Testpflicht für Unternehmen

Du sprichst mir aus der Seele und ich finde die Argumente sehr gut auf den Punkt gebracht.

Grundgesetz, körperliche Unversehrtheit usw. empfinde ich als Scheinargumente, um vom eigentlichen Thema abzulenken: klare, evtl. unpopuläre Entscheidungen erfolgen Rückgrat und Verantwortungsübernahme. Es gibt unzählige Beispiele, bei denen der Staat aus wesentlich geringeren Gründen in (Grund-)rechte eingreift und interessanterweise hängt die „gefühlte“ Verfassungswidrigkeit oft von der betroffenen Personengruppe ab. Testpflicht für Kinder in Schulen ist nicht grundgesetzwidrig, aber für Erwachsene im Betrieb? Das versteht doch kein Mensch mehr…

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Ich habe das mit den Antigen-Schnell/Selbst-Tests nochmal gedanklich durchgespielt auf Basis folgender Informationen:

  • An 5 von 8 Tagen der Infektiosität ist die Sensitivität der Schnelltests recht zuverlässig.
  • An den restlichen 3 von 8 Tagen schlägt der Schnelltest bei 40-60% der Infektiösen nicht an.

Das heißt: Mit Schnelltest-Screening kann man beim ersten Test 6,5/8 = > 80% der Infektiösen in Isolation schicken, beim nächsten Test die restlichen < 20%.
D.h.,

  1. Nur, wenn Homeoffice aus zwingenden Gründen nicht möglich ist, sollte man nur dann am Arbeitsplatz arbeiten dürfen werden, wenn, regelmäßig ein Schnelltest durchgeführt wird. Andernfalls: Freistellung mit Lohnfortzahlung oder Kurzarbeit.
  2. Je öfter man testet, umso besser,. Denn die 20% nicht Erkannten stecken die Kollegen an!! Am Besten täglich!
  3. Selbst bei täglichem Tests muss Maskenpflicht und Abstand Pflicht bleiben!
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Welche Position haben denn die Berufsgenossenschaften zu Corona. Wenn ein Mitarbeiter sich bei der Arbeit oder auf dem Arbeitsweg infiziert ist die Berufsgenossenschaft in der Zahlungspflicht und wird die Versicherungsprämien für das betreffende Unternehmen erhöhen. Im Infektionsfalle müssen sich die Betroffenen und Vorgesetzten etwa Fragen gefallen lassen: „Was haben Sie getan um das zu verhindern?“ Insofern fühlt sich die Diskussion an wie vor 150 Jahren vor der Einführung der BGs.

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Ist das tatsächlich so?!?

Ja, aber das Problem ist der saubere Nachweis. Ich war lange Sicherheitsbeauftragter und die typischen Fälle der BG sind Arbeitsunfälle: An der Arbeitsstelle wird ein/e Mitarbeiter/in verletzt oder die Verletzung passiert auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Heimweg. In diesen Fällen muß der/die Verletzte innerhalb von 24h ab dem Ereignis einen D-Arzt (Durchgangsarzt), typisch Chirurg/in oder Orthopäde/in, konsultieren um Ansprüche gegen die BG geltend machen zu können. Die Ärzte/innen mit D-Lizenz protokollieren Unfallverletzungen gerne und sofort, weil die ihr Job ist und gut vergütet wird. Wenn Mitarbeiter jedoch zB auf Dienstreisen im Ausland verletzt werden, ist ein/e D-Arzt/Ärztin kaum greifbar, dann sollte der Betroffene Nachweise sammeln um den Zusammenhang der Verletzung und des Dienstes beweisen zu können. Bei Infektionen ist das ähnlich.
Wenn der Beweis gegenüber der BG fehlschlägt, zahlt die Krankenkasse, aber für die Betroffenen ist es viel besser, wenn die BG zahlen muss, weil deren Leistungspaket viel größer ist: es umfasst auch die Reha und die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und nötigenfalls eine lebenslange Rente, falls das nicht gelingt.

Die Interessenlage ist nun so: die BG (Berufsgenossenschaft klingt romantisch, aber ist nur eine Pflicht-Versicherung) zahlt nur wenn sie aufgrund der Faktenlage muß. Ggf. wird sie sich das aber in der Folge mittels erhöhter Versicherungsprämien vom jeweiligen Arbeitgeber zurück holen, weshalb Arbeitgeber häufig keinesfalls Interesse haben, dass es viele BG Fälle gibt.

Seit Einführung der BGs vor ca. 150 Jahren wird durch dieses Prinzip auf die Arbeitgeber finanzieller Druck ausgeübt durch viele Einzelmaßnahmen die Arbeitssicherheit hoch zu halten, damit es wenig Arbeitsunfälle gibt und die Versicherungsprämien, die eben der Arbeitgeber zahlen muß, gering bleiben.

Vernünftige Arbeitgeber bieten daher großzügig Homeoffice und Testmöglichkeiten an …

Ja, das Prinzip der Berufsgenossenschaft kennen ich aus eigener Anschauung gut.

Mir war nur nicht klar, dass eine Ansteckung als Arbeitsunfall gewertet werden kann. Aber ganz so einfach scheint es dann doch nicht zu sein:

Auszug:

Das klingt sehr danach, als würde die BG eher selten eine Infektion im beruflichen Umfeld abdecken.

Da fällt mir nur die Berufsgruppe der Pflegenden ein bzw. Menschen die mit kontaminiertem Material in Kontakt kommen. Ansonsten könnte mit der Missachtung der AHA Regeln argumentiert werden.

Ich bin grundsätzlich ein großer Freund vom regelmäßigen Testen, auch natürlich in Unternehmen. Von einer Testpflicht halte ich jedoch nichts.

Zum Hintergrund: ich arbeite direkt in Stuttgart in der Innenstadt in der Verwaltung einer sozialen Einrichtung. Fußläufig habe ich 3 Testzentren, die kostenlose Tests anbieten. Die Registrierung ist super einfach, es gibt kaum Wartezeit. Diese nehme ich auch einmal in der Woche in Anspruch.

Wenn ich mich nun bei meinem Arbeitgeber testen lassen würde, hätte dies lediglich den Effekt, dass der AG die Kosten für den Test und die Arbeitszeit der Testerinnen sowie deren Schutzausrüstung tragen muss. Kosten, die nicht refinanziert sind und die uns bei der sozialen Arbeit dann fehlen.

Dein Privileg, sich so einfach und unkompliziert testen zu lassen, haben sehr viele anderen Bürger nicht.

Wenn wir Infektionsketten unterbrechen wollen, müssen wir möglichst viele Menschen flächendeckend und regelmäßig testen. Dann werden die symptomlos Infektiösen erkannt, isoliert und diese können keine weiteren mehr anstecken.

Du siehst an Dir selbst: Mehr als 1x die Woche machst Du das auch nicht. Was wir aber nach Meinung der Epidemiologen und Virologen bräuchten, sind 3 Tests pro Woche! Kaum jemand wird den Aufwand auf sich nehmen, 3x die Woche ins Testzentrum zu gehen.

D.h., das Testen muss für alle möglichst einfach sein. Z.B. in den Orten, wo man sich häufig ohnehin befindet. Wenn wir in Unternehmen, Schulen und Kitas regelmäßig testen, finden wir schon mal einen ganz erheblichen Teil der unerkannt Infektiösen. Das wäre eine sehr wirksame Maßnahme, um die Inzidenzzahlen relativ schnell runter zu bekommen.

Ja, Du hast recht. Wenn wir wollen, dass die Arbeitgeber wirklich testen, sollten sie nicht mit zu viel Kosten belasten. Anderseits: Die Arbeitgeber haben ja auch selbst viel davon, wenn unerkannt infektiöse Mitarbeiter erkannt und isoliert werden! Daher meine ich:

  1. Der Test findet außerhalb der Arbeitszeit statt (heißt: Mitarbeiter müssen sich dann halt entsprechend lange vor Dienstbeginn einfinden.
  2. Kosten für Testmaterial und - soweit notwendig - -personal wird vom Staat erstattet. Meiner Meinung nach reichen Selbsttests aus, so dass lediglich Personalkosten für die Kontrolle durch den Arbeitgeber anfallen (wird der Test richtig durchgeführt).

Das stimmt so und ging in meinem Beitrag unter. Natürlich Schaut es ganz anders aus, wenn ich nicht direkt in der Stadt arbeite. Für mich ist es eben weniger Aufwand, schnell ins Testzentrum zu gehen, als mich hier im Büro testen zu lassen.

Ich wäre daher dafür, eben diese Bürgertests mit in die Testpflicht einzubeziehen, das heißt, dass die AG entsprechend weniger testen müssen.

Selbst das ist in manchen, tendenziell immer unterfinanzierten Bereichen wie der Kinder- und Jugendhilfe zu viel bzw. führt dazu, dass evtl. diese Defizite durch (nicht zweckgebundene Spenden) ausgeglichen werden müssen, was sicher nicht im Sinne der Spender:innen ist.

Wie immer und überall gibt es Situationen, auf die die Regeln nicht passen. Mit dem Anspruch, all diese Ausnahmen zu berücksichtigen, dürfte man eigentlich keine Regeln mehr erlassen, weil man gar nicht alle Ausnahmen kennen kann und die Regeln dann viel zu kompliziert werden, als dass sie noch anwendbar wären (von denen wir haben wir schon viel zu viele).

Bin kein Jurist, würde mich aber wundern.
Dazu müßte eine COVID-Erkrankung ein Arbeits- oder Wegeunfall sein.
Wie will man das im Zweifelsfall nachweisen?

Ich fände eine Testpflicht gut, aber sie müßte ja nicht beim Arbeitgeber durchgeführt werden.
Im Landkreis Böblingen, wo ich wohne, kann man sich sogar zweimal wöchentlich kostenlos testenlassen, was ich auch schon oft in Anspruch genommen habe. Man könnte sich ja vorstellen, daß das Ergebnis des Tests im Zentrum einem Test in der Firma gleichgestellt wird.
Eine weitere Idee wäre, daß ein mobiles Testteam die Firmen abklappert und die Tests dort durchführt.

Wenn es eine Pflicht ist, sollte sie auch innerhalb der Arbeitszeit stattfinden und auch bezahlt werden.

Natürlich hätte ich nichts dagegen ca. 20min in die falsche Richtung zu fahren dort dann rund 20 min Test und das selbe nochmal zurück also 2x die Woche 1 Stunde extra bezahlt plus natürlich die Kosten.

Aber ich glaube für die meisten Firmen dürfte es dann doch ein besserer Weg sein man testet gleich vor Arbeitsbeginn.
Würde wohl auch verhindern das Leute aus den verschiedensten Gründen meinen den Test so nicht zu aktzeptieren und trotzdem zur Arbeit fahren.

Den genau diesen Fall habe ich gerade im Bekanntenkreis. Jemand der positiv getestet worde ist trotzdem zur Arbeit gefahren. Vermutlich weil er nicht krank machen wollte, Angst um den Job … ich glaube bei so einem Ergebnis auf der Arbeit und dann direkt von dort alles in die Wege geleitet wäre das ganze schneller geregelt gewesen.

Die werden bei verstärkter Testung aber erst mal hoch gehen.
Was mir zum einordnen der Inzidenz fehlt ist das Verhältnis zu der Anzahl der Tests.

@odbb Hallo Dagmar, siehe meine Recherche dazu:

Dass die Inzidenz keine unproblematische Metrik, verstehe ich. Tatsächlich wird sie aussagekräftiger, wenn man die Anzahl der PCR-Tests sowie der Anteil der Geimpften und durch Krankheit Immunen daneben stellt.

Disclaimer: Allerdings zeigen die aktuellen Zahlen, dass nur ein geringer(er) Teil des Anstiegs der Inzidenz seit Dezember durch vermehrte Tests zu erklären sind.

Das Problem: Es macht den Menschen, die sich weniger mit der Materie beschäftigen als wir, die Sache so komplex, dass sie noch mehr „abschalten“.

Dazu kommt, dass gerade die Covidioten und Egoisten immer wieder auf der Metrik Inzidenz rumhacken. Alleinseeligmachend sollen nur Intensivbetten-Belegung und Todesjahren sein (also die Zahlen, bei denen das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist). Sie ignorieren dabei die klar sehr positive Kausalität zwischen Inzidenz, Intensivbettenbelegungw und Todeszahlen, wobei die Inzidenz einen Vorlauf von 2-4 Wochen hat.

Ich sehe es daher sehr ungern, wenn man mit Diskussionen über die Inzidenz Wasser auf die Mühlen der Covidioten und Egoisten gießt …

Die täglichen Testzahlen gibt es auf der RKI-Seite.
Kann damit jeder für sich ins Verhältnis setzen und seine Schlüsse daraus ziehen.

Hier noch der Link: RKI - Coronavirus SARS-CoV-2 - Erfassung der SARS-CoV-2-Testzahlen in Deutschland

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Lieber Orgel,
ich finde du machst es zu kompliziert, das erscheint mir contraproduktiv.
Mein Vorschlag:
Kauf 5 Tests, stell diese deinen Mitarbeitern und dir selbst zur Verfügung, mach du den ersten Test und du wirst sehen 3 von 4 werden sich gerne testen. Wenn dann einer nicht will, weil er Angst vor Wattestäbchen hat, dann mußt du es ja nicht weitererzählen. So mache ich es in meinem Betrieb auch. Es wird schon keiner zu dir kommen um zu prüfen.
Deine Einwände sind für mich kein Grund es nicht zu tun.
Und warum überhaupt testen? Im Fall des Falles wird eventuell eine Infektion rechtzeitig entdeckt.
Beste Grüße, Ralf

Mit welcher Begründung? Oder auch: Von wem bezahlt?

Findet der Test während der Arbeitszeit statt, zahlt das Arbeitgeby. Warum gerade das? Werde ich in meiner Freizeit getestet, zahle ich mit meiner Zeit. Da wir alle daran interessiert sind, vor Infektionen geschützt zu werden und andere zu schützen, ist das verschieben der Lasten auf die jeweils anderen keine anständige Option. Natürlich kann man die Kosten auch auf den Staat schieben, aber dann muss man bereit sein, entsprechend mehr Steuern zu zahlen oder weniger Schulen, Breitbandausbau, Brückensanierung, öffentlichen Verkehr… in Kauf zu nehmen. D.h. die Kosten kommen wieder zu uns zurück. Und, mal ehrlich, auch das Arbeitgeby, das weniger Gewinn macht, weil es die Tests finanzieren muss, wird später auch weniger Gehälter zahlen können.

Wir brauchen daher eine faire Lastenverteilung, wozu alle entsprechend ihrem Nutzen beitragen. Dann profitiert das Arbeitnehmy, das nicht krank wird, und das Arbeitgeby, dass die Abteilung nicht in Quarantäne schicken muss.