Österreichische Umweltministerin stimmt entgegen der Anweisung des Kanzlers ab

Ganz so eindeutig ist die Rechtslage wohl nicht, zumindest wird in Österreich jetzt fleißig diskutiert.

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Nun, die FDP hat bereits eingetütete Gesetze auf EU-Ebene torpediert. Das ist mindestens vergleichbar, wenn nicht schlimmer.

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Im Endeffekt ist doch jeder Politiker nur seinem eigenen Gewissen unterworfen. Ja es gibt Absprachen aber gesetzlich ist es denke ich zumindest in Deutschland Recht klar geregelt,oder? Man geht halt die Gefahr ein aus der Partei rausgeworfen zu werden aber im Endeffekt muss man halt aufpassen wen man da zu einer Abstimmung schickt. Zumindest in einer repräsentativen Demokratie wie unserer, wo Personen gewählt werden die dann eigenständig agieren für ihre Amtszeit.

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Das ganze ist doch aber kein race to the bottom, bei dem man das eigene Fehlverhalten (wenn man es denn als solches einschätzt) dadurch legitimiert, dass man auf die FDP zeigt, deren Verhalten noch destruktiver ist.

War nur eine Antwort auf @Tim911 .
Ansonsten bin ich natürlich dafür, dass die Natur geschützt wird und verstehe nicht, wofür es eine Umweltministerin braucht, wenn am Ende doch der Kanzler entscheidet.

Zum Gesetz selbst muss man wissen, dass es eigentlich nach Kämpfen mit Manfred Weber & Co auf dem Weg war und dann ziemlich plötzlich im Rat hinterfragt wurde (meiner Erinnerung nach auf Veranlassung des neuen belgischen Ratspräsidenten).

Konkret? Mir fällt kein vergleichbares Vorgehen ein.

Aber ich denke wir können uns darauf einigen, dass das unabhängig von der betroffenen Partei keine gute Praxis ist.

Ja die FDP hat Beschlüsse behindert und verzögert, aber das was jetzt um Frau Gewessler geschehen ist, ist eine andere Dimension.

Für mich ist das ein absolutes Eigentor. Der juristische Streit könnte vor den Gerichten Jahre dauern, das Gesetz dadurch in vielen Ländern nicht ratifiziert, u d am Ende vielleicht sogar für Nichtig erklärt.

Für mich besteht schon ein Unterschied, ob ein einzelner Parlamentarier eine Entscheidung zur Gewissensfrage macht oder ob innerhalb der Regierung jeder macht was er will. Wenn jetzt Wissing eigenständig das „Verbrenneraus“ auf EU-Ebene besiegeln würde, obgleich wir innerhalb der Regierung einen anderen Entschluss vereinbart haben, dann würden doch alle zurecht auf die Barrikaden gehen.

Er hat das Verbrenneraus auf EU-Ebene hinterfragt, als es bereits beschlussfähig war.

Ähnliches bei Lieferkettengesetz u.a.

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Hinterfragen, verzögern und sich bei der Abstimmung zu enthalten, ist doch aber was anderes, als eigenmächtig ohne finales Go der Koalitionspartner für ja zu stimmen, mit dem Wissen, dass es die entscheidende Stimme ist.

Frau Gewessler wird von ihrem Koalitionspartner jetzt wegen Amtsmissbrauch angezeigt, plus die Nichtigkeitsklage bei der EU. Und wenn die durch geht, ist das Gesetz tot.

Bundeskanzler Nehammer bezeichnete Gewesslers Zustimmung vor den Medien in Brüssel als Verfassungsbruch und kündigte neben der Nichtigkeitsklage auf EU-Ebene auch an, sie wegen Amtsmissbrauchs anzeigen zu wollen. Er sprach von einem schweren Vertrauensbruch und einem krassen Fehlverhalten seiner Ministerin. Normalerweise müsste dies zum Bruch der Koalition führen, so der Kanzler. Allerdings wird Ende September ohnehin regulär gewählt. Um Chaos in den nächsten drei Monaten zu vermeiden, sieht Nehammer von diesem Schritt ab, wie er erklärte.

Ist es denn ein Amtsmissbrauch? Ist sie gesetzlich dazu verpflichtet sich an Abmachungen zu halten? Wie gesagt wir reden hier von Gesetz, nicht Moral.

Soweit ist das lese hat niemand gegenüber der Ministerin eine Richtlinienbefugnis, heißt rein vom Gesetz her kann sie abstimmen wie sie möchte.

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Exakt das ist die juristische Frage.
Wie frei dürfen Minister bei EU Abstummungen entscheiden, v.a. wenn wie hier in diesem Fall in Österreich die Bundesländer betroffen wären.

Selbst die FPÖ sagt ja lediglich sie hätte gegen die Verfassung verstoßen ohne einen bestimmten Paragraph zu nennen. Klingt für mich nach wütendem Kind ohne Grundlage. Das die jetzt laut um sich schlagen ist klar aber am besten ignoriert man die einfach. Sollen sie das gerichtlich klären lassen und dann muss halt notfalls die Lücke, die es ja scheinbar in den Augen mancher gibt, geschlossen werden.

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Ok - Whataboutism.
Aber der Bundesagrarminister Christian Schmidt hat 2017 mit dem Ja in der EU:
„mit seinem Abstimmungsverhalten in Brüssel habe das Agrarministerium gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung verstoßen.“
Das Umweltministerium war nämlich dagegen. Er hätte sich somit enthalten müssen.
Damit war die Verlängerung der Nutzung von Glyphosphat in Europa möglich.

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Wir hatten das Thema mehrfach im Forum. In beiden Verfahren hat die FDP auf zuvor abgesprochene rote Linien und protokollierte Vorbehalte verwiesen, die im finalen Gesetz unberücksichtigt geblieben seien.

Die Koalitionäre haben diese Behauptung auch nicht bestritten. Daher sehe ich das Problem eher bei den Verhandlungsführern und weniger bei der FDP. Du würdest sicher auch keine Handwerkerrechnung bezahlen, die Dinge enthält, die du explizit vorher ausgeschlossen hast, egal ob dein Nachbar dem zugestimmt hat.

Daran musste ich auch denken. Es hatte keine Konsequenzen und es würde mich wundern, wenn es, abgesehen von politischen, hier anders wäre.
Da in Österreich Wahlen bevorstehen wird die Koalition daran aber nicht zerbrechen. Und von der eigenen Partei wird sie auch nichts zu befürchten haben

Das Beispiel Schmidt s.o.https://talk.lagedernation.org/t/oesterreichische-umweltministerin-stimmt-entgegen-der-anweisung-des-kanzlers-ab/24359/18?u=margarete ist besser. Bin nur nicht auf den Namen gekommen.

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Geht es dir um eine ethische Bewertung oder um Rechtskonformität?

Was das rein Rechtliche anbelangt, kommen unterschiedliche Gutachten zu unterschiedlichen Ergebnissen, wie der österreichischen Presse zu entnehmen ist.

Man kennt ja den Spruch: Zwei Juristen, drei Meinungen.

Dein Hinweis auf einen etwaigen Präzedenzfall, den es ja schon vorher gab, ist durchaus schlüssig. Eine slippery slope kann dadurch durchaus gegeben sein.

Dass dieses Vorgehen die ohnehin bei einem Teil der Bevölkerung vorhandene Politikverdrossenheit noch steigern oder gar im Hinblick auf andere ausweiten dürfte, halte ich erst einmal für spekulativ.

Sowohl unter ethischen als auch unter demokratiepraktischen Gesichtspunkten lässt sich m. E. auch die Gegenposition schlüssig begründen, wie es hier im Thread ja auch bereits gemacht wurde. Stichworte sind u. a. Freiheit des Mandats/Gewissensentscheidung, aber man kann natürlich auch die hohe Bedeutung der Zustimmung zum Renaturierungsgesetz, weshalb es ja überhaupt erst beschlossen werden konnte, für Klima- und Naturschutz, also letzthin auch den Menschenschutz künftiger Generationen, in die Waagschale werfen.

Es gibt Grauzonen, die nicht nur legalistisch zu betrachten sind. Wo die Grenze zwischen erlaubtem und nicht mehr tolerierbarem Verhalten verläuft, ist eine diffizile Frage, die ich hier im Hinblick auf den vorliegenden Fall auch gar nicht abschließend beantworten will.

Mein Petitum ist lediglich, dass man für sich solche Graubereiche einmal ausloten und fallspezifisch durchdeklinieren muss, um sich ein Urteil zu bilden.

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Nur zur Klärung bzw. zum besseren Verständnis:

Wenn man also eine durch das Abstimmungsverhalten der grünen Klimaschutzministerin ermöglichte Umsetzung des Renaturierungsgesetzes (Moore binden weltweit mehr CO2 als alle Wälder dieser Erde) als - wie ich schrieb - „Menschenschutz“ betrachtet, also dadurch mittelbar Menschenleben gerettet werden, genauso wie potenziell Menschenleben gerettet werden, wenn man das Versteck von vor Nazis Geflüchteten nicht verrät, obwohl man es lt. Kant müsste, da man stets wahre Auskunft geben muss (allgemeines Gesetz n. dem kategorischen Imperativ), oder wenn Georg Elsers Anschlag auf Hitler erfolgreich gewesen wäre, was potenziell Millionen Menschenleben gerettet hätte, obwohl Mord verboten und grundgesetzwidrig ist, oder wenn man beim Trolley-Problem die Weiche umstellt und dadurch mehr Menschenleben rettet, dann ist das analogisierend durchaus vergleichbar. Eine Analogie meint ja nicht, dass etwas eins zu eins vergleichbar ist. Aber es geht um die Situation, dass es nur zwei Übel gibt. Gegen bestehende Regeln zu verstoßen kann im Einzelfall das kleinere Übel sein, wenn das größere Übel der Verlust von mehr Menschenleben ist. Darum ging es mir. Und dass eine sich weniger verschärfende Klimakrise Menschenleben rettet, sollte eigentlich m. E. Konsens sein.

Daher kann es sinnvoll sein, die Grauzonen eines potenziell kleineren Übels auszuloten, auch wenn dann die Handlung nicht mehr ethisch einwandfrei ist.

Daher kommt man an einer Güterabwägung, ganz gleich, zu welchem abschließenden Urteil man gelangt, nicht vorbei.

Etwas kann rechtlich problematisch und doch die ethisch richtige Entscheidung sein.

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Das Beispiel hatte ich auch noch im Kopf. Wenn dann war das der Präzedenzfall, aber von der CDU