Der CO2 Handel an sich wird ja auch nicht kritisiert. Es geht darum, dass er ihn falsch darstellt. Bzw den Kohleausstieg.
Zumal ich mich frage, ob die Menschen so vorausschauend in ihre Häuser jetzt schon eine klimaneutrale Heizung einbauen würden, weil sie sich die Kosten für CO2 in x Jahren ausrechnen. Wobei der Preis nichtmal bekannt ist. Da habe ich so meine Zweifel.
Ich kenne sogar das Gegenbeispiel, wo jemand gesagt hat, da alle anderen umsteigen werden, wird die Nachfrage sinken und bei gleich bleibendem Angebot wird dann der Preis fallen, was den Preisanstieg durch das CO2 wieder ausgleichen würde.
Von der Grundidee ist das ja auch erstmal nicht falsch. Wenn die Nachfrage sinkt und das Angebot gleich bleibt.
Mit sinkender Nachfrage wird dann aber auch irgendwann das Angebot sinken und es fallen Skaleneffekte weg. Wenn sich immer weniger Leute die Infrastruktur teilen, aber die Fixkosten für die Infrastruktur gleich bleiben, erhöht sich der Beitrag für den einzelnen.
Auch der Import der Ressourcen wird pro Kopf immer teurer.
Es sei denn, der Staat interveniert und verteilt Kosten per Gaspreisbremse auf die Allgemeinheit. Da diese Karte bereits gespielt wurde ist es kein völlig abwegiger Gedanke, dass das in Zukunft wieder passiert.
Dieser Mechanismus war mir bisher tatsächlich nicht bekannt. Nach meiner Recherche hat es bislang noch keine Löschung von Emissionszertifikaten gegeben, da Deutschland und die Europäische Kommission noch über die genaue Methodik streiten (Quelle: FAZ). Dennoch scheint grundsätzlich auch durch die KOM anerkannt zu sein, dass der Mechanismus grundsätzlich funktionieren kann. Daher revidiere ich meine Argumentation zum Kohleausstieg in diesem Punkt.
Allerdings bleibt ein entscheidendes Problem bestehen: Nationale Maßnahmen, die keinen vergleichbaren Mechanismus zur Löschung von Emissionszertifikaten implementieren, führt die nationale Stilllegung von Kohlekraftwerken nicht automatisch zu einer tatsächlichen CO₂-Reduktion. Durch die Funktionsweise des EU-Emissionshandels könnten die ungenutzten Zertifikate einfach von anderen Marktteilnehmern verwendet werden. Zwar gibt es die Marktstabilitätsreserve, die überschüssige Zertifikate sukzessive vom Markt nimmt, doch diese bewirkt keine unmittelbare und vollständige 1:1-Reduktion der Emissionen.
Mein zentraler Punkt ist daher: Die politische Debatte über die Reduzierung von CO₂-Emissionen sollte sich in erster Linie auf eine Reform des EU-Emissionshandels (konsequente Fortsetzung EU-ETS I und Einführung EU-ETS II) konzentrieren.
Gesetze wie das Heizungsgesetz und andere kleinteiligere ordnungspolitische Maßnahmen sollten nicht Klimaschutzmaßnahmen bezeichnet, sondern vielmehr als Anpassungen an die Reduktionspfade des EU-ETS verstanden und entsprechend diskutiert werden.
Ja dazu gibt’s auch Studien und ich meine jetzt sind die Verteilkosten für Gas schon gestiegen. Das kann man irgendwann nicht mehr finanzieren. In der Übergangszeit mag das klappen. Auf sinkende Gaspreise würde ich aber nicht wetten.
Ich möchte noch eine ganz andere Meinung einbringen. Diese Maßnahmen sollte nicht als Klimaschutz, sondern als
Menschenschutz (Egoistisch gesprochen stört mich das CO2 nicht so, aber die schlechte Luft mit dem Feinstaub und den ganzen Schadstoffen)
Als finanzpolitische Maßnahmen (Erneuerbare sind einfach wesentlich preiswerter, Stichwort ~100 Mrd/Jahr für Energierohstoffe)
verstanden und diskutiert werden.
Aber genau dafür gibt’s es ja nationale Klimaziele je Sektor die einzuhalten sind und die bei Überschreitung zu strafen führen. Wenn jetzt ein Land mehr emittieren möchte als geplant, müsste es auch Klimaziele anpassen, dies von der Kommission genehmigen lassen oder Strafen zahlen.
Ist aus meiner Sicht kein Selbstläufer.
Sehe vom wording nicht so den Unterschied ob etwas Klimaschutz direkt bringt oder zur Erreichung von Emissionszielen beiträgt. Dein Fall tritt ja nur ein, wenn über das GEG mehr CO2 gespart wurde, als Emissionen zulässig waren. Zumal der konkrete Austausch einer Gasheizung zu einer Wärmepumpe eben konkret CO2 spart im Gegensatz zu einer Zertifikatemenge, die überschritten werden darf, siehe oben.
Das „Heizungsgesetzt“ was eig Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer
Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden*
(Gebäudeenergiegesetz - GEG) heißt, heißt eben auch nicht „Klimaschutzgesetz im Gebäudebereich“. Man könnte jetzt noch „zur Reduzierung von Emissionen zur Erreichung der im EU Reduktionspfad vorgesehen Sektorziele im Gebäudebereich ergänzen“, ok
Stattdessen müsste meines Erachtens viel stärker betont werden – und hier sehe ich auch eure Verantwortung –, dass die wirklich entscheidenden klimapolitischen Maßnahmen auf europäischer Ebene getroffen werden. Besonders wichtig wären die Verabschiedung des EU-ETS2 sowie eine ambitionierte Reduktion der Zertifikatemenge in der kommenden Handelsperiode des ETS1.
Es wurde bereits richtig angemerkt, dass freigewordene Zertifikate in der Regel gelöscht werden. Allerdings gibt es hier oft ein Missverständnis: Viele gehen davon aus, dass Deutschlands Verantwortung für den Klimaschutz gering sei, weil wir nur für etwa 2 % der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich sind. Doch das greift zu kurz:
Unsere tatsächlichen Emissionen sind höher, weil wir viele CO₂-intensive Prozesse ins Ausland verlagert haben und die Produkte dann importieren.
Deutschland ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Unsere CO₂-Emissionen pro Kopf sind sehr hoch – weltweit etwa auf Platz 11.
Und vor allem: Niemand sagt, dass wir den Klimaschutz allein stemmen müssen. Es ist eine gemeinsame Aufgabe – genau dafür gibt es das Pariser Klimaabkommen von 2015. Fast alle großen Volkswirtschaften haben sich einem Reduktionspfad verpflichtet. Die entscheidende Frage ist also, ob wir diese Verpflichtungen auch wirklich einhalten. Momentan sieht es leider nicht so aus.
Um das zu konkretisieren. Die Forderungen nach „eurpäischen Regelungen“ sind mit Paris 2015 bereits umgesetzt. Und das nicht nur im europäischen Maßstab - sondern im globalen. Jetzt müssen wir es nur noch umsetzen.
Das heißt natürlich nicht, dass nicht auch insbesondere auf EU-Ebene wie EU-ETS2 ambitioniert weiter verfolgt werden muss - absolut nicht. Es gibt m.E. kein „entweder oder“ - sofern nur ein „und“. Es befreit uns in jedem Fall nicht von der Pflicht, auch national ambitioniert voranzuschreiten (was btw. auch aus volkswirtschaftlichen Überlebenswillen selbstverständlich sein sollte)
Der Emissionshandel legt eine feste Obergrenze für den CO₂-Ausstoß in der EU fest. Jedes Unternehmen, das CO₂ emittiert, muss dafür ein Emissionszertifikat erwerben – doch die Anzahl dieser Zertifikate ist begrenzt. Diese Begrenzung bildet den sogenannten „Deckel“, der die maximal erlaubten Emissionen definiert.
Um die Emissionen stärker als bisher geplant zu senken, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder man senkt den Deckel gezielt und reduziert die Zahl der verfügbaren Zertifikate schneller als bislang vorgesehen, oder man entzieht dem System aktiv Emissionszertifikate, sodass sie nicht mehr genutzt werden können. Letzteres geschieht beispielsweise im Rahmen des Kohleausstiegs, indem die Zertifikate der stillgelegten Kraftwerke aus dem Handel genommen werden. Beide Ansätze haben das gleiche Ziel: die CO₂-Emissionen innerhalb des EU-ETS langfristig zu verringern.
Einfache ordnungspolitische Maßnahmen wie das Heizungsgesetz haben dagegen keinen direkten Einfluss auf dieses System. Wird beispielsweise durch den Umstieg auf eine Wärmepumpe weniger CO₂ emittiert, bleibt die Gesamtmenge der Zertifikate dennoch unverändert. Die Zertifikate, die zuvor für den Betrieb einer alten Gasheizung benötigt wurden, werden dadurch frei und können von anderen Marktteilnehmern genutzt werden, um an anderer Stelle mehr CO₂ auszustoßen. Die Emissionsreduktion erfolgt somit nicht auf gesamtwirtschaftlicher Ebene, sondern lediglich als Verschiebung innerhalb des bestehenden Systems.
Das Problem ist aber der zeitliche Horizont. Wenn wir 2045 klimaneutral sein wollen, haben wir noch 20 Jahre Zeit.
Wenn wir z.B. Heizungen jetzt nicht anfangen umzubauen, weil es ja wegen geringen CO2-Preises noch gar nicht „wirtschaftlich“ ist, dann haben wir irgendwann nur noch ein paar Jahre Zeit, um ALLE Bestandsanlagen auf einmal umbauen. Das werden wir wegen fehlender Kapazitäten nicht schaffen.
Ich stimme dir zu und ich will ja überhaupt nicht, dass keine nationalen Maßnahmen ergriffen werden. Die Zielrichtung ist aber eine ganz andere. Es geht darum, die Menschen vor ihrer eigenen Unwissenheit zu schützen und um einen regelmäßigen Übergang zu ermöglichen. Das ist aber eher ein volkswirtschaftliches bzw. ein auf Verbraucherschutz ausgerichtetes Argumente.
Nach meinem in diesem Thread gewonnenen Verständnis gilt das nur für den Kohleausstieg wegen § 8 Abs. 1 S. 1 TEHG. Maßnahmen wie die Klimaneutralität bis 2045 oder die Reform des GEG, die zu einer Verringerung von Emissionen führen, führen nicht unmittelbar (Ausnahme Sondereffekte aus der Marktstabilitätsreserve) zu einer Verringerung der verfügbaren Emissionszertifikate im EU-ETS, oder lieg ich da falsch?
Wie du selbst festgestellt hast, sorgen die „nationalen Maßnahmen“ dafür, dass der Prozess geordneter abläuft. Dadurch sorgt es für mehr Stabilität und verhindert, dass das ETS daran scheitert, dass Leute sich verspekulieren oder bestimmte Bevölkerungsgruppen überfordert sind. Das verhindern des Scheiterns des ETS ist Klimaschutz!
Deutschland kommt durch die „nationalen Maßnahmen“ in eine bessere Verhandlungsposition, in Europa und in der Welt. Das ist Klimaschutz!
Deutsche Nachfrage fördert weltweiten Klimaschutz. Beispiel Solarzellen, bei denen Deutschland einen großen Anteil an deren Erfolg hatte. Das ist Klimaschutz!
Du gehst davon aus, dass alle anderen nichts machen und nur Deutschland was macht. Das ist falsch, wenn mehrere Länder „nationale Maßnahmen“ machen ist das Klimaschutz!
Auch wenn es noch nicht feststeht, kann die EU Zertifikate löschen, wenn es merkt, dass nicht genug abgefragt wird (ich glaube das passiert sogar schon)
Hier hast du schon wieder ein schlechtes Beispiel gewählt. Heizöl und Erdgas sind Teil des ETS-II das erst ab 2027 beginnt. Das heißt hier helfen „nationale Maßnahmen“ immer noch direkt
In Mannheim hat der lokale Versorger schon den vorzeitigen Ausstieg aus der Gasversorgung angekündigt, weil die Erhaltung des Netzes bei immer weniger Abnehmern zu teuer wird.
Löscht die EU ETS Zertifikate wenn zu wenig nachgefragt wird?
Ja, die EU löscht überschüssige Emissionszertifikate, wenn die Nachfrage zu gering ist. Dies geschieht durch die Marktstabilitätsreserve (MSR), ein Mechanismus, der Überschusszertifikate aus dem Markt entzieht. Liegt die Überschussmenge über 833 Millionen Zertifikaten, werden 24 % davon in die MSR überführt. Wenn die MSR jedoch zu voll wird, werden diese Zertifikate dauerhaft gelöscht[1][3][5].
Dieser Prozess soll das Angebot verknappen, Preisschwankungen vermeiden und langfristig die Klimaziele der EU unterstützen[3][5].
Aber es gibt ja die Degression, die jährlich 2.2% der Zertifikate aus dem System nimmt also müssen auch irgendwo Emissionen reduziert werden, z.B. durch einen Austausch der Heizung. Wenn du jetzt alle Zertifikate auf 0 setz wird ja nicht automatisch kein CO2 mehr emittiert. Es gibt dann Strafen. Aber es wird weiter emittiert.
Dein Argument, dass woanders die Emissionen auftreten gilt nur, sofern wir mehr einsparen, als über die Degression vorgesehen. Aber dann kann das Löschen beantragt werden. Also wieder alles gut. Ist mittlerweile auch auf EU Ebene vorgesehen und nicht nur im Kohlegesetz Deutschlands
Durch das GEG (und vergleichbare Maßnahmen wie z.B. im Verkehr) erhöhen sich weder die Zertifikate (die von anderen genutzt werden könnten), noch reduziert sich unmittelbar die Anzahl der Zertifikate. Hintergrund ist, dass der Gebäudesektor aktuell nicht am Zertifikatehandel teilnimmt.
Wenn viele von Gasheizung auf Wärmepumpe umsteigen, steigt jedoch der Strombedarf. Und dieser wird auch teilweise in fossilen Kraftwerken produziert, die wiederum dem Zertifikatehandel unterliegen. Somit könnte man argumentieren, dass mit dem Umstieg die verfügbaren Zertifikate sogar knapper werden…
Ergo:
Die Lindnerschen Aussagen, dass andere die in Deutschland eingesparten Zertifikate „verbrennen“ können - so wie im Eingangspost dargestellt - ist nicht korrekt. Es kommt immer drauf an a) wer genau die Emissionen einspart b) unterliegt der dem Zertifikatehandel und c) was passiert mit den frei gewordenen Zertifikaten.
Ab 2027 ändert sich natürlich die Situation. Aber bei einem aktuellen CO2-Preis-Forecast von etwa 200 €/t wird das GEG ab dann wohl nicht mehr benötigt. Zu diesem Zeitpunkt wird sich niemand mehr für eine Gasheizung entscheiden… es sei denn, es gibt weitere Anpassungen an den Gesetzen oder im System