Nutzen von Abschiebungen?

Zusammengefasst lese ich folgende Argumente für Abschaffungen aus den Beiträgen: Kosten für Staat/Gesellschaft; Akzeptanz in der Bevölkerung; Abschreckung; und Gerechtigkeitserwägungen.

Etwas würde mich noch interessieren. Herrscht unter denen, die Abschiebung für ein probates Mittel halten, ein Konsens darüber, dass Straftäter:innen nach der Verbüssung der Haftstrafe abgeschoben werden sollen, oder wäre da der Wunsch, sie würden bereits vorher abgeschoben?

Ich finde die Schlussfolgerung schon mal höchst zweifelhaft. Ob jemand, mit einer Straftat zwangsläufig zeigt, dass er:sie nicht zur Gesellschaft gehören will. Gerade Menschen in prekären Verhältnissen würden wahrscheinlich gerne zur „Gesellschaft“ gehören, und werden dennoch tendeniell eher straffällig, als eben jemand, der bereits in die „Gesellschaft“ fest integriert ist - mit Job, Freunden, Familie etc.

Geht in dasselbe wie oben hinein. Das ist doch empirisch genau andersherum. Wer eben nicht integriert ist, in schwierigen Milleius lebt, sich in prekären Situationen befindet, ist tendenziell eher gefährdet, in die Kriminalität abzurutschen - und zwar in der Regel nicht, weil jemand böse ist und sich nicht integrieren will.

Ich glaube, betr. der „globalen Benachteiligung“ wie Du es formulierst, müsste man den Blick auf das Thema Globale Gerechtigkeit allgemein öffnen. Also die Frage ist die globale Ordnung generell gerecht, wo bestehen Ausbeutungsverhältnisse, wie fair sind Gewinne und Kosten verteilt etc. Und, wenn wir nicht davon ausgehen, dass Kriminialität und/oder Gewaltbereitschaft an eine Nationalität geknüpft ist, stellt sich halt die Frage, was genau begründet die Pflicht eines Staates Bürger:innen zurückzunehmen, die im Ausland straffällig geworden sind? Vor allem, wenn diese bei/nach der Abschiebung noch ein Sicherheitsrisiko darstellen? Mal sehr plump gesprochen. Wenn in Deutschland eine tickende Zeitbombe gefunden wird, die aus einem anderen Land stammt, schicken wir die Bombe ja auch nicht - noch tickend und scharf - in dieses Land zurück, wo sie dann hochgehen kann. Insbesondere heute, wo defacto die Mobilität so gross ist, wäre doch das 1. Interesse aller Mitglieder:innen der globalen Gesellschaft, erst einmal zu sichern, dass eine Gefährdung, egal woher sie stammt, erstmal möglichst eingedemmt wird.

Die Beispiele von Matti gehen auch in die Richtung:

Einerseits eben um diese Gefährdung einzudämmen. Zweitens könnte man aber auch wieder mit dem Blick auf globale Gerechtigkeit im Allgemeinen argumentieren, weil etwa Deutschland oder auch die Schweiz, wo ich wohne, so übermässig von der globalen Wirtschaftsordnung profitieren, dass sie diese Kosten auch eher tragen können, als ein sehr viel ärmeres Land, oder ein Land, das gar keine gut funktionierende Verwaltung/Strafsystem etc. hat.

@pbf85 Generell kann, soweit ich das überblicke, mit Deinen Positionen einiges anfangen. Differenzeiert und eine umfassende Abklärung des Einzelfalles voraussetzend. Die Frage ist dann aber, würde das reichen, um die Volksseele zu beruhigen, die Du ja auch schon als Argument genannt hast.

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Die aktuellen Pläne, abgelehnten Asylbewerbern die Leistungen zu streichen, wird sie auch nur mehr in die Kriminalität drängen. Die deutsche Politik tut sich damit keinen Gefallen.

Das ist eine sehr passende Metapher :wink:

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Das sollte nur ein Aspekt des Ganzen sein.

Ich möchte auch nochmal betonen, dass es mir nicht darum geht Straftäter abzuschieben weil sie einen ausländischen Pass haben, sondern lediglich darum geht, nicht zu sagen jemand dürfe nach Verurteilung grundsätzlich nicht mehr abgeschoben werden, vor allem im Kontext der Tatsache, dass allgemein Abschiebungen ja stattfinden.

Wenn also allgemein in einer gewissen Größenordnung abgeschoben wird, auch um nicht zu suggerieren wer es einmal geschafft hat darf im Land bleiben, egal was passiert, dann kann man davon nicht ausgerechnet bei Straftätern absehen. Andernfalls würde man ja geradezu einen Anreiz zu Straftaten schaffen.
Gar nicht abschieben halte ich aber auch für aktuell nicht möglich, weil dann ja einfach alle die in Nachbarländern vor der Abschiebung stehen nur über die Grenze müssten.

Das Risiko, dass Straftäter einfach im Heimatland so weiter machen wie hier halte ich für gering, weil dann das Heimatland einfach diese Abschiebung unterbinden würde. Es gibt also entweder geeignete Maßnahmen oder ohnehin eine Langfristige Haftstrafe die dann im Heimatland verbüßt wird.

Bei Gefährdern die Anschläge auf die hiesige Gesellschaft verüben wollen sehe ich nicht automatisch die Gefahr solche Anschläge dann im Heimatland zu verüben. Und so müsste eben jeder Einzelfall sowohl hier geprüft werden als auch mit den Behörden des aufnehmenden Lands diskutiert werden.

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Das hätte ich Dir auch keineswegs unterstellen wollen. Wie gesagt, kann ich Deiner Argumentationsweise eigentlich einiges abgewinnen. Im Einzelfall kämen wir vielleicht zu anderen Schlussfolgerungen, und ich bin immer noch nicht überzeugt, dass man wirklich mehr davon hat, jmd. abzuschieben, anstatt sich als Staat/Gemeinschaft selber um diese Personen und die pot. Gefähr, die von ihnen ausgeht, zu kümmern. Denn, auch wenn ich nicht glaube, dass Du so denkst, behaupte ich dass generell die Praxis des Abschiebens krimineller Migrant:innen und Geflüchteter die Denkweise bei vielen stärkt, dass Kriminalität und Nationalität eng zusammengehen.

Viele Staaten nehmen ja die straffällig gewordenen Bürger:innen nur unter Druck zurück. Deine Annahme scheint mir an dieser Stelle sehr hypothetisch. Wenn wir von Staaten sprechen, die keine gut funktionierende Verwaltung oder Justizsystem haben, ist es unwahrscheinlich, dass sie so etwas seriös abklären würden.

Du hast natürlich insofern recht, dass ein islamistischer Attentäter wenig Grund hat, in einem islamistischen Land ein entsprechendes Attentat zu verüben. Insofern richtig. Aber kommen dann wieder die anderen Gründe ins Spiel. Am Bsp. islamistischer Attentäter etwa, würde man ihn ja in ein System zurückschieben, das seine Taten evtl. billigt oder sogar lobt. Man würde damit langfristig die islamistischen Kräfte stärken und den Personen im Land, die unter dem Islamismus leiden, Schaden zufügen.

Wobei natürlich ein Umfeldwechsel immer komplexe Folgen hat. Wenn er hier in einer islamistischen Blase lebt, dann kann selbst ein Wechsel nach Afghanistan dafür sorgen, dass das Umfeld ihn „gemäßigt“ beeinflusst.

Es gibt dazu allerdings auch andere Meinungen von durchaus mit der Materie vertrauten Personen:

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Ich möchte hier auch einmal einen anderen Gedanken einbringen:
Durch die Hetze gegen Ausländer und harte Abschiebeentscheidungen geraten Menschen, die Verfolgung und Flucht hinter sich haben, auch unter zusätzlichen psychischen Druck. Zusätzlich zur Enge in den Unterkünften, zusätzlich zum Arbeitsverbot und der Perspektivlosigkeit. Es würde mich nicht wundern, wenn es auch dadurch zu Kurzschlussaktionen kommt. Oder eben zu Radikalisierung.

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Asylgeld streichen, wenn ein Asylbewerber in einem anderen EU Land erstmals EU Boden betreten hat. Dublin Regeln. Diese funktionieren nicht, weil die EU Staaten selbst nicht miteinander kooperieren. Jetzt den Leuten das Geld zu streichen ist Austragen von EU Versagen auf dem Rücken der Leute, die keine Lobby haben aufgrund einer Islamistisch motivierten Einzeltat, die durch solche Entscheidungen in keinster weise verhindert wird oder irgendwo in Zusammenhang steht. Das Streichen des Geldes soll dann wie genau gegen Radikalisierung schützen?

Die Zahlen zu den Ausreisegesuchen und erfolgreichen Rücküberweisungen Deutschlands zu anderen EU Staaten werden in diesem Video genannt
Quelle

Die ganze Debatte wird meiner Meinung nach falsch geführt. Statt „Deutsche“ vs „Migranten“ sollte sie „Leute, die konstruktiv und (meinetwegen auch „produktiv“) zusammenleben wollen“ vs „Leute, die aus Gier oder Überlegenheitswahn der Gesellschaft bewusst schaden“ lauten.

Ich würde es allerdings (mein eigener Alters-Konservatismus?) auch für richtig halten, sowohl Leuten, die hierherkommen, wie auch Menschen, die hier aufwachsen, von Anfang an klar zu machen, dass sie sich eben nicht 10 Mal wie xxx aufführen können, sondern direkt ab dem ersten Mal auf die Finger bekommen und was von ihnen erwartet wird. Ich kann es wirklich nicht mehr hören, wenn Leute nicht zu schätzen wissen, welche Möglichkeiten sie hier haben (auch wenn mir Vermögensungleichheit usw bewusst sind), vor Genöle wie „Man darf hier nichts mehr sagen“ etc finde ich ziemlich dumm und undankbar.

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