Da hast du natürlich Recht. Nur gehört zur Wahrheit dann aber auch, dass sich alle Annahmen und Fakten bei der Neubewertung geändert haben.
Ja die EE Ausbauziele wurden verfehlt.
Ja günstige fossile aus Russland gibt’s nicht mehr.
Aber auch für die Atomkraft, auf die viele plötzlich schwören, haben sich die Fakten in der Zwischenzeit geändert.
Das wird aber gerne ignoriert wenn man den Strategiewechsel wünscht.
Das ist korrekt, aber der Prüfaufwand ist nahezu gleich und hinzu kommt der Einbau neuer Systeme um die aktuellen Sicherheitsbestimmungen zu erfüllen.
Wievielt Aufwand dieser Teil bedeutet keine Ahnung.
Für O2 damals bedeuteten sie das Aus, weil es nicht mehr wirtschaftlich war diese erfüllen zu wollen.
Also es gibt gute Argumente gegen einen AKW Weiterbetrieb. Für ganz schlecht halte ich aber das Argument, dass das Druck beim Ausbau der Erneuerbaren rausnimmt.
Die Lage hat sich ja mit dem Thema beschäftigt und den kurzfristigen Weiterbetrieb (bis dieses Jahr) für sinnvoll befunden. Den längerfristigen Weiterbetrieb haben sie recht differenziert beleuchtet und dann gesagt: grundsätzlich denkbar, aber das dafür notwendige Geld ist besser beim Ausbau Erneuerbarer angelegt. Im Prinzip eine gute Argumentation. Was man (idealerweise eben eine Expertenkommission) allerdings prüfen sollte ist, ob es hier wirklich am Geld oder nicht eher an der Zeit mangelt. Ich glaube der Windkraft Ausbau scheitert derzeit vor allem an den langen Zulassungsverfahren, so dass ein AKW Weiterbetrieb (sofern all die genannten Kriterien erfüllt sind: Brennstäbe, Sicherheitscheck, Personal etc ) hier vielleicht eine wichtige Rampup Phase des Windkraftausbaus und der Power-to-Gas Industrialisierung überbrücken könnte.
Das Problem ist Lindner, der bei Dingen die ihm egal sind plötzlich keine Spielräume sieht, aber kein Problem bei sowas wie AKW Laufzeitkosten und eFuels Förderung hat. Und man muss finde ich schon überlegen, welche Vorlagen man einer möglichen Unions geführten Regierung hinterlässt. Leider scheinen viele (alte) deutsche wieder die Tatenlosen mit fraglicher Moral wählen zu wollen.
Also der Tenor der letzten Diskussionsbeiträge scheint zu sein, dass der Ausbau der EE-Anlagen nicht schnell genug geht. Ist auch für die bis dato Inbetriebgenommen Anlagen soweit korrekt.
Für die in den nächsten Jahren kommenden Anlagen möchte ich einfach mal wiedersprechen und behaupten, dass wir in 3-4 Jahren eine massive Anzahl an neuer WKA und PV-FFA bekommen werden.
Ich arbeite bei einem großen VNB in der Hochspannungsnetzplanung. Dort bin ich zuständig für die Zuweisung von Netzverknüpfungspunkten. Sprich ein Anlagenbetreiber kommt in einer frühen Planungsphase zu uns und fragt nach einem Netzanschlusspunkt. Wir sagen ihm dann einen geeigneten zu und veranlassen gegebenenfalls eine Netzausbau oder andere Maßnahmen.
Noch nie haben wir so eine große Leistung innerhalb kürzester Zeit seit Anfang 2022 angefragt bekommen. Wenn die Anlagen umgesetzt werden die bei uns angemeldet sind, würden die Ausbauziele locker erreicht werden. Natürlich kann diese Aussage nur stellvertretend für eine bestimmte Region Deutschland getroffen werden, möchte nur sagen, dass ich es nicht ganz so pessimistisch sehen. Noch ein kleine Anmerkung: wir haben intern mal ausgewertet wie lange eine WKA von erster Anschlussanfrage bis Inbetriebnahme braucht und sind auf einen Zeitraum von mindestens 4 Jahren gekommen, Tendenz steigen. Also werden wir den Ausbau erst nächste Legislaturperiode sehen.
Grüße
2011 beschloss die schwarz gelbe Koalition den Ausstieg aus der Atomkraft. An diesem Beschluss wurde durch schwarz rot nicht gerüttelt.
Also galten die Argumente weiterhin, die 2011 durch die Union mit ihrem Partnern aufgeworfen wurden.
Weiterhin haben diese Partner den Ausbau der EE unterbunden (gebremst sagen sie), die nach dem Gang über die Brücke „Gaskraftwerke“ die Energieversorgung in Deutschland sichern sollten.
Welche dieser Argumente hat sich verändert → keines!
Gas ist nur nicht mehr so billig, aber sachlich ergab sich keine Veränderung, die eine Weiterführung des Betriebs der AKW rechtfertigen würde.
Also wird die Begründung geändert:
Versorgungssicherheit, Blackout - wurde widerlegt.
Hohe Preise bei Abschaltung der AKW - widerlegt. 0,3 Cent/kWh, außerdem bestimmt der teuerste Anbieter den Strompreis (Gas, Merrit Order)
Klimaschutz - war schwarz rot gelb vorher auch egal. Dies zeigen ja die politisch verursachten Einbrüche bei Solar und Windkraft.
Was bleibt an neuen Argumenten?
Wahltaktik
Gewinnstreben der Konzerne
Keine guten Gründe aus meiner Sicht für den Weiterbetrieb.
Würde es auch so sehen, dass sich die Situation durch die Ukraine Krise vielleicht etwas aber nicht grundlegend geändert hat. Die Idee erst aus dem Atomstrom, dann aus der Kohle auszusteigen war halt damals schon streitbar.
Welche Konzerne meinst du. Die Betreiber (wurde ja auch in der Lage gesagt) haben ja kaum Interesse am Weiterbetrieb.
Kein Interesse heißt keine aktive Unterstützung. Wäre ich Betreiber würde ich sagen, es geht nicht und mein Interesse ist gering. Aber wenn man sich die Stromgestehungskosten für AKW im Betrieb anschaut (ca. 3ct/kWh) gegenüber dem möglichen Erlösen pro kWh (24ct/kWh) plus für wahrscheinliche Übernahme aller „Extrakosten“ durch den Staat inklusive der Risikoübername, wäre es fahrlässig, diese risikofreien Gewinne nicht mitzunehmen.
Vielleicht sollte der Staat gleich als Eigner einsteigen und die Gewinne seinen Bürgern wieder zurückgeben die Kosten fürs Aufräumen und Endlagern übernimmt er ja sowieso.
Und keine aktive Unterstützung würde m.E. auch heißen, dass der Vorstoß nicht von den Betreibern kommt. Das deckt sich zumindest mit dem, was ich aus Berichterstattungen mitgenommen habe. Die Betreiber können mit dem Ausstieg sehr gut leben und ändern das nur, wenn ihnen jemand ein sehr gutes Angebot macht. Würde ich wahrscheinlich auch so machen.
Und genau das ist ein wichtiger Punkt. Laut Lindner gibt es doch kein Geld und der Weiterbetrieb würde sehr viel kosten. Sehe ich als nicht finanzierbar an, da für Kinder ja auch kein Geld da ist und wir kein Versorgungsproblem bei Energie haben.
Das stimmt.
Mein Punkt bezog sich vor allem auf die Frage, warum richtige Hetzkampagnen z.B. gegen Frau Kemfert laufen, nicht primär auf die Akws.
Was wir gerade (und seit Langem, aber da lief es eher im Hintergrund) sehen, sind die Beharrungskräfte des Status Quo. Und dabei vor allem derjenigen Unternehmen, die im und mit dem bisherigen System unvorstellbare Gewinne gemacht haben und nich machen. Vor allem die fossile Industrie.
Im weitesten Sinne betrifft das auch Akws. Emsland wird von RWE betrieben. Aber es geht mehr um eine Diskreditierung derjenigen Wissenschaftlerinnen, die ihre Forschungsergebnisse bzgl. Energie, Klima etc. nun laut in die Öffentlichkeit tragen, weil diese in den letzten Jahrzehnten im politischen Betrieb, der unter massivem Einfluss von Lobbyisten (insbesondere der fossilen Industrie) stehen, versickert sind.
Ein großer Hemmfaktor für die Energie- und Verkehrswende waren und sind:
die fossilen Unternehmen
die Kapitalströme, die in diese fließen, weil mit fossilen Unternehmen viel Gewinn gemacht werden konnte
der Einfluss auf Kommunen (gewinnbringende Unternehmen bringen Steuern) und vor allem auf Politikerinnen auf Landes-und Bundesebene (siehe enorme Investitionen in Lobbyismus).
Dazu kommt dann noch der Populismus von Parteien wie der FDP, CSU…
All diese Beteiligten haben ein immenses, vor allem finanzielles Interesse, Gegenstimmen zum Schweigen zu bringen.
Ist auch in der Vergangenheit bereits passiert.
Bei uns in Frankreich ist genau das passiert.
Wer AKWs hat, muss keine Erneuerbaren aufbauen.
(Mit der Einschränkung, dass es hier vermutlich auch den Zusammenhang zur Atommacht gibt)
Gewinnabschöpfung fände ich in Ordnung. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass du den Gewinn viel zu hoch abschätzt.
Auf die Gestehungskosten fallen auch noch Personalkosten an. Die verringern den Gewinn. Außerdem denkst du offensichtlich, dass der Arbeitspreis dem Preis entspricht, den das EVU an der Strombörse oder im Long-term Handel erlöst. Das ist nicht so. Tatsächlich sind etwa 3/5 des Strompreises Steuern und Abgaben an die Netzbetreiber.
Bei einem typischen Strompreis von aktuell 40ct/kWh bekommt der Fiskus ca. 14ct/kWh, der Netzbetreiber etwa 10ct/kWh und das EVU den Rest (ca. 16ct/kWh). Bei geringerem Stromprreis (was ja das Ziel ist) fällt der Gewinn weiter.
Das glaube ich gerne. Aber wir können unser Handeln ja nicht an sowas ausrichten. Es gibt ja auch Menschen, die fordern, man solle nicht so viel bei Maßnahmen zur Abmilderung der Klimafolgen forschen, sonst sinkt die Motivation, den Klimawandel selbst zu bekämpfen. Natürlich muss man beides machen.
Stromgestehungskosten umfassen den komplette Lebenszyklus, von der grünen Wiese zum Kraftwerk und zurück zur grünen Wiese – inklusive Entsorgung.
Staatliche Zusätze sind nicht eingepreist.
Wenn keine grundlegenden Einwände bestehen, werde ich den Thread morgen aus gegebenem Anlass schließen.
Falls das Thema später wieder aktuell werden sollte, sich Änderungen ergeben o.ä. kann ein neuer Thread mit frischen Argumenten eröffnet werden.
Naja, das Problem, das ich dabei sehe ist, dass konservative PopulistInnen, wie März und Söder meist im faktenarmen Raum operieren, siehe Maut-Debakel. Ein nicht unwahrscheinliches Szenario ist, dass die Union mit „irgendwas mit Atom“ die nächste Wahl gewinnt und Andy Scheuer oder Dobrindt Minister für Wirtschaft und Energie werden. Schlüsselreferate im Ministerium werden wieder mit Vernunftkraft-Leuten besetzt, die den Windkraftausbau bekämpfen. Scheuer unterschreibt einen Vertrag, in welchem der Bund den Besitzern stillgelegter und versiegelter Reaktoren in alle Ewigkeit 10 Milliarden pro Jahr zusagt, solange sie die Reaktoren nicht zurückbauen und selbst alle Folgekosten übernimmt.
Selbstverständlich werden die AKWs keinen Strom mehr produzieren, aber da mit Atomfreunden an der Regierung auch der Windkraftausbau stocken würde, würden dann weitere vier Jahre mit energiepolitischem Nichtstun vermerkelt werden. Und angesichts der Klimakrise können wir uns das echt nicht leisten.
Atomkraft in Deutschland kommt mir ein bisschen wie ein angestaubtes Horrorfilm-Monster vor. Es kommt immer wieder aus seinem Grab, richtet energiepolitischen Schaden an und wird dann doch wieder besiegt. Ich würde ich mich freuen, wenn wir, neben der langen Suche nach einem Endlager für Atommüll, auch das Thema Atomkraft endlich einmal endlagern könnten