Gibt es daran ernsthaften Zweifel?
Hast du den Rest meines Beitrags gelesen? Wenn die Bundesregierung mehr Aufgaben übernimmt und mehr Gesetzte ausarbeiten und umsetzen muss, dann liegt doch nahe, dass es dafür auch irgendwo mehr Personal in den Ministerien braucht. Wenn Siemens eine neue Unternehmenssparte gründet wird dafür doch auch ein neuer Vice-President of Whatever eingestellt.
Ich hätte da gerne mal eine Quelle zum Beleg der Behauptung, dass Mitarbeiter in den Ministerien grundsätzlich ein „Wasserkopf“ sind. Ich finde da in meiner bisherigen Recherche keine Belege für, ausser die Behauptungen der jeweiligen Opposition (schön sind vor allem die Zitate der FDP aus den Jahren vor 2021 zu lesen).
Also: gibt es irgendwo eine Studie zur Produktivität oder Effektivität der Mitarbeiter auf Ministerialebene? Oder irgendeine Form von Statistik, die darüber Auskunft gibt?
Mit Ministerien habe ich ehrlicherweise wenig Erfahrung, dafür aber mit anderen öffentlichen Einrichtungen. Dort war das Problem selten die absolute Anzahl Mitarbeiter.
Diejenigen die da waren, waren nicht qualifiziert, nicht schnell genug, zu sehr eingespannt etc.
Es gab einige sehr motivierte MAs die etwas bewegen wollten, aber von einer trägen, bürokratischen Organisation gebremst wurden auch Digitalisierung war kaum gegeben - stattdessen viele hierarchische Prozesse die an Einzelpersonen scheitern.
Der Mangel an qualifiziertem Personal kam häufig daher, dass wenig bezahlt wird und vor allem daran, dass es diverse nicht leistungsfähige oder leistungswillige Personen in der Organisation gab. Personen deren Jobs nicht mehr existieren aber eine Qualifizierung nicht erfolgreich war, Leute auf die Rente warten, Leute sie meist krank sind etc.
Es führt nicht daran vorbei Prozesse zu verschlanken, mehr externe Dienstleister hinzuzuziehen und auch zu schauen ob jede Person so sehr geeignet ist für den Job. Und dann mögen weitere Einstellungen bestimmt auch hilfreich sein.
Es mag Bauchempirie sein, aber diesen Eindruck habe ich im Arbeitsleben doch zur Genüge gewonnen. Je größer eine zentral geleitete Organisation wird, vor allem bei relativ schwacher Führung, umso ineffizienter werden deren administrative Prozesse (ich habe bisher Unternehmen mit 10, 200, 14.000 und 20.000 Mitarbeitern erlebt)
Denn es werden immer mehr Abstimmungen benötigt, jeder will gehört werden und keiner soll übergangen werden, wodurch effiziente Lösungen massiv behindert werden.
Darum würde ein Unternehmen im Allgemeinen auch nicht unbegrenzt in andere Geschäftsfelder expandieren und neue Aufgaben akquirieren. Und ein guter Staat sollte sich auch nicht immer mehr Aufgaben an Land ziehen, sondern nur die, in denen er benötigt wird und andere wieder freigeben.
Auf Ministeriumsebene könnte man beispielsweise dafür sorgen Gesetze nicht immer dadurch komplizierter zu machen Sonderlocken anzubauen, sondern zu kompliziert gewachsene Lösungen gegen neue, pragmatische Regeln zu ersetzen. Dann brauche ich auch nicht mehr tausende Juristen.
Oder am Beispiel Kindergrundsicherung: da sollen 5000 Stellen neu geschaffen werden, aber eine Reduktion bei Minister Heil, der die Beratungen im Umfeld des Bürgergelds nicht mehr durchführen muss und dadurch entlastet wird, ist nicht geplant. Da werden Kapazitäten einfach sinnfrei geschaffen oder beibehalten.
Das kannst du knicken, denn der Deutsche an sich will immer wissen, wo denn nun die äußerste Grenze ist, damit er sich knapp an dieser bewegen kann. Und darum wird jedes Gesetz soweit ausgetestet, bis das Bundesverfassungsgericht auch den letzten Einzelfall ausverhandelt hat.
Abe ist das nicht das Grundproblem? Dass der Staat nicht immer mehr Aufgaben „an Land zieht“, sondern dass die Realität unser modernen Gesellschaft immer mehr Aufgaben produziert, die der Staat übernehmen muss? Und das dadurch nicht automatisch alte Aufgaben verschwinden?
Nur mal so als Beispiel: Die Kirchen haben lange Zeit einen nicht unerheblichen Teil der als notwendig empfundenen Daseinsfürsorge finanziert und organisiert. Das war immer schon problematisch, wird aber gänzlich impraktikabel wenn die große Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr Mitglied dieser Kirchen ist.
Gleichzeitig steigt der Anspruch an die Daseinsfürsorge (jetzt z.B. auch Ganztags-Kinderbetreuung), also springt der Staat ein.
Auch das passiert doch regelmäßig. Jedenfalls würde ich so den Umstand interpretieren, dass trotz vieler neuer Gesetze die Bürokratiebelastung eben nicht großartig wächst. Aber genau dafür braucht es doch auch Personal in den Ministerien.
Ich habe das Gefühl, dass nicht so sehr eine Verkleinerung der Ministerien das Ziel sein sollte, sondern die Entwicklung neuer, für die zunehmende Größe und Komplexität dieser Organisationen geeigneten Organisations- und Führungsformen.
Das scheint ein Kernproblem zu sein in öffentlichen Verwaltungen und vergleichbaren Einrichtungen, wie im sozialen Bereich.
Wir haben oft die Babyboomer-Generation in Führungspositionen, die in „sicheren und stabilen“ Zeiten aufgewachsen sind.
Da galt das Prinzip „wird schon alles gut gehen“, und irgendwo liegt noch Geld rum.
Die notwendigen Veränderungen wollen Menschen, die noch eine Handvoll Jahre bis zur Rente/Pension haben, nicht mehr angehen, sich den Stress nicht mehr antun.
Was auch dazu führt das Ausgaben nicht hinterfragt werden, sondern eher im Zuge eines gewissen Aktionismus ausgegeben werden. Oft aber ohne konkretes Ziel.
Im direkten Bereich stelle ich oft fest, das ab einer gewissen Führungsebene in einer Art Meta-Ebene oder Paralleluniversum agiert wird. Reale Probleme versucht man mit alten Standardlösungen zu begegnen bzw. Unter der Decke zu halten.
Aber rein persönliche Erfahrungen aus dem Bereich Institutionen und öffentliche Einrichtungen