Nutzen von Abschiebungen?

Ich war mir unsicher, ob ich ein neues Thema hier eröffnen oder in einem anderen verwandten Thread einfach einen Beitrag schreiben sollte. Aber ich meine, dass ganz nüchtern mal über den allgemeinen Nutzen von Abschiebungen an und für sich noch nicht gross diskutiert wurde.
Ich frage mich nämlich schon lange, warum Abschiebungen so „beliebt“ sind. Was bringt es eigentlich? Bringt es überhaupt was Positives? Jetzt mal unabhängig von Argumenten, die sich darum drehen, dass die Volksseele beruhigt werden muss. Wenn ich darüber nachdenke, habe ich eher das Gefühl Abschiebungen tragen ein hohes Risiko bei eine Loose-Loose-Situation zu generieren.

Wenn ich das richtig verstehe, würde nach geltendem Recht ein krimineller/eine kriminelle Ausländer:in nach Verbüssung der eigentlichen Haftstrafe abgeschoben. Das heisst, diese Person wäre im Strafvollzug gewesen und hätte Massnahmen zur Resozialisierung erhalten. Wenn sie entlassen wird, geht man davon aus, dass sie keine Gefährdung für die Öffentlichkeit mehr darstellt, sonst würde sie - glaube ich - weiter verwahrt. Ist es für eine Gesellschaft dann wirklich sinnvoll so eine Person abzuschieben? Könnte diese Person nicht eher etwas an die Gesellschaft zurückgeben, wenn sie im Land bliebe? Klar, kann man sagen, die Integration solcher Personen in den realen Alltag ist teuer, und diese Kosten könnte man sich mit der Abschiebung ersparen. Aber ist es nicht eher so, dass diese Perspektive tendenziell dazu führt, dass sich die Resozialisierung der Person viel schwieriger gestalten wird? Und was passiert, wenn sie abgeschoben wurde? Ist das Risiko dann nicht viel grösser, dass die Person wieder in die Kriminialität abrutschen und entsprechend Straftaten begehen wird (bzw. vlt. sind das ja dann im Herkunftsland nicht mal Straftaten) - nur halt dann nicht in dem Land, aus dem sie abgeschoben wurde?

Die andere Variante wäre, man schiebt Leute direkt ab, ohne sie überhaupt erst im Gastland ihre Strafe verbüssen zu lassen. Aber bedeutet das nicht, dass man dann die Gefahr, die von dieser Person ausgeht, einfach auf die Gesellschaft im Herkunftsland abschiebt? Ein Land, das im Zweifel noch sehr viel weniger in der Lage sein wird, mit der Gefährderperson so umzugehen (fehlende Programme, schlechter Strafvollzug, andere herrschende Normen)? Nehmen wir das Bsp. des islamistischen Straftäters aus Afghanistan. Der wird nach Afghanistan abgeschoben, wird dort vlt. gar nicht erst bestraft, und wird dort einfach seine Gewalttätigkeit an Frauen und Andersgläubigen in legal weiter ausleben. Ist das wirklich ein verantwortungsvoller Umgang? Evtl. wird er sich auch weiter radikalisieren und schliesslich wieder einen Weg nach Europa suchen, um als Terrorist aktiv zu sein.

Zuletzt fällt mir noch das Argument der Abschreckung ein, an das ich aber in den meisten Fällen schlicht nicht glaube.

ich habe jetzt einen kleinen Roman geschrieben, sorry, aber mich interessiert die Frage wirklich. Zumindest in diesen sehr medialen Fällen. Dass man bspw. Kriminaltourist:innen möglichst schnell zurückschafft, leuchtet mir total ein. Aber vor allem bei Menschen, die ihren praktischen Lebensmittelpunkt im Gastland haben/hatten, vielleicht sogar dort erst kriminell wurden - da zweifle ich schwer am Sinn/Unsinn der Sache.

Entschuldigt bitte, wenn der Thread hier am falschen Ort, oder der Text zu ausschweifend ist.

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Die öffentliche Diskussion ist gerade nicht durch Vernunft geprägt, sondern durch tiefsitzende Ressentiments.

Erregungsbewirtschafter beuten dabei eine breit vorhandene Angst vor ‚Überfremdung‘ aus.

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Das stimmt so nicht. Der Normalfall ist, dass man nach absitzen seiner Strafe entlassen wird, bei guter Führung auch früher. Das gilt selbst für Wiederholungstäter. Und so gibt es z.B. bei Delikten wie Diebstählen oder Einbrüchen Rückfallquoten bei Wiederholungstätern von über 60% und dennoch werden die Menschen natürlich nach verbüßen ihrer Haftstrafe wieder entlassen. Bei Gewaltverbrechen ist die Rückfallquote zwar kleiner, aber sicher auch Bedingt durch weniger Gelegenheiten wegen des höheren Strafrahmens.

Ich würde sage sowas ist höchst individuell.

Da eine Gefahr unter Umständen ja auch Umfeldbezogen ist würde ich das nur zum Teil so sehen. Zudem ja durchaus möglich ist, dass auch das Aufnahmeland die Haft so umsetzt, evtl. durch Deutschland bezahlt.

Eine Integration setzt immer den Willen beider Seiten voraus. Bei Personen die bereits ihren Unwillen sich zu integrieren gezeigt haben finde ich braucht man nicht von Kosten der Integration reden, sondern man muss vielmehr sehen ob diese Person überhaupt bereit ist sich zu integrieren.

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Grundsätzliche Zustimmung, nur muss man bedenken, dass integrstionsunwilligen Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft in aller Regel eine zweite Chance gegeben wird. Das ist Kerngedanke des Strafvollzugs. Ich sehe keine vernünftigen Gründe dafür, warum man Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit hier grundsätzlich anders behandeln sollte.

Es geht ja nicht nur um eine Zweite Chance sondern viele der zuletzt abgeschobenen Menschensind ja Mehrfachtäter.

Warum sollte man als Gesellschaft akzeptieren müssen, dass Täter die in diesem Land sind um Straftaten zu verüben auch hierbleiben müssen?

Sie werden doch nicht grundsätzlich anders behandelt.

Ich glaube auch, dass es beim Thema Abschiebungen vor allem um emotional-affektive Motive geht und nicht um eine Abwägung, wie sinnvoll das wirklich ist. Denn da stellen sich einige Fragen:

  • wer wird eigentlich abgeschoben: Höufig sind das Menschen, derer die Behörden leicht habhaft werden können, d. h. Menschen mit einem festen Job, in einer Ausbildung, mit Familie etc.
  • wenn nur einer Abschiebung eine abschreckende Wirkung zugeschrieben wird, heißt das nicht im Umkehrschluss, dass wir unserem eigentlich Strafrechtssystem (jemand wird für eine Straftat verurteilt und bekommt dann eine Geld- oder Haftstrafe, das langfristige Ziel ist aber eine Resozialisierung) gar nicht mehr vertrauen? Was bedeutet das dann für den Umgang Straftäter, die nicht abgeschoben werden können?
  • oder liegt dem nicht doch die im Kern rassistische Wahrnehmung zugrunde, dass Menschen ohne deutschen Pass aus irgendeinem Grund per se krimineller, gewalttätiger etc. sind, als Deutsche (natürlich müssen solche Vergleiche immer Geschlecht, Alter und soziale Lage berücksichtigen). Es gibt ja jede Menge Äußerungen - selbst von Richtern - die etwa unterstellen, Gewalttaten mit Messern seien „der deutschen Kultur fremd“.
  • letztlich nährt der Ruf nach Abschiebungen vor allem die Illusion, ein Staat könne nach Gutdünken entscheiden, wer in ihm Leben darf und wer nicht. Die Gegenposition ist die des Rechtsstaats. Das bedeutet aber, dass auch Menschen ohne deutschen Pass hier Rechte besitzen, die sie im Zweifelsfall auch gegen das Handeln des Staates geltend machen können. Wenn etwa Söder nun fordert, „nicht mehr die Gerichte, sondern die Politik“ sollten entscheiden, ist das ein fundamentaler Angriff nicht nur auf die im Grundgesetz verankerte Gewaltenteilung, sondern auch auf das Prinzip der Menschenrechte. Denn dessen Idee basiert darauf, dass letztlich Menschen - also Individuen - die Träger von Rechten sind, die sie u. a. gegen staatliche Willkür schützen.
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Von „müssen“ kann ja keine Rede sein. Aber man kann (und aus meiner Sicht sollte) es als Gesellschaft akzeptieren aus denselben Gründen, aus denen es die Gesellschaft auch akzeptiert, dass verurteilte Straftäter mit deutscher Staatsangehörigkeit selbstverständlich im Land bleiben. Es sei denn, man geht davon aus, dass die Fähigkeit eines Menschen, nach Verbüßung einer Strage resozialisiert werden zu können (was ja das offizielle Ziel der Strafverfolgung ist) allein abhängig vom Besitz eines deutschen Passes ist.

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Resozialisierung ist in der Regel in einem geordneten Umfeld am einfachsten. Ausländer die in Deutschland ihr soziales Umfeld in gewissen Milieus haben zu resozialisieren dürfte nahezu ausgeschlossen sein. Das klappt selbst bei Deutschen kaum.

Ich bin auch gar nicht der Meinung, dass jeder Ausländer der Verurteilt wird sein Recht hier zu leben verwirkt, hier kommt es sehr wohl auf die einzelnen Fälle an, aber ich sehe wirklich keinen Grund Menschen die mehrfach mit schweren Gewalttaten aufgefallen sind unbedingt in Deutschland zu behalten, weil wir ja schließlich den Deutschen in diesem Fall auch nicht abschieben können.

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Das klingt aus meiner Sicht eher an einer fundamentalen Kritik an einem Strafverfolgungssystem, das auf dem Gedanken der Resozialisierung beruht. Wenn man das aber infrage stellt, sollte man es m. E. insgesamt tun. Was wir momentan haben, sind de facto zwei Parallelsysteme „Resozialisierung“ und „Ausgrenzen bzw. Loswerden“. Das finde ich aus rechtsstaatlicher Perspektive bedenklich, zumal sich das schärfere System gegen Menschen richtet, die nicht nur rechtlich, sondern auch ökonomisch und sozial ohnehin in einer schlechteren Position sind.
Wenn man davon ausgeht, dass hier lebende Menschen ohne deutschen Pass per se seltener ein „geordnetes Umfeld“ haben, könnte ja genau das auch eine Ursache für Kriminalität sein, die es zu bekämpfen gilt.

Nein. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass es mir um Differenzierung geht.

Resozialisierung hat ja nicht umsonst das „Re“ im Namen. Leute die hier schon in den Aufnahmeeinrichtungen kriminell wurden müssten aber überhaupt erst einmal überhaupt für dieses Umfeld sozialisiert werden und haben hier auch kein persönliches Umfeld welches dies Unterstützen kann.

Ein Ausländer mit einem stabilen Umfeld in Deutschland sollte meiner Meinung nach nicht automatisch abgeschoben werden dürfen. Ich bin hier sehr für Einzelfallentscheidungen. Ich bin auch generell absolut gegen die Abschiebung von integrierten Menschen mit Job oder Ausbildung, selbst wenn diese alle formellen Bedingungen für eine Abschiebung erfüllen.

Ich bin einzig dagegen Abschiebungen grundsätzlich mit dem Verweis auf Deutsche auszuschließen. Mit dieser Argumentation muss man ja automatisch die Grenzen für alle auf machen, weil wenn ein Deutscher hier leben darf muss das auch jeder andere tun dürfen.

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Wenn die Forderung darauf abzielt, dass das soziale Umfeld beim Umgang mit Straftätern stärker berücksichtigt werden soll, bin ich absolut bei dir. Das darf dann allerdings nicht nur im negativen Sinn der Fall sein („XY hat kein ausreichendes soziales Umfeld, also abschieben“), sondern es müsste umgekehrt auch eine politische und gesellschaftliche Aufgabe sein, ein möglichst stabiles soziales Umfeld für alle zu schaffen - nicht nur im Sinne der Prävention von Straftaten.

Den Zusammenhang verstehe ich wirklich nicht. Es geht ja um den Umgang mit Menschen, die im Geltungsbericht deutscher Gesetze Straftaten begehen - also um Menschen die schon hier sind. Was hat das mit der Frage zu tun, wer aus welchen Gründen nach Deutschland kommen darf? Und wie kommst du von der Forderung, in Deutschland lebende Menschen ohne deutschen Pass rechtlich nicht zu diskriminieren zu der Forderung, jedem Menschen auf der Welt ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren?

Ich sehe es nicht als rechtliche Diskriminierung. Nahezu alle Länder haben Gesetze die es ermöglichen Straftäter aus dem Ausland abzuschieben. Global gesehen sehe ich also keine Benachteiligung darin, wenn das Land in dem eine Straftat begangen wird sich das Recht herausnimmt den Straftäter in sein Heimatland abzuschieben.

Auch diese Möglichkeit ist Bestandteil des geltenden Rechts. Ich sage ja auch nicht es sei Diskriminierung von Erziehern, dass diese nach einer Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs ihren Job nicht mehr machen dürfen, während der Fließenleger zumindest die Chance hat in seinen Job zurückzukehren.
Ich bin auch nicht für Abschiebungen nach Bagatellvergehen. Jeder der eine Straftat begeht muss sich aber darüber im Klaren sein, dass über die reine Verurteilung hinaus auch noch weitere Konsequenzen drohen die im Einzelfall schlimmer als die Strafe sein können. Und diese können für den einen besonders hart sein, für den anderen nicht existent. Dies ist bekannt und niemand wird gezwungen eine Straftat zu begehen.

Dass natürlich eine bessere Integration auch Präventiv sinnvoll sein kann sehe ich absolut so. Deshalb bin ich auch dafür, dass Ausländer grundsätzlich besser integriert werden.

Wenn man aber die Chance hat illegal hierher zu kommen und dann die Forderung von manchen ist, dass man dann auch nie mehr abgeschoben werden darf, dann wäre es doch nur Konsequent zu sagen dann darf gleich jeder rein. Wenn man als Straftäter vor Abschiebungen geschützt wäre, während der der sich um Papiere für eine Arbeitserklaubnis kümmert das Risiko für eine Abschiebung erhöht, dann wären Straftäter ja sogar besser gestellt. Das kann doch nicht Zielführend sein!

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Und ich sehe hier wie schon ausführlich beschrieben, zwei unterschiedliche Rechtslogiken am Werk, die de facto eine Diskriminierung darstellen. Ich würde sagen: Belassen wir es an diesem Punkt dabei, unsere unterschiedlichen Bewertungen festzuhalten, gegenseitig überzeugen werden wir uns nicht

Weder die Möglichkeiten zur illegalen Einreise nach Deutschland noch die Forderung, illlegal Eingereiste „nie mehr“ abzuschieben haben irgendwas mit dem zu tun, was ich hier formuliert habe. Ddaher verstehe ich den Zusammenhang nach wie vor nicht.

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht wo die Diskriminierung bei einer Abschiebung von Straftätern oder auch Gefährdern ist.

Ich sehe in dem Ziel Straftäter und Gefährder aus Prinzip nicht abzuschieben vielmehr eine massive Gefahr für die allgemeine Akzeptanz sowohl von Geflüchteten als auch von legalen Migranten.

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Und wo genau liegt das Problem, wenn deutsche Staatsbürger anders behandelt werden als Ausländer?
Wer Staatsbürger ist, gehört zur Gesellschaft und kann seinen Aufenthaltstitel meines Wissens nach nicht verwirken. Mir ist nicht bekannt, dass die Gesellschaft jemanden loswerden kann (Exil etc.). Daher macht es Sinn, diese Leute zu resozialisieren.

Ausländer die hierherkommen, sind erstmal Gäste die einen (zeitlich begrenzten) Aufenthaltstitel erhalten. Wenn diese Menschen durch wiederholte Straftaten zeigen dass sie nicht zur Gesellschaft gehören wollen, sollte man sie abschieben dürfen. Wieso sollte eine Gesellschaft wie unsere ihre wertvollen und begrenzten Ressourcen (Bürgergeld / Sozialhilfe, Zeit von Psychiatern, Zeit von Sachbearbeitern, Gefängnisplätze usw.) für Leute verschwenden, die zur Gesellschaft nie etwas beigetragen haben und absehbar auch nicht werden?
Obwohl wir „eines der reichsten Länder der Welt“ sind, sind diese Ressourcen begrenzt, und werden es auch für immer sein sofern wir nicht unsere Gesellschaft radikalst umbauen wollen.

Das ist natürlich Diskriminierung, und meiner Meinung nach also solche auch gerechtfertigt.
Nicht jede Person hat die gleichen Rechte und Pflichten, nur weil sie sich auf deutschem Staatsgebiet befindet. Und das ist auch richtig so.

Um diese Diskiminierung zu vermeiden, müssen die Ausländer nur eines tun: keine Straftaten begehen. Das ist denke ich von den meisten Leuten die sich integrieren wollen nicht zu viel verlangt.

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Ich finde das nicht „natürlich Diskriminierung“, sondern sehe einen Unterschied zwischen einer Diskriminierung und einer andersartigen Benachteiligung.

Wer z.B. einen sehr guten Job hat hat bei einer Verurteilung auch viel mehr zu verlieren als ein Bürgergeldempfänger. Dennoch würden wir nicht von einer durch Gerichte erfolgten Diskriminierung von Leistungsträgern sprechen.
Bei bestimmten Taten darf der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden und auch hier spricht man nicht von Diskriminierung.
Diese indirekten Folgen werden dann ja auch bei der Strafbemessung in einem gewissen Maß mit berücksichtigt. Sie betreffen aber grundsätzlich jeden der vor Gericht steht und den ein gewisses Strafmaß erwartet.

Diskriminierung wäre es, wenn bei Migranten das Urteil aus Prinzip härter wäre, bei gleicher Tat.

Edit: Eine Gerechtfertigte Diskriminierung gibt es in meinen Augen nicht. Ich sehe aber nicht jede Ungleichbehandlung als Diskriminierung.

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Nochmal: Es ging bei meiner Aussagen nie darum, „aus Prinzip nicht abzuschieben“. Das ist einfach eine unredliche Pauschalisierung dessen, worüber wir diskutiert haben. Es ging mir ausschließlich um Abschiebungen aufgrund von Straftaten. Zudem suggeriert deine Formulierung aus meiner Sicht, dass ein Verzicht auf Abschiebungen in diesem Fall quasi gleichbedeutend wäre mit einem Verzicht auf eine Verfolgung nichtdeutscher Straftäter. Das ist natürlich nicht so, denn diese werden - wie deutsche Straftäter auch, nach denselben Gesetzen verfolgt und bestraft.
Und wenn jemand meint, aufgrund der Handlungen Einzelner einer ganze Gruppe und alle Angehörigen dieser Gruppe (in diesem Falle Geflüchtete oder Migranten) die Akzeptanz zu verweigern, ist das nichts anderes als Rassismus. Dann ist der aber das Problem und nicht die Frage, mit welchen Maßnahmen ein Staat das strafbare Verhalten Einzelner ahndet.

Wo suggeriere ich das? Falls das aus meinem Text herauszulesen ist möchte ich das gerne editieren, da ich das absolut nicht aussagen möchte.

Es ging aber im Ausgangsbeitrag ausgiebig darum warum Abschiebungen von Straftätern kontraproduktiv seien und das sehe ich anders.

Insbesondere wenn wir dabei bleiben, dass Abschiebungen insgesamt akzeptabel sind, dann können wir nicht ausgerechnet Straftäter von einer solchen Maßnahme ausnehmen.

Ich betrachte dauerhaft hier lebende Menschen - unabhängig davon, ob sie einen deutschen Pass besitzen oder nicht - als Mitglieder der Gesellschaft. Das ist etwas anderes als ein Gästestatus, der (etwa bei Touristen) dadurch definiert ist, dass jemand sich nur für einen begrenzten Zeitraum in Deutschland aufhält. Nun kann man natürlich darüber diskutieren, ab wann ein Aufenthalt „dauerhaft“ ist, aber bei mehreren Jahren würde ich schon davon ausgehen.
Wenn es aber schon absehbar ist, dass jemand mehrere Jahre hier leben wird, würde ich mehr Energie und Ideen darauf verwenden, diese Personen hier möglichst gut zu integrieren und dadurch die Chance zu erhöhen, dass sie das gesellschaftliche Zusammenleben bereichern. Wenn ich sie allerdings sowohl rechtlich, politisch und sozial möglichst in einer Form „verwalte“, die ihnen tagtäglich deutlich macht, dass sie ja eigentlich nicht dazugehören, sinkt aus meiner Sicht diese Wahrscheinlichkeit dramatisch.
Diese Abwägung halte für die Beantwortung der Frage, welchen reellen Nutzen Abschiebungen haben, für sehr viel relevanter als die Frage, wie beliebt diese bei der Mehrheitsgesellschaft sind. Denn da haben Abschiebungen, wie schon dargestellt, vor allem eine symbolische Funktion.

Alle von dir gestellten Fragen, warum eine Gesellschaft Ressourcen darauf verwenden sollte, Menschen zu unterstützen, gelten ja genau so auch für Menschen, die mit einem deutschen Pass hier leben. Da ließe sich genau so argumentieren, dass die Leute halt alleine klarkommen sollen und das nicht die Aufgabe der Allgemeinheit ist. Wenn ich allerdings im Sinne eines gesamtgesellschaftlichen Interesses argumentiere, frage ich mich, warum sich das ausschließlich auf Menschen mit einem deutschen Pass beziehen soll.

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Wenn du das nicht suggerieren willst, was ist dann der Zusammenhang? Warum soll allein ein Verzicht auf Abschiebungen bei Straftaten die ursächlich sein für weniger Akzeptanz gegenüber allen Geflüchteten und Migranten?

Und das ist eine viel spezifischere Fragestellung als das sehr viel allgemeinere „aus Prinzip nicht abschieben“, also komplett auf das Mittel der Abschiebung zu verzichten.

Auch wenn man Abschiebungen grundsätzlich für akzeptabel hält, folgt daraus eben noch lange nicht, dass sie deshalb mit jeder x-beliebigen Begründung akzeptabel und sinnvoll sind. Ich fände es sehr viel produktiver hier über sinnvollere und weniger sinnvolle Kriterien für Abschiebungen zu diskutieren, als über die Grundsatzfrage, in der wir unseren Dissens nun schon mehrfach festgestellt haben.

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