Staatliche Alimentierung d. Kirchen und die Ignoranz des Rechtsstaats

Nicht zwangsläufig, denn je aussichtsloser eine gesellschaftliche Situation (z.B. Krieg, Klimawandel, …) ist desto mehr versuchen die Menschen Halt und Stütze bei einem Gott. Von daher kann das auch wieder hin zur Kirche kippen.

Ich finde dass das kein Grund ist. Wenn mir der Beruf an sich liegt und 1 Arbeitgeber schlecht ist, dann geh ich halt zu einem anderen.

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Caritas und Diakonie zusammen beschäftigen bereits 1,1 Millionen Menschen in Deutschland, dazu kommen unzählige kleinere kirchliche Träger. Als Sozialarbeiter oder Erzieher stellt man schnell fest, dass der Großteil aller offenen Stellen bei konfessionellen Trägern sind. Natürlich kann man sagen: „Musst du dich ja nicht drauf bewerben“, aber wenn die tolle Stelle in dem Bereich, in dem du gerne arbeiten würdest, in deiner Stadt fest in den Klauen von Caritas oder Diakonie ist, ist das schon für viele ein Grund, nicht aus der Kirche auszutreten. Leider.

Als ich mich damals nach dem Studium um Stellen als Sozialarbeiter beworben habe musste ich auch feststellen, dass selbst hier im Ruhrgebiet der Großteil aller Sozialarbeiter-Stellen fest in der Hand konfessioneller Träger sind. Es ist daher nicht nur „ein Arbeitgeber“, sondern ein wesentlicher Teil des gesamten Arbeitsmarktes, der im Falle eines Kirchenaustritts für dich wegfällt.

Diese Situation war in jedem Fall auch ein Grund, warum ich dem sozialen Bereich den Rücken gekehrt habe…

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Leider hat die Kirche dort das Monopol und zwingt so Menschen auch in der Kirche zu bleiben. Arbeitnehmerrechter spielen dort leider auch nicht die gleiche Rolle wie sonst. Meine Schwiegermutter hat damals die Stelle in der Kita bekommen, weil sie noch mit ihrem Mann verheiratet ist und die anderen 2 geschieden sind.

Die Kirche wird mittlerweile von vielen als fragwürdige kriminelle Vereinigung wahr genommen und dann geht man eben nicht zu diesem Arbeitgeber. Da hat @Daniel_K schon gut Stellung bezogen.

Söder will Leistungen erhalten, deren Ablösung das Grundgesetz ausdrücklich in Art. 140 GG (Art. 138WRV) vorsieht. Hier tun sich erhebliche Spannungen zwischen Ländern und Bund auf. Die Ampel arbeitet seit Monaten an einem Gesetz zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen, die derzeit 600 Mio pro Jahr umfassen. Vielleicht kann die Lage hier mal einen Blick drauf werfen?

Doch kann man, hundert wenn nicht tausend Mal in der Geschichte passiert, nennt sich meist Krieg.

Oder willst du wirklich Danzig wieder haben?

Was ist mit all den Menschen die nach der Wende im Osten enteignet wurden, damit irgend ein Anspruch von vor Jahrzehnten eingelöst werden konnte?

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Also sitzt der Staat es seit der Weimarer Republik aus und wartet auf die passende Gelegenheit🤔
Einen Krieg mit Scholz als Bundeskanzler halte ich aber eher für unwahrscheinlich.

Richtig. Allerdings hab ich noch nie davon gehört, dass man im Fall eines Diebstahls oder einer Enteigung statt den Schaden zu bezahlen bis in alle Ewigkeit jemandem Geld zuzuwerfen hat.

Und gerade weil es so lange her ist wäre sicherlich sinnvoll mal ernsthaft Bilanz zu ziehen, wieviel Kohle da geflossen ist und ob etwaige Schäden damit nicht längst abgegolten sein müssten.

Hab jetzt mal geschaut.
Es waren 4,5 Millionen Hektar Land.
Durchgeschnittlich kostet die Pacht für einen Hektar zur Zeit 330€.
Damit würde eine angemessene Vergütung 1,5Mrd € ergeben. Da sind wir weit drunter. Und es wird ja nicht alles als Ackerland genutzt. Da sind mit Sicherheit wertlose Grundstücke, aber auch Immobilien dabei.
Und zu deinem Diebstahlargument: die Verträge wurden ja geschlossen, um den Diebstahl legal zu machen. Jetzt muss sich der Nutznießer des Diebstahls auch daran halten.

Man kann Verträge auch kündigen oder Nachverhandeln.

Was ja mit der Ablösung passieren soll.

Das ist korrekt. Viele hier argumentieren ja aber so, dass es eine Ablösung zu eher symbolischen Preisen (also weitgehend gratis) werden soll, da ja in der Vergangenheit jedes Jahr schon Geld floss. Aber dabei ignorieren sie ganz bewusst und obwohl darauf schon mehrfach hingewiesen wurde, dass die Leistungen an die Kirche bisher eher einer Pacht oder Miete entsprachen, nicht der Tilgung einer (Zwangs-)Kreditschuld.

Ich glaube wenn das hier als Common Sense anerkannt wird, dann sind wir alle schon sehr nah beieinander.

Naja, darauf wies ich ja auch hin, aber genau so weise ich darauf hin, dass die damaligen Eigentumsverhältnisse keine rechtstaatliche Grundlage hatten und damit mMn auch nicht voll schutzwürdig sind. Frankreich hat im Rahmen der französischen Revolution die Kirchen massiv enteignet und keinen Cent Entschädigung gezahlt - gerade aus diesem Grund, weil die Eigentumsverhältnisse als inhärent ungerecht empfunden wurden (mMn zu Recht!).

Ein zu starkes Beharren auf die Verträge von ~1800 ist zudem aus einem anderen Grund problematisch - auf Grund der massiven Macht, die die Institution Kirche zu dieser Zeit noch hatte (so ziemlich das gesamte Volk war relativ streng gläubig, einschließlich derer, die für den Staat verhandelten) kann man unmöglich davon ausgehen, dass hier ein „faires“ Ergebnis am Ende der Verhandlungen stand. Natürlich hat man der Kirche diese Enteignungen massiv vergoldet, vermutlich in einem irrational hohem Ausmaß. Die Frage, ob sich der demokratische Nachfolgestaat als Rechtstaat an einen Vertrag, der auf einer derartigen Grundlage fußt (und noch dazu auf fragwürdigen Eigentumsverhältnissen), muss durchaus gestellt werden dürfen.

Ich bin durchaus nicht dagegen, der Kirche eine angemessene Entschädigung zu zahlen - aber die ist halt wegen der o.g. Gründe eher am unteren Ende des rechnerisch vertretbaren anzusetzen.

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Frankreich könnte also versuchen, den Luisiana Purchase rückgängig zu machen? Der ist schließlich auch von 1803. :slight_smile:

Für das internationale Recht gilt - wie immer - etwas anderes.

Im internationalen Recht muss man akzeptieren, dass dumme Verträge aus der Vergangenheit auch langfristig Bestand haben, eben weil das gesamte internationale Recht darauf basiert, dass alle Parteien sich an ihre Verträge gebunden sehen. Der Grund, warum wir daran nicht rütteln wollen, ist die Friedenssicherung - denn wenn Russland jetzt Alaska oder Frankreich Louisiana zurückfordern könnte würde das im schlimmsten Fall in Kriegsrechtfertigungen enden. Deshalb ist es ja auch so inakzeptabel, wenn Russland die Grenzen der Ukraine nicht toleriert.

Landesinterne Verträge hingegen - wie z.B. die Verträge, mit denen den amerikanischen Ureinwohnern für Glasperlen und Feuerwasser ihr Territorium abgekauft wurde, kann man durchaus kritisieren und Entschädigungen dafür fordern (um mal ein Beispiel zu bringen, wo es in die andere Richtung geht…)

Kurzum:
Im internationalen Recht sind wir eher bereit, auch ein großes Maß an himmelschreiender Ungerechtigkeit um dem Frieden Willen zu akzeptieren.

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Wer sind denn die Beteiligten? Mindestens bei der katholischen Kirche ist das doch keine innerstaatliche Angelegenheit mehr.

Die Kirchen, um die es hier geht, sind m.W. die Körperschaften öffentlichen Rechts in Deutschland.

Aber ich hätte jetzt auch keine Angst vor der Schweizer Garde, wenn der Vertragspartner der Vatikan wäre :wink:

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Tatsächlich wurden die Verträge unter Hinzunahme des Vatikans geschlossen.
Deutschland war im Gegensatz zu Frankreich kein einheitlicher Staat. Napoleon brauchte die Fürsten an seiner Seite. Also entlohnte er sie mit dem Kirchenbesitz, damit sie sich seinem Feldzug nicht entgegen stellen. Damit brachte er die Kirchen und insbesondere den Papst gegen sich auf. Es wurde dann vereinbart, dass der Staat die Kirchen unbehelligt lässt und als Entschädigung für die Gebiete auf Ewigkeit die Gehälter der Bischöfe übernimmt. Für die Kirchen ein gutes Geschäft, mussten andere Kirchen wirtschaftlich arbeiten, hatten die deutschen Kirchen ein zugesichertes festes Einkommen und während andere Bischöfe Spenden werben mussten, konnte Deutschland den Bischöfen Gehälter und Pensionen hoher Staatsbediensteter garantieren.
Immer mehr Bundesländer (die Nachfolger der Fürstentümer) handelten im Laufe der Zeit Pauschalbeträge mit den Kirchen aus, um die Bischöfe aus der Payroll herauszulösen. In vielen Bundesländern erhalten Pfarrer, die jetzt in Rente gehen, deshalb sowohl eine Pension (für die Zeit, als der Staat das Gehalt zahlte) als auch eine Rente (für die Zeit, ab der die Kirchen zahlten).

Oh, wow. Danke für die Aufklärung. Es ist immer komplizierter als gedacht…

Ich hatte dich bei der Aussage auch nicht im Sinn. Ich denke wir sind uns einig, dass der Staat weder exorbitante Summen zahlen sollte, noch absolute Spottpreise diktieren kann.

Was dazwischen gerechtfertigt ist sollte eine unparteiische Kommission aushandeln.

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Welche Besteuerung soll das sein?
Kirchen sind gemeinnützig und damit sind Spenden (nichts anderes ist auch die Kirchensteuer) absetzbar.
Was wurde zuviel bezahlt?
Und das mit dem verscherbeln ist so eine Sache. Die Grundstücke haben die Kommunen ja längst als Gewerbegebiete und Neubaugebiete an die Gesellschaft weiterverkauft.
Die Kirchen, die in Staatsbesitz sind, stehen unter Denkmalschutz und will keiner haben.