Soziale Reformen sind unrealistisch - die Lage sollte realistischer werden!

Wie ich oben schon geschrieben hatte, es geht mir um den Bürokratie-Aufbau der wahrscheinlich daraus entsteht. Hier sind Vergleiche zu anderen Ländern nicht sinnvoll, da die deutsche Bürokratie schon sehr extrem ist. Ich verweise hier mal an die Kindergrundsicherung, welche im Vergleich zu einer Vermögenssteuer ein relativ einfacher Vorgang ist.

Mir geht es nicht um Geheimhaltung oder den Datenschutz.
Irgendjemand muss jedoch die Daten erheben, bewerten und kontrollieren.
Die Finanzämter sind heute schon komplett überlastet und können nicht einmal die heutigen Steuerhinterzieher ansatzweise überführen.
Die Steuerhinterziehung lag in 2019 bei 125 Mrd €!!!

Da würde ich doch mal vorschlagen hier die Ressourcen drauf zu verwenden und 25%-50% von zu holen. Das ist mehr als die Vermögenssteuer bringen kann.

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Es gibt die Vermögenssteuer. Sie ist nur ausgesetzt. War früher also auch möglich. Ist auch bei Bürgergeld-Empfängern möglich.
Das ist nur eine Ausrede.

Ganz einfach: Steuererklärung wie gehabt seitens der Steuerpflichtigen. Plus: Stichprobenartige Kontrollen. Fertig.

Die Steuerhinterzieher müssen natürlich auch verfolgt werden. Das schließt sich nicht aus.

Vielleicht etwas Bürokratie, aber diese Bürokratie rentiert sich.

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Bürokratieabbau dort wo er sinnlos ist genau. Wenn es etwas mehr Bürokratie gibt, da für die Vermögensverteilung aber gerechter wird, finde ich den Bürokratieaufbau sinnvoll. Zumal @Margarete ja beschreibt, dass dies in der normalen Steuererklärung passieren kann und Stichporben geprüft werden wie sonst auch.
Die Steuerhinterziehung wird vor allem auch nicht entdeckt, weil die Stellen abgebaut wurden. Ein Betrieb wird nur alle 10 Jahre einer Betriebsprüfung unterzogen. Das hat auch mit politischem Willen zu tun.
Wenn man weniger Bürokratie bei den Steuern möchte, könnte man ja auch irgendwelche Ausnahmen und Konstrukte zur Steuervermeidung abschaffen, das macht das ganze dann übersichtlicher :wink: Wieso dürfen z.B. 300 Immobilien steuerfrei vererbt werden, 299 aber nicht?

Der Erhebungsaufwand der Vermögenssteuer in Deutschland, als sie noch nicht ausgesetzt war, lag bei 3 %! Das Argument mit dem Aufwand stimmt so also nicht.

Überreichtum beginnt dort, wo Leute von den Erträgen ihres Vermögens mehr haben, also sie sinnvollerweise ausgeben können. Die Grenze ist irgendwo bei 10-50 Mio. zu setzen. Eine Vermögenssteuer von z.B. 1% macht diese Menschen auch nicht ärmer, es verringert nur die Geschwindigkeit, mit der das Vermögen weiter steigt. Die Renditen liegen hier bei 5-10% pro Jahr.

Mehr zu dem Thema gibts hier
Home - Netzwerk Steuergerechtigkeit

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Wenn ich mich richtig erinnere, ist die Vermögenssteuer ausgesetzt, weil Immobilien nicht korrekt bewertet werden konnten und dadurch zu wenig Vermögenssteuer veranschlagt wurde.

Das Problem der Bewertung ist doch noch nicht ansatzweise gelöst. Das gilt übrigens auch für andere Sachwerte wie Kunst.
In den Niederlanden wird die Bewertung aller Immobilien jährlich durchgeführt. Das ist auf eine Behörde ausgelagert, welche ihre Daten von Maklern erhalten. Diese Behörde müsste in Deutschland erschaffen werden!

Ich verstehe einfach nicht, warum dermaßen auf der Vermögenssteuer bestanden wird.
Wie baut sich das Vermögen in den meisten Fällen auf. Durch Kapitaleinnahmen. Warum wird dann nicht der gleiche Steuersatz auf Kapitaleinnahmen wie auf Arbeit genommen. Kein Mehraufwand für die Behörden und ein riesiges Einnahmenpotential.

Dazu sollte die Steuerhinterziehung massiver bekämpft werden. Nochmal 125 Mrd € Potential.

Und zum Schluss eine Erbschaftssteuerreform. Das möchte sogar die Union.
„Ich mache einen großen Unterschied zwischen der Vermögenssteuer und der Erbschaftssteuer. Weil jemand, der erbt, der hat ja nichts dafür getan. Ich finde es fair, wenn wir eine vernünftige Erbschaftssteuer haben und da auch hohe Erbschaftssteuersätze“, erklärt Middelberg.
„Und dann brauchen wir eine effiziente Erbschaftssteuer, die im Erbgang regelt, dass die Leute dann ihre adäquaten Beiträge auch gesellschaftlich leisten.“ sagt Mathias Middelberg, CDU

Erst die einfachen Themen abräumen, dann an die komplexen…

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Findest du es nicht übertrieben, wegen einer Forderung, die ja nicht nur sozial sondern auch ökologisch begründet war, gleich jegliche soziale Reformen als unrealistisch abzutun?

edit: Ist geklärt, hatte nicht alle Beiträge gelesen, danke @flzflz für die Antwort.

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Wobei man schon dazu sagen sollte, dass sie (auch) ausgesetzt wurde, weil das BVerfG hier moniert hatte, dass unterschiedliche Vermögensgegenstände zu ungleich behandelt wurden. Auf die „schwierig zu erfassenden“ Vermögensteile (betriebliches Vermögen, Holdings) wurden faktisch kaum Steuern erhoben.

Die Politik hatte das „gelöst“, in dem sei die Vermögenssteuer komplett ausgesetzt hat. Damit wurden wieder alle Vermögensarten gleich behandelt…

Nichtsdestotrotz ist die karlsruhekonforme Erfassung von betrieblichem Vermögen eine nach wie vor offene Frage und wird bürokratischen Aufwand mit sich bringen. Wenn man sich das Gewürge um die im Vergleich dazu viel einfachere Grundsteuer anschaut, bin ich da wenig optimistisch.

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Yep, aber die Reaktion kann ja wohl nicht sein, die Vermögenssteuer nicht zu erheben, denn das führt ja zu noch viel mehr Ungerechtigkeit gegenüber Menschen ohne mehrere Immobilien…

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In den meisten Fällen einfach durchs Erben.
Ich bin bei dir, dass man die einfachen Dinge zuerst machen sollte, also alles was du sonst aufgeführt hast. Wobei ich zuerst an die Erbschaftssteuerreform gehen würde.
Am Ende von mir aus schauen, ob eine deutlich höhere Erbschaftssteuer die Ungleichheit im gewünschten Maße abbaut und sonst über eine Vermögenssteuer nachdenken. Am Ende ist es politischer Wille und wie die Vermögenssteuer ausgestaltet ist, ob die verfassungsrechtlichen Grundlagen geschaffen werden und wie hoch die Bürokratie ist.
Ich denke aber, dass man rein von der Emotionalität eher etwas bei der Vermögenssteuer umsetzten kann, als beim Erbe.

Etwas zur Vermögensst. wurde hier ab min 43 besprochen. Kunst ist z.b. über Versicherungen bewertbar.
Ungleichheit, Flaute, Sharedeals | WIRTSCHAFTSBRIEFING | 14. Oktober 2024 | Mit Martyna Linartas - YouTube

Wie wäre es mit dem Einheitswert?

Wie wäre es mit Versicherungswert/ Handelswert?

Letzendlich macht die Beantwortung dieser Bemerkungen wenig Sinn.
Wie sagt der Volksmund so schön: „Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe.“

Ausgerechnet die Leute, die eine 100 prozentige Genauigkeit bei der Bewertung von Vermögen fordern, nutzen das dann um das Gespenst des Bürokratiemonsters heraufzubeschwören. Meinetwegen können hohe Freibeträge z. B. 5 Millionen Euro und einfache Bewertung, die tendenziell den Steuerzahler bevorzugen, eingeführt werden.

Eigentlich geht es ja darum, ob :

  1. man eine geordnete Umverteilung durch den Staat möchte.
  2. die Gesellschaft (z. B. Sozialpartner/ Parteien) eine gerechte Umverteilung aushandeln kann.
  3. keine weitere Umverteilung möchte.

Da zweites in den letzten Jahren offensichtlich nicht funktionierte, ist die dritte Variante wohl von der Mehrheit gewünscht.

Zum Hintergrund zur Aussetzung der Vermögenssteuer, Verein „Die Familienunternehmen“ u.s.w.

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So weit würde ich nicht gehen wollen. (Schon in einem früheren Kommentar hab ich erklärt, dass die so drastisch formulierte Überschrift nicht von mir stammt, siehe oben.) Wie gesagt, eine Darstellung, die auf meiner individuellen, subjektiven Erfahrung und Situation beruht. Beispiel: Die Ausweitung des Wohngelds betrifft mich nicht, dürfte aber vielen Leuten geholfen haben. (Dabei handelt es sich im Ergebnis aber auch um eine steuerfinanzierte Subvention für Vermieter.) Trotzdem halte ich meine Situation repräsentativ für einen gewissen Bevölkerungsanteil, dessen Größe man nicht unterschätzen sollte.

Die Frau hat mir nichts getan, ich wünsche ihr persönlich nichts Böses und vielleicht ist sie eine super faire Vermieterin. Weiß ich nicht. Ich fände es im Sinne des viel beschworenen Leistungsprinzips nur gerecht, wenn der ihr zukommende Vermögenszuwachs stark besteuert würde, weil ihm keine von ihr erbrachte Leistung gegenübersteht und er weit oberhalb dessen liegt, was sie als Lebensgrundlage benötigt.

Aus Gerechtigkeitserwägungen fände ich eine starke und vor allem lückenlose Erbschafts- und Schenkungssteuer sogar wichtiger als eine Vermögenssteuer. Denn beim erarbeiteten Vermögen besteht dann immerhin die Möglichkeit, dass es durch Leistung erworben oder - falls es sich um Erbschaft/Schenkung handelt - bereits stark besteuert wurde.

Ob eine ergänzende Vermögenssteuer (nicht mit Einkommen verwechseln) dann bei 10, 20, 50 oder 100 Millionen anfängt, inwieweit Immobilien dort einbezogen sind, ob man das für Unternehmenserben stunden kann etc., ist genau die Diskussion, auf die ich keine Lust mehr habe. Nicht falsch verstehen, ich finde das aus ökonomischer Perspektive spannend. Mangels Umsetzungsperspektive habe ich aber kein Interesse das als Wahlkampfthema zu besprechen. Wenn Grüne/SPD diese Themen einbringen, dann scheint es für mich so, dass die beiden Parteien dafür im Gegenzug Wählerstimmen erwarten, weil Wähler tatsächlich davon ausgehen, dass diese Projekte zur Realität werden und ggf. sich sogar „spürbar“ auf ihr Leben auswirken. Gleichzeitig wissen beide sehr genau, wie unwahrscheinlich das ist.

Nimmt man das Leistungsdogma der FPD/CDU ernst, müssten die sich eigentlich für eine Erbschaftssteuer von 100 % stark machen. Aber wenn hier wirklich eine ernsthafte Erbschaftssteuer diskutiert würde, die wirksam Unternehmensvermögen einbezieht, wird der Bund der Familienunternehmer den Parteien schon deutlich macht, wie der Wind weht. Dass CDU/FDP hier entgegen der zentralsten Interessen ihrer Kernklientel eine wirksame Regelung mittragen, halte ich für ausgeschlossen. Auch für SPD/Grüne waren in der Vergangenheit andere Themen zudem immer wichtiger/besser kompromissgeeignet (E-Auto-Prämie, Renten). Und vor diesem Hintergrund reagiere ich so gereizt darauf. Sie können das ja (gerne!) als Forderungen in ihren Wahlprogrammen festhalten, aber so zu tun, als ob eine reale Hoffnung darauf berechtigt wäre, wirkt m.E. eher negativ.

Gleiches gilt m.E. für eine Mietendeckelung. Nach Beginn des Ukrainekriegs und der drastischen Inflation stieg unsere Miete um 11 %. Ich habe das mit dem VPI-Rechner des Statistischen Bundesamts damals nachgerechnet: Das passte. Damals wurde kurz diskutiert, ob hier eine gesetzliche Anpassung notwendig sei (ich meine die Hamburger SPD hat einen Vorschlag im Bund eingebracht). Daraus geworden ist nichts. Anschließend wurde die Berechnungsmethode des VPI leicht angepasst, was den VPI-Anstieg etwas verringert hat. Immerhin lag dann im folgenden Jahr die Erhöhung „nur“ bei 6 %. Mittlerweile liegt der VPI wieder bei einem erträglichen Level, das kürzt aber niemands Miete, sondern lässt sie nur weniger langsam steigen. Wenn dann das nächste Inflationsevent eintritt, sind alle völlig überrascht. (Nur als Kontext: In meiner Stadt liegt der Anteil der Neuvermietungen mit Indexmiete zuletzt bei ca. 80 %. Umzug ist keine Option.)

Ich kenne noch einen Ex-Kommilitonen, der mittlerweile für die britische Regierung in London arbeitet. Er wohnt in einer WG, weil er sich eine eigene Wohnung nicht leisten kann. Von dort wo er sich eine leisten könnte, müsste er stundenlang rein- und rauspendeln. Die Schmerzgrenze ist in Deutschland noch lange nicht erreicht.

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Das Bundesverfassungsgericht fordert dieses indirekt, weil sonst eine ungleiche Steuerbelastung erfolgt.

Aber sie wegzulassen ist ja wohl der Gipfel der ungleichen Steuerbelastung…
By the way: Wie wird es denn bei der Erbschaftssteuer gemacht? Wird da auch gesagt, es sei unmöglich und dann einfach weggelassen?

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Das ist relativ einfach. Gutachter zur Bewertung. Einmalige Kosten. Die Kontrolle geschieht durch Notar bzw. Testamentsverwalter.
Das ist alles auf Einmaligkeit ausgelegt und die Kosten tragen die Erben.

Das kann man für eine jährliche Bewertung nicht anwenden und die Kontrollfrage ist ebenfalls nicht geklärt.

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Dann machen wir das bei der Vermögenssteuer einfach auch einmalig so. Das muss ja nicht jedes Jahr wiederholt werden :wink:

Und was folgt daraus?

Aus „Reichtum in Deutschland: Warum keine Vermögenssteuer“

„Damals kritisierte das Bundesverfassungsgericht, die Besitzer von Immobilien würden zu wenig Steuern zahlen. Das Vermögenssteuergesetz müsse überarbeitet werden, so die Richter. Daraufhin argumentierte die damalige Bundesregierung von CDU/CSU und FDP, eine Gesetzesreform sei viel zu kompliziert.“

"Barbara Hendricks, die für die SPD ab 1994 im Finanzausschuss saß, erinnert sich im Interview mit ZDF frontal: „Es gab einen ausformulierten Gesetzentwurf zur Vermögenssteuer, der die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes aufgegriffen hat. Und der hat im Bundesrat eine Mehrheit bekommen und ist ganz offiziell dem Bundestag zugeleitet worden.“

„Da ist er liegen geblieben, weil sich die Mehrheit geweigert hat, das Thema aufzugreifen. Das haben die CDU/CSU und die FDP verhindert.“

Barbara Hendricks, SPD

Die eigentlich spannende Frage ist. Haben wir deiner Meinung nach zu viel, zu wenig oder eine gerechte Umverteilung?

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Nein, dass ist nicht die Frage in diesem Forum. Die Frage ist „Soziale Reformen sind unrealitisch - die Lage sollte realistischer werden“
Da muss man doch festhalten, dass eine Vermögenssteuer Wiedereinführung extrem unrealitisch ist.

  1. Ungeklärte Fragen bzgl. Aufwand zu Nutzen
  2. Keine Politische Mehrheit in Sicht (Siehe oben).

Um eine andere Umverteilung in Deutschland herzustellen, gibt es viel einfachere Möglichkeiten, wofür sogar schon politische Mehrheiten erreichbar sind.

  • Erbschaftssteuer
  • Kapitalsteuer anheben auf Einkommenssteuer Level
  • Steuerhinterziehung bekämpfen
  • Klimaschädliche Subventionen abschaffen

Das wird die Vermögenden überproportional treffen und Mrd in den Haushalt einbringen.
Mit den Geldern könnte die Transformation locker bezahlt werden.

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Beim Bürgergeld wird riesiger teuerer Verwaltungsaufwand betrieben, nur um ein paar hundert Euro im Jahr an Zahlungen einzusparen.
Warum? Damit keiner mehr bekommt, als er wirklich benötigt und den Staat nicht betrügt.
Insofern macht eine Vermögenssteuer auch Sinn, wenn sie auch nicht trägt - vor allem solange die Erbschaftssteuer nicht funktioniert. Denn beides kombiniert schafft ein immer größeres Ungleichgewicht.
Aber ich denke, dass sie funktioniert. Mit dem Zensus für die Grundsteuer haben wir bewiesen, dass es geht. Und da die Grundsteuer irgendwann wieder an dem Punkt steht, dass das BVerfG sagt, es dürfen nicht die veralteten Werte von 2023 verwendet werden, wird der Aufwand wieder betrieben werden müssen.
Wir können das also alle 10 Jahre spielen, optimieren und als Nebeneffekt die Grundsteuer an aktuellen Werten ausrichten (wie von der Politik verlangt).

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Danke für den Hinweis, habe ich schon gemacht. Nur für die Vollständigkeit des Rants: Damals haben wir unsere vermietende Erbengemeinschaft kontaktiert und mal höflich nachgefragt, ob da Verhandlungsspielraum bestehe und wie das in Zukunft weitergehen soll. Als Antwort habe ich ein offensichtlich vorbereitetes Schreiben erhalten, in dem stand, dass die Indexmiete auch für Wohnraum eine „politisch gewünschte Gestaltung“ sei. Ich habe ehrlich gesagt keinen Hinweis darauf, dass das nicht stimmt.

In dem Schreiben stand dann weiter, dass auch für die Vermieterseite die Kosten erheblich gestiegen, so sei etwa der Hausmeisterservice, der im Flur alle halbe Jahr mal eine Glühbirne wechselt, teurer geworden. Auf meinen Einwand, dass nicht der Vermieter, sondern ich den Hausmeister über meine ebenfalls steigenden Nebenkosten zahle, habe ich dann keine Antwort mehr bekommen.

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Zur medialen Besprechung:

Vielleicht tue ich der Lage Unrecht mit meiner Kritik. Ich kriege sie nicht in einem kurzen Kommentar „knackig“ formuliert, aber ich versuche es nochmal: Ich finde, dass die diskutierten Reformideen teilweise komplex sind, dabei in der Lage aber immer verständlich erklärt werden und auf viele dazugehörige Fragen eingegangen wird. Insofern finde ich sie als Erklärstücke wirklich gut gemacht. Da aber Mieten-/Erbschaftssteuer-/Vermögenssteuerreform als Nachrichtenthemen der Bundespolitik quasi nicht stattfinden (ggf. einmal im Jahr als Forderung, die dann erwartungsgemäß im Sande verläuft oder nun als Wahlkampfthemen), erschließt sich mir der Grund für die wiederholte Behandlung dieser Themen nicht, jedenfalls nicht als Teil der wöchentlichen Berichterstattung.

Da ich die Lage aber nicht als politisch ultraneutrales Medium verstehe (was keine Kritik ist, für mich ist der Kommentar auch ein Hörgrund), erscheint mir die wiederholte Unterbringung von Themen wie Erbschafts- und Vermögenssteuer eher als Teil der „Aufmerksamkeitslenkung" (edit Mod.), gerade weil sie sonst in den Nachrichten/der Parteikommunikation quasi nicht stattfinden. …

Wenn das eure Motivation sein sollte, finde ich das als Ziel ehrenwert, meine Absicht war allein, dazu einmal meine „gut reaction“ zu teilen: Für mich klingen diese Besprechungen – etwa iRd Interviews mit K. Beck – wie Motivation zur Wahl von Grünen/SPD nach dem Motto: „Wir machen Werbung für eine wirksame Erbschaftssteuer, das verstehen und wollen die Leute dann auch und wählen deshalb rot/grün.“ So simpel ist es bestimmt nicht von euch gedacht, ich kriege aber instinktiv trotzdem das Gefühl, für dumm gehalten zu werden. So als ob ich nun mit grimmiger Entschlossenheit zur Wahl liefe und allen Ernstes erwartete, dass davon auch nur im Ansatz etwas Realität würde. Auch weil zB K. Beck selbst ausdrücklich sagt, dass sich die Grünen in den Koalitionsverhandlungen 2021 dagegen entschieden haben, ohne dass sie daraufhin gefragt wird, wen man dann stattdessen wählen soll. Der Zusatz, dass CDU/FDP eine echte Erbschaftssteuerreform unter keinen Umständen mittragen werden, Merz all das verhindern wird und „uns in die Neunziger zurückführt“ ist zwar frustrierend, aber ich bekomme wenigstens das Gefühl, dass eine realistische Einschätzung der politischen Situation mitkommuniziert wird.

Andererseits: Ich sehe auch ein, dass es grundsätzlich eine positive Formulierung konstruktiver Vorschläge braucht. Und wenn man es häufig genug macht, vielleicht wird es dann irgendwann Realität. Ich komme mir aber schon beim Tippen des letzten Satzes bescheuert vor und kann mir die Erläuterungen sozialer Reformprojekte momentan und vmtl auch in Zukunft einfach nicht anhören. (Den Rest höre ich aber weiterhin gerne und dank Kapitelmarken ist mein Problem ja schnell gelöst. :wink: ).

Edit: Ich habe gerade gesehen, dass meine Formulierung oben durch den Begriff „Aufmerksamkeitslenkung“ ersetzt wurde. Die vorherige Formulierung wiederhole ich hier jetzt nicht, fand sie aber nicht despektierlich und habe das auch klarstellend so erläutert. „Aufmerksamkeitslenkung“ hat eine leicht andere Konnotation, ist für mich im Ergebnis aber okay. Wollte nur den edit-Vermerk oben erklären.

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Auf ein paar Kommentare wollte ich noch eingehen:

Nein, Aufgeben ist sicherlich keine Option. Wenn ich mich beruhigt habe und sachlich darüber nachdenke, finde ich es natürlich auch gut, wenn Ökonomen in den Medien sinnvolle Steuer- oder andere soziale Reformen erklären, auf Einwände eingehen und den interessierten Bevölkerungsteilen Argumente an die Hand geben, die zB am Weihnachtstisch untergebracht werden können.

Wenn aber Regierungsparteien diese Forderungen aufgreifen, sollten sie m.E. sehr, sehr vorsichtig bei der Frage sein, ob und wie sie diese nach den letzten Jahren in den Wahlkampf integrieren. Soziale Reformen fänden – gut erklärt – viele Menschen sicherlich attraktiv, ob man sie Grünen/SPD abnimmt, ist eine ganz andere Frage.

Auslöser dieser Diskussion waren auch die Wahlergebnisse in den USA, daher ziehe ich mal einen Vergleich: In den Volksabstimmungen einzelner Staaten („ballot measures“) haben Wähler häufig für demokratische Positionen, gleichzeitig in der Präsidentschaftswahl aber für Trump gestimmt (zB Missouri: Trump gewinnt, dabei aber Annahme einer Verfassungsänderung pro Abtreibungsrecht, Erhöhung des Mindestlohns, Einführung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall; ähnliche Tendenz in Arizona, Florida). Die Positionen sind also durchaus beliebt, nach den letzten vier Jahren war das Bedürfnis, die gegenwärtige Regierung abzustrafen aber deutlich größer. Wenn die deutschen Regierungsparteien auf Grundlage der gegenwärtigen Stimmung nun erkennen, dass man Wahlen gewinnt, wenn Politik auch und gerade in Krisenzeiten von Wählern „spürbar“ wird und dann soziale Reformprojekte bewerben, sehe ich deutliches Potenzial sich lächerlich zu machen. Was man aus Parteiensicht im Wahlkampf anders machen kann: Weiß ich auch nicht. Die Erkenntnis bestand darin, dass man Stimmen sichert, indem man die Situation seiner Wählergruppen spürbar sichert oder verbessert, während man Regierungsverantwortung hat, nicht indem man anschließend darüber redet.

Etwaige Erklärungen zur Koalition („Dafür gab es keine Mehrheit“), zur Schuldenbremse („mit der FDP nicht zu machen“) oder zu den erreichten Maßnahmen („300 Euro Energiepreispauschale!“) verstehe ich. Das was erreicht wurde, hat für viele (mich eingeschlossen) sicherlich die Belastungen verringert, unterm Strich ist aber vor allem Belastung spürbar. Der Eindruck der letzten Jahre ist - nach meiner rein subjektiven Erfahrung - viel zu groß, um ihn durch ein paar Erklärungen oder Slogans wettzumachen. Wie gesagt, meine Wahlentscheidung wird das gegenüber 2021 nicht ändern und ich weiß, dass meine Situation zB unter schwarz-gelb vermutlich noch schlechter wäre. Ich gehöre aber im Bevölkerungsvergleich – wie vermutlich viele hier im Lageforum – zu einer hyperinteressierten Minderheit. Und trotzdem merke ich, wie mich das mittlerweile emotional anfasst und wie ich schlicht keinen Bock habe, an irgendeinem Sonntag bald wieder zur Wahl zu latschen. Ich habe „nur“ ein Magengrummeln und gehe trotzdem, einige haben zwischenzeitlich sicher abgeschaltet und bleiben zu Hause und wer vor Wut komplett den Verstand verloren hat, der wählt halt die Nazis.

Selbst in meiner politisch eher wenig interessierten, grds sozialliberalen Bubble sehe ich die Anfänge davon: Ein Bekannter meinte letztens, wenn er ausschließlich auf sein Eigeninteresse schauen würde, dann müsste er demnächst AfD wählen, die würden immerhin die CO2-Bepreisung kippen. Es war wohl keine ernste Wahlabsicht und ist natürlich inhaltlich Quatsch und moralischer Abgrund. Aber der Gedanke ist da und geht durch „Wir von der SPD waren 22 der letzten 26 Jahre in Regierungsverantwortung und sorgen jetzt aber wirklich dafür, dass deine Steuerlast sinkt“ nicht weg.

Zumal selbst das nur ein Versprechen marginal sinkender Belastungen wäre und fernab einer positiven Vision liegt. Schon den Versuch einer Formulierung von echter, glaubhafter Perspektive für Normalverdiener-Haushalte (finanzierbares Familienleben und vorhandene, verlässliche Betreuungsmöglichkeiten, bezahlbares Wohnen, Bildungsaufstieg, Sicherung im Alter etc., kurz: Rahmenbedingungen zur Selbstverwirklichung) übernimmt niemand mehr. Und das obwohl gerade in urbanen Räumen der vorhandene Reichtum so offensichtlich ist und so deutlich wird, dass es sich nicht um ein allgemeines Ressourcenproblem, sondern für viele um bloßes, individuelles Pech bei der Verteilung handelt.

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