über Trump wird immer gesagt, dass er den „transaktionalen Politikstil“ verkörpert und er somit immer eine Gegenleistung haben will.
Im Zuge dessen sind Zollforderungen & Handelskriege angekündigt worden, oder der Ukrainedeal sollte Rohstoffe gegen Waffen in Verbindung bringen. Diese Deals bekommen auch immer große mediale Aufmerksamkeit und die Seiten werden gegeneinander aufgewogen.
Welche Seite mir gerade fehlt ist folgende:
Was bekommt Trump konkret von Russland?
Ich habe noch keine unterzeichneten Abkommen gesehen, keine Rohstoffdeals mit Unterschrift, keine Zollabkommen. Was gibt Russland an Trump, und zwar konkret und vertraglich gesichert?
Denn die Aufhebung der Sanktionen der USA gegenüber Russland, die Einstellung der Förderung der Ukraine, die Akzeptanz gegenüber der Gebietsansprüche von Russland, der Stopp der Cyberabwehr oder die anderen Zugeständnisse gegenüber Russlands, sind meines Wissens nach bisher einseitig zu bewerten. Die USA geht auf Russland zu, und Trump bekommt bislang nichts.
Ich nehme an, Du willst auf folgende Hypothese hinaus:
Es gibt verschiedene Indizien, die darauf hindeuten, dass Donald Trump plötzlich ohne erkennbare Gegenleistungen einen russlandfreundlichen Kurs verfolgt, weil er möglicherweise durch Russland erpresst wird:
Tatsächlich hatte Trump in den 80ern Jahren „ geschäftliche Interessen“ in Russland. Insbesondere durch Fehlinvestitionen (“Taj Mahal”-Casino u.a.) hatte er damals massive wirtschaftliche Probleme, so dass ihm US-Banken keine Kredite mehr gewährten. Daher wird vermutet, dass er sich an russische Oligarchen wandte, um seine Projekte zu finanzieren (Theorie: Trump verkaufte Immobilien an russische Oligarchen zu überhöhte Preise (Geldwäsche). Trump habe von der Deutschen Bank nur deshalb Kredite bekommen, weil die Bank aktiv reiche Russen für Trumps Projekte interessierte. Es gibt Berichte, dass russisches Kapital über Briefkastenfirmen in Trumps Projekte floss). Laut dem sogenannten Steele-Dossier könnte der Kreml kompromittierende Informationen über Trump besitzen (u.a. Sexvideo aus einem Moskauer Hotel, dubiose Geschäftsbeziehungen) - wurden nie bewiesen[1][2][6].
All das bleibt spekulativ, da konkrete Beweise fehlen.
U.a. Elmar Theveßen (ZDF) vertritt solche Thesen.
Ich will tatsächlich nicht auf solche Vermutungen abzielen. Angeblich will Trump immer Gegenleistungen und diese wurden gegenüber Mexiko, Kanada, Europa, Ukraine klar kommuniziert und es wurde medial begleitet.
Ich sehe aber keine vergelichbare Kommunikation oder vergleichbare „Deals“ zu Russland. Also einfach die offene Frage von meiner Seite, welcher Deal für die Zugeständnisse gegenüber Russland zugrunde liegt.
Russland hat zumindest Rohstoffe angeboten. Aufnahme der wirtschaftlichen Beziehungen generell.
Ggf ist es auch eine geostrategische Überlegung. Russland auf die Seite der USA ziehen, damit China alleine dasteht. Gleichzeitig militärische Konzentration auf China, statt auf 2 „Weltmächte“.
Ob das alles zutrifft und oder sinnvoll ist. Ebenfalls Spekulation.
Diesen transaktionalen Stil legt Trump nur an den Tag, wenn er denkt, dass er den laengeren Arm hat. Aktuell Ukraine: Wenn Selenskyj nicht zu Trumps Konditionen zustimmt, ist die Ukraine Russland mehr oder weniger ausgeliefert. Zudem erfordert Trumps „Einsatz“ keinen Aufwand von zusaetzlichen Ressourcen, sondern im Gegenteil sogar die „Einsparung“ von Ressourcen, die noch fliessen. Also fordert er und fordert er, weil die Ukraine nicht „die Karten in der Hand“ hat, ihm etwas entgegenzusetzen.
Bei Russland sieht es anders aus. Russland hat im Gegensatz zur Ukraine Atomwaffen, und droht auch regelmaessig damit, sie einzusetzen. Ein konfrontatives Einfordern von Transaktionen waere viel komplizierter und wuerde (im Ernstfall) auch mit vielen Risiken und Kosten einhergehen. Trump sieht Russland deswegen als Land mit relativ „guten Karten“, d.h. als jemandem, mit dem man sich am besten arrangiert bzw. bei dem man sich lieber einschleimt … so, wie auch Schulhof-Bullies sich lieber in einer Gang zusammenschliessen. Im Grunde erhofft sich Trump als „Gegenleistung“ von Russland vielleicht staerkere wirtschaftliche Zusammenarbeit, Ressourcen, Unterstuetzung (welcher Art auch immer) bei eigenen territorialen Ambitionen usw. Ueber die Inhalte von eventuellen Verhandlungen weiss aktuell glaube ich niemand was.
Ich persönlich halte diese Idee für eine verheerende Fehleinschätzung von Trump. Trump ist ein narzistischer Vollidiot. Er hat keinen Plan und keinen „transaktionalen“ Politikstil. Insbesondere ist er kein „Dealmaker“. Das ist nur das Image, das er sich selbst geben will. Wir täten mE alle gut daran, ihn als das zu sehen, was er wirklich ist: ein Narzist und Idiot.
Damit erklärt sich auch, warum Trump von Putin keine Gegenleistung für seinen Verrat an der Ukraine erwartet: weil es Trump nur darauf ankommt, irgendwie einen „Frieden“ hinzubekommen.
Erstmal würde ich mich fragen: Ist es wirklich nur Trump oder handelt er nicht im weitestgehend im Sinne der amerikanischen Interessen?
Und es geht ja nicht nur um Gegenleistungen, die Amerika direkt von den Russen bekommt.
Wenn es stimmt, dass die USA ein viel stärkeres Augenmerk auf China legen wollen, dann macht es ja schon mal Sinn, ihr Engagement in der Ukraine zurückzufahren, damit die amerikanischen Waffen und die Militärhilfen (Kredite) nicht mehr in die Ukraine sondern an Taiwan, Süd-Korea usw. gegen können.
Dann würde es auch Sinn machen, dass die USA die Ukraine jetzt mit so viel Getöse fallen lassen, denn damit lässt sich eine europäische Aufrüstung viel besser verkaufen, als wenn die USA weiterhin als zuverlässig und planvoll wirken.
Ich kann mir daher gut vorstellen, dass die USA tatsächlich einfach wollen, dass die Europäer zukünftig allein die Russen in Schach halten sollen. Der atomare Schutzschirm bleibt vermutlich bestehen, aber das konventionelle Militär brauchen sie halt für China, das ja auch gerade eine massive Aufrüstung angekündigt hat.
Auf der wirtschaftlichen Ebene könnte ich mir eher konkrete Zugeständnisse vorstellen:
Der Verkauf des Nordstream 2 - Betreibers an eine amerikanische Firma
Eine mögliche Belieferung der USA durch seltene Erden aus Teilen russisch-kontrollierten Ukraine
Ist aber natürlich auch alles nur Spekulation.
edit:
Vielleicht soll es aber auch nur so wirken. Es gab ja auch schon mal die „mad man“-Strategie der Nixon Regierung um den Vietnam-Krieg zu beenden. (Wikipedia) Vielleicht ist das jetzt einfach die Fortsetzung davon.
Zur Zeit des Kalten Krieges gab es mal den Begriff der „Kreml-Astrologie“. Da wurde sehr viel darüber spekuliert, was die sowjetischen Machthaber für einen Plan haben, welche Strategie sie mit bestimmten Aussagen oder Entscheidungen verfolgen etc. - aber wirklich gewusst hat es nahezu niemand. Etwas Ähnliches gilt m. E. für Trump. Egal ob man ihn jetzt „unberechenbar“, „Narzist“, „Vollidiot“, „transaktional“ oder sonst was nennt: Beobachten lässt sich nur, was er tut (die Ukraine fallen lassen, eine Annäherung an Russland suchen, Europa unter Druck setzen, die NATO schwächen etc. pp.) und mutmaßen, was er noch alles tun könnte. Zu sagen, warum er das alles tut, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt m. E. reine Spekulation.
Nach Euren Kommentaren würde ich dann doch eher die These aufstellen wollen, dass „Transaktionale Politik“ eine mediale und politische Verklärung Trumps ist.
Es ist eine Art „Sanewashing“ für Trumps Absagen an Europa, Ukraine, Kanade etc. die auf diese Weise einen einfachen Grund bekommen. Es ist allerdings kein „transaktionaler Stil“, wenn Anforderungen vordergründig nur dann gestellt werden, wenn Druck ausgeübt werden soll, während andere Partner wie Russland keine Anforderungen bekommen.
Mir fehlt dann auch die Forderung der Medien in z.B. Pressefragen, nach dem Deal mit Russland, wenn andere Partner (EU, Canada, Mexiko) Ihren Deal und ihre Angebote erklären müssen.
Diese Folgerung ist zum aktuellen Zeitpunkt ebenso wenig belastbar wie jede andere Behauptung.
Wir wissen doch gar nicht welche Forderungen Trump hinter verschlossenen Türen an andere Regierungen erhebt. Fordert er von Putin, dass dieser sich gegen China positioniert? Oder hat das sogar angeboten bekommen? Schwebt ihm einfach America First vor? Hat er private Interessen oder wird erpresst?
Wir wissen es einfach nicht und jede Analyse verbietet sich aktuell.
Findest du das nicht etwas drastisch formuliert? Schließlich leben wir in einer Demokratie und wir sollten uns doch wohl eine politische Meinung bilden, oder nicht? Warum sollte der Versuch einer Analyse über die Absichten von Trump da nicht dazu gehören, solange man sich bewusst ist, dass es eben größtenteils Spekulationen sind?
Wie schon gesagt: Warum Trump das tut, können wir nicht wissen und werden wir auch vermutlich so bald nicht. Aber was er tut, können wir sehr wohl beobachten, analysieren und auch bewerten. Und das ist eine drastische Annäherung an Putins Russland auf mehreren Ebenen: 1. Diplomatie (direkte Gespräche, Wiederaufnahme diplomatischer Beziehuneg), 2. Sicherheitspolitik (Übernahme entscheidender Positionen Russlands bei dessen Krieg gegen die Ukraine, Einstellung der Unterstützung für die Ukraine, massiver politische und finanzieller Druck auf die Ukraine), 3. Gesellschaftspolitik (u. a. Abwicklung von DEI-Programmen, Anti-LGBT-Gesetze), 4. Ökonomie (Ankündigung einer Lockerungen von Sanktionen, Berichte über einen Einstieg von US-Unternehmen bei Nord Stream 2) - und das allen ohne eine einzige erkennbare Gegenleistung Russlands.
Natürlich können wir beobachten, analysieren und bewerten. Solange wir die Hintergründe aber nicht genauer einschätzen können, verbietet sich aus meiner Sicht aber eine harte Bewertung oder aber man müsste seine Bewertung auf alle möglichen Thesen abklopfen.
Die Bewertung „Sanewashing durch die Medien“ finde ich dafür unter Berücksichtigung der Unsicherheit doch etwas überbreitbeinig.
Vermutlich ist das nicht gut ausgedrückt gewesen. Natürlich können wir analysieren. Nur für die Bewertung sehe ich noch viel zu wenig Grundlage.
Und selbst das bedeutet nicht, dass ich jemandem verbiete trotzdem zu sagen Trump sei bspw. offensichtlich ein Putin-Bro. Nein, das kann jeder sagen, der es möchte. Ich halte es nur für ziemlich „ungünstig“ (geändert. Mod) Dinge auf Basis von Bauchgefühl allein zu bewerten.
Ich weiß, im Internet ist der Konjunktiv unbeliebt weil nur starke Aussagen Likes bewirken. Dennoch empfehle ich ihn für die Debatte
Was denn nun? Können wir nun bewerten oder nicht?
Ich finde „Putin-Bro“ keine besonders politisch sinnvolle Kategorie. Tatsache ist aber, dass Trumps konkrete Handlungen eine massive Unterstützung für den Kreml sind (wie ich in meinem vorherigen Post ausgeführt habe).
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum du immer wieder behauptest, es gäbe „zu wenig Grundlage“ das zu beurteilen oder dass vorhandene Bewertungen sich nur auf ein „Bauchgefühl“ beziehen würden.
Und ich finde es bemerkenswert, welch unterschiedlich strenge Maßstäbe du an die Bewertung „Sanewashing“ von Trump legst, je nach dem um welches Thema es geht.
Es gibt aber ebenso wenig Grundlage Trumps politisches Handeln „transaktional“ zu nennen. Denn das ist es unter der bestehenden Faktenlage einfach nicht, denn auch die Benennung des Stils als „transaktional“ ist eine Bewertung.
Unter deinen Prämissen kann man aktuelle Politik nie diskutieren, analysieren oder bewerten. Zur Wahrheitsfindung gehört sich das abklopfen, analysieren und diskutieren von Thesen und Trumps Politk als transaktional zu bezeichnen ist ebenso eine Interpretation, wie die These, dass es Sanewashing ist. Und die These des Sanewashings ist nicht frei aus der Luft gegriffen, sondern unter der gegenwärtigen Faktenlage durchaus zu begründen, bis es widerlegt werden kann.
Es gibt Aufnahmen von Trumps Zusammenfassung seines Telefonats mit Putin, in der er betont, Russland und er hätten „schwere Zeiten zusammen durchgemacht“. Ich meine, ich habe den Sound clip bei James O’Brien gehört, finde ihn aber leider auf die schnelle nicht wieder.
Nachdem Trumps Versuch, Selensky zur Rausgabe von Material, dass Trump gegen Hunter Biden hätte verwenden wollen, zu erpressen gescheitert war, gab es eine Untersuchung von Trumps Beziehungen zu Russland und ein erstes Amtsenthebungsverfahren, das - wie wir alle wissen - gescheitert ist. Trump bezeichnet diese Ermittlungen bus heute als Witch Hunt.
Ich würde spekulieren, dass Trump auf Rache an Selensky aus ist, und sich in Weltbild, Führungsziel- und Anspruch, sowie persönlich mit Putin identifiziert.
Außerdem gibt es einen ausgezeichneten Beitrag in der Ezra Klein Show zu Trumps Verlangen nach unbedingter Loyalität oder eher noch Gehorsam, was auch für meine Theorie spräche.
Also zusammengefasst: Was kriegt Trump von Russland? Rache
Dafür bräuchte er Russland aber nicht, da würde es ja reichen, einfach die Unterstützung der Ukraine einzustellen. Aber Trump müsste sich nicht drum „kümmern“, dass in der Ukraine generell die Waffen schweigen.
Durch die Drohung, uns Europäer im Stich zu lassen, hat sich sein Wunsch erfüllt:
Europa rüstet auf und zwar gewaltig.
Günstige Rohstoffe findet Trump sicherlich auch „incredible“, aber ich denke sein Hauptaugenmerk wird Trump bzw. die amerikanische Außenpolitik auf die Lösung Russlands von der chinesischen Seite richten.
Das müsste gar kein Bündnis oder eine echte Partnerschaft sein, es reicht schon wenn Russland sich raushalten würde und die Amerikaner gegen China freie Hand haben.
Quasi der „Molotov-Ribbentrop-Pakt 2.0“ oder eher der „Lawrow-Rubio-Pakt“.