Also als jemand, der zumindest seinen Wehrdienst geleistet hat, kann ich da recht klar sagen:
Ob ich mein Leben „für das Land“ riskieren würde hängt für mich einzig davon ab, ob „mein Land“ in dem Konflikt im Recht ist und was die Niederlage des eigenen Landes bedeuten würde.
Kurzum:
Würden sich Deutschland und Frankreich wegen irgendwelchen Nichtigkeiten (wie in der Vergangenheit halt Religion, politische Ränkespiele…) im Krieg gegenüberstehen würde ich sagen: „Mir ist völlig egal, wer gewinnt, im Zweifel lerne ich französisch. Macht euern Scheiß ohne mich!“. Daher: Würde man mich hier einziehen wollen, würde ich eher auswandern.
Würde hingegen ein diktatorischer Staat (z.B. Russland oder China) Deutschland angreifen (also den Krieg beginnen), wäre ich durchaus bereit, mein Leben im Krieg zu riskieren. Das gilt aber nicht, wenn „mein Land“ den Krieg selbst verursacht hat (z.B. weil die politische Situation mit Russland immer weiter eskaliert wird und die NATO entscheidet, Russland anzugreifen, dann aber aus irgend einem Grund den Kürzeren zieht…). Auch in so einem Fall würde ich mein Leben nicht riskieren wollen.
Ich denke, ich bin nicht der einzige Ex-Soldat (und damit automatisch Reservist) der so denkt. Zum Glück sind wir heute differenzierter, wenn es um das Thema geht - weil man uns nicht als Kinder eingeimpft hat, dass „Frankreich der Erbfeind ist“ und „es eine Ehre ist, im Krieg für sein Land zu sterben“. Zum Glück!
Was passiert, wenn die „rechten“ Meinungen zu stark sind, sehen wir in Russland, der Türkei, aber auch den USA. Alle diese Länder sehen es als Werkzeug ihrer Außenpolitik, auch mal Krieg zu führen.
Nebenbei: Dem Afghanistan-Einsatz haben 2001 538 der 581 Abgeordneten zugestimmt und in der Bevölkerung gab es in den ersten Jahren des Einsatzes fast eine Zwei-Drittel-Mehrheit für den Einsatz, eben weil man nach 9/11 eingesehen hat, dass man Al-Qaida nur mit kriegerischen Mitteln besiegen und so weitere Anschläge wie 9/11 zumindest schwerer machen kann. Und das war zu einer Zeit, zu der Rot-Grün regiert hat…
Kurzum:
Wenn’s wirklich nötig ist, lässt sich auch in Deutschland ein Krieg rechtfertigen. Zum Glück ist hierzulande aber die Basis-Stimmung zu Kriegen „Nein“ und nur in Ausnahmen wird dann doch mal einer befürwortet, während das in Ländern mit stärkeren „rechten“ Meinungen umgekehrt ist. Daher bin ich froh darüber, dass die Dinge hier sind, wie sie sind…
In dem Punkt sind sich hoffentlich mittlerweile Rechte und Linke Ideologen einig. Man kann die Kultur eines Landes, zu der auch Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Frauenrechte und co. gehören, nicht mit einem Krieg ändern. Ein „Feind von Außen“, daher ein Besatzer, wird immer dazu führen, dass die Extremisten es leicht haben, das Volk auf ihre Seite zu ziehen.
In diesem Punkt sind wir uns daher einig - eine Seltenheit, wie ich anmerken möchte
Naja, selbst wenn Europa keine Atomwaffen hätte (und es nicht die nukleare Teilhabe der NATO oder die NATO selbst gäbe…) wäre es recht klar, dass die USA, wenn z.B. die Russen angreifen würden, sich mit ihren Atomwaffen einmischen würden, denn niemals würde man seitens der USA Europa „den Russen“ überlassen.
Generell finde ich bei der Diskussion problematisch, dass oft nicht realisiert wird, dass moderne Kriege in aller Regel auf zwei Arten entschieden werden:
- Konventionell (siehe Berg-Karabach), daher wer mehr und moderneres Material hat, gewinnt.
- Durch Propaganda bzw. Rückhalt des Volkes, daher dadurch, dass man einen hinreichenden Teil des Volkes auf die eigene Seite zieht und dann darauf aufbauend die Macht übernimmt.
Und (West-)Europa ist in beiden Bereichen ziemlich stark. Ja, wir mögen über die Ausstattung der Bundeswehr lachen, aber es ist bei weitem nicht so schlimm, wie man danken mag. Die Zahl an Soldaten und modernen Equipment, über welche die EU verfügt, kombiniert mit der Tatsache, dass man im Verteidigungsfall einen massiven Vorteil hat, machen es ausgesprochen unrealistisch, dass irgendein Land Europa konventionell erobern könnte.
Zudem sind zumindest in Westeuropa die Werte von Demokratie und Menschenrechten stark ausgeprägt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Aggressor es schafft, relevante Bevölkerungsanteile auf seine Seite zu ziehen und damit Europa in einen Bürgerkrieg zu stürzen, um den Boden für eine Invasion von Außen zu bereiten (wie z.B. in der Ostukraine) sehe ich in Europa beim besten Willen nicht - auch wenn die Gefahr durch Rechtspopulisten wie die AfD nicht unterschätzt werden sollte.