Da müsste generell einiges geändert werden.
Wenn ich mir die Vorschriften zum äußeren Erscheinungsbild des Soldaten durchlese kommt mir an vielen, vielen Stellen die Galle hoch. Daraus z.B.
In welchem gottverdammten Jahrhundert leben diese Spießer?!?
Sorry, aber mir als jemanden, der (außerhalb des Wehrdienstes) so ziemlich sein Leben lang lange Haare getragen hat und auch aktuell trägt zu erzählen, meine „Haartracht“ entspräche nicht den „gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Wertmaßstäben“ ist ein absoluter Rückfall auf Zeiten, als Leute wie ich noch von konservativen Arschkrampen als „langhaarige Bombenleger“ diffamiert wurden. Dass diese Denkweise bis heute noch in der Bundeswehr gelebt wird, nein, geradezu dominant ist, sagt vieles über die Bundeswehr aus.
Zugegeben, wäre ich weiterhin Soldat, würde ich mir vermutlich freiwillig die Haare wieder kurz schneiden, weil es einfach deutlich praktischer ist. Aber das gilt entweder für alle oder für niemanden. Würde man die Pflicht zur Kurzhaarfrisur mit Praktikabilität und Arbeitsplatzsicherheit begründen, hätte ich fast kein Problem damit. Aber das kann man halt nicht, sonst müsste es auch für Frauen gelten. Also macht man so einen erzkonservativen Bullshit aus der Mitte des letzten Jahrhunderts.
Um das mal ganz klar zu sagen:
Hier wird eine klare Diskriminierung mit „gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Wertmaßstäben“ begründet. Das kann doch nicht deren Ernst sein - bei Diskriminierung geht es per Definition darum, dass eine Minderheit von der Mehrheit diskriminiert wird, gerade weil die Minderheit nicht dem Entspricht, was die Mehrheit für „normal“ hält. Antidiskriminierung heißt gerade, die Minderheit vor der Mehrheit zu schützen - und nicht „Die Mehrheit sieht das aber so!“ als Argument gegen die Minderheit zu verwenden.
Das Problem ist hier das gleiche wie im Fall Anastasia Biefang:
Aus erzkonservativen Vorurteilen - und nichts anderes ist das - werden unzulässige(!) Rückschlüsse auf eine etwaige charakterliche Eignung gezogen. Das ist genau das Verhalten, was dazu führt, dass die Bundeswehr ein Magnet für Konservative und Schlimmeres und ein No-Go für Progressive wird. Das sind genau die Sachen, die einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung, der hervorragenden Dienst in der Bundeswehr leisten könnte, ausgrenzen und ausschließen. Und für was? Für Nüsse. Damit Konservative weiter ihr preußisches Soldatenbild pflegen können und die Bundeswehr weiter ein Bollwerk vor-demokratischen und vor-pluralistischen Denkens bleibt.