Neuer Ansatz "Inklusivum" für genderneutrale Sprache ohne Sternchen, auch im Singular

Der „Verein für geschlechtsneutrales Deutsch“ (https://geschlechtsneutral.net) hat als Alternative zum bisherigen Gendern das „Inklusivum“ als weiteres grammatisches Geschlecht entwickelt. Es ist sehr weit durchdacht, auf der Website gibt es Beispieltexte (über bekannte nonbinäre Personen) sowie einen „Übersetzer“ (beta-Version). Die Texte fühlen sich beim Lesen erstmal ungewohnt an, wie es Gendersternchen ja anfangs auch tun, nur betrifft es eben viel mehr Worte als nur Substantive. Das ging bei mir aber weg, nachdem ich es als eine Art „queeren Dialekt“ eingeordnet habe.

Die Lösung ist bestimmt nicht an allen Enden perfekt, aber sie ist (mit etwas Gewöhnung und nach einer Lernphase) weit besser als alles was wir bisher haben, speziell um über Personen zu sprechen die nichtbinär sind oder deren Geschlecht wir nicht kennen.

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Spannende Sache und gut, dass solche Alternativen entwickelt werden.

Allerdings ist das Thema in der Öffentlichkeit mittlerweile „verbrannt“ und hat einen hohen Triggerfaktor (vgl. Mau et al.). Eine große Mehrheit lehnt gendergerechte Sprache ab, weshalb sich in naher Zukunft nichts ändern wird.

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Wobei es hier nur eine einzige dieser Änderung zugeneigte Regierungskoalition braucht, die die Erweiterung der deutschen Grammatik als zulässig erklärt (ohne sie zur Pflicht zu machen). Das würde als Raum ausreichen, um eine langfristige und langsame Veränderung zuzulassen.

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Dieser Vorschlag löst ein Problem, das gendersternchen etc. bisher nur im Ansatz lösen konnten. Er erfordert aber wesentlich mehr Arbeit und Akzeptanz. Bevor das Inklusivum sich in der breiten Gesellschaft durchsetzt sollte es sich meiner Einschätzung nach (und so laufen die allermeisten Transformationsprozesse ab) erst einmal in der Nische bewähren. Wenn ein relevanter Teil der Menschen, die derzeit Gendersternchen u.ä. benutzen, das Inklusivum in ihre Sprache aufgenommen haben, kann es sich von den darunter befindlichen Multiplikatorne Schritt für Schritt in angrenzende Nischen und so in Richtung Mainstream verbreitet werden. Dann irgendwann macht es Sinn, diese Möglichkeit politisch zu unterfüttern, vorher wäre das viel zu top down und würde nicht angenommen werden. Für diesen ersten Schritt aber würde eine Erwähnung in der Lage eine gute Aufmerksamkeit schaffen.

Das ist richtig, doch ist aus meiner Sicht das Thema gendern nicht „wichtig“ genug. Es gibt einfach zu viele Dinge wie Ehegattensplitting, Kinderbetreuung, Frauen in Führungspositionen,… zahlreiche Dinge, die mehr bringen und wo die Erde noch nicht verbrannt ist.

Das Inklusivum ist deutlich gewöhnungsbedürftiger als Sternchen und co., dafür hat es den Vorteil, dass es eine geschlechtsneutrale Bezeichnung gibt.
Ich persönlich bevorzuge immer noch die Variante nichts hinzuzufügen, sondern einfach sämtliche weiblichen Varianten zu streichen. Dadurch werden Frauen zwar nicht mehr explizit hervorgehoben, was eigentlich schon wäre, aber dafür gibt es keinen Widerstand und langsam wird sich das geschlechterdenken ausschleichen. Hätte man das z.b. vor 20 Jahren gemacht, so gäbe es die erste Generation die Bundeskanzler als weiblich besetzt assoziieren würde. Zudem wären sämtliche alten Texte automatisch gegendert.

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Wie bitte?
Nein, dadurch werden Frauen sicher nicht mitgedacht. Das ist auch wissenschaftlich erwiesen, soweit ich weiß.

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Wie nennt man dann die Krankenschwester? Der Bundeskanzler ist deswegen männlich konnotiert, weil er jahrzehntelang männlich war.

Arved42 hat den Vorschlag verlinkt. Sehr spannend. Hier nochmal. https://geschlechtsneutral.net
Statt historisch: erst wurden nur Männer genannt, dann Männer und Frauen (-in), dann fügt man sprachlich noch „alles was nicht in die ersten 2 Schubladen passt“ hinzu (Sternchen etc), stattdessen eine neue Struktur, die Nomen etc pp direkt intrinsisch neutral macht. Erstmal mehr Aufwand, aber hat was.

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Das verwenden von männlichen Formen erzeugt Bilder von männlichen Personen, das ist in der Tat vielfach wissenschaftlich belegt. Niemand hat Angela Merkel als Bundeskanzler bezeichnet, und zwar weil sie eine Frau ist. Wenn wir von einer Person, die in der Pflege arbeitet, wissen dass sie männlich ist, nennen wir sie Krankenpfleger. Das ist alles geklärt und bedarf keiner weiteren Diskussion.

Spannend wird es, wenn wir das Geschlecht einer Person nicht wissen. Wie gesagt erzeugt das generische Maskulinum den falschen Eindruck, dass die benannte Person männlich sei, und Gendersternchen helfen nicht. Das Inklusivum ist komplex und nicht einfach zu lernen, was daran liegt dass die Geschlechtsidentität in der deutschen Sprache tief verankert ist und eine wichtige Rolle spielt. Wer der Ansicht ist dass es eine bessere Lösung gäbe kann sich gern der Diskussion darum anschließen, die entsprechenden links finden sich auf der Website des Vereins.

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Ich denke ja nicht, dass das grundsätzlich abzulehnen ist. Im Englischen ist das genau der Weg, der gegangen wurde, um die Sprache geschlechtergerecht zu machen (etwa actor statt actress). Allerdings ist ein Streichen einer weit verbreiteten Form ein weitaus größerer Eingriff in die Sprache als ein Hinzufügen. Außerdem wird so etwas, so lange es nicht weit verbreitet ist, eher dazu führen, dass die Sprache weniger inklusiv wirkt. Dagegen sind Formen, die neu geschaffen sind, auch schon nützlich, so lange sie nur von einem kleinen Teil der Bevölkerung genutzt werden.

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Die Frage ist, wie inklusiv die englische Sprache damit ist.
Amerika macht mir nicht den Eindruck, als wäre Gleichberechtigung in der Mitte der Gesellschaft angekommen, sonst gäbe es keine Diskussionen, ob wirklich die Zeit reif ist for a female president (was die Bezeichnung „President“ plötzlich wieder sehr männlich konnotiert erscheinen lässt).
England ist hier weiter, das hat aber eher historische als sprachliche Gründe.

Ich hoffe ja, dass niemand hier sich der Illusion hingibt, wir müssten nur die Sprache ändern und dann wird automatisch alles gut.

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Das ist so nicht korrekt. Ich habe immer von Frau Bundeskanzler gesprochen, weil ich ja auch Frau Oberfeldwebel sage. Da kommt niemand auf die Idee, dass die adressierte Person männlich ist.

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Das ist ja das Wesentliche an dieser Diskussion, die Sprache wird komplizierter und es nutzt keinem. Die türkische Sprache kennt kein grammatisches Geschlecht - ist man in Sachen Gleichberechtigung in der Türkei weiter als in Deutschland?
Das Problem von Menschen, die eine „geschlechtergerechte Sprache“ fordern ist, dass sie das „generische“des Maskulinums nicht anerkennen. Dabei versteht das in Deutschland jedes Kind. Ich habe den kleinen Nachbarsjungen nach dem Schulanfang gefragt, wie viele Schüler in seiner Klasse lernen. Er hat nicht nur die Jungen gezählt.
Wenn die Mehrheit der Menschen, die deutsch sprechen, der Meinung ist, dass es neue Worte braucht, dann entwickeln sich diese ganz von allein. Als Beispiel sei hier das Handy genannt, ein Wort, das inzwischen jeder kennt und versteht, welches es aber in meiner Kindheit nicht gab.
Da braucht es keinen Verein, der sich Kunstsprache ersinnt.

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Ich stimme dir zu, finde es aber ok wenn Vereine wie diese so etwas verfolgen um das Thema sichtbarer zu machen. Ich habe mich auf der Seite mal umgesehen und bin mir sicher das verstehen zu können. Nur bitte nicht ‚hitzig‘ werden wenn es nicht adoptiert wird.

Ich als Außenstehender freue mich immer über solche Einblicke in eine Bubble, zuder ich sonst wenig Bezug habe.
Da das Gendern mit Sternchen problematisch ist, und sich dieser Vorschlag noch nicht durchgesetzt hat, bleibe ich bis auf weiteres beim Dudenstandard. Getreu nach dem Motto: „Es ist besser, nicht zu gendern, als falsch zu gendern“.
Über Erfahrungen aus der Nische höre ich aber immer gerne.

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Ich bin jetzt auch nicht super tief in dieser bubble, aber offensichtlich tief genug um diese Dinge zu finden. Aus der Perspektive würde ich dir genau das entgegengesetzte Motto vorschlagen. :smile: Meiner Erfahrung nach wird einfach der Versuch, in der eigenen Sprache inklusiv zu sein, wertgeschätzt, und Fehler dann vielleicht angesprochen, aber als total verständlich wahrgenommen. Wobei es da natürlich auch unterschiedliche Perspektiven gibt.

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Ja, männliche Formen erzeugen Bilder von Männern. Wenn man allerdings nur noch die männliche Form hat, dann sind alle gezwungen diese zu nutzen, egal ob männlich, weiblich oder divers. Das hieße in meinem Beispiel, das es zum Ende der Amtszeit von Merkel alle Deutschen unter 16 Jahren nur einen weiblichen Bundeskanzler kennen würden. Der männliche Begriff wäre für diese Menschen also weiblich besetzt.

Aus meiner Sicht geringer als das Inklusivum. Wesentlicher Vorteil gegenüber allen Alternativen die ich kenne ist jedoch, dass die Sprache dadurch einfacher und kürzer wird.
Ich würde sogar soweit gehen, dass der einzige Grund für die Einführung von weiblichen Formen in der Unterscheidung liegt und damit eine wesentliche Ursache für Diskriminierung ist.

Dass das so nicht kommen wird, ist mir auch klar, den das müsste von den Frauen aus kommen die gerade so sehr für die Einführung von weiblichen Formen kämpfen. Mit ist auch klar, dass sich dadurch kurzfristig die Lage nicht verbessert. Das dauert 2-3 Generationen. Ich halte es jedoch für nachhaltiger das Denken zu ändern statt der Sprache.

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Folgendes Gedankenexperiment:
Wie wäre es, für alles nur noch ausschließlich die weibliche Form zu verwenden?
Fändet ihr Männer das gut…? :wink:

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Grundsätzlich habe ich da kein Problem damit. Die Schwierigkeit liegt eher darin, dass für ein wirkliches Abschaffen von Geschlechtsunterschieden in der Sprache auch das grammatische Geschlecht abgeschafft werden müsste, und das ist wirklich ein massiver Eingriff ins Sprachbild.

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