwanderer mit dem Bau jüdischer Siedlungen in dieser Region. Immer wieder gab es Streit mit der arabischen Bevölkerung, die dort lebte.

Wer den Israelis jahrtausendealte Gebietsansprüche zugesteht, der kann den Palästinensern diese ja wohl kaum nach 70 Jahren absprechen.

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Was sich auch mehr und mehr herauskristallisiert ist, dass rechte Parteien, wie der RN in Frankreich, sich klar an der Seite der Jüdinnen und Juden positionieren, und dafür der Islam immer noch stärker zu deren Feindbild wird.
Gleichzeitig sieht man am linken Rand vermehrt eine pro-Palästinensische Haltung.

So stark? Das weiß ich nicht. Hier spiel auch eine Rolle, dass sie im politischen Tauziehen als nützlicher Idiot verwendet wird, sprich ihre Stärke kommt nicht allein aus Gaza. So extremistisch? Ja, auf jeden Fall.

Ich will Israel gar nicht ganz freisprechen. Der Staat trägt Mitverantwortung für die Situation der Palästinenser und muss daran mitarbeiten, diese zu verbessern. Bezogen auf Existenz und Handlungen speziell der Hamas (und darum geht es hier ja) sehe ich aber tatsächlich keine Verantwortung. Nochmal: Die Hamas ist nicht in einem Freiheitskampf gegen Unterdrücker. Das Schicksal der Palästinenser ist ihr reichlich egal; sie befördern sogar palästinensisches Leid um es in ihrem Sinne ausschlachten zu können. Das ist das, was ich meinte: Es wird eine Kausalität gesehen, wo es lediglich Korrelation gibt. Den Palästinensern geht es schlecht, und die Hamas bekämpft Israel. Aber die Hamas bekämpft Israel nicht, weil es den Palästinensern schlecht geht. Entsprechend wird sie auch nicht damit aufhören, wenn es den Palästinensern besser geht. Das sind zwei separate Probleme: Die Hamas, und die Zukunft der Palästinenser. Sie zu verbinden heißt aber, eine Lösung zu erschweren.

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