Es wird wieder diskutiert, ob ausländische Fachkräfte in DE die ersten paar Jahre in Deutschland ein Steuerrabatt bekommen sollen, um die benötigte Einwanderung zu fördern. Schon reden einige über „Inländer-Diskriminierung“, und angesichts der katastrophalen Ergebnisse der Europawahl, die kaum einen Monat hinter uns liegen – und der immer-weiter-verbreitete Ausländerfeindlichkeit-bis-hass… halte ich diese Idee für ein absolutes Eigentor.
Nun, ich bin selber Zuwanderer. Ich bin im April 2021 nach Deutschland gekommen (aus den USA), und (bis ich vor gut einem Jahr eine unbefristete Niederlassungserlaubnis bekam) hab unter der Blauen Karte EU gearbeitet. Das heißt so ungefähr: ich bin genau die Art von Person, die durch solch ein Steuerrabatt angelockt werden sollte. Und ganz ehrlich gesagt, ich frage mich ob es irgendwen in der Regierung gibt, wer jemals mit Zuwander:innen geredet hat, um zu verstehen was für Probleme es im Leben des Zuwanderers gibt, anstatt Scheinlösungen vorzuschlagen die ganz bestimmt nix gutes für den steigenden Pegel der Ausländerfeindlichkeit tun werden.
Was sollte das denn bringen? Wenn man schon die Entscheidung getroffen hat, das eigene Herkunftsland zu verlassen, aber noch nicht entschieden hat wohin man eigentlich umziehen will… naja, wenn Geld bei dieser Entscheidung eine Rolle spielt, dann bringt eine Steuerentlastung rein gar nichts. Für diejenigen, die aus ökonomischen Gründen auswandern wollen, sind die Gehälter in DE vergleichsmäßig schon gut genug, dass es sich lohnt, umzuziehen. Und für diejenigen, die aus reichen ländern wie den USA auswandern wollen, machen Steuern kaum einen Unterschied im Vergleich zu den allgemein niedrigen Löhnen.
Nein, die Probleme, die man als Zuwanderer erlebt, sind genau dieselben wie die Deutschen erleben, nur multipliziert. Die Wohnungssuche ist für Deutsche schon schwierig, für Ausländer noch schwieriger. Die Löhne steigen nicht mal mit der Inflation, und Ausländer:innen werden noch schlechter bezahlt als Deutsche. Die Bürokratie ist sowohl extremst aufwändig als auch nervig und manchmal recht teuer – und als Zuwanderer hat man deutlich mehr Bürokratie aufm Tisch. Einsamkeit in der gesamten Bevölkerung ist immer noch ein großes Problem, und Zuwanderer fühlen sich obendrauf alles andere als willkommen. Und so weiter, und so fort.
Was mich am meisten nervt ist ganz einfach: man hätte etwas vorschlagen können, was sowohl die Lebensqualität der allgemeinen deutschen Bevölkerung verbessert – zB Bürokratie abbauen, Digitalisierung, Willkommenskultur, you name it – als auch die Immigration befördert. Mit ein wenig Muskelschmalz und Kommukation hätte man das sogar mit der Sicht auf Immigration in der Bevölkerung verbinden können, um dabei auch gegen Ausländerfeindlichkeit zu kämpfen. Stattdessen redet man jetzt davon – ausgerechnet jetzt, wenn Geld angeblich so knapp sei und Ausländerfeindlichkeit so weit verbreitet – eine Steuerentlastung nur für Ausländer:innen? Ich versteh’s einfach nicht.