Strommarkt in Deutschland jetzt gescheitert?

Dank Verfassungsgerichtsurteil dürfte uns in Deutschland ja jetzt endgültig das Geld für die preisdeckelnden Subventionen fehlen. Müssen wir das Ganze jetzt umbauen? Ich finde den Artikel in der NZZ sehr erhellend.

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Schön, dass das mal zur Sprache kommt. Ich hab mich beim Betrachten des Agorameters schon öfter gefragt, warum das niemand anspricht. Aus rein nationaler Sicht ist das doch viel wichtiger als das Label „Netto-Importeur“ oder „Netto-Exporteur“. Eigentlich müsste gewissermaßen Frankreich die Erneuerbaren haben (mehr Platz, Wind und Sonne) und Deutschland die AKW.^^

Was der Artikel aus meiner Sicht nicht schlüssig darlegt, ist, warum dieser günstige Strom für die Nachbarländer ein Nachteil sein soll. Solange dort genug Speicherkapazitäten vorhanden sind oder sogar fossile Kraftwerke gedrosselt werden können, ist es doch super.

Die Konditionalität mit dem KTF hab ich nicht verstanden.

Außerdem müssten nach Merit-Order-Prinzip tendenziell 2023 in der Regel als erste Gaskraftwerke, nicht Kohlekraftwerke, abgeregelt worden sein, oder? Kann das jemand aufklären.

Unterm Strich bleibt doch: Wir brauchen flexible Verbraucher, Speicher und Netze sowie bessere Handelssysteme. Und ja, mit der Nutzung vorhandener AKW bis an ihr technisches Lebensende hätten wir es uns einfacher gemacht.

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Der Artikel wirft mehrere Sachen in einen Topf und stellt einiges auch verquer da.

So ist z.B. die Kritik am Atomausstieg deutlich, verkennt aber, dass zu dem Zeitpunkt gar keine Alternative zur Abschaltung mehr möglich war.

Das Folgeproblem wurde vorher geschaffen, da man nicht wirklich für die Zeit danach geplant hat.

Weiteres Problem was zwar anklingt aber nicht ausgeführt wird ist der fehlende Netzausbau.
Man schaut dann nur auf die Gesamtbilanz und verkennt dass z.B. im Norden zuviel und im Süden zu wenig Strom produziert wird, aber Transportkapazität fehlt.

Aber ja ein Umbau des Marktes ist wirklich angebracht.
Zum einen was die Aufteilung in Zonen angeht und auch die Regularien zur Speicherung von Strom um dort einen Anreiz für Kapazitäten in Dtl. zu schaffen.

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Ich finde den Artikel witzig: Man merkt, wie die Atomlobby mit ihren talking points der Realität hinterherstoplpert:

Phase 1: „Windkraft und PV sind viel zu teuer“. Seit ca. 2005 wiederlegt.

Phase 2: „Windkraft und PV können technisch höchstens 5% Strom im Netz erzeugen“. Seit ca. 2010 wiederlegt.

Phase 3: „Aber was, wenn die DUNKELFLAUTE kommt?“ Durch Speicher, Biomasse und Stromhandel seit 2015 lösbar.

Phase 4: „Aber was, wenn ZU VIEL STROM im Netz ist?“ Wenn „zu viel Strom“ unser größtes Problem ist, dann finde ich, dass die Energiewende ganz gut läuft.

Ich freue mich darauf, wenn wir in ein paar Jahren solche Artikel belächeln werden :slight_smile:

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Nun, bei Überschüssen in der Stromgewinnung kann es aufgrund des Marktdesigns der Energiebörsen zu Negativpreisen kommen. Das ist auch nichts Neues (s. Spiegel 2018). Dann liefern wir Strom und bezahlen zusätzlich dafür.
ABER
Dummerweise wird Windenergie überproportional zu Zeiten erzeugt bei denen ein geringerer Bedarf besteht. Das bedeutet das der Effekt der Negativpreise zunimmt. Auf weitere Designaspekte aus dem EEG verzichte ich mal.
Ach ja. In Zeiten in denen Bedarf an Energie besteht wird dann überteuert zugekauft.
Und das ist das Problem.

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Das würde ich als Nebeneffekte der nicht vollendeten Energiewende betrachten. Gäbe es schon Speicherlösungen, hätten wir auch keine negativen Strompreise, da der Strom genau dann eben gespeichert/in Wasserstoff umgewandelt würde. Da die nationale Energiestrategie unter Schröder/Merkel den Ausbau von Speichersystemen in die Zukunft vertagte, um die Energiewende mithilfe der Brückentechnologie Erdgas zu schaffen, haben wir nun die Situation, dass die Erneuerbaren nicht optimal ins System passen.

Bezogen auf Stromexporte/-importe wäre ich eher entspannt. Letztlich ist es der Industrie völlig egal, wo der Strom für Süddeutschland herkommt. Auch wenn es unter Umweltgesichtspunkten sicher gut wäre, wenn das Energie aus Erneuerbaren wäre. Wichtig ist, dass das Netz stabil bleibt.

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Ergänzung: Derzeit hat D geographische Nachteile auf dem Speichermarkt (wenig Potenzial für einfach umzusetzende Pumpspeicher, schon gar nicht dort, wo viel erneuerbare Energie erzeugt wird [wenn auch sicher nicht ausgeschöpft]), das könnte sich aber ändern, wenn man beginnt, synthetische Gase in größerem Umfang u.a. in Salzkavernen zu speichern. Muss man halt auch kräftig dran arbeiten und billig wird’s nicht, außerdem besteht Greenwashing-Potenzial. Aber immerhin.
S. hier und hier.

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Meine Idee wäre ja alte Bergwerkskavernen zu Nutzen.

Da lassen sich im Ruhrgebiet sicher ein paar Möglichkeiten finden um was draus zu machen.

Oder alte Tagebaue. Eine Wand einziehen, eine Seite fluten, die andere Seite nicht.
Ja geht was an Höhenunterschied verloren, aber die Teile sind ja auch ein bisschen größer als ein Gartenteich.

Man könnte auch diverse noch befindliche Wassertürme wieder in Betrieb nehmen und am Ablauf eine kleine Turbine installieren.

Außerdem wären da noch die Kranspeicher die man evtl. in den Türmen der WKA’s unterbringen könnte.

Wie die gesamte Energiewende muss man auch bei Speichern kleinteilig denken und nicht auf die eine Superspeichertechnik warten.

Die wird genauso sicher irgendwann kommen wie die Fusionskraftwerke, möglicherweise später…

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Definitiv, alles spannende Möglichkeiten. Und Verbünde aus alten Autobatterien und stationäre Natriumbatterien und und und. Ich wäre ja schon froh, wenn man es schaffen würde, wenigstens einen beschädigten Pumpspeicher wieder fit zu machen und in Betrieb zu nehmen: Neue Pumpspeicher in Bayern: Lohnt sich das noch? | BR24
Die dort skizzierten Marktbedingungen für Speicher (Spread bei den Strompreisen) dürften sich ja noch deutlich verbessert haben.
In Süddeutschland scheint man aber alles dran zu setzen, dass die Chancen der Energiewende möglichst vorrangig im Norden und Osten genutzt werden…

Vielleicht müssen wir auch mal überlegen, das Ganze als öffentliche Infrastruktur zu betrachten und nicht als etwas, mit dem Profit erzielt werden muss.

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Der größte Unsinn an dem Artikel ist, dass er so tut als wäre Stromerzeugung so etwas wie eine Fußball-Europameisterschaft, wo Nationen gegeneinander antreten.

Pumpspeicherwerke in Österreich kaufen billig überflüssigen Windstrom aus Deutschland und verkaufen ihn dann teurer wieder an deutsche Verbraucher, wenn er gebraucht wird? No, shit. Das ist womit Betreiber von Stromspeichern Geld verdienen. Dafür haben wir einen europäischen Strommarkt und mir als deutschem Stromverbraucher kann es total egal sein, auf welcher Seite welcher Grenze das passiert.

Aber das lustigste ist, wenn sich jetzt beschwert wird, dass erneuerbare Energie zu billig ist. Früher hieß es noch, das wäre alles zu teuer und würde sich nie rentieren, aber wenn es mittlerweile ökologischen Strom (im Schnitt) fast zum Nulltarif gibt, (die Preise sind ja nicht dauerhaft negativ,) dann ist es auch wieder nicht recht.

Und ja, Strom ist in Deutschland vergleichsweise teuer. Kann man sich wohl u.a. bei Leuten wie Söder und der Anti-Stromtrassen-Lobby bedanken.

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Na ja, wenn diese Preisdifferenz am Ende dazu beiträgt, dass der Strompreis in Deutschland höher liegt, und man das dann wieder mit Subventionen ausgleicht (die ja jetzt nicht mehr so einfach verfügbar sind —> BVG-Urteil) ist es auch nicht völlig egal.

Da darf man schon mal fragen, ob vor dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren nicht zunächst in Speicherkapazitäten investiert werden müsste.

Ich lese die Habeckschen Erfolgsmeldungen über den schnellen Ausbau der Erneuerbaren jedenfalls jetzt mit einem lachenden und einem weinenden Auge, solange nicht gleichermaßen Erfolgsmeldungen über den Ausbau der Speicherkapazitäten zu lesen sind.

In den Diskussionen im Freundeskreis ist jedenfalls schon von „Habeckonomics“ die Rede, wenn jemand die Mechanismen des (teilweise von ihm selbst so definierten) Marktes nicht durchblickt und zum Teil das Gegenteil von dem erreicht, was er eigentlich erreichen will.

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Der Strompreis in Deutschland liegt halt nicht daran, dass das Pumpspeicherwerk in Österreich liegt. Das ist völlig normal, dass solche Anlagen in gebirgigeren, niedriger besiedelten Regionen effizienter betrieben werden können, und wenn diese zeitweise Gas aus dem Strommix verdrängen, machen sie den Strom sogar günstiger.

Sondern u.a. daran, dass Deutschland so ein großer, einheitlicher Strommarkt mit nur einer Preiszone ist, und wenn wegen unzureichender Transportkapazitäten im Süden ein Gaskraftwerk angeworfen wird, klettern nach dem Merit-Order-Prinzip dann in ganz Deutschland die Preise.

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Irgendwie beschleicht mich bei diesen Diensten der Daseinsfürsorge (Strom, Heizung, Müll, Wasser, Internet, etc) wieder das Gefühl, dass der Markt doch nicht alles zum Guten richtet.

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Das gilt ja nur für Solarenergie. Wind liegt hinter dem Plan - u.a. wegen Bürokratie und fehlendem Willen in Teilen Süddeutschlands - und könnte den Spread bei den Preisen teilweise mildern. Aber Verbraucher (Wärmepumpen, Elektrolyseure, E-Fahrzeuge), Netze und Speicher werden halt noch vernachlässigt bzw. vehement abgelehnt.

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Nach Österreich kommt der Windstrom - nach Bayern aber wegen fehlender Trassen aber schon? :thinking:

Das wird dann passieren wenn „die unsichtbare Hand des Marktes“ klar macht, dass der Speicher sich lohnt. Also Investitionen sich rentieren.

Kannst du das bitte etwas ausführen und erläutern welche Regeln damit gemeint sind?

Als Bund setzt man aus Wasserstoff und Gaskraftwerke - teuer aber okay. Batteriespeicher kommen mit Altbatterien, wenn es sich rechnet.

Der Markt regelt nie etwas zum Gemeinwohl. Es ist inhärent so ausgelegt, dass Kapital akkumuliert wird bis hin zum Monopol. Wenn wir in der öffentlichen Daseinsvorsorge von Markt reden, reden wir von natürlichen Monopolen (die reguliert sein müssen).
Beispiel:
Warum sollen die Stromnetzbetreiber höhere Renditen erwirtschaften dürfen als die bisherigen? Die Begründung ist, dass sie ihr Geld ja dann woanders gewinnbringender anlegen können. → für ein Unternehmen dessen Aufgabe es ausschließlich ist für die Allgemeinheit eine stromtrasse zu bauen, sollte verboten sein woanders hin zu investieren. Meiner Meinung nach.

Der Artikel ist mal wieder tolles klickbait. Deutschland als Land kann keinen Strom verschenken. Wenn dann wären es die Erzeugenden. Dazu die typische jammerei um die Atomkraft, ohne dann wirklich darauf einigehen, wieso es mit besser sein wollte. Nur weil es nach dem Abschlaten der letzten AKW mehr Exporte zu negativen Preisen gibt, liegt es eben nicht an dem Ausstieg. Das ganze ist so viel komplexer als es pauschal und überwiegend auf die, mit Verlaub, im Vergleich zur Gesamtleistung doch recht wenigen GW AKT schieben zu können. Das Problem der Vergütung wird auch genannt, aber da ist das Problem nicht zu viel EE (worau der Artikel eher abzielt), sondern man kann die Vergütungsmechanismen anpassen.

An sich tut der Markt genau das, was er tun soll. Wenn viele EE da sind, dann wird versucht davon zu profitieren wenn dann in Phasen hoher Preise wieder teuer verkauft werden kann. Der Markt hat wenn dann an anderen Stellen Probleme (Stichwort: Deutschlad in mehrer Marktgebiete aufteilen) aber nicht wegen diesem Mechanismus.

Das gleiche würde ebenfalls passieren, wenn die Speicher aktuell in Deutschland stehen würden. Das Proble mist vielmehr, dass es an anderer Stelle an Anreizen fehlt oder einfach massiver Widerstand gegen Veränderungen (Stichwort Stromnetzausbau) vorliegt. Wie wäre es anstelle über den hier normalen Marktmechanismus zu jammern doch mal anzusprechen, dass es einfach kaum Anrieze gibt in Deutschland felxibel auf eben die Preise zu regieren. Dann wären Verbrauchende dem auch nicht mehr einfach so ausgeliefert. An dieser Stelle ist der endverbrauchenden Markt einfach noch lange nicht gut auf die neue Energiewelt ausgerichtet.

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Nach dieser Tabelle war der Importpreis auch 2022 und davor immer höher als der Exportpreis.
Dies ist also auch kein neues Phänomen, sondern galt auch zu Zeiten mit Atomkraft.

https://energy-charts.info/charts/import_export/chart.htm?l=de&c=DE

Dieses Bild zeigt wie verknüpft der europäische Strommarkt ist.

Um zur Frage zurückzukommen - der Strommarkt ist nicht gescheitert, er ist a. weiter europäisch geworden, spiegelt b. die Veränderungen von zu EE wieder und c. zeigt Verbesserungspotential (eigene Speicher Süden sie günstiger sind als Importpreis von Strom) auf.

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Da muss ich dann doch widersprechen. Der Markt ist grundsätzlich eine sehr effiziente Lösungsform. Wichtig ist, dass er entsprechend reguliert wird. Dann muss es auch nicht inhärent dazu führen, dass es ein Monopol gibt.

Bezogen auf die EE würde ich die These aufstellen, dass wir mit den alten Strukturen in der Energiewirtschaft nicht so weit wären wie heute. Die Anreize durch das EnWG und EEG haben massiv privates Kapital angezogen und einer Vielzahl an Akteuren die Teilnahme ermöglicht. Demgegenüber haben die alten Konzerne wie RWE sehr lange und zum Teil immer noch auf fossile gesetzt. Die kommunalen Anteilseigner von RWE haben diesen Kurs immer mitgetragen und den Wandel damit behindert.

Du musst hier gar nicht widersprechen, sondern stützt sogar meine These. Ein Markt ohne Regularien würde zu Kapitalakkumulation, zur Ausbeutung und zur Entstehung von Monopolen führen.

Es ist wichtig dass Marktdesign dahingehend auszurichten, dass die erwünschten gesellschaftlichen Ziele nicht konterkariert werden. Ich gehe sogar nicht so weit, zu sagen, dass der Markt die gesellschaftlichen Ziele unterstützen muss. Der Markt darf nur nicht allen Kräften freien Lauf lassen.

Natürlich könnte man mit einem ansprechenden Design dafür sorgen, dass wirtschaftliches Handeln sich den gesellschaftlichen Zielen unterordnet.
Hierzu steht dem Staat ein vielfältiges Instrumentarium zur Verfügung: Verbote, Steuern, Vorschriften und Grenzwerte, usw.

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Dann habe ich dich einfach missverstanden. Du hast geschrieben, der Markt regelt nie etwas zum Gemeinwohl. Das hier ließt sich ja dann schon etwas anders und hat vermutlich

Du hast dich weiter oben dann weiter nur auf die natürlichen Monopole bezogen. Daher dann vermutlich das Missverständnis, weil ich es dann so verstanden hatte, dass der Rest gar nicht erst marktlich organisiert sein soll. Mittels der von die angesprochenen regulatorischen Optionen geht das aber und wir dürften uns dann nur noch darüber streiten wie das sinnvoll aussehen kann. Damit können wir dann auch gerne wieder zum konkreten Fall zurückkommen.

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