Renteneintrittsalter

Die Erhöhung des Rentenalters mag auf den ersten Blick logisch erscheinen, wenn sich die Lebensspanne erhöht.

Find’s bei genauerem Hinsehen aber irgendwie ziemlich pervers…

Man könnte diejenigen mehr belasten die eh schon mehr haben… Reiche, Erben, Unternehmer etc. Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer oder endlich mal die Unternehmer an Renten-, und Krankenversicherung beteiligen. Möglichkeiten gäbe es zuhauf.

Stattdessen soll das wieder auf den Schultern der Arbeitnehmer ausgetragen werden.

Seit der Industrierevolution wird die Arbeit durch den technischen Fortschritt immer effizienter, die Produktivität steigt immer an… Profitiert hat davon im Wesentlichen nur die Wirtschaft.

Warum soll diese jetzt wieder den Vorteil haben, wenn durch technischen Fortschritt auch das Durchschnittsalter steigt? Höheres Alter heißt ja noch lange nicht, dass die Lebensqualität auf gleichem Niveau bleibt. Die Backpacking-Tour durch Südamerika macht man mit 75 nicht mehr… Die besten Jahre gehören der Wirtschaft.

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Hab’ doch nochmal eben recherchiert, bevor ich hier was Falsches behaupte.
Turns out: Ist noch krasser als ich dachte

Die Produktivität hat sich seit 1955 (Einführung der 40-Stundenwoche) fast verzehnfacht:
1955: 7,3$/h
2019: 68,9$/h
Quelle: Productivity: output per hour worked - Our World in Data)
(Daten sind inflationsbereinigt)

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Wir arbeiten aber immer noch 40 Stunden. :joy:

Finde den Fehler…

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An der Erhöhung des Renteneintrittsalters führt kein Weg vorbei.
Das ist einfach fakt, denn die Rente ist eine Umlagekasse. Die ausgezahlten Renten kommen aus den Beiträgen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber monatlich einzahlen.
Nun gehen immer mehr Menschen in Rente und es werden immer weniger Menschen im Arbeitsleben stehen. Die müssen dann die Rentenzahlungen aufbringen. Wie soll das gehen?
Ok Die bringen die alten lösungen, wir hauen einfach immer mehr Geld in das System. und natürlich kommt die schon 20 mal verbratene Erbschsftssteuer iaif den Tisch…. die Erbschaftssteuer ist das was der Jäger 90 in den 90ern war, der musste auch ein vielfaches finanziell aufkommen…

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Mit einer blosen Behauptung lässt sich das Produktivitätsargument nicht widerlegen.
Wenn die Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit einer Stunde Arbeit mehr produzieren, können weniger Arbeitnehmer mehr Leute versorgen. Das ist der wahre Fakt.

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Nein, das ist deine individuelle Meinung. Und nicht mehr.

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Naja, wir leben ja nicht nur immer länger, sondern wir fangen (im Durchschnitt) auch immer später an zu arbeiten und erwarten einen immer höheren – aus den Sozialkassen finanzierten – Lebensstandard sowohl vor, als auch nach der Arbeitszeit.

Ja, wir sind insgesamt produktiver geworden und ja, die aus der Alterung der Gesellschaft entstehenden Kosten sollten zu einem größeren Teil als aktuell von den wirklich reichen Menschen getragen werden.

Aber wenn ein Akademiker erst mit ca. 26 Jahren einen sozialversicherungspflichtigen Job annimmt, zwischendrin bei zwei Kindern Elternzeit hat und erst mit ca. 86 Jahren verstirbt, dann zahlt er deutlich weniger als die Hälfte seiner Lebenszeit in die Sozialsysteme ein. Und das sage ich als ein Paradebeispiel des beschriebenen Akademikers mit zwei Kindern, der irgendwann auch seine Pflegekraft durch den Staat finanziert haben möchte.

Ein großer Teil des Produktivitätszugewinns der letzten Jahrzehnte bleibt zudem nicht bei „den Reichen“ hängen (auch wenn die überdurchschnittlich profitiert haben), sondern beim individuellen Lebensstil der Mittelschicht: 2 Autos sind inzwischen für viele Familien normal, die Wohnfläche hat enorm zugenommen, jedes Jahr Urlaub wird erwartet, wir wollen modernste Hilfsmittel und Pflege bei Krankheit usw. Wer wirklich auf dem Konsum- und Komfortniveau einer Familie in den 1970er Jahren zufrieden ist, der kann auch mit Mitte 30 mal für ein Jahr nach Südamerika verschwinden.

Ich persönlich finde die Idee einer „Lebensarbeitszeit“ abhängig von der Lebenserwartung nicht schlecht. Wir einigen uns auf einen Anteil der Lebenszeit, den man sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben muss, bevor man abschlagsfrei in die gesetzliche Rente eintreten kann. Also zum Beispiel die Äquivalenz von 55% der durchschnittlichen Lebenserwartung in Vollzeit. Für Männer mit Geburtsjahr 2020 wären das 43,18 Jahre.

Wie ich diese Jahre aufteile, bleibt jedem selbst überlassen. Teilzeit und Ausbildung wird anteilig angerechnet. Care-Arbeit (Erziehung, Pflege) wird genauso behandelt wie bezahlte Arbeit. Für körperlich extrem anstrengende Tätigkeit könnte man Multiplikatoren festlegen, z.B. x1,2 für Stukkateure, Fliesenleger und Betreuer:innen in Kitas.

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mehr produzieren ist das falsche Wording… effektiver produzieren ist richtiger.
Dann ist es eine zu kurze Annahme. Ein Effekt der Produktivitätssteigerung sind sinkende Preise oder höherere Qualität der Produkte oder Innovativere Produkte.

Naja, mit dem Konzept wird Ungerechtigkeit auf Ungerechtigkeit gehäuft. Ärmere Menschen haben bereits eine deutlich niedrigere Lebenserwartung, und dein Vorschlag würde dann auch noch dafür sorgen, dass ein größerer Anteil davon in Arbeit gesteckt werden muss, während die Oberschicht mit der hohen Lebenserwartung sich relativ früh zur Ruhe setzen kann und lange Sozialleistungen genießt.

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Das ist ziemlicher Unsinn. Ein großer Anteil der höheren Produktivität ließt in Produkte, denen „planned obsolescence“ eingebaut ist. Statt einem Kleidungsstück, das 15 Jahre hält, gibt es jetzt eben fünf, die wenn’s hoch kommt drei Jahre halten. Höhere Qualität ist da jedenfalls nicht vorhanden.

Insofern ist „mehr produzieren“ schon das richtige Framing.

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Das glaube ich nicht, seit Bologna wird ja eher schneller gearbeitet.
Habe auch einen Bericht gefunden, der das stützt.

Erstes Ergebnis: Der vermutete Anstieg ist nicht zu beobachten. Das Alter bei Berufseintritt nimmt nur bis zum Geburtsjahrgang 1975 zu. Ab diesem Jahrgang jedoch verringert sich dieses Alter wieder.
Verschiebt sich der Einstieg ins Berufsleben? – DIA Altersvorsorge

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Aus einer Behauptung wird auch durch den Satz „Das ist Fakt“ keine Tatsache… :joy:

a) Ist es das schon lange nicht mehr (wie in der LdN auch ausgeführt)
b) Wie gesagt: Wenn wir Selbstständige da mit reinnehmen, ist das auch eine Umlage.

…ja, weil immer mehr Menschen studieren - und damit der Wirtschaft auch mit besserer Ausbildung zur Verfügung stehen.
Und da reden wir im Schnitt vielleicht über 5 Jahren… 10 bis 15% des Arbeitslebens - gegenüber einer Produktivitätssteigerung von Faktor 10… 1000% Das steht in keinem Verhältnis!

Kannst Du das mit Quellen belegen? Ich halte das für einen Mythos.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Komfort-Niveau großartig gestiegen ist - zumindest wenn man technischen Fortschritt außenvorlässt.

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Aber man kann doch den technischen Fortschritt nicht einfach in der Betrachtung außenvorlassen!

Das ist doch sogar ein ziemlich essentieller Teil der gestiegenen Produktivität gegenüber 1955. Selbst wenn man nicht kein Auto gegen zwei Autos vergleicht sondern Auto gegen Auto, so liegen da technisch Welten dazwischen. Allen voran auch in Sachen Sicherheit und Umwelt hat sich da so viel getan, das ein zurück zum Auto von 1970 sicherlich nicht zuzumuten wäre und ja mit den aktuellen Normen auch gar nicht möglich wäre.

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Daher muss es auch eine Reform der Erwerbsminderungsrente geben, so dass Menschen mit viel physischer Arbeit (meist schlechter Verdienende) besser abgesichert sind.

Eine Rentenreform sollte vornehmlich die Menschen, die länger arbeiten können, betreffen, nicht den Rest.

Mein Opa war erst beim Bundesgrenzschutz und dann Beamter im höheren Dienst und so ziemlich das Ideal der deutschen oberen Mittelschicht der 1960er bis 1990er Jahre. Drei Kinder, Alleinverdiener, Hausfrau.

Die hatten ein kleines Eigenheim, ein kleines Auto, sind einmal im Jahr nach Süddeutschland an den Badesee gefahren (später dann 1-2 mal im Jahr eine Fahrradtour mit dem Freundeskreis). Die sind dann mit einem abbezahlten Haus, einer großzügigen Pension und kleinem Ersparten in die Rente gegangen.

Wenn ich mich heute in meinem Bekanntenkreis und der Nachbarschaft umschaue dann stehen vor jedem Haus zwei Autos, eins davon gerne auch ziemlich neu und/oder groß. In den Urlaub wird geflogen und das Haus ist 1,5 mal so groß. Die Männer arbeiten meist voll, die Frauen meist Teilzeit, die Kinder sind größtenteils Ganztags in Kita/Schule (muss auch alles jemand bezahlen).

Ich nehme mich da übrigens selbst nicht aus und kritisiere das nicht. Aber ganz ehrlich: Eine Eskalation des Lebensstils und der Erwartung an die „selbstverständliche“ Lebensqualität insbesondere in der (oberen) Mittelschicht abzustreiten ist doch ein wenig absurd.

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Danke für die Quelle. Aus meiner anekdotischen Erfahrung würde ich sagen, dass sich vielleicht die Studienzeiten wieder verkürzen, ein nicht unerheblicher Teil der Studierenden aber auch nach Studienabschluss Zeit in Praktika usw. verbringt. Aber vielleicht liegt das auch an meiner Blase als schwer viermittelbarer Gesellschaftswissenschaftler mit vielen Bekannten in Medienberufen und gemeinnützigen Organisationen :wink:

Das ist ja nicht anders als im aktuellen System mit festem Renteneintrittsalter. Auch da verbringen arme Menschen prozentual gesehen einen größeren Teil ihres Lebens mit Arbeit.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob das Rentensystem der richtige Ansatzpunkt ist, um diese (unbestrittene) Ungerechtigkeit anzugehen. Bei der Auswirkung auf die „Lebenszeit in Rente“ handelt es sich ja um ein Symptom, nicht die Ursache. Sinnvoll wäre, die Ursachen (also die schlechtere Gesundheitsversorgung, schlechtere Ernährung, geringere Bewegung, gefährlichere Umwelt) der geringeren Lebenserwartung armer Menschen direkt anzugehen, anstatt einen sehr komplexen und gesellschaftlich extrem strittigen Ausgleich über das Rentensystem umzusetzen – der dann auch nicht zu einer längeren Lebenszeit führt.

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Ja, das stimmt natürlich. Aber ich kann zumindest den Vorteil bei einem festen Alter sehen, weil das eine leicht verständliche Regel ist. Wenn man es schon komplexer aufbaut, dann würde ich auch gerne mehr Gerechtigkeit sehen. Aber das ließe sich auch dadurch erreichen, indem man die Höhe der Rente vom Einkommen entkoppelt.

Wenn es um die Ursachenbekämpfung bei der geringeren Lebenserwartung armer Menschen geht, würde ich mir als erstes die Armut selbst vorknöpfen.

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Ich habe mal gelesen, dass die Korrelation mit dem Bildungsstand und der sozialen Herkunft aber sogar größer ist, als mit dem Geld welches einem zur Verfügung steht.

So ist auch innerhalb von Einkommensklassen die Lebenserwartung von Menschen mit höherem Abschluss höher als die von denen mit niedrigem oder ohne Abschluss.

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Im Kontext der Rente heißt das aber, dass der Arbeitnehmer ein höheres Brutto braucht und davon dann (vermutlich) auch noch ein größerer Anteil an die Rentenkasse geht. Wie die Statistik uns zeigt sind wir aber schon beim höheren Brutto gescheitert.

Die Entwicklung der Löhne hinkt der Produktivität ja deutlich hinterher.

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Volle Zustimmung. Aber man kann das eine machen ohne das andere zu lassen.