Schuldenbremse - Klassenfahrten, Vonovia - Grunderwerbsteuer

Moin liebe Leute,

Maurice Höfgen hat kürzlich darauf hingewiesen, dass in Berlin die Zuschüsse für Klassenfahrten gestrichen werden, weil durch die Schuldenbremse zu wenig Geld zur Verfügung steht. Soweit nix Neues.

Gleichzeitig entging Berlin aber Steuereinnahmen in Höhe von ca 1 Milliarde Euro in Form der Grunderwerbsteuer, weil Vonovia deutsche wohnen übernommen hat und dabei Steuerschlupflöcher genutzt hat.

Dass durch die Schuldenbremse an sozialem gespart wird, ist ja mittlerweile bekannt. Dass es ausgerechnet Schülerinnen und Schüler trifft in einem so reichen Land wie Deutschland, finde ich einfach traurig.

Aber das zeitlich sowas über die Bühne geht, sollte eigentlich wochenlang durch jede Talk Show gehen, damit da mal ein Bewusstsein für entsteht. Das macht wirklich wütend. Vielleicht könnt ihr das Thema ja anstoßen mit eurer Reichweite.

12 „Gefällt mir“

Gleichzeitig nimmt Vonovia natürlich alles an Förderung mit, was der Staat so anbietet und ist der erste, der schreit, wenn da was gestrichen werden soll.

7 „Gefällt mir“

Man bekommt den Eindruck das Land streitet lieber über 100€ mehr oder weniger für den Bügergeldempfänger, als über eine Milliarde hier (Cum-Ex) und eine Milliarde dort (Vonovia, Springer [1]). Es ist ein Trauerspiel.

[1] JUHN Partner | Axel Springer-Aktien: steuerfreie Schenkung im Wert von 1 Mrd. EUR

15 „Gefällt mir“

Es ist aber nichts Neues. Angesprochen auf die Erbschafts- oder Vermögenssteuer sagte Ministerpräsident Daniel Günther bei „jung und naiv“, dass man ja nicht schon wieder einen Neiddebatte anstoßen sollte.

Der Diskurs ist schon so verschoben, dass es „arm gegen ärmer“ geht. Und in diese Kerbe haben auch alle Parteien der Mitte schön hineingeschlagen.
Wir sind angekommen in einer Politik der Kurzfristigkeit. Maßnahmen die langfristig Verbesserungen erzielen könnten, wie z.b Unterstützung bei Aus- und Weiterbildung oder in die Bildung unserer Kinder, sind nicht mehr Bestandteil der Politik.

5 „Gefällt mir“

Allein durch Steuerhinterziehung gehen Deutschland 125 Mrd Euro verloren.

Steuerhinterziehung kostet Deutschland 125 Milliarden Euro (forschung-und-wissen.de)
Dazu noch Steuerschlupflöcher (siehe Vonovia) und auch „Graubereiche“. Hier wäre viel mehr Gerechtigkeit möglich! Aber es werden sehr gut Schwache gegen Schwächere ausgespielt. Eigentlich eine Meisterleistung derjenigen, die von sich ablenken wollen!

4 „Gefällt mir“

Wobei ich den Begriff Steuerschlupfloch falsch finde. Die Thematik ist lange bekannt genau so gewollt. Das entsprechende Gesetz wurde erst 2021 von der GroKo „nachgebessert“. Alles Nachzulesen auf der Seite des Bundestags.

Erste Lesung

Ziel des geplanten Gesetzes sei die Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen in der Grunderwerbsteuer durch verschiedene Einzelmaßnahmen, schreibt die Bundesregierung in ihrem Entwurf. Die Praxis habe gezeigt, dass es besonders im Bereich hochpreisiger Immobilientransaktionen immer wieder gelingt, durch gestalterische Maßnahmen – wie Share Deals – die Grunderwerbsteuer zu vermeiden. „Die hiermit einhergehenden Steuermindereinnahmen sind von erheblicher Bedeutung. Es ist nicht weiter hinnehmbar, dass die durch Gestaltungen herbeigeführten Steuerausfälle von denjenigen finanziert werden, denen solche Gestaltungen nicht möglich sind.“

Anhörung

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft bezweifeln, dass die zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer vorgenommenen Share Deals mit dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (19/13437) in Zukunft reduziert werden können. Umgehungsgestaltungen würden mit dem Gesetzentwurf keinesfalls effektiv verhindert, erklärten die Spitzenverbände

Kritik kam auch aus der Wissenschaft, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. So erläuterte Prof. Dr. Henning Tappe von der Universität Trier, dass die Absenkung der maßgeblichen Beteiligungschwelle von 95 auf 90 Prozent mit Blick auf die Verhinderung von Gestaltungen ein Schritt in die richtige Richtung sei. Share Deals würden jetzt aber nicht unattraktiver. Sicher verhindert würden sie auf diese Weise nicht. Die Absenkung der Grenze sei nicht ausreichend.

2/3 Lesung

Abgelehnt wurden vier Anträge der Opposition: den AfD-Antrag „Änderung des Steuerrechts – Besteuerung der sogenannten Share Deals im Immobilienbereich“ (19/13532) lehnten alle übrigen Fraktionen ab. Beim FDP-Antrag „Gestaltungsmissbrauch durch Share Deals verhindern“ (19/15053) enthielt sich die AfD, die übrigen Fraktionen außer den Antragstellern stimmten dagegen. Beim Antrag der Linken, die „Share Deals – Steuervermeidung bei Immobiliengeschäften bekämpfen“ wollte (19/10067), enthielten sich die Grünen, die übrigen Fraktionen außer den Antragstellern votierten dagegen. Zu diesen drei Anträgen lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vor (19/28528).

Direkt abgestimmt wurde ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Keine Spekulation mit Land und Immobilien – Steuerschlupfloch Share Deals schließen“ (19/16501). FDP und Linksfraktion enthielten sich, während die übrigen Fraktionen außer den Antragstellern dagegen stimmten.

Es ist auch interessant die entsprechenden Anträge der Opposition anzuschauen.

5 „Gefällt mir“

Kleiner, aber wichtiger Zusatz: Pro Jahr!

Für mich ist das das eigentlich dringlichste Thema für die Politik. Man stelle sich vor, wie viele Brücken und Schulen wir damit reparieren könnten… Aber naja, ändern wird sich daran wohl auf absehbare Zeit nichts.

5 „Gefällt mir“

Weiterer Zusatz: Das ist die größte Schätzung die so kursiert. Es gibt auch Schätzungen die von weniger ausgehen, wobei wir hier schon von deutlichen Unterschieden von fast Faktor 5 zwischen verschiedenen Schätzungen reden.

Edit:
Und auch in der Studie mit den 125 Mrd. wurde ein Rückgang von 190 Mrd. (2009) auf 125 Mrd. festgestellt. Es gibt also offensichtlich sehr wohl auch Fortschritte in diesem Bereich.

Und Schwarzarbeit nimmt hier wohl eine große Rolle ein, also reden wir nicht nur von den „großen Fischen“.

3 „Gefällt mir“

Entweder es gibt Fortschritte oder ein Teil der Hinterziehung ist mittlerweile legal geworden.

2 „Gefällt mir“

Maßnahmen wie die Bonpflicht, Meldepflicht bei Bargeld, intensive Kontrollen hinsichtlich Schwarzarbeit etc. sollten schon einen Rückgang zur Folge haben. Zu suggerieren der Rückgang sei nur eine Folge von Legalisierung von Steuerhinterziehungen sollte man dann vielleicht auch belegen.

Der größte Rückgang in letzter Zeit dürfte an der Abschaffung von Cum-Ex-Geschäften liegen. Da gibt es aber bereits Nachfolgemodelle, die halt noch nicht in vollem Umfang laufen und womöglich auch noch nicht vollständig in die Schätzungen eingelaufen sind.

Nachtrag:

Nachtrag 2: auch die Abschaffung der Vermögenssteuer dürfte da eine große Rolle spielen.
Nachtrag 3: 2009 gab es eine Steueramnestie für Konten im Ausland, die die Zahlen in 2009 besonders belastete.

1 „Gefällt mir“

Und welche Dinge die 2009 Steuerhinterziehung waren sind heute legal?

Und meinst du die gestiegenen Anforderungen an die Handhabung von Bargeld und die neuen Hürden in Sachen Geldwäsche haben keinerlei Wirkung gezeigt?

Ich finde man kann ja durchaus die zu geringe Zahl an Kontrollen kritisieren, ebenso wie Steuerschlupflöcher, aber dass sehr wohl was getan wurde zu negieren halte ich für unseriös.

Da es sich um eine Schätzung handelt und nicht um eine Hochrechnung dürfte das bei dieser Studie keine Rolle spielen.
Und wenn du die Studie für so schwach hältst sowas nicht zu berücksichtigen, dann sollte man vielleicht lieber gleich mit zahlen aus anderen Studien arbeiten und die sind alle unter diesem Wert.

Allein die Nichtwiedereinführung der Vermögenssteuer macht die Zahlen absolut nicht vergleichbar. Denn natürlich würde gerade Vermögen gerne im Ausland versteckt. Und warum sollte die Amnestie nicht in die Schätzung eingeflossen sein? Bessere Zahlen gibt es doch gar nicht als offiziell bestätigte?
Und allein der Umgang mit Cum-Ex zeigt, dass es kein ernsthaftes Interesse der Politik gibt, gegen Steuerbetrug vorzugehen. Auch, dass man NGOs braucht, die Schätzungen vornehmen, weil der Staat es nicht für nötig hält, selbst Zahlen zu erheben, sagt viel aus.
Das zeigt auch, dass jede Schätzung mit Vorsicht zu genießen ist und eher noch zu niedrig ausfallen wird. Die realen Zahlen hat niemand und man muss deshalb mit konservativen Annahmen arbeiten - das war 2009 Dank Vermögenssteuer übrigens auch noch nicht ganz so schlimm.

1 „Gefällt mir“

Es gab auch 2009 keine Vermögenssteuer!

Weil es um die Schätzung der jährlichen Hinterziehung geht. Die Amnestie als Sondereffekt würde ja eher darauf schließen lassen, dass der Wert vor der Amnestie dann noch höher war.

Aber es geht doch gerade um die nicht aufgedeckte Steuerhinterziehung und die kann nie offiziell sein!

Der Umgang mit cum-ex war/ist in der Tat absolut Kritikwürdig. Das ändert aber eben nichts daran, dass es in den letzten Jahrzehnten diverse Maßnahmen gab die gegen Steuerhinterziehung gerichtet sind.

Es gibt auch Schätzungen vom Bundesrechnungshof. Wer vom Staat soll es denn für dich schätzen? Der Finanzminister höchstpersönlich?

Eine Schätzung kann auch zu hoch ausfallen. Einfach zu sagen weil es keine offiziellen Zahlen gibt, muss selbst die höchste Schätzung zu niedrig angesetzt sein ist überhaupt nicht fundiert.

Bei Schätzungen von anderen Instituten die deutlich niedriger schätzen würde ich da noch mitgehen, aber nicht unbedingt bei dem Institut das ohnehin schon 5 mal so viel schätzt wie andere. Natürlich gibt es auch da eine Chance, dass selbst die zu niedrig liegen, realistischer ist aber, dass es am Ende irgendwo zwischen verschiedenen Schätzungen liegt.

2 „Gefällt mir“

Vielen Dank für die Klarstellung mit Schwarzarbeit, das war mir so ehrlich gesagt nicht bewusst.

Ich möchte dennoch nochmals dringend die Unterscheidung zwischen illegaler Steuerhinterziehung und legaler Steuervermeidung („Steueroptimierung“) wie im Falle von Vonovia, Ikea, Amazon, Nike etc. empfehlen.

Die Firmen nutzen fadenscheinige Begründungen (bspw. Lizenzgebühren, Dienstleistungen von eigenen Firmen etc,), um die Gewinne in Ländern mit hohem Gewinnsteuersatz zu senken und ins Ausland zu transferieren. Das ist vollkommen legal, aber eben ethisch höchst fragwürdig.

Praktisch jeder einigermassen strukturierte Grosskonzern verschiebt jedes Jahr zumindest einen Teil des Vermögens in andere Länder mit niedrigerem Steuersatz ab (bspw. Schweiz, Niederlande, Irland etc.). Das ist ja hinlänglich bekannt.

Hier ein wunderbares Beispiel aus 2021: Steuervermeidung von Großkonzernen: Das Milliarden-Versagen | taz.de

Meine persönliche Meinung dazu:
Diese Schlupflöcher gehören abgeschafft und Unternehmen sollten mit aller Kraft an solchen Machenschaften gehindert werden. Ja, Schwarzarbeit schadet uns allen, aber das Geld kommt immerhin in aller Regel wieder in die Volkswirtschaft, während es bei solchen Firmen am Ende einfach an die Shareholder ausgeschüttet wird. Das ist m. E. Umverteilung von unten nach oben, die man dringend abschaffen muss.

4 „Gefällt mir“

Grundsätzlich haben wir es hier mit einem gewollt nicht funktionierendem staatlichen System zu tun.
Weniger Kontrollen sind politisch gewollt. Dies gilt für Schwarzarbeit, für Steuerüberprüfungen, etc. Personal ist nicht genügend vorhanden und wird auch zukünftig nicht aufgebaut werden.
Nur bei dem Bürgergeldempfänger schaut der Staat genau hin.

War nicht die Union gegen die Bonpflicht beim Bäcker?

Kleiner Schlenker:
Mit dem Geld was Jens Spahn in in der Coronapandemie versenkt hat, könnte man den „Totalverweigerern“ im Bürgergeld sicherlich über 10 Jahre alimentieren und mehrere Klassenfahrten unterstützen.

5 „Gefällt mir“

Das finde ich zu pauschal. Auch in Firmengeflechten wird es weiter nötig sein, dass Leistungen gegenseitig abgerechnet werden.

Die Herausforderung ist zu unterscheiden welche Arten von Kosten wie gehandhabt werden. Gibt es einen Deckel für sowas wie Lizenzgebühren wenn die Firma die sie in Rechnung stellt unter dem gleichen Firmendach sitzt? Einfach sagen man dürfe keine Rechnungen mehr von Schwesterfirmen als Kosten geltend machen wäre schließlich auch nicht realistisch.

Ich habe gesagt, die Schlupflöcher müssen abgeschafft werden, nicht, dass man keine Verrechnungen mehr vornehmen können soll. Wenn eine Thematik einen effektiven Gegenwert bietet, habe ich damit auch kein Problem damit. Mich stört es, dass Gelder absichtlich mit fadenscheinigen Verrechnungen ins Steuerparadies geschafft wird.

Mir ist schon klar, dass das im Detail eine sehr komplexe Thematik ist, darum gibt’s genau dafür Juristen, Wirtschaftsforscher und ggf. Beamte, die konkrete Massnahmen vorschlagen können.

1 „Gefällt mir“

Du führtest explizit Lizenzgebühren und Dienstleistungen auf. Und dafür, dass es grundsätzlich die Möglichkeit gibt solche in Rechnung zu stellen, auch zwischen Unternehmen die unter einem Dach agieren gibt es ja sehr gute Gründe. Dass dieses Instrument aber eben auch dazu genutzt wird, dass am Ende dann die Gewinne gezielt in die Länder geleitet werden die den niedrigsten Steuersatz haben ist aber eben auch Fakt.

Deshalb sagte ich ja, dass die Herausforderung ist hier solche Regeln zu schaffen die gezielt die missbräuchliche Nutzung solcher Instrumente unterbindet und ich befürchte, dass das eben oftmals nicht möglich sein wird.

1 „Gefällt mir“

Und das ganze baut dann wieder Bürokratie auf, wo doch alle von Bürokratieabbau verlangen…