Sind wir zu naiv beim Glauben an das Gute in der Welt?

Ein vielleicht abstraktes Thema.

Aber wenn man sich aktuell die Kriege in der Welt anschaut, besonders Ukraine und Israel, dazu die Gewalt gestern in den Niederlanden und Berlin, dazu die politischen Entwicklungen (Trump, Ampel-Aus, …), stellt sich mir eine Frage:

Sind wir zu naiv ? Zu optimistisch hinsichtlich der „menschlichen Vernunft“?
Wollen wir zu sehr an das Gute im Menschen glauben?

Ich bin ja von Natur aussein sehr optimistischer und offener Mensch.

Doch es stellt sich immer öfter die Frage, ob wir nicht Realitäten besser wahrnehmen müssen?

Das unsere Gesellschaften mehr Defizite haben als wir wahrhaben wollen?

Müssen wir unser Miteinander überdenken?

Wie kommen wir überhaupt in diesen Zustand einer friedlichen, vorurteilsfreien Gesellschaft? Ist das zudem überhaupt möglich?

Mal nur als philosophischer Gedanke.

Freue mich auf positive motivierende Antworten. :worried:

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Wer ist „wir“? Ich lass mir ja viel vorwerfen, aber zu viel Optimismus hat noch nie dazugehört, erst recht nicht nach dieser Woche.

Ich halte es prinzipiell immer eher mit Heiner Müller: Optimismus ist Mangel an Information.

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Ok, der sitzt :wink:

Anders ausgedrückt, hoffen weite Teile der Gesellschaft einfach darauf, das ja schon alles gut wird, aber mit der Intention sich selbst weitgehend rauszuhalten?
(Die vielen positive. Ausnahmen ausdrücklich erwähnt)

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Vermutlich ja. Das entspricht ja auch der Lebenserfahrung der meisten heute Erwachsenen in den westlichen Demokratien. Auch das hilft den Rechtsextremisten: es kann und will sich niemand vorstellen, was es bedeutet, wenn die einmal die Macht haben.
Und wenn es dem demokratischen Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis.
Vielleicht positiv: seit Berlusconi 2 hab ich im positiven immer falsch gelegen mit „den können die doch nicht wählen“. Vielleicht kenne ich mich einfach nicht so gut aus, wie ich glaube und es wird jetzt umgekehrt alles nicht so schlimm, wie ich erwarte… sorry, positiver kann ich grad nicht :see_no_evil::person_shrugging:

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Um mal etwas von mir zu abstrahieren: In meinem persönlichen Umfeld eher den Eindruck, dass die Leute sich stark ins Private zurückziehen, weil sie die Welt immer schrecklicher finden, aber immer weniger Aussicht/Hoffnung haben, dass sich etwas zum Positiven verändert - und erst recht nicht die Erwartung, dazu selbst etwas beitragen zu können. Noch weiter gefasst würde ich eher unterstellen, dass sich viele gar nicht so sehr Gedanken über die ferne Zukunft und über die gesamte Gesellschaft oder gar den Planeten machen: Die sind eher bei dem was sie und ihre Lieben in den nächsten Jahren direkt betrifft.
TL/DR: Eher zu wenig Gedanken und zu wenig Hoffnung als zu viel Optimismus.

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Ich mache viele positive Erfahrungen mit den Menschen auf individueller Ebene. Ob Bekannte oder nur bei Alltagsbegegnungen.

Je größer die Gruppe / Bewegung umso häufiger scheint es so, dass Herz, Nachsichtigkeit und Selbstreflexion abhanden kommen.

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Ich bin eher pessimistisch. Der Mensch hat 5 Millionen gebraucht um zu lernen Gesellschaften aufzubauen.

„Der Mensch wurde deswegen so erfolgreich, weil sich seine Fähigkeit, in einer Gruppe zusammenzuleben, von anderen zu lernen, Verhalten abzuschauen und zu imitieren, stetig verbesserte.“

Um dann hier zu landen, eher ein Rückschritt.

„Am meisten vom Egoismus der Menschen überzeugt sind die Enttäuschten und Wütenden, zwei Gruppen, die eigentlich sehr unterschiedlich sind.“

„In diesen beiden Gruppen glauben mehr als 90 Prozent daran, dass die Gesellschaft egoistisch ist. Es sind aber umgekehrt auch die Enttäuschten und Wütenden, die selbst den größten Egoismus an den Tag legen – zumindest, wenn man sie nach ihrer Einstellung befragt: So sagen etwa drei Viertel, sie fühlten sich bei ihren Entscheidungen vor allem sich selbst und ihrem näheren Umfeld verpflichtet und nicht der Gesellschaft.“

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Ich halte es da eher mit Hagen Rether: Werte verteidigt man nicht, man lebt sie, dadurch manifestieren Sie sich und bekommen Strahlkraft.

Gerade in Krisenzeiten wie diesen wird es doch erst spannend. Wie wichtig sind uns unsere Werte? Schaffen wir es, sie zu leben, wenn wir nicht mehr der Mehrheit angehören? Oder fallen sie in sich zusammen wie ein Kartenhaus, wenn das eigene Umfeld Hass und Hetze predigt?

Also ja, seid Nett und Solidarisch miteinander und denkt immer dran, besonders, wenn ihr euch über eure Mitmenschen aufregt: 2 Familien haben so viel Vermögen wie die unteren 42 mio. Die Wahrscheinlichkeit ist also sehr hoch, dass Ihr und eure Mitmenschen im Grunde die selben Probleme haben.

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Ein Paar Jahre reichen aus, …“. Veränderung ist also machbar, man muss nur dafür einstehen.

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Sie wurden aber von Menschen freiwillig gewählt, um ihr System zu installieren. Dabei machen AfD, GOP, BSW, Torries… keinen Hehl daraus, dass Sie „Seelen“ verändern wollen.

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Es ist eine stete Arbeit an der Grenze zur Resignation, nach Rückschlägen Lichtblicke. Von objektiver Erkenntnis naturgemäss himmelweit entfernt, Pendeln zwischen privaten und politischen Betrachtungen. Nach Wahlausgang USA in depressiver Stimmung, gestern eine eher beiläufig vorhergesehene JHV eines neu gegründeten Nachbarschaftsvereins, deren Mitglieder und ihre familiären Vorgeschichten ich gut kenne - und überrascht von klugen Beiträgen offensichtlich unterschätzter Personen. Ein Lichtblick, der Trump ein wenig verblassen lässt und den Glauben an das Gute stützt. Völlig irrational, und doch zentral für den Moment.

Unter dem Strich denke ich, dass die sehr materialistisch orientierte westliche Mentalität es im rasanten technischen, aber bescheidenem gesellschaftlichen Fortschritt, übersehen hat, die beiden Aspekte bestmöglich zu synchronisieren, eben im Rausch des Wachstums und der Ausbreitung der mehr oder weniger gelungenen Demokratie in der Welt. Nun stösst die Menschheit an die Grenze würde ich sagen. Ich hoffe, man kann viel des Versäumten nachholen, ähnlich wie die Folgen der Naturzerstörung, der Kulturzerstörung (Kolonialismus, Faschismus) abzumildern.

Der Rückzug ins Private ist leider sehr spürbar. Aber es ist vielleicht auch eine Hilflosigkeit, ähnlich wie wenn in einer Menschenmenge eine Person Hilfe bräuchte, aber die Umstehenden es scheuen, sich zu exponieren und zu helfen, obwohl, wie ich sicher weiss, sehr viele Menschen gerne helfen würden, nur nicht wissen wie genau.

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Ich glaube eigentlich, wir sind es zu wenig. Ich halte es für ein Kernproblem, dass viele Menschen viel zu wenig an das Gute im Menschen glauben.
Wenn wir es nicht schaffen, daran zu glauben, dass die Menschen an sich gut sind, wie sollen wir dann in gesellschaftlichen Dingen weiterkommen?
Genau damit rechtfertigen doch Menschen ihren Egoismus.

Allerdings gebe ich zu, dass es mir auch zunehmend schwer fällt.

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Darauf gibt es doch eine simple Antwort:

Erste Möglichkeit: Der Mensch ist prinzipiell gut
In diesem Fall - alles fein. Wir eerden das sicherlich schaffen und nichts ist jemals so schlimm.wie es scheint oder so perfekt wie es scheint.
Grund zum Optimismus.

Zweite Möglichkeit: Der Mensch ist ein egoistisches und amoralisches Wesen

Auch in diesem Fall - alles fein. Im großen Zeitverlauf ist alles ohnehin Eitelkeit und der Mensch nicht signifikant.
Sollten wir uns selbst ausrotten, ist es verdient und in 10.000 Jahren wird sich der Planet wieder erholt haben und die Menschen vergessen sein.

Eine neue Spezies bekommt eine Chance.Es geht weiter.

Und hier der Bonusshot gute Laune:
Noch besser, wenn du an Seelenwanderung glaubst. Dann bist du von der menschlichen Spezies sogar unabhängig.

Oder an Gott. Dann bist du ohnehin erlöst und wirst vorbehaltlos geliebt. Das ist doch schön.

Also - egal wie wir es drehen - es gibt Grund zum Optimismus!

PS:
Nur Atheist ist ein wenig blöd, dann hast du nur ein Leben und musst das irgendwie optimal nutzen. Erzeugt schon Druck auf Dauer und macht schlechte Laune. Ich habe noch nie einen gut gelaunten Atheisten getroffen, fällt mir gerade auf.

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:joy: jetzt wo du es sagst…stimmt….:stuck_out_tongue_winking_eye:

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Hier. Also meistens. Diese Woche aber eher nicht so. Aber da sollte es gerade jedem schwerfallen.

Wobei ich wohl eher Agnostiker bin. Das es nach meinem Tod weitergeht, glaube ich aber tatsächlich nicht.

Der Progress ist langsam und verläuft in Wellen, aber es geht seit die Menschheit existiert grundsätzlich in die richtige Richtung und ich bin davon überzeugt, dass es auch in Zukunft in die richtige Richtung geht.

Ja, im Jahr 2050 wird es besser sein als im Jahr 2000, ebenso wie es im Jahr 2000 besser war als im Jahr 1950, im Jahr 1950 besser als im Jahr 1900, im Jahr 1900 besser als im Jahr 1850 und so weiter. Aber zwischen 1950 und 1900 z.B. gab es eben mindestens zwei absolute Tiefpunkte (die Weltkriege), je nach Zählweise auch deutlich mehr. Trotzdem, 1950 war die Welt eine Bessere, weil man aus den Schrecken der Kriege zumindest etwas gelernt hat. Ebenso wird es zwischen den Jahren 2000 und 2050 einige Tiefpunkte geben - ich hoffe, dass wir an der Talsohle angekommen sind, aber niemand kann garantieren, dass wir nicht doch noch einen großen Krieg oder ähnliche Katastrophen bekommen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass wir uns langfristig zu einer besseren Gesellschaft entwickeln - wegen den gelegentlichen massiven Rückschritten („Zivilisationsbrüchen“ wie den Weltkriegen, der Shoah oder des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine) übersehen wir einfach die langfristige, schleichende positive Entwicklung. Das ist normal, weil die kurzfristigen, drastischen, schockierenden Momente unser Denken eben stärker beeinflussen. Trotzdem sollten wir verstehen, dass die schleichende, langfristig-positive Wirkung die gelegentlichen Rückschritte in aller Regel überwiegt.

Also ich bin Atheist und würde mich und meine oben dargestellte Sichtweise durchaus als relativ optimistisch bezeichnen, auch ganz ohne Gott und sogar ganz ohne den Glauben an „freien Willen“ :wink:

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Die Gesellschaft betreffende Fehleinschätzungen resultieren häufig aus einem Mangel an Kenntnis der Forschungslage.

Allgemein gesprochen: Wer massenhaft psychologische Forschung ignoriert, landet irgendwann in der erkenntnisfreien Zone.

Zu den Basics gehört, dass Menschen in ihren Einstellungen hard-wired deutliche bis große Unterschiede aufweisen. Es gibt die oft imaginierte „Menschheit“, die so oder so tickt, nicht. „Der“ Mensch als prinzipiell ethisches und rationales Wesen ist ein Phantom, das sich mit der empirischen Wirklichkeit nicht deckt, eine Wunschvorstellung.

@Daniel_K

Nun ja, Kriege sind - bei allem Leid, das sie verursachen - letztlich ja auch eher Pillepalle, da räumlich und zeitlich doch stets stark begrenzt. Und selbst von einem Atomkrieg wären ja längst nicht alle Weltgegenden betroffen. Die anthropogene Klimakrise mit global massiven Auswirkungen für mindestens Jahrhunderte und einigen Irreversibilitäten ist da schon eine andere Hausnummer.

Bin übrigens ebenfalls areligiös, Sapolskys Auffassung und für mich persönlich Optimist. Dennoch lässt sich nicht bestreiten, dass Leute, die an imaginäre Freunde glauben, im Schnitt glücklicher sind.

Dann nehmen wir doch das hiercals positiven Schlusssatz:

Ich halte ja nichts von diesem ganzen Essenzialimus. Menschen an sich sind weder „pinzipiell gut“ noch „amoralisch“. Menschen handeln manchmal egoistisch und manchmal altruistisch. Es wäre schön, wenn wir in einer Gesellschaft lebten, die die altruistischen Handlungen fördern würde. Leider ist im Moment das Gegenteil der Fall. Dass es trotzdem noch genügend Menschen gibt, die sich selbstlos verhalten, sollte ein Grund zur Hoffnung sein.

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