Sechs "Geschmacksrichtungen" helfen, die (fehlende) Konvergenz der Werte weltweit zu verstehen

Ich weiß, was ich sage, ist meine subjektive Einschätzung: Aber das erste Verhalten kann ich mir nur bei einem sehr narzisstischen Liberal vorstellen.

Das Zweite ist wahrscheinlich meine subjektive Erfahrung, aber ich habe bei klassischen Konservativen mindestens genausoviel Unverständnis wie bei den sehr linken Leuten bei der Grünen Jugend gesehen. Ich habe eher das Gefühl, dass hier die sog. „Mitte“ mit eher linksgewandten verglichen wird. Denn die fast schon rechten Konservativen beim RCDS meiner Uni, aber auch die heute populistischen „Konservativen“ in den USA sind ja mindestens genauso von der uneinschränkbaren Richtigkeit ihrer Haltung überzeugt wie man es in weiten Teilen bei der LINKEN, der Grünen Jugend, Jusos oder FFF (Hannover) ist. Umgekehrt sieht man beim Gros der „älteren“ Leuten der CDU, SPD, FDP, Grünen dann eher ein sehr gutes Verständnis für den anderen Blick - jeweils mit Ausnahmen natürlich…

edit: Trotzdem super interessantes Konzept, das wären nur meine 2 Pfennig dazu!

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Das Modell und Buch finde ich auch sehr spannend und kann zumindest für mich sagen dass es vermutlich noch eine weitere (vermutlich sehr kleine) Gruppe gibt, die mit Fairness und Autorität nicht so viel anfangen kann.
These: Ich behaupte Deutschland gibt zu viel aus für Umverteilung (was ich mal mit Fairness-Ambition gleichsetze). Wenn weniger von der Mittel- an die Unterschicht unter immensen bürokratischen Kosten umverteilt würde, würde es beiden Schichten besser gehen.
( … OT… @ExMod)

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Super interessanter Punkt, dass es hier große Unterschiede zwischen den Generationen geben könnte! Wäre schön, wenn man das erforschen würde.

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Ich finde solche Modelle interessant, aber man sollte sich grundsätzlich der Begrenztheit von Modellen bewusst sein, dementsprechend sind Kritiken wie ‚übersimplifiziert‘ auch in meinen Augen nur begrenzt treffend.

Hofstede hat sowas ähnlich zum Vergleich von Kulturen ja schon in den 60er entworfen. Auch da sollte man nicht meinen, dass man gleich die Welterklärung in der Hand hat, aber es hilft schon, um sich dafür zu sensibilisieren, wo Unterschiede sind bzw. wie die zu Stande kommen.

Hofstedes Cultural Dimensions

Das scheint mir keine gerechtfertigte Folgerung zu sein. Die Darstellung suggeriert, dass da irgendwas bei den Konservativen konvergieren würde, das ist aber wirklich ausschließlich ein Effekt der Darstellung. Tatsächlich sind in dem Diagramm fünf Dinge abgebildet, die nichts miteinander zu tun haben. Auch die Skalen sind willkürlich. Ingroup = 2 hat ja keine inhärente Bedeutung. Wenn Du die Fragen anders wählst bzw. das anders normierst dann kannst Du die Ausgangspunkte auch so verschieben, dass alle fünf Werte bei den Liberals zusammenfallen. Dann gehen die blaue und grüne Linie von da nach unten und die anderen drei von da nach oben. Daraus könntest Du genau das Gegenteil schlussfolgern.

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Ich meinte meinen Ansatz weniger als eine Generationen- als eine Altersfrage. Zu den „Älteren“ würde ich schon Leute in ihren 20ern zählen. Als ich zB noch in der Schule war, hatte ich ein sehr konsequentes Weltbild. So wie ich es bspw jetzt bei vielen jüngeren Leuten in den Jugendorganisationen der Parteien sehe oder FFF. Das Verstehenkönnen eines anderen Standpunkts entwickelt sich dagegen schon bei den Älteren in diesen Organisationen, die zB studieren und selbständig geworden sind.

Konkret aufgefallen ist mir das immer bei Themen wie Identitätspolitik, v.a. kulturelle Aneignung. Je jünger die Diskussionsteilnehmenden waren, desto strenger waren sie. Je älter dagegen, desto eher gab es Verständnis, warum Menschen bspw. „dagegen“ sind

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Naja, ich würde gerade die Älteren nach dem Motto „die jungen Leute sollen lieber zur Schule gehen“, „ich hab mein Leben lang für mein dickes Auto gearbeitet, das lasse ich mir von euch Gören nicht wegnehmen“ nicht unbedingt als einzelne Ausnahmen betrachten.

Die Umverteilung beginnt da, wo Leute sich einfach das Vermögen einstecken können, das andere erarbeiten. Nicht erst da, wo Leute versuchen das zumindest notdürftig ein wenig zu korrigieren.

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@otzenpunk Da hast du gewiss einen Punkt, aber soweit ich verstehe, geht es in der Studie doch darum, ob man den Ansatz der anderen nachvollziehen kann?

Meistens, wenn ich solche Aussagen höre, kommen die nämlich am Ende der Argumentation. Also wenn man merkt, dass der Andere einen Punkt hat und diesen nachvollzogen hat. Man möchte aber zB aus narzisstischen Gründen das eigene Gesicht wahren und dann kommt so ein Totschlagargument.

Wenn Jemand mit seiner Studie zu dem Ergebnis kommen wollte, dann könnte er auch diese 6 Werte entsprechend vorausauswählen. Wie bereits von moderat gesagt, finde ich die Werte auch eher willkürlich gewählt.

Umverteilung im Nachhinein ist tatsächlich schwierig. Aber gerechte Verteilung zum Zeitpunkt der „Leistungserbringung“ wäre doch was, komplett ohne bürokratischen Aufwand. Das heisst, Geringverdiener darf es nicht mehr geben, Geringverdiener bezogen auf den Stundenlohn natürlich. Diese Sparte gibt es doch nur, weil die Leute darin nicht organisiert sind bzw. massiv an Organisation gehindert werden (Lieferdienste z.B.). Mit Leistung hat deren Bezahlung nichts zu tun. Das ist das Märchen derer, die von dieser billigen Arbeit profitieren, entweder als gewinnabschöpfender Unternehmer oder als Konsument.

Und über die Besteuerung von leistungslosem Einkommen müsste tief nachgedacht werden.

Wieso würde es der „Unterschicht“ besser gehen ohne Umverteilung?

…damit sprengen wir wohl den Thread hier, wenn ich @ExMod richtig verstehe.
Kurzgesagt brauchen wir mehr Privatwirtschaft, erhöhen aber aktuell die Anzahl der Staatsbediensteten, die vor allem von Lohnsteuern und Sozialabgaben bezahlt werden: Also von Unter- und Mittelschicht.

Ich hab den Thread nur quergelesen, deswegen bin ich mir nicht ganz sicher, ob das vielleicht doch schon irgendwo erwähnt wurde, die Beiträge waren teilweise recht lang :see_no_evil:

Folgendes: Wie lassen sich diese Werte auf derselben Skala vergleichen? Liegt das nicht komplett am Design der Fragen? Wer sagt mir, dass 2 „Endorsement“ auf der Authoroty/Ingroup/Purity nicht eigentlich „ausgeglichen“ mit 3.5 bei Harm/Fairness sind? Dann sind plötzlich die Liberals die ausgeglichenen und die Konservativen haben nur 3 Werte… Zumal wenn die Werte wie du sagst empirisch bestimmt wurden.

Ich finde es trotzdem super interessant - denn für Vergleiche bei einem Wert passt es ja dann doch irgendwie ganz gut. Werde allerdings das Gefühl nicht los, dass das eher ein krampfhafter Versuch ist, Intention und Menschenverständnis in Zahlen zu gießen.

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Ich antworte jetzt allgemein, nicht nur auf die eine Abbildung bezogen, denn es gibt ja nicht nur die eine Studie dazu.

Gemessen werden je nach Studie Reaktionen auf die Werte: Also „XY finde ich …unwichtig, etwas wichtig, sehr wichtig“ etc. Oder die Anzahl von Argumenten, die sich auf jeweilige Werte beziehen, also „XY ist falsch, weil… es andere verletzt“ → Care.

Dadurch entsteht also keine Aussage darüber, was „normal“, was „wenig“ oder „viel“ ist. Es ist einfach alles in Relation zueinander: Die eher Konservativen geben doppelt so oft ein bestimmtes Argument an als Linke, zum Beispiel.

Und es ergibt sich eben tendenziell ein Bild, dass Linke bestimmte Dinge weniger wichtig finden oder weniger oft benennen als Konservative. Die finden viele Dinge gleichermaßen wichtig.

Das Modell macht also keine Aussage darüber, wer recht hat, wer normal ist, etc.

Aber ich bin ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich deine Frage richtig verstanden habe :slight_smile:

Das würde aber irgendwo auch passen. Konservative haben ja nachweislich auch keine Probleme mit Autokraten zusammenzuarbeiten, wenn es der heimischen Wirtschaft hilft.
Da sind die Werte „Menschenrechte“ und „Wirtschaftlichkeit“ in der Tat gleichwertig. Insofern hat Haidt da durchaus einen Punkt.

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Doch, das meinte ich.

So, und jetzt kommt es halt drauf an, wie viele Fragen stelle ich und wie formuliere ich sie. Deswegen finde ich es schwierig, aus den Antworten zu verschiedenen Werte diese zu vergleichen. Denn „wichtig“ auf eine Frage ist ne andere Skala als „wichtig“ auf eine andere… Weißt du, wie ich das meine?

Ah, Jonathan Haidt. Ewiger Zentrist und Hufeisentheoretiker, geschliffener und geschniegelter Kritiker von Wokeness und progressiven Linken, Galionsfigur der Free Speech-Bewegung und des real existierenden Kapitalismus. Stichwortgeber für die Jan Fleischhauers, Thea Dorns und NZZ-Kolumnist:innen dieser Welt, Autor der Achse des Guten und A rich man’s Jordan Peterson. Ein fleißiger Streiter gegen die „Globalisten“ und mit dem Blick immer auf die eine wahre vergessene Gesellschaftsschicht, an der Parteien auch links der Mitte ihre Politik einzig und allein auzurichten hätten: der weißen Arbeiterklasse, deren moralische Prinzipien nun wirklich endlich einmal ernst genommen werden müssen.

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Hallo @ninab und Danke für den Hinweis. Sicher nicht allerklärend aber auch eine weiterer Baustein.
Was ich persönlich etwas schwierig finde ist die Gleichsetzung von „Liberal“ mit Linken wie du es übersetzt.
Sind hier mit Liberals wirklich Linke gemeint und Liberale Denkweisen? Das ist nicht das selbe.

Er ist der Antichrist :scream: :scream: :scream:

Scheint Dich ja hart zu triggern der Typ. Gibt gerade einen längeren Essay von dem im Atlantic. Da hab ich zum ersten Mal was von dem gelesen und das schien mir eigentlich ganz vernünftig, aber wenn Jan Fleischhauer und die NZZ bei dem abschreiben, dann isser natürlich raus. Harter Stoff, dass in einer Demokratie Menschen auch andere Positionen vertreten als man selbst…

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Naja, wenn ich mir seine Texte so durchlesen, dann ist der Typ halt ein klassischer Kapitalismus-Verharmloser (Quelle: jonathanhaidt.com)

My goal is to depolarize capitalism — to help people all over the world think clearly about capitalism and economics, whatever their politics. If people in democratic societies can think more calmly and flexibly about capitalism, business, and economics, they will be less prone to persuasion by demagogues (or merely by their partisan friends). And if economic conversations become less polarized and more pragmatic, economic policies will get better and prosperity will rise.

Der kurze Absatz sagt eigentlich alles, sinngemäß:
Der Kapitalismus ist gut, wir Menschen müssen ihn nur richtig machen.
Erinnert mich spontan an die Atomenergie, da heißt es auch immer, dass der nächste Kraftwerkstyp alle Probleme lösen wird.

Eigentlich schreibt er überhaupt nichts von gut, sondern, dass es deutlich sinnvoller ist, sich mit den Fakten auseinanderzusetzen, als Kapitalismus per se zu dämonisieren oder für die Lösung aller Probleme zu halten, nur weil dieses Bild von der eigenen Bubble ständig verstärkt wird.

Wenn der eigene Standpunkt ist, dass Kapitalismus per se schlimm ist (Kapitalismus-Verharmloser), dann ist das vielleicht nicht das, was man hören will, aber unabhängig davon ist es wohl ein legitimer Standpunkt, für den man dem Menschen nicht jegliche Möglichkeit zu sinnvollen Diskussionsbeiträgen absprechen sollte.

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Speaking of Triggern. Ich weiß nicht, wo du das in meinen Beitrag hineinphantasierst, aber gut. Zur Präzisierung zwei, drei Sätze.

In diesem Thread geht es ja nicht nur um ein psychologisches Modell, sondern um dessen Übertragung auf gegenwärtige politische Situationen. Dies unternimmt Jonathan Haidt selbst regelmäßig und in meiner Perspektive kommt bei dieser Übertragung sehr oft ziemlicher Unsinn heraus - und zwar in der Art, dass rechtsextreme Blogs wie die Achse des Guten keine Skrupel haben, das zu featuren.

Mir erscheint es so, dass Haidts politische Operationalisierungen seines moralpsychlogischen Modells regelmäßig darauf hinauslaufen, Menschen am rechten Rand in ihren Sorgen und Ängsten ernst zu nehmen, wie man hierzulande sagen würde, und die Politik dementsprechend einzurichten, diese Menschen „mitzunehmen“. Weil dies - einerseits - in der Wahrnehmung von Haidt bessere Chancen auf politische Mehrheiten verspricht und - andererseits - der Haltung einer alten und zunehmend unter Druck geratenen akademischen Elite entspricht, die auf progressive Politik vor allem mit zentristischer Rhetorik reagiert. Der „Nationalist“ (in Haidts Worten) ist für diese Position der nähere Verbündete als die „Globalistin“ (wiederum Haidts Terminologie), also die Vertreterin einer jüngeren und progressiveren akademischen Konkurrenz.

Hier im Thread schien mir das gelegentlich in eine ähnliche Richtung zu gehen: Menschen am rechten Rand, z.B. Impfgegner:innen, eher zu umschmeicheln und ihre Haltungen als moralische Prinzipien zu naturalisieren, die dann besondere Achtung verdienen. Ich halte das für eine, gelinde gesagt, wenig hilfreiche Position.

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