Unsere Holzverbrennung macht aus Wäldern CO2-Emittenten -

Schön, dass ihr auch immer wieder gute Nachrichten zu den Fortschritten bei der Nutzung erneuerbarer Energien bringt. Ich möchte jedoch einen kräftigen Schluck Wasser in diesen Wein schütten:

Energiegewinnung aus Holzverbrennung macht in Deutschland und in der EU
einen großen Teil der „erneuerbaren“ Energie aus. CO2-Emissionen aus Holzverbrennung in Holzheizkraftwerken werden gemäß der EU-Richtlinie RED III als nicht existent definiert. Jedoch ist es höchst problematisch, das Verheizen unserer Wälder und schlechter geschützter Wälder in Europa und der restlichen Welt als pauschal CO2-neutral einzuordnen. Dies weist der folgende, sehr gründlich recherchierte Aufsatz klar nach:

https://www.nul-online.de/Urwaelder-Natur-und-Wirtschaftswaelder-im-Kontext-von-Biodiversitaets-und-Klimaschutz,QUlEPTcwNDU5NzAmTUlEPTExMTE.html

Die Folgen der Holzverbrennung für die menschliche Gesundheit durch sonstige Emissionen von Feinstaub, Ruß und toxischen Substanzen sind gut belegt, spielen aber leider in der aktuellen Diskussion nicht die Rolle, die sie spielen sollten:
https://www.klimawandel-gesundheit.de/handlungsfelder-und-projekte/saubere-luft/

Es ist Zeit anzuerkennen:

  • dass die Verbrennung von Holz gemessen am Schornstein mehr Klimagase und andere schädliche Substanzen als fossile Energieträger erzeugt.
  • dass das Nachwachsen der Wälder lange dauert und zunehmend schlechter funktioniert.
  • dass „Totholz“ (besser Biotopholz) ist in den Wäldern keineswegs überflüssige Biomasse ist, sondern wichtig zur Erhaltung des Waldinnenklimas und der Artenvielfalt ist.
  • dass durch die große Konkurrenz um die Ressource Holz, deren stoffliche Nutzung ja auch zunehmend wichtig ist, die Wälder zu stark ausgedünnt werden und daher zu Netto-Emittenten von CO2 (!).

Intakte, hinreichend dichte Wälder sind nicht nur CO2-Speicher, sondern auch Horte der Biodiversität sowie Quellen von Frischluft und Trinkwasser. Außerdem tragen sie unmittelbar zur Kühlung ihrer Umgebung und zur Entstehung von Niederschlägen bei. Dazu müssen sie aber pfleglich behandelt bzw. in Ruhe gelassen werden. Interview zu Waldbränden: "Risiko wird mit Klimakrise immer größer" | tagesschau.de

Vor diesem Hintergrund ist es hochproblematisch, dass im neuen Gebäudenergiegesetz nun doch verstärkt auf Pelletheizungen gesetzt werden soll. Die Ausweitung des Heizens mit Holz in Folge eines aufgeweichten Gebäudeenergiegesetztes wäre ökologisch fatal!

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Das GEG gilt halt für DE. Der von dir zitierte Aufsatz betrachtet vor allem andere Wälder.

Tut das jemand?
Der „Aufsatz“ hat ja zwei wesentliche Schlussfolgerungen bzw Forderungen:

  • Urwald nicht abholzen
  • Stammholz nicht in Kraftwerken verbrennen.
    Finde ich beide vollkommen richtig.

Auf die Feststellung eine Studie wäre korrekt und die andere falsch kann jeder für sich schlussfolgern was er will.
Wichtige Feststellungen in dem Aufsatz für DE:

  • Der Holzvorrat und damit das CO2 Senkungspotential wächst nach wie vor
  • bei der Verbrennung von Holz entsteht meist mehr CO2 pro kWh als bei vielen anderen Energieträgern,
    So weit so gut.
    Entscheidend für die Klimaschutz Bewertung von Holz auch auf längere Sicht ist die Frage der nachhaltigen Forstwirtschaft, z.B. auch nach Quaschning.
    Die CO2 Emissionen sind dann „0“
    Spezifische Kohlendioxidemissionen verschiedener Brennstoffe
    Dann ist nämlich auch die zukünftige Senkenleistung berücksichtigt.
    In dem Ort in dem ich wohne befindet sich eine Forstschule durch die min alle gehen die in Bayern Förster werden wollen. Wie auch woanders würden die dir erklären, dass im Forst überhaupt die Nachhaltigkeit erfunden wurde,
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Und das heißt was? Das Prinzip ist in Deutschland das selbe. Nur, dass sich leider manch einer bereits damit abgefunden hat, dass der Wald in Deutschland bereits schwerst degradiert ist. 64% des in Deutschland geschlagenen Laubholzes wird heute verheizt! Gleichzeitig ist Deutschland trotz seiner vergleichsweise geringen Landesfläche viertgrößtes (!) Exportland von Sägeholz und spielt damit in einer Liga mit den riesigen Staaten Kanada und Russland. Exportvolumen weit vor den USA, Brasilien oder was man sich sonst so denken könnte. Diese groteske Übernutzung der heimischen Wälder mündet in plantagenartiger Zucht standortfremder Nadelbäume - mit Wald hat das nicht mehr viel zu tun. Die Baumaltersklasse > 160 Jahre (was für die heimischen Laubbäume oft gerade die Hälfte des möglichen Alters darstellt) liegt heute in den deutschen Wäldern nur noch bei 3,5%. Der Zusammenhang zum GEG ist aber auch dadurch gegeben, dass in unseren Pelletheizungen zu großen Teilen die Wälder anderer Staaten verheizt werden.

Erbitte dazu Daten. Natürlich wächst Wald nach, sobald man die Finger von der Säge lässt. ABER: Der Holzvorrat liegt in Deutschland entgegen gegenteiliger Behauptungen nicht auf einem hohen Niveau. Je nach Standort ergäbe sich natürlicherweise ein Lebendvorrat von 1000 Vorratsfestmeter (Vfm) pro Hektar und mehr. In der Realität erreicht kein Bundesland auch nur 400 Vfm (3. Bundeswaldinventur). Gleichzeitig verlor etwa Sachsen-Anhalt durch verfehlte Forstwirtschaft zwischen 2016 und 2020 über 5% seiner Waldfläche. NRW 4,5%.

Um nachhaltige Forstwirtschaft geht es. Und zu dieser gelangen wir nicht durch das Verbrennen von (noch mehr) Holz. Im Jahr 2020 war der Holzeinschlag in Deutschland auf Rekordniveau. Mitten in Klimakrise und Artensterben. Nur ein Jahr später wurde dieser traurige Rekord dann 2021 sogar noch getoppt.

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Sie schreiben, bei „nachhaltiger“ Forstwirtschaft wären die Emissionen 0. Daraus ergibt sich zunächst die Frage, was nachhaltige Forstwirtschaft in diesem Kontext eigentlich sein soll und wie die Forstwirtschaft „nachhaltiger“ werden kann, wenn sie für die Kompensation ausfallender fossiler Energieträger gleichzeitig in astronomischem Maße intensiviert werden müsste. Die Theorie der CO2-neutralen Holzverbrennung fußt auf zahlreichen hypothetischen bis absurden Vorab-Annahmen, die mit der Realität nicht übereinstimmen. Die Senkenleistung der Wälder müsste mindestens gleich bleiben. Tatsächlich hat sich die Senkenleistung des deutschen Waldes zwischen 2016 und 2020 aufgrund verfehlter Intensiv-Forstwirtschaft und Klimawandel allerdings um 30% reduziert. Die einzigen CO2-Emissionen, die bei der Nutzung von Holz als Energieträger anfallen dürften, wären die bei seiner Verbrennung emitierten Treibhausgase. Selbst wenn man unehrlicherweise die Emissionen, die durch die für den maschinellen Betrieb bei Fällung, Transport (nicht selten über den Atlantik), Zuschnitt usw. entstehen, bei Seite ließe, eräben sich zahlreiche weitere Treibhausgas-Quellen, die bei der CO2-Neutralitäts-Hypothese unter den Tisch fallen. Dazu zählt der emissionsträchtige Abbau von humosem Boden durch mikrobielles Leben, der bei verstärktem Lichteinfall nach Fällungen initiiert wird. Böden sind nicht nur nach Ozeanen der zweitgrößte Kohlenstoffspeicher der Erde, sondern emittieren pro Jahr auch die zehnfache Menge an CO2, die durch fossile Verbrennung freigesetzt wird. Eine im Wald umfallende alte Eiche braucht bis zu 200 Jahre, bis sie vollständig zersetzt wird und ihr Kohlenstoff wird dabei nicht vollständig wieder freigesetzt, sondern ist an dem langsamen Aufbau von humosem Boden beteiligt. Eine Eiche, die verheizt wird, gibt innerhalb von Stunden, das über Dekaden oder Jahrhunderte assimilierte CO2 zurück in die Atmosphäre. Eine dritte Bedingung wäre, dass der Wald trotz der intensiven Forstwirtschaft und dem Klimawandel unbeirrt wächst wie in historischen Zeiten. Tatsächlich sind aber zwischen 2018 und 2021 5% der deutschen Waldfläche zerstört worden. Im Land Berlin gelten laut letztem Waldzustandsbericht nur noch 4% der Waldbäume als gesund.

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Glaube ihr wollt den falschen überzeugen. Deshalb nochmal:
Der „Aufsatz“ hat ja zwei wesentliche Schlussfolgerungen bzw Forderungen:

  • Urwald nicht abholzen
  • Stammholz nicht in Kraftwerken verbrennen.
    Finde ich beide vollkommen richtig.
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Nachhaltig im Sinne der Forstwirtschaft ist es, wenn mehr Holz nachwächst als geerntet wird.
Im Bericht ist auch von der Senkenfähigkeit die Rede. Kann man natürlich mit betrachten.
In dem Zusammenhang würde mich interessieren: wenn sich die Biomasse am Lebensende zersetzt wird ja vor allem Kohlenstoff oxidiert. Ein kleiner Teil C verbleibt gebunden im Boden. Wie groß sind die Anteile?

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Darüber hinaus sei einmal darauf hingewiesen, dass wir uns nicht nur in einer Krise des Klimawandels sondern auch des Artensterbens befinden. Bis 2050 wird ein Aussterben von 30% der bayrischen Metazoen(=Tier)-Arten prognostiziert. Nicht einmal ein Viertel der Flechtenarten (die häufig auf feuchte, naturnahe Wälder angewiesen sind) gilt in Bayern noch als ungefährdet. Deutschlandweit gibt es nur noch ein einziges ungefährdetes Reptil (Blindschleiche) und zwischen 1990 und 2017 hat die Biomasse geflügelter Insekten um 76% abgenommen. Vor diesem Hintergrund eine (für die Holzverbrennung in großem Stil notwendige) massive Intensivierung der Forstwirtschaft in unseren Wäldern zu bewerben, ist ökologischer Selbstmord.

Fossile Energieträger fortan durch Holz zu ersetzen, ist deshalb aus ökologischer und energiepolitischer Perspektive keine Option. Das zeigt uns bereits die geschichtliche Entwicklung, in deren Verlauf die Kohle vor mehreren hundert Jahren ihren Siegeszug feierte, weil die Waldbestände durch die Verbrennung von Holz bis an das Limit degradiert waren. Würde der gesamte deutsche Holzeinschlag verbrannt werden, ließe sich aufgrund der geringen Energiedichte von Holz nicht einmal die Braunkohle des Tagebaus Hambach kompensieren (Knapp et al. 2021). Entsprechende Vorstöße können also nur in der raschen und verhängnisvollen Zerstörung des deutschen Waldes münden.

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Ich habe den Aufsatz aufgerufen und reibe mir die Augen, weshalb diese Studie nicht für D gelten soll, wie LeoWom behauptet. Bereits im Abstract und im gesamten Artikel wird ganz explizit auf Deutschland und die Datenlage in D rekurriert…

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Das ist nachweislich eine falsche Annahme. Die jährliche Kohlenstoffbilanz der deutschen Wälder ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seit 2018 rückläufig und lag 2020 bereits im Minus. (Kohlenstoffbilanz des Waldökosystems - Statistisches Bundesamt ) Die Sorge des Statistischen Bundesamtes, dass es eine Verschiebung innerhalb der 3 Wald-Speicherpools (lebende oberirdische Bestockung/ Tot- bzw. Biotopholz / Waldboden) hin zum Waldboden geben könnte, hat sich bewahrheitet. Der deutsche Wald wird gegenwärtig zum Kohlenstoffemittenten, die nachwachsenden Bäume können nicht genug CO2 binden. Das durchkreuzt eigentlich die Pläne der konventionellen Waldbewirtschaftung, die die Senkenleistung bei ihren Einschlagplänen aber vernachlässigen und stattdessen prioritär Erntefestmeter in ihren Wirtschaftsplänen zum Ziel haben.

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Ich stimme Dir fachlich zu und bin auch der Meinung, dass wir als Gesellschaft noch nicht überblicken, wie sehr unser Wald gerade kaputtgeht, aber die Behauptung

halte ich für ein wenig einen Strohmann. Ich darf aus den „Leitplanken zum GEG“ der Ampel (Link führt zur FDP-Fraktion, da ich das am schnellsten gefunden habe, aber es ist das gemeinsame Dokument der drei Fraktionen) zitieren:

Heizungen, die mit Holz und Pellets betrieben werden, erfüllen die 65 %-Vorgabe ausnahmslos. Beim Einsatz von Holz und Pellets sind Fehlanreize zu vermeiden.

Das klingt mir nicht nach einem Signal zum „verstärkten Setzen“ auf Pelletheizungen. Und auch die Sorge, dass es nun zum Pelletheizungs-Boom kommt, würde ich nicht teilen: Die Installation ist aufwändig und gerade auf dem Land hat man den Zustand des Waldes durchaus im Blick und weiß, dass Holz in 10 Jahren (wenn alle Fichtenmonokulturen abgestorben und verbrannt sind), ein sehr rarer Rohstoff sein wird.

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Wunderbar, dass so viele Kommentare kommen. Der Waldschutz sollte auch bei uns eine höhere Priorität bekommen. Gleichzeitig ist es wichtig solide zu argumentieren. In dem Moment in dem man sich z.b. auf großflächige Abholzung oder anderen Behauptungen bezieht wird man im Diskurs mit den Forstleuten nicht mehr ernst genommen.

Nein, eben nicht. Hier die Aussage aus der verlinkten Quelle:
„ Mengenmäßig wichtiger als das eher langsame Wachstum des Holzproduktspeichers, das für Deutschland beispielsweise für das Jahr 2018 mit 4,2 Mio. t CO2bilanziert wurde, ist die Senkenleistung der Wälder, also die C-Festlegung in anwachsender Holzmasse. Diese Senkenleistung ist zumindest bis zum Jahr 2017 kontinuierlich gestiegen. Auf Basis verschiedener Datensätze, wie der Bundeswaldinventur 3 (BWI 3), der Inventurstudie IS08 (2008) und der Kohlenstoffinventur (2017) sowie Modellannahmen wurden durch den nicht genutzten Zuwachs auf der bestehenden Waldfläche beispielsweise im Jahr 2017 circa 45 Mio. t CO2zusätzlich auf der Waldfläche Deutschlands festgelegt (UBA 2020 a); das entspricht im Mittel 4,1 t CO2pro ha.“

Da steht, dass die Senkenleistung bis vor kurzem kontinuierlich gestiegen ist.
Und das ist halt genau anders als in Ländern mit großen Abholzungen.
In DE gibt es keinen Urwald und auch keine Naturwald mehr. Leider. Und es finden keine Kahlschläge durch korrupte Förster statt.

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Das kann ich mir nicht vorstellen. Halt es aber auch für komplett überflüssig Holz zu exportieren. Auch Eiche aus unserem Spessart landet in Paulo Alto als Schreibtische bei Apple, oder in China. Bin auch dafür das zu verbieten.

Bäume werden wie in Plantagen angebaut, richtig. Das kann man gut in Luftbildern erkennen. Glaube alle 50 m gibt es eine Rückegasse. Das mit den Nadelbäumen zeigt, dass du Diskussionen und Aktivitäten um den Wald überhaupt nicht wahrzunehmen scheinst. Es vergeht kein Tag in dem es um den klimaresistenten Umbau geht

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… quote=„Paul_S, post:3, topic:20624“]

Erbitte dazu Daten. Natürlich wächst Wald nach, sobald man die Finger von der Säge lässt.

[/quote]

Hier die Daten aus der Studie die Ms Marvel verlinkt hat:

Die Wälder in Deutschland gehören mit einem durchschnittlichen Holzvorrat von 358 m3pro ha nach den Wäldern der Schweiz und Österreichs zu den vorratsreichsten in Europa. Sie erreichen vielerorts Werte, wie sie seit vielen Jahrhunderten nicht mehr existierten. Mit 3,7 Mrd. m3Vorrat hat Deutschland den mit Abstand größten Gesamtholzvorrat aller EU-Länder und liegt damit deutlich vor waldgeprägten Ländern wie Schweden oder Finnland. Die Wälder in Bayern haben mit 403 m3pro ha im Vergleich der Bundesländer die durchschnittlich höchsten Vorräte,

quote=„Paul_S, post:3, topic:20624“]

Um nachhaltige Forstwirtschaft geht es. Und zu dieser gelangen wir nicht durch das Verbrennen von (noch mehr) Holz. Im Jahr 2020 war der Holzeinschlag in Deutschland auf Rekordniveau. Mitten in Klimakrise und Artensterben. Nur ein Jahr später wurde dieser traurige Rekord dann 2021 sogar noch getoppt.

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Kann mich nicht erinnern mehr Verbrennung gefordert zu haben. Mir geht es mehr um dein pauschales Bashing. Ich sag es mal ganz pauschal: die Nutzung nachwachsender Rohstoffe wie Holz ist hochgradig ökologisch. Was nachhaltig für den Wald bedeutet hab ich erklärt.

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Das schöne ist, dass Holz, das zum Beispiel zum Hausbau oder für Möbel genutzt wird, sein CO2 weiterhin gebunden hält.

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Das finde ich jetzt aber etwas bewusst aneinander vorbeigeredet. Ich glaube, darüber, dass Wald eine tolle CO2-Senke sein kann, die gesellschaftliche Wertschätzung erfahren sollte, sind wir einer Meinung! Wenn ich aber beschreibe, wie zwischen 2018 und 2020 5% der Waldfläche verloren gingen oder @Discurso1 zu bedenken gibt, dass die Kohlenstoffbilanz der Wälder seit 2018 rückläufig und für 2020 sogar negativ sei, mit einer Statistik zu kommen, die nur bis 2017 reicht, ist von geringem argumentativem Wert.

Das Prinzip der industriellen Übernutzung von Wäldern ist hier das gleiche wie woanders, nicht zwangsläufig die jeweils angewandte Methodik. Mir ist durchaus bewusst, dass in Schweden noch Kahlschlagwirtschaft stattfindet und im Globalen Süden sog. jungfräuliche Primärwälder ausgebeutet werden, die hier so nicht existieren. In Deutschland hat sich eine andere Form der industriellen Forstwirtschaft etabliert, weil es keine großen Urwälder zum Plattmachen mehr gibt. Dass unsere Forstwirtschaft deshalb aber per se fortschrittlicher sei (punktuell gibt es fortschrittlichere Methoden, ja), halte ich für eine seltsame Form der kolonialen Ignoranz. Was unterscheidet das Anlegen einer Ölpalmenplantage in Westafrika von dem Anlegen eines Fichtenreinbestandes im Sauerland? FYI: Die Ölpalme ist ein in den Wäldern Westafrikas heimisches Gehölz. Es sei aber auch darauf hingewiesen, dass die Fokussierung auf die Kohlenstoffsenkenleistung als Maß für den Zustand unserer Wälder eine völlig inakzeptale Verengung der ökologischen Bedeutung von Wäldern ist. In Zeiten des Artensterbens komplexe Ökosysteme ähnlich einer Maschine nach ihrer Leistung beim Absaugen von Kohlenstoff aus der Luft zu betrachten, wird uns in der ökologischen Frage keinen Schritt weiterbringen.

Alle 40m gilt als fortschrittlich. Ohne Zertifizierung sind es häufig 20m Rückegassenabstand. Ich nehme die Diskussionen wahr. Aber Forstschritt kann man nicht allein an der Lautstärke bemessen, mit der die Diskussionen um ihn geführt werden, sondern wesentlich an der praktizierten Veränderung. Wider besseres Wissen werden bis heute Nadelholzplantagen (auf Flächen, auf denen sie einst zusammenbrachen) neu angelegt. Bisweilen sogar mit exotischen Experimenten nordamerikanischer oder asiatischer Baumarten, was ich gar für einen Rückschritt halte. Seit dem Ende des 2. WK hat eine massive Intensivierung und Industrialisierung der Forstwirtschaft eingesetzt, die in den letzten Dekaden noch einmal deutlich angezogen hat. Über 50% der Waldböden Baden-Württembergs weisen in den befahrbaren Lagen heute Verformungsschäden auf, die durch die Befahrung beim Fällen und Abtransport von Stämmen mittels Holzvollerntern („Harvestern") entstehen. Da Harvester in Mitteleuropa in großem Stil erst seit den 1990-er Jahren eingesetzt werden, kann man sagen, dass allein durch die industrielle Intensivierung der Forstwirtschaft in den letzten 30 Jahren ein großer (bzw. der überwiegende) Teil der deutschen Waldböden schwerst geschädigt worden ist. Dass simultan die Diskussion um die richtige Behandlung des Waldes merklich angeschwollen ist, hat für den Wald zunächst keinen praktischen Nutzen.

Diese Daten sagen nichts über die Senkenleistung, sondern allein über die absolute Menge gespeicherten Kohlenstoffes etwas aus. Zu dem Rückgang der Senkenleistung um 30% zwischen 2016 und 2020 habe ich bereits etwas gesagt. Link unten.

Absoluten Holzvorrat pro Hektar (sofern der Holzvorrat nicht einmal in Flächenrelation gesetzt wird, ist der Vergleich aufgrund unterschiedlicher Staatsfllächen völlig obsolet) als Maß zu nehmen, ist aber nicht nur deshalb problematisch, weil selbst eine produktive Plantage einen naturnahen Wald ökologisch nicht ersetzt, sondern auch, weil das willkürliche Nebeneinanderlegen von unterschiedlichen europäischen Ländern die jeweils unterschiedlichen ökologischen Ausgangsbedingungen und damit Zielrichtungen völlig beiseite lässt. In Mitteleuropa bauen natürliche Wälder ohne Probleme Holzvorräte von 800 Vfm und mehr auf. Die 270-400 Vfm in den deutschen Bundesländern sind also ziemlich dünn. Dieses Maß allerdings an die schwedische Taiga oder spanische Pinienwälder anzulegen, die von Natur aus viel weniger Holz anreichern, ist so, als würde man sich bei der Frage nach der ausreichenden Niederschlagsmenge in D an den Verhältnissen in Amazonien orientieren.

Wenn aber bis heute 2/3 des geschlagenen Laubholzes verbrannt werden, ist es dann für die „Nutzung nachwachsender Rohstoffe wie Holz“ nicht zunächst geboten, damit zu beginnen, dieses Holz nachhaltig zu nutzen, statt mehr einzuschlagen?

In Deutschland geschlagenes Laubholz wird hier fast gar nicht auf die von Ihnen beschriebene Weise genutzt. Es existieren auch kaum noch Sägereien, die größere Laubholzstämme verarbeiten könnten! 64% des in D geschlagenen Laubholzes wird verbrannt. Gleichzeitig ist Deutschland Laubbholz-Netto-Exporteur. Kurz gesagt geht also fast alles Laubholz entweder in den Ofen oder nach China bzw. in die USA. Im Jahr 2020 gingen 50,6% des Rohholz-Exportes aus Deutschland nach China. Funfact: China hat 2017 aus Naturschutzgründen ein uneingeschränktes Verbot des kommerziellen Holzeinschlags in allen natürlichen Wäldern verhängt.

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Wie kommst du auf solche Bewertungen? Wieviele Sägereien haben denn in deinem Wohnort zuletzt geschlossen?

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Da kommt das Haus meiner Mutter her: