Umverteilung des Kapitals durch Kurzarbeitergeld?

Liebes Team der Lage,

seit ein paar Wochen verfolge ich mit Interesse und Respekt Euren Podcast. Mir gefällt die Art der Präsentation in Form eines Gesprächs und dass Sie sich Zeit für einzelne Themen nehmen. Weiter so!

Vielleicht darf ich dem Team eine Themen-Anregung ans Herz legen. Mir ist folgendes aufgefallen:

Als die Bundesregierung zu Beginn der Pandemie die Einführung der Kurzarbeit unter leichten Bedingungen ermöglichte, waren die großen Automobil Konzerne mit die ersten, die reichlich Gebrauch von dieser Maßnahme machten und meines Wissens nach auch noch machen.

Kurzarbeitergeld wird aus Steuern finanziert. Steuern zahlen alle Bürger. Nun hat gerade vor einer Woche der Daimler Konzern einen Gewinn von 4 Mrd. EUR für das Jahr 2020 gemeldet und angekündigt, eine entsprechende Dividende an die Aktionäre zu zahlen. Aktionäre sind in der Regel nicht alle Bürger sondern eher die finanziell gut und sehr gut gestellten.

Diese Kette aus Kurzarbeit, dadurch Einsparung von Personalkosten, (teilweise) dadurch ein Milliardengewinn, daher Auszahlung einer Dividende an die Aktionäre sieht für mich aus wie eine systematische Umverteilung von Kapital von den gering verdienenden zu den finanziell ohnehin schon sehr gut gestellten Schichten. Dabei habe ich den Abfluss des Kapitals ins Ausland (ausländische Aktionäre) noch nicht betrachtet.

Meine Anregung oder Bitte: Könntet Ihr dieses Thema einmal mit Eurer Profession und entsprechender Detailtiefe durchdringen und - sollte meine Befürchtung sich bewahrheiten - in Ihrem Podcast bringen?

Herzlichen Dank und mit sonnigen Grüßen,
bleibet gesund!
Robert

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Das ist so nicht richtig.

Kurzarbeitergeld wird durch die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Arbeitslosenversicherung gezahlt. Sie ist aus Sicht der Gesellschaft ein ziemlich „billiges“ Instrument der Arbeitsmarktpolitik. Ohne das KAG würden sehr viele wenn nicht die Meisten der Betroffenen gekündigt werden und Arbeitslosengeld (in ähnlicher Größenordnung) beziehen.

Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind, wenn z.B. aufgrund des Coronavirus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorübergehend geschlossen wird.

Ich gehe davon aus, dass ein Unternehmen dies im Antrag glaubhaft darlegen muss. Und ich weiß, das das die Agentur für Arbeit nachträglich prüft und in der Vergangenheit nicht selten KAG zurückgefordert und im Fall von Missbrauch saftige Bußgelder verhängt hat.

Wg Corona wurde der Zugang zum KAG vereinfacht, indem Deshalb in das SGB III befristet geltende Verordnungsermächtigungen eingeführt wurden, mit denen die Bundesregierung die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld absenken und die Leistungen wie folgt erweitern konnte:

  • Absenken des Quorums der im Betrieb Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, von 1/3 auf bis zu 10 Prozent.
  • Teilweise oder vollständiger Verzicht auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten
  • Ermöglichung des Kurzarbeitergeldbezugs auch für Leiharbeitnehmer.
  • Vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit. Vorher hatte der Arbeitgeber während des Bezugs des Kurzarbeitergeldes die Sozialversicherungsbeiträge weiter zu bezahlen.

Im Übrigen dürfen Arbeitgeber KAG nicht einseitig anordnen.

Mehr über die Vorraussetzungen hier:

Sorry für den beißenden Sarkasmus, aber das funktioniert nicht so, wie Lieschen Müller oder Erna Milchmädchen sich das vielleicht vorstellt: Da entscheiden böse Konzernbisse mal eben, dem Steuerzahler oder den Sozialkasse Milliarden aus den Rippen zu schneiden und in die Taschen der Aktionäre zu scheffeln.

Das sind in aller Regel Unternehmen, die ohne KAG viele ihrer Arbeitnehmer betriebsbedingt kündigen müssten. Wäre das nicht so, hätten sie keinen Anspruch auf KAG!

Die Unternehmen sparen hier gar nix, sondern machen sehr dank KAG weniger Verlust.

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Hallo TRq,
in der Einfachhieit würde ich das nicht unterschreiben, Medienberichte insb. aus dem Automobilsektor sprechen da eine andere sprache (ich denke darauf bezieht sich rawbird):

Ich halte es für eine legitime politische Forderung zu sagen: Wer kurzarbeitergeld bezieht kann keine gewinne ausschütten. Oder auch: Wer Gewinne macht, soll Kurzarbeitergeld zurückzahlen.

Da kann man sicher politisch eine andere Meinung zu haben, aber völlig daneben ist die Forderung denke ich nicht.
Für das Argument ist denke ich auch nicht per se relevant ob das Geld aus Steuergeldern oder den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung gezahlt wird, insb. da die ja nicht ausreichen (Quelle: https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/wegen-corona-rekordausgaben-bei-bundesagentur-fuer-arbeit-beschlossen,SFZZil8 )

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Mit Verlusten meinte ich nicht einen negative Konzernjahresüberschuss, sondern einen Verlust aus dem Deutschlandgeschäft (KAG wird ja nur für deutsche Arbeitnehmer bezahlt). Ich weiß zwar nicht, ob das bei Daimler negativ war. Aber nordbayern.de (ebenso wie die Journalisten anderer Medien, die relativ unreflektiert über die angebliche Widersprüchlichkeit von Dividenden und Konzerngewinnen schreiben oder entsprechend entrüstete Politiker zitieren) machen sich nicht die Mühe, das auszudifferenzieren.

Ja, man kann das Argument aufmachen, dass globale Konzerne, die unter dem konzernweiten, globlen Strich Gewinne machen und ausschütten, erhaltene Corona-Subventionen zurückzahlen müssen.

Aber das Kurzarbeitergeld ist nur in Höhe der gesparten Arbeitgeberanteile eine Subvention für Unternehmen, aber zum allergrößten Teil eben eine Subvention für Arbeitnehmer. Sarkastisch gefragt: Sollen die Arbeitnehmer jetzt zurückzahlen, weil Daimler in China große Gewinne gemacht hat?

Was wäre denn die Alternative? Nun, dann müsste man das KAG so definieren, dass Unternehmen nur dann Anspruch darauf haben, wenn vorübergehend die Arbeitszeiten deutscher Arbeitnehmer massiv eingeschränkt werden müssen (ausbleibende Lieferung, Betriebsschließung aufgrund von Corona-Schutzmaßnahmen, Einbruch der Nachfrage, …), soweit etwaig positive Arbeitszeitkonten und Urlaubsansprüche ausgeschöpft sind - es sei denn, das Unternehmen macht auf anderen Märkten Gewinne. In dem Fall wird dem Unternehmen untersagt, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen.

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Das ist so nicht richtig. Wie du weiter oben selber geschrieben hast, ist das KAG nicht wesentlich höher als das Arbeitslosengeld, dass ein Arbeitnehmer im Falle einer Kündigung beziehen würde, und für das er oft jahrelang eingezahlt hat.

Natürlich ist es trotzdem auch ein Vorteil für die Psyche des Arbeitnehmers und seine Zukunftserwartungen, die Sicherheit zu haben nach dem Ende der Krise wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren zu können. Aber finanziell macht er deutliche Verluste und von „Subvention“ kann da keine Rede sein.

Für den Arbeitgeber hingegen sieht die Sache ganz anders aus. „Betriebsbedingte Kündigungen“ hören sich einfach an, aber in der Praxis wären dann Kündigungsfristen, Abfindungen usw. fällig, in großen Konzernen auch Sozialpläne usw.

Und wenn die Krise dann vorbei ist, ist das eingearbeitete Personal weg und muss erstmal aufwendig wieder gesucht und eingestellt werden. Etliche vormalige Angestellte haben vielleicht mittlerweile andere Jobs oder wollen nicht zum Unternehmen zurück, und dann müssen erstmal neue Fachkräfte gefunden werden, usw.

Zu behaupten, das KAG wäre im Wesentlichen eine „Subvention für Arbeitnehmer“, und den Firmen könnte es relativ egal sein, ob sie nun KAG beantragen oder die Leute alle entlassen, ist daher eine recht merkwürdige Sicht auf die Dinge.

Ja, auch die meisten Arbeitnehmer nehmen sicherlich lieber KAG in Anspruch als sich während Corona einen neuen Broterwerb zu suchen, aber im Grunde wissen wir doch alle, wenn das KAG eine reine Wohltat für Arbeitnehmer wäre und dem Arbeitgeber eher lästig, dann hätte es das in diesem Ausmaß vermutlich gar nicht erst gegeben.

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Ja, bin ganz bei Dir: KAG ist eine win-win-Lösung für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Staat — aber nix, womit profitgeile Manager den Aktionären die Taschen voll machen auf Kosten der Arbeitnehmer, wie hier behauptet

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Das ist richtig, hier war ich einem Irrtum erlegen, sorry.

Was bleibt ist die Tatsache, dass durch die Einführung des Kurzarbeitergeldes die Unternehmen zum Teil massiv Personalkosten sparen, was wiederum einen Einfluss auf ein positives Konzernergebnis hat.

Es landen also am Ende nicht Steuergelder sondern Gelder aus der Arbeitslosenversicherung in Form von Dividenden bei den Aktionären. Ob das eine oder das andere schlimmer ist, entscheide bitte jeder für sich. :wink:

Versteht mich bitte nicht falsch: Ich halte Kurzarbeitergeld in einer Krise für ein hervorragendes Mittel, um die Arbeitsplätze zu erhalten und den Unternehmen teils jahre- oder jahrzehntelang ausgebildete Fachkräfte zu erhalten! Wenn das Instrument allerdings dazu genutzt wird, den Konzerngewinn zu optimieren und die Aktionäre bei Laune zu halten, ist das das falsche Signal.

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Das betroffene Unternehmen hat ganz sicher keine Mittel, hohe Dividenden auszuzahlen.**) Dass das Unternehmen massiv „Personalkosten sparen“ würde, und das auf Kosten der Beitragszahler, dreht die Zusammenhänge auf den Kopf.

Der grundlegende Zusammenhang ist vielmehr: Unternehmen erleiden einen massiven Einbruch ihres Umsatzes (Erlöse). Bei gleichbleibenden Personalkosten würden sie in einen massiven Verlust rutschen und müssten, um eine Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit abzuwenden, Personal entlassen.

KAG erlaubt es, Personal vorübergehend freizustellen (der Staat bezahlt den Mitarbeiter ein Ersatzeinkommen etwas über dem Arbeitslosengeld), um die Insolvenz zu verhindern und gleichzeitig die Mitarbeiter zu halten. Damit werden die existenz-bedrohenden Verluste vermieden.

Wenn das Unternehmen Teil eines Konzern ist, in dem andere Gesellschaften Gewinne machen, kann es sein, dass der Konzern Dividenden ausschüttet — aus den Gewinnen von Unternehmen, die nicht von Kurzarbeitergeld betroffen waren.

Nun könnte man die Forderung erheben, dass, so lange andere Konzerngesellschaften Gewinne machen, die für eine vorübergehende Quersubventionierung dienen könnten, eine Konzerngesellschaft kein Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen darf, wenn ihr gleichzeitig betriebsbedingte Kündigungen untersagt werden. Ob das sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln.

Was auf jeden Fall grundlegend falsch ist, ist …

Solche Vorstellungen entbehren grundlegender Kenntnisse darüber, wie Unternehmen und Sozialstaat funktionieren. Ein weiteres Beispiel dafür, dass grundlegende Wirtschaftskenntnisse*) in der Schule gelehrt werden sollten (und Journalisten nicht über Dinge schreiben sollten, von denen sie ganz offensichtlich nicht die blasseste Ahnung haben).

*) z.B. Umsatz, betriebliche Leistung, Rohertrag, Deckungsbeitrag, variable und Fixkosten, Personal- und Sachkosten, Betriebsergebnis, Jahresüberschuss, Dividende, Rendite, Gewerbe-, Kapitalertrags- und Einkommensteuer! … Das ist alles andere als Hexenwerk, sondern, im Gegenteil, sogar ziemlich simpel

**) Ausnahme: Dividenden für Jahresüberschuss im Vorjahr, wenn die beschließende Hauptversammlung erst in diesem Jahr stattgefunden hat und entsprechende Liquidität zurück gestellt wurde (ich weiß nicht, ob und bei wem so etwas vorgekommen ist).

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Also ich persönlich finde, dass ganze hat schon einen faden Beigeschmack. Und man darf einen Konzern doch nicht nur auf sein Deutschlandgeschäft reduzieren, das ist doch sehr lächerlich in einem Exportland wie unserem. Es wurde oben schon geschrieben, warum massive Kündigungen Daimler auch nicht wirklich geholfen hätten. Außerdem hätte es diesmal keinen Sinn gemacht, da durchaus absehbar war, dass diese Krise auch wieder endet und da Daimler weltweit agiert, konnte man ja gewisse Märkte sowieso schon einplanen, z.B. China. Und so zu tun, als ob die Einsparungen beim AG-Anteil für den Konzern minimal wären, ist schon wirklich nicht zu fassen. Daimler hat durch das KAG definitiv sehr viele Kosten gespart und ich finde, sobald ein Konzernergebnis mit Gewinnen verbunden ist, sollten diese Subventionen zurückgezahlt werden. Das hat für mich wirklich mal was mit Solidarität zu tun. Das KAG ist ein tolles Instrument um durch Krisen zu kommen, es sollte aber nun wirklich keine Möglichkeit darstellen, Unternehmensgewinne zu fördern.

Hallo TRq,

ich schätze Ihre Beiträge sehr, sie sind fachlich fundiert und zeugen meist von Sachkenntnis, auch wenn unsere Positionen wohl weit auseinander liegen. Auch bezüglich des Kurzarbeitergeldes stimme ich Ihnen größtenteils zu, stelle mir aber schon auch die Frage, ob die Möglichkeit für großzügiges Kurzarbeitergeld für große Unternehmen mit weltweit verteilten Produktionskapazitäten (insbesondere in der Automobilbranche) nicht ein Anreiz sein könnte, ihre Werke in Deutschland zuerst runterzufahren, da das Kurzarbeitergeld hier eben maximale Flexibilität bietet.

Unter diesem Aspekt finde ich die Entscheidung der Politik, für langfristige Kurzarbeit den gezahlten Betrag auch noch zu erhöhen, extrem fraglich, da es für Arbeitnehmer durchaus als attraktiv empfunden werden kann (man nutzt seine Zeit dann eben, um das eigene Häuschen zu renovieren…), und somit vermutlich kein Druck durch die Belegschaft entsteht, die Kurzarbeit möglichst schnell zu beenden.

Danke für das Lob.

Und: Das hatte ich ja auch angesprochen:

Darüber kann man reden. Das habe ich aber noch nicht zu Ende gedacht. Mein Bauchgefühl hat da erhebliche Zweifel, die ich noch nicht fundiert begründen kann. Auf alles, was die Wirksamkeit des KAG — die Vermeidung betriebsbedingter Kündigung wegen einer vorübergehenden Notsituation eines Betriebs — einschränkt, sollte man tunlichst verzichten. Ich beobachte schon heute, wie Unternehmer angesichts der Haftung für unrechtmäßigen Bezug von KAG im Hinblick auf Resturlaub und Arbeitszeitkonten zögern, KAG zu beantragen — das aber aufgrund erschreckender Unkenntnis …

Aber ich bleibe dabei, dass Lieschen Müller und Erna Milchmädchen mit ihrer Vorstellung von hinterfotzigen Konzernbossen, die dank KAG auf Kosten der Arbeitnehmer mehr Gewinne machen und die bösen Aktionäre sich die Taschen voll machen, so was von grundlegenden Kenntnissen von einfachsten Zusammenhängen vermissen lassen und von Vorurteilen und Ideologie getränkt sind, das ich das so nicht unwidersprochen habe stehen lassen können.

Hallo TRq,

auch ich schätze Ihre sachlichen Beiträge und respektiere Ihre Einstellung. Was mich aber zunehmend ärgert ist Ihre Wortwahl und der Ton, der von mir - gerade in der Wiederholung - als unpassend und unsachlich empfunden wird.

Da ich die Problematik solcher Foren gut kenne und wir den persönlichen Austausch wohl gerade momentan eher nicht zustande bringen können, möchte ich auf diesem Wege darum bitten, auf der Sachebene zu diskutieren und solche tendenziell polemischen Formulierungen zu vermeiden und sich an die Nettiquette zu halten. Dankeschön.

Hallo @rawbird ,

Ihren Punkt kann ich nachvollziehen und verstehen. Auch ich lege eigentlich Wert auf einen „gesitteten Diskurs’“. Tut mir leid, wenn mein bewusster Sarkasmus / Zynismus als abwertend rüber kam. Ich gebe zu: War er auch. Da ist mein Ärger darüber, dass man trotz eingehender Erläuterung der Zusammenhänge nicht bereit ist, seinen Standpunkt in Frage zu stellen, mit mir durchgegangen. Was aber keine Exkulpation ist. Ich bitte daher um Entschuldigung.

Hallo @TilRq ,
danke, alles gut, Entschuldigung akzeptiert.
Sowas kann im Eifer des Wortgefechts schnell mal passieren.
:slight_smile:

Ich respektiere ehrlich Ihre Meinung und ich kann sehr gut nachvollziehen wie Sie argumentieren. Allerdings habe ich da einfach eine andere Sicht der Auslegung. Ich denke nicht, dass es eine Firma leichter hat mit Entlassungen. Und ich finde es gehört zur Solidarität, dass ich, wenn ich Gewinne erziele keine Krisensubventionen bekomme. Es verursacht mir persönlich nämlich große Bauchschmerzen, wenn auf einer großen Hauptversammlung diese Erfolge zelebriert werden, während Mitarbeiter eben Gehaltseinbußen haben und diese noch durch KAG durch die Arbeitslosenversicherung unterstützt werden. Und gerade die Automobilbranche wird wirklich seit Jahren massiv unterstützt trotz selbst verschuldeter Fehler und Versäumnisse. Da wäre es doch mal schön wenn da auch mal was anderes zurückkäme als immer nur Forderungen.

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Ich kann mich da nur wiederholen:

D.h., die Gesetzeslage für KAG müsste geändert werden:

  1. Unternehmen, die KAG bezogen haben, dürfen im aktuellen und im nächsten Jahr keine Gewinne ausschütten. [Diese Regel bedarf es, weil vor allem Vorstände von Aktiengesellschaften, aber ich glaube auch Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften sich gegenüber ihren Aktionären / Gesellschaftern haftbar machen, wenn sie zum Nachteil dieser auf Gewinnchancen verzichten]
  2. Macht ein Unternehmen, das KAG bezogen hat, und/oder seine Muttergesellschaft(en) im aktuelle oder im nächsten Jahr Gewinne über einem bestimmten Maß, müssen diese bis zur Höhe der Ausgaben des Staats für das KAG dieses Unternehmens an den Staat bezahlt werden.

Vor diesem Hintergrund würden Unternehmen wie die hier erwähnte Daimler AG vermutlich gleich auf KAG verzichten.

Ich fürchte aber, dass ich ziemlich sicher mit diesem Vorschlag gravierende Argumente dagegen übersehen habe. Vielleicht könnt Ihr dabei helfen?

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Hallo zusammen, bezüglich des Kommentars „hinterfotzige Konzernbosse“ möchte ich noch eine andere Perspektive reinbringen. Man sollte das Big Picture sehen und nicht nur einzelne Unternehmen. Meines Wissens speist sich die Arbeitslosenversicherung aus den Beiträgen und nicht aus den Steuern, daher ist es doch wie bei jeder Versicherung ein Nullsummenspiel. Es profitieren einige Konzerne und deren Mitarbeiter und andererseits zahlen das andere Konzerne und deren Mitarbeiter. In Summe ist es nicht so dass die böse Wirtschaft Geld vom Staat wegnimmt und den Aktionären gibt, weil andere Konzerne das ganze Zahlen müssen und ansonsten höhere Gewinne an deren Aktionäre ausschütten. Lasst es mich wissen falls ich etwas übersehen habe.

Hallo zusammen,

ich versuche nochmal meine Befürchtung zu konkretisieren und das bisher hier Zusammengetragene zusammenzufassen.

  • Kurzarbeitergeld (KAG) wird aus dem Topf der Sozialversicherungen (Arbeitslosenversicherung) finanziert.
  • In diesen Topf zahlen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen ein.
  • KAG dient dazu, zeitlich begrenzte Engpässe in der Auftragslage von Unternehmen zu überbrücken, ohne finanziell- oder betriebsbedingte Kündigungen aussprechen zu müssen und anschließend wieder Mitarbeiter suchen zu müssen. Das Know How und die eingearbeiteten Mitarbeiter sollen dem Unternehmen über die temporäre Krise hinweg erhalten bleiben.
  • Mitarbeiter in Kurzarbeit müssen auf einen teils erheblichen Teil ihres Gehalts verzichten, behalten aber, wenn alles klappt (hier gibt es keine Garantie), ihren Arbeitsplatz und haben in Kurzarbeit eine Menge Freizeit. Allerdings müssen sie dem Arbeitgeber kurzfristig wieder zur Verfügung stehen, denn KAG kann kurzfristig auch wieder beendet werden. Insofern gibt es da keine Planungssicherheit und keine Möglichkeit, mal in Kurzarbeit mehrere Tage zu verreisen (ok, ist in Corona Zeiten ohnehin schwierig).
  • Arbeitgeber haben die Möglichkeit, das KAG ihrer Mitarbeiter mit eigenen Mitteln aufzustocken. Diese Aufstockung ist freiwillig.

Unter’m Strich spart der Arbeitgeber, der Mitarbeiter in Kurzarbeit schickt, Kosten ein (im Wesentlichen sind dies Gehälter). Solange diese Einsparung dem obigen Zweck (erhalt der Arbeitsplätze, erhalt des KnowHow, Vermeidung von Verlusten) dient, ist das auch ein sehr vernünftiges und probates Mittel. Wenn der Arbeitgeber jedoch in dem Zeitraum, in dem er in großem Maßstab von KAG Gebrauch macht, ordentliche Gewinne erzielt und diese dann auch noch an seine Anteilseigner (sprich: Aktionäre) in Form von Dividenden weitergibt, halte ich das für eine Umverteilung von Kapital aus den Sozialsystemen (Arbeitslosenversicherung) auf die Konten der Aktionäre. Damit will ich nicht sagen, dass die genannten Arbeitgeber den kompletten Gewinn aus dem Nutzen des KAG gezogen haben. Jedoch ein Teil der Gewinne geht auf die Maßnahme zurück. Ohne Nutzung der Kurzarbeit würden die Gewinne geringer ausfallen und die Dividenden logischerweise dann auch.

Die Umverteilung ist also nicht so extrem, wie ich es anfangs befürchtet hatte. Meines Erachtens findet trotzdem ein Abfluss von Mitteln aus den Sozialsystemen in die Aktionärs-Geldbörse statt.

Ich bin mir nicht sicher, ob sich dieser Effekt auf Heller und Pfennig quantitativ berechnen lässt. Interessant wäre, ob ich an der obigen Zusammenfassung qualitativ noch etwas übersehen habe…

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Hallo PausD:
Zum einen reichen m.E. die Kassen der Arbeitslosenversicherung nicht um alle in der aktuellen Krise auflaufenden Zahlungen zu übernehmen dadurch wird mit Steuergeld aufgefüllt.
Zum anderen sind ja auch Konzerne die sich zu Lasten von anderen Konzernen und deren Arbeitnehmer:innen bereichern (wenn man dass denn so bezeichnen möchte) ein Problem: Wenn Arbeitslosenversicherungstöpfe nicht / weniger gebraucht werden können die Beiträge zum Wohle vieler - auch Arbeitnehmer:innen reduziert werden.

@TilRq.
Ja, Dein vorschlag 2.) fände ich cool und würde ich unterstützen. Wenn Daimler dann aufs KAG verzichtet haben sie es wohl nicht gebraucht → alles cool.

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Hallo Hasenkoettel, Sie haben Recht - notfalls wird der fehlende Betrag im Kurzarbeitergeld aus Steuermitteln ausgeglichen. Sie sollten nur beachten, dass auch Unternehmen wie VW und Daimler große Beträge in diesen Steuertopf einzahlen. Darüber hinaus hat die ausgezahlte Dividende an die Aktionäre und das Kurzarbeitergeld zeitlich nichts miteinander zu tun. Die Dividende welche in 2020 ausgezahlt wurde bezieht sich auf den Gewinn im Jahr 2019. Das Kurzarbeitergeld wird aber einen Einfluss auf den Gewinn/Verlust 2020 haben und dafür steht die Dividende noch nicht fest - wenn es überhaupt eine geben wird. Man kann ja gern über Steuergerechtigkeit und Umverteilung diskutieren … dann aber bitte alle Fakten auf den Tisch legen …