Nichtimpfer und was es mit ihnen auf sich hat

Bitte etwas mehr auf meine Punkte eingehen und etwas weniger Rundumschläge. Ich wohne seit einigen Jahren in Sachsen, betreibe hier sowohl ehrenamtlich als auch beruflich politische Bildung und beschäftige mich konstant wissenschaftlich mit dem Thema Verschwörungstheorien, Rechtsextremismus oä. Da weiß ich halt nicht was dann der Vorwurf „tatsächliche Auseinandersetzung“ soll, während man für sich beansprucht die Wahrheit zu sehen. Diese Mischung aus Ignoranz und Überheblichkeit macht einem das Antworten nicht gerade leicht.

Aber ein Missverständnis mag ich gerne aufklären, mir geht es nicht, um irgendeine „Verdrahtung“, sondern um manifeste Narrative, Ideologien bzw. Diskriminierungsformen, welche sich durch die deutsche Geschichte ziehen und immer noch präsent sind. Natürlich gibt es hier Graustufen. Das ändert aber nichts daran, dass dies aufgearbeitet und bekämpft werden müssen, nicht weil die Leute „schlecht“ oder „dumm“ sind, sondern weil diese Narrative so fester Teil der Gesellschaft sind. Darauf zu verweisen, dass nicht alle neo nazis bringt für die Problematik leider nichts.

Es tut mir wirklich leid, aber es fällt mir zunehmend schwer das Differenzierungsargument als etwas anderes als ein rethorisches Mittel zur immunisierung gegen jegliche Kritik zu sehen. Ich betone in jeden Threads stets, dass man diese Leute wieder in eine demokrat. Gesellschaft integrieren muss und Verweise auf konkrete Handlungsoptionen, das ändert aber nichts an der gut belegten Zusammensetzung dieser Szene. Es gibt einen Diskurs innerhalb der Impfgegner, dort sind gewisse Leute und Strukturen präsent, das heißt natürlich nicht, dass alle so sind. Trotzdem kann man Aussagen über dominante Narrative treffen, dass übernehmen dieser macht nicht jeden zu einem rechten oder manifesten Antisemiten und doch ist die Übernahme dieser Narrative eben ein Problem.

Die Gruppe der Impfgegner zu erweitern, um Person die niemals Teil der Problematik oder Kritik waren, geht am Diskurs vorbei, vor allem wenn es nur ein instrumentelles Argument zur Delegitimierung von Kritik ist.

Corona ist leider auch nicht die erste Diskussion mit derartigen Delegitimationstrategien, die Debatte um die Polizei, Rassismus und Polizeigewalt lief genauso ab und heute kam raus dass sich höchstwahrscheinlich in Köln Polizisten verabredet und einen Mann totgeprügelt haben. Aber ja #notallcops

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Okay, gut, wir müssen von mir aus bei den Ungeimpften differenzieren. Aber selbst der von pamacha verlinkte TAZ-Artikel überzeugt mich nicht, dass ich nicht auf einen großen Teil der Menschen, die sich nicht impfen, nicht weiterhin sauer sein darf.

Bei den Menschen, die das aufgrund von Sprach- oder sonstigen sozialen Barrieren nicht schaffen oder einfach nicht angesprochen und informiert worden sind, da tragen eindeutig Staat und Kommunen die Schuld, das gebe ich zu.

Aber sich nicht impfen zu lassen, weil man sich „gedrängelt fühlt“ (Zitat aus dem TAZ-Artikel)? Ich fühle mich zur Steuererklärung auch gedrängelt, aber wenn ich meine Steuern nicht zahle, schade ich der Allgemeinheit. Oder als „Möglichkeit, die Unzufriedenheit mit der Regierung auszudrücken“ (auch ein direktes Zitat)? Tut mir Leid, nein, auf solche Einstellungen bin ich, behaupte ich, zurecht sauer

Und die Sache mit der Angst: „Drei Viertel der Befragten hätten der Aussage „voll und ganz“ zugestimmt, sie hätten sich nicht impfen lassen, weil sie die Impfstoffe „für nicht ausreichend erprobt“ halten.“ Der Staat hat wirklich viel verbockt in der Pandemie und tut das auch weiterhin, aber die Sicherheit des Impfstoffes kann man nur noch anzweifeln, wenn man weder den staatlichen, noch den wissenschaftlichen Quellen mehr glaubt, und dann sind wird eben doch wieder bei den Querdenkern. Wovor soll man denn noch Angst haben? Rein statistisch ist selbst in Sachsen mehr als jeder Zweite geimpft und davon erstaunlich wenige tot umgefallen. Wir alle müssen immer wieder mal Dinge tun, die uns Angst machen, und wenn es nur die Wurzelkanalbehandlung beim Zahnarzt ist (da habe ich übrigens noch nie recherchiert, wie viele Langzeitfolgen die hat). Aber jetzt werde ich zynisch, Entschuldigung…

Also: Ja, es gibt sicherlich eine ganze Reihe von Menschen, die gar nicht erreicht wurden, und da sollte sich die Wut tatsächlich gegen den Staat richten. Für diese Menschen tut es mir Leid, wenn es bald eine Impfpflicht geben sollte, bevor sie die Chance hatten, selbst eine echt informierte Entscheidung zu treffen. Aber dass dafür die Zeit abgelaufen ist, hat genau die andere Gruppe verbockt, die bei der alle Gesprächsangebote, Informationen und sanfter Druck (3G etc.) ins Leere gelaufen sind. Diese Menschen verhalten sich, davon bin ich weiterhin überzeugt, wissentlich unsolidarisch und beschneiden in vollstem Bewusstsein uns alle unserer Freiheit.

Edit: Rechtschreibung und Zeichensetzung…

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