Rosa Elefant im Raum: Teilnahme europäischer Soldaten an einer robusten Absicherung eines Waffenstillstands / Friedens in der Ukraine

Aber mal angenommen in der Ukraine würden neutrale Blauhelme stationiert, dann könnte man doch immer noch bei einseitigem Bruch des Abkommens durch Russland eskalieren und doch europäische Truppen schicken. Kann man ja sogar offen als Konsequenz in den Raum stellen.

Allerdings sehe ich schon wie @longfellow das Problem genügend Staaten und damit Truppen zu finden für solche inen Einsatz ohne NATO Truppen.

Nochmal: Welche UN soll dem bei einem Vetorecht Russlands zustimmen? Wer kann bei diesem Konflikt „neutrale“ Truppen schicken? Und wer ist dann dieser „man“, der „eskaliert“ in dem absehbaren Fall, dass Russland sich auch an dieses Abkommen nicht hält? Und auch diese „europäischen Truppen“ muss es ja erst mal geben. Das macht das Problem ja noch größer: Es braucht ja eben nicht nur die Truppen, die direkt in der Ukraine stationiert werden, sondern auch noch jede Menge „Backup“, das eingesetzt werden kann, wenn es wirklich einen massiven Angriff von Russland gibt. Denn dass Putin eine solche europäische Truppe „testen“ würde, ist für mich sonnenklar.

Eben, das Problem bleibt ja auch in dem von dir beschriebenen Szenario bestehen.

Ich persönlich denke, grade in der Außen- ubd Sicherheitspolitik ist man gut beraten, wenig Rücksicht auf Bürger zu nehmen, denen diese Themen nicht wichtig genug sind, sich richtig zu informieren und die sich dann „verarscht“ fühlen von politischen Äußerungen und Handlungen, deren Adressat diese Bürger überhaupt nicht waren.

Selbst wenn Politiker heute schon wissen, ob und wie der Krieg enden/pausieren wird, was ich anders einschätzen würde, sollte man sich vor Verhandlungen zu dem Thema bedeckt halten. Offen zu sagen, was man -je nach Ergebnis- tun kann und will, ist keine gute Verhandlungstaktik, denke ich. Ein bisschen strategische Ambiguität sollte man schon zu bewahren versuchen.
Im Übrigen würde ich auch nicht ausschließen, dass eine kommende Regierung irgendwann gegen eine notwendige Sicherung eines Ergebnisses entscheidet, auch wenn ich die Entscheidung für falsch halten würde.

Ja und das wäre schlecht. Aber das zu tun, wäre viel hilfreicher, als jetzt irgendwas zu proklamieren. Viellleicht passiert unterhalb der öffentlichen Aufmerksamkeit schon etwas mehr. Ich fand interessant, dass jüngst berichtet wurde, Deutschland habe 40.000 neue Schuss Munition für die Geparden geliefert. Also scheint sich zunindest in der Munitionsprodkution deutlich was getan zu haben.
Aber der Zusammenhang zwischen Reden und Machen müsste enger sein, als bisher. Nur mal an die „Zeitenwende“ erinnert, die dann gemessen an den Ankündigungen ziemlich dezent ausgefallen ist. Ein par lange überfällige Beschaffungen, das war es dann im Wesentlichen und jetzt würden die Beschaffer und vor allem die Haushälter nach diesem energischen Gang zu etwas chips und Bier gern wieder zurück auf die Couch.
Wenn man sich als Bürger verascht fühlen will, wäre das hier mutmaßlich eher berechtigt.
Ist mir lieber, man hält die Füße still, als an Mikrofonen ungedeckte Blanko-Checks zu verteilen.

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Bitte auch bedenken, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist. Ohne eine Zustimmung des Bundestags kein Soldat irgendwo hin.

Auch wäre die Frage, ob ein General einer EU Armee überhaupt rechtlich darüber entscheiden dürfte, wo und wie Deutsche eingesetzt werden.

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Ich glaube wir müssen uns mal ganz kurz überlegen, was die Funktion einer solchen Friedenstruppe wäre. Dabei gibt es drei Optionen:

  1. Einen möglichen weiteren Angriff Russlands konventionell militärisch zurückschlagen. Eine solche Truppe müsste hundertausende Soldaten und schweres Gerät umfassen. Sie müsste explizit NICHT aus neutralen Ländern stammen, sondern aus solchen, die ein Interesse hätten, die Ukraine im Zweifel auch zu verteidigen. Der Vorteil einer solchen Truppe wäre, dass sie Russland am glaubwürdigsten abschrecken könnte, und der Ukraine glaubwürdig Sicherheit bieten. Die Probleme bei einer solchen Truppe wären die enormen notwendigen Ressourcen und, dass Russland sich darauf wohl kaum einlassen wird.

  2. Eine „Trip-Wire“ Truppe. Die Funktion einer solchen Truppe wäre es nicht, einen Angriff zurückzuschlagen, sondern ihn zu verzögern, sich in die Schusslinie zu begeben und dadurch glaubwürdig zu machen, dass weitere Unterstützung folgen würde. Eine solche Truppe könnte deutlich schwächer sein als Option 1. sie müsste aber zumindestens glaubwürdig zu intensiven Verzögerungsgefechten in der Lage sein, also ein paar zehntausend Soldaten und schweres Gerät. Sie müsse ebenfalls explizit aus NICHT neutralen Staaten bestehen, sondern aus solchen, die im Falle eines Angriffes glaubwürdig kämpfen würden. Eine solche Truppe wäre weniger glaubhaft bei der Abschreckung als Option 1 aber auch weniger anspruchsvoll und etwas leichter für Russland zu akzeptieren.

Option 3. Eine klassische „Blauhelm“-Mission (allerdings nicht unter UN-Mandat, wie oben bereits erklärt, sondern unter einer separaten Struktur), eine solche Truppe könnte eine eventuelle Pufferzone überwachen, innerhalb dieser Pufferzone Sicherheitsaufgaben übernehmen und Verstöße gegen einen Waffenstillstand melden. Sie wäre nicht in der Lage einen Angriff zurückzuschlagen oder auch nur ernsthaft zu verzögern. Eine solche Truppe müsste dann mit Garantien von westlichen Staaten verknüpft werden, dass man, wenn diese Truppe eine Verletzung des Waffenstillstands meldet, zur Unterstützung der Ukraine käme. Eine solche Truppe wäre relativ einfach und günstig aufzustellen, könnte bzw. sollte zu großen Teilen aus Soldaten aus neutralen Staaten bestehen und wäre für Russland sicher leicht zu akzeptieren. Allerdings liegt das natürlich auch daran, dass die Glaubwürdigkeit einer solchen Truppe eher gering wäre und es ist fraglich, ob sich die Ukraine darauf einlassen würde.

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Danke für die Unterscheidung. Ich glaube, genau das überlegen gerade ziemlich viele Menschen an entsprechenden Stellen in europäischen Regierungen. Das Ding ist nur: Spätestens wenn Russland ein zu erwartendes Abkommen bricht, brauche ich sowieso die Truppen aus Szenario 1, das heißt ich brauche sie so oder so - da beißt die Maus keinen Faden ab.

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Habe mal die beiden großen Tageszeitungen von Finnland und Schweden, deren Bevölkerung unmittelbarer betroffen ist von Russlands imperialistischem Kurs als wir, Helsingin Sanomat und Dagens Nyheter, quergelesen: Auch hier werden keine konkreten Szenarien preisgegeben. Dafür allgemeine Bekenntnisse zur Unterstützung der Ukraine; Konkretes sei verfrüht. (Die größte estnische Zeitung Postimees ist hinter Paywall, Schlagzeilen zeigen, dass die Nerven blank liegen: „Russland als Imperium muss vernichtet werden“ (Meinungsressort), „Lettlands Sicherheitsdienst hält Kriegseintritt von Belarus für unwahrscheinlich“, Dementi, dass USA-Truppen aus dem Baltikum abgezogen werden würden.)

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Naja es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob man 150.000 Soldaten nur zusagt und bereithält im Sinne von „Im Fall eines weiteren russischen Angriffs werden wir innerhalb von 30 Tagen 150.000 Soldaten entsenden“, oder ob man 150.000 Soldaten permanent, möglicherweise über viele Jahre, in der Ukraine stationiert (Eine permanente Stationierung käme mit laufenden logistischen Kosten, der permanenten Zahlung von Auslandszulagen und würde die Rekrutierung für die beteiligten Armeen weiter erschweren).

Klar, wenn man, wie du davon ausgeht, dass Russland zwangsläufig jedes Abkommen, egal wie es aussieht oder abgesichert ist, innerhalb kürzester Zeit brechen wird, dann ist es tatsächlich relativ egal.

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Das muss Teil des Waffenstillstands-Abkommens sein, und folgender Friedensverhandlungen. Wenn Moskau dem nicht zustimmt ist eh alles egal, dann steckt man weiter dort fest wo man jetzt ist.

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Leider klingt dieses Szenario sehr wahrscheinlich (wobei bisher nicht von „innerhalb kürzester Zeit“ die Rede war).

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Ersteres auf jeden Fall. Letzteres kann (und wurde auch schon) im Mandat geregelt. Mit einem Mandat ist eigentlich immer ein Set von Einsatzregeln verknüpft, was deutsche Truppen unter welchen Bedingungen tun dürfen, oder auch ausdrücklich nicht.

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Ich fürchte eine Mobilisierung innerhalb von 30 Tagen würde nicht viel bringen - das müssten eher sowas wie 3 Tage sein. Zumal es ja Truppen sein müssten, die auch tatsächlich in der Lage sind, in dieser Zusammensetzung wirksam zu kämpfen.

Würdest du dich bei der Planung darauf verlassen, dass Russland das nicht tut, obwohl es das allein seit 2014 mehrfach getan hat und obwohl die erklärten politischen Ziele Russlands gar nicht anders umsetzbar sind?

Davon ist auszugehen.

Das entscheidende bei so einer Idee ist, sie gegenüber Moskau glaubwürdig zu machen. Das bedeutet, dass man daheim über Lagergrenzen hinweg auf Dauer einig sein muss, damit für Moskau nicht nur sichtbar ist, dass die militärischen Ressourcen da sind, sondern auch, dass man sie einsetzen wird und zwar nicht nur, um die Russen irgendwann zu stoppen und ihnen wieder zu überlassen, was sie bis dahin erreicht haben, sondern dass man dann quasi all-in geht und die Ukraine in den alten Grenzen wieder herstellen wird und sich dabei auch keiner nuklearen Erpressung oder hybrider Kriegsführung beugen wird. Uns fehlen dafür aktuell nicht nur Material und Soldaten. Ich sehe auch in Deutschland eigentlich niemanden, dem man das glauben würde.

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Wie vermutet. Alles immer nur der aktuelle Standpunkt, der sich ändern könnte, aber eben der aktuelle
„Ein Schritt der Eskalation“: Russland will keine europäischen Friedenstruppen in der Ukraine - n-tv.de

„Der russische Vizeaußenminister Alexander Gruschko hat den in Europa diskutierten Einsatz westlicher Soldaten in der Ukraine abgelehnt. „Unter welchem Deckmantel auch immer sie erscheinen würden, es wäre ein Schritt der Eskalation, nicht der Deeskalation“, sagte er der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Auch bei den möglichen Verhandlungen zur Lösung des Ukraine-Krieges will er demnach keine Europäer sehen.“

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Naja Russland beißt sich jetzt schon seit Jahren die Zähne an der Ukraine allein aus, daher stellt sich schon die Frage, wie glaubwürdig es ist, dass Russland sie im zweiten Anlauf innerhalb von 3 Tagen überrenen könnte. Vor allem weil natürlich andere Formen der Unterstützung schon deutlich schneller eingreifen könnten (z.B. Luftunterstützung).

Darauf verlassen will sich sicher niemand, am wenigsten ich. Aber die Frage ist ja, was nötig ist, damit Russland von einer Verletzung des Abkommens abgeschreckt wird. Wie gesagt, permanent eine Truppe in der Ukraine zu stationieren, die die Fähigkeit hätte, Russland im Alleingang aufzuhalten, wäre extrem aufwendig und die Russen würden dem kaum zustimmen. Die Frage ist, ob eine der Optionen darunter ausreichen würde, um Russland davon zu überzeugen, dass ein Bruch des Abkommens (wenn es denn eins gäbe) sie zu teuer zu stehen käme.

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Das Schweigen ist nicht zu überhören. Wir haben uns in diesem, wie leider auch in vielen anderen Fällen, früh für die „einzig richtige Meinung“ entschieden.
Mit Hilfe der Medien wurde dann jeder, der etwas zu sagen hatte, vor die Kamera gezogen, um den Satz zu wiederholen: „Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen.“
Wenn das gesagt wurde, war man zufrieden. Sobald Zwischentöne kamen, wurden die Protagonisten zerfetzt – unabhängig davon, aus welchem Lager sie stammten und ohne jedes Wohlwollen (zum Beispiel auch Mützenich / SPD oder aus der Linkspartei mit ur-pazifistischer Grundeinstellung).

Jetzt ist genau das passiert.

Wir haben unseren Lösungshorizont auf einen schmalen, früh festgelegten Korridor beschränkt. Dann haben wir lange ignoriert, dass unsere Pläne immer unrealistischer wurden, und stehen nun vor dem Scherbenhaufen einer uneffektiven Debatte – ohne die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen. (Siehe Beitrag @Flixbus)

Ich erlebe, dass die Debatte jetzt viel offener wird und breiter gedacht wird, ohne Denkeinschränkungen.
Es gibt nur wenige Gewissheiten – für mich sind es im Wesentlichen drei:

  1. Europa muss echte, aufrichtige Verantwortung für die eigene Sicherheit übernehmen – und das bedeutet weit mehr als nur schuldenfinanzierte Waffen. Dieser Weg dahin muss demokratisch und gemeinsam entwickelt werden.
  2. Russland ist nicht zu trauen, und jegliche Verträge sollten nicht mehr als eine Absichtserklärung angesehen werden.
  3. Wir müssen eine eigenständige, selbstbewusste Diplomatie entwickeln – als Gegengewicht zu Trump, Putin, China & Co. Diese Diplomatie muss über „einfache Entwicklungshilfe“ hinausgehen. Als Basis dafür braucht es eine offene Debattenkultur vor allem auch im Inneren.

Dann müssen wir auch nicht bei russischen Forderungen wegknicken, sondern stellen selbstbewusst unsere eigenen daneben.

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Von Scholz haben wir eher „Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren“ erlebt – das ist ein gewaltiger Unterschied.

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Ein super Beispiel für einen Zwischenton und dann ging es Wochenlang zum nichts anderes als diese abweichende Haltung von Scholz.

Wichtiger wäre gewesen uns solche Fragen zu stellen wie:
Was sind wir denn wirklich bereit zu tun, um die Ukraine zu unterstützen oder was ist denn der Best Case für die Ukraine und Europa und welche unterschiedlichen Wege gibt es dem näher zu kommen.

Edit: Anpassung Satzbau

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Aus meiner Sicht wäre wichtiger gewesen, die Ukraine so auszustatten, dass sie den Krieg gewinnt und nicht Jahre andauerndem Zermürbungskrieg ausgesetzt ist. – Aber da sind wir offensichtlich unterschiedlicher Meinung.

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Wer hat denn von „innerhalb von 3 Tagen überrennen“ gesprochen? Eine wirksame Gegenwehr brauche ich auch, wenn Russland z. B. wieder auf Charkiw vorrückt oder die Stadt, die 50 Kilometer von der Grenze entfernt ist, massiv mit Artillerie, Raketen etc. angreift.
Und was die militärischen Kapazitäten der Ukraine angeht: Gerade bei der Aufklärung spielten die USA bisher eine entscheidende Rolle. Inwieweit sie auf diese Unterstützung weiter bauen kann, ist durchaus fraglich.

Russland wird so einer Truppe natürlich niemals „zustimmen“. Genau deshalb ist die Abschreckung durch sie ja so notwendig. Ich würde sagen: Entweder gibt es diese Truppe trotzdem oder die Ukraine ist über kurz oder lang den Angriffen Russlands ausgesetzt.

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