Neue Partei zwischen Union und AFD

Laut Welt gibt es Gespräche zwischen Personen und Gruppen rund um die AFD und CDU, es fallen die Namen Werteunion, Maaßen, Lucke, sowie der rechtslibertäre Publizist Markus Krall und die fraktionslose Bundestagsabgeordnete Joana Cotar (ehemals AfD), die Zusammenarbeit zu intensivieren, bis hin zur Neugründung einer Partei.

Mehrere Politiker aus dem Spektrum zwischen Union und AfD verhandeln über die Schaffung einer gemeinsamen Vereinigung. Auch die Gründung einer Partei oder der Beitritt zu einer Partei stehen im Raum. Das erfuhr WELT aus Kreisen der AfD, Abgeordnete der Partei sind a den Plänen beteiligt. … Ob eine solche neue Vereinigung tatsächlich verwirklicht wird, ist noch nicht beschlossen. Ziel führender a den Verhandlungen beteiligter Personen ist der erstmalige Antritt bei der Europawahl im Juni. Inhaltliche Leitlinien sollen etwa eine restriktive Migrationspolitik und einen starken Rückbau der Kompetenzen und Institutionen der Europäischen Union beinhalten. Einen Ausschluss einer Koalition mit der AfD soll es nicht geben.

Leider Paywall.

Auch auf X wurde es z.B. von Union Watch aufgegriffen
https://x.com/watch_union/status/1734963898900492289?s=61&t=DIl0_lDM-4ansnlHKDqHfQ

Mich irritiert, dass diese Vorgänge bisher nur von der Welt berichtet wurden, und es noch keine öffentlich Diskussion gibt, denn in dem Thema steckt für mich Brisanz, und könnte die deutsche Parteienlandschaft bei der Europawahl und den drei Landtagswahlen zusammen mit dem Bündnis Wagenknecht gehörig durcheinanderwürfeln.

Also für eine Teilnahme an der Europawahl müsste ein Wahlvorschlag bis Mitte März inkl. 4000 Unterstützerunterschriften eingereicht werden.

Die Wagenknechte werden das vermutlich schaffen, wenn sie bis Ende Januar unmittelbar nach Parteigründung die Wahlliste aufstellen.

Viel länger könnte sich so eine Rechtsradikal-Light-Partei allerdings nicht Zeit lassen, denn dann wäre es sehr bald zu spät. Desweiteren müsste man sich fragen, was Anlass zur Annahme bieten soll, diese neue Partei könnte irgendwie besser performen als LKR, „die Blauen“ und vergleichbare Projekte aus der AfD vergraulter Gestalten.

Ich stelle daher einfach mal die Vermutung in den Raum, dass es dabei weniger um ein ernsthaftes neues Parteiprojekt geht, sondern primär die Union von rechts unter Druck gesetzt werden soll, auf jeden Fall ihren rechtspopulistischen Kulturkampfkurs fortzusetzen oder sogar zu intensivieren, statt sich u.U. wieder etwas mehr in Richtung Mitte und Vernunft zu orientieren, wofür Leute wie Günther oder Wüst bereit stünden.

Das würde dann auch vielleicht erklären, warum eine rechte Zeitung (Wort geändert Mod.) wie die WELT diese Story exklusiv hat.

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Genau das dachte ich auch. In der Union tobt ja gerade ein heftiger Kampf um den Kurs der Partei: Während sich Merz, Linnemann, Spahn und andere in Duktus und Positionen immer mehr der AfD annähern und die Hessische CDU die Grünen aus der Regierung wirft, gibt der MP von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, jüngst ein Interview, in dem er seine Koalition mit den Grünen feiert. Wo sich Hendrik Wüst, der MP von NRW, letztlich positionieren wird, ist noch nicht raus, aber auch er gilt als deutlich liberaler als Merz und Linnemann (obwohl beide ja auch aus seinem NRW-Landesverband der Union stammen). Und der Berliner Regierende Bürgermeister schießt scharf gegen Merz, indem er offen eine Abkehr von der Schuldenbremse fordert.

Kurz: Bei der Union brennt ganz schön die Hütte, auch wenn das in den meisten Medien bisher nur wenig Raum einnimmt … auch bei uns hätte das sicher viel deutlicher werden sollen.

Aber macht man sich das klar, dann ist die Frage schnell beantwortet, warum die rechts-offene „Welt“ vor einer neuen Partei rechts der Union warnt: natürlich damit die Union rechts keine Lücken lässt, indem sie weiter nach rechts rückt, so wie Merz etc. es gerade betreiben.

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Der Analyse stimme ich vollkommen zu.

Ich stelle hier mal eine steile These auf. Wüst, Günther uvm. halten die Füsse still, wegen den Wahlen in den Ostdeutschen Bundesländern. Wenn die AFD nur in einem Bundesland vor der CDU landet werden „die Messer gezogen“ und Merz, Spahn und Linnemann können abdanken.
Danach werden wir aber auch eine Abspaltung von Teilen der Ost CDU Richtung neue Partei oder Freie Wähler sehen, so meine These.

Übrigens, der Union fehlt im Moment auch der natürliche Koalitionspartner in vielen Bundesländern. Die FDP ist nicht mehr verfügbar, weil kaum Sitze in den Parlamenten. Darum muss die CDU mit SPD und Grünen koalieren, welche die Bundesspitze eigentlich zum Hauptgegner erklären.
Die CSU kann sich noch mit den Freien Wählern grade retten.

Ich stimme eurer Analyse grundsätzlich zu, dass in der CDU ein harter Richtungsstreit tobt.

Andererseits ist im Artikel die Rede hauptsächlich von (ehemaligen) AFD Mitgliedern, sowie Personen und Gruppen am äußersten rechten Rand der CDU (Maaßen, Werteunion).
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es für diese Personen interessant wäre, diese anscheinend existierende Lücke zwischen AFD und CDU zu füllen, um damit weder eine CDU Brandmauer einhalten zu müssen, noch den ideologisch völkischen und zutiefst rassistischen Kurs der Höcke AFD mitgehen zu müssen, bzw. vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden.

Teile das definitiv!
Was die Personalfrage anbelangt: Im Podcast „Die neuen Zwanziger“ hat Stefan Schulz auch schon vor Monaten mit überzeugender Begründung prognostiziert, dass für Merz nach den Wahlen im Osten Schluss sein wird. Jedenfalls hat er sich meiner Meinung nach nicht das Format und politische Standing, Kanzlerkandidat zu werden. Zu wenig Erfahrung in wichtigen Ämtern, zu sehr populistische Krawall-Witzfigur. Strategisch klügere Politiker in der Union nutzen das und halten sich gerade vornehm zurück (vom bayrischen MP hört man seit der Landtagswahl zufälligerweise recht wenig :wink: - der hätte deutlich mehr vorzuweisen, wenn es zur Kandidatenkür kommt).
Bei Spahn bin ich mir nicht ganz so sicher. Er steht in letzter Zeit schon für einen rechtskonservativen Kurs, aber ich meine mich auch an andere Töne von ihm zu erinnern. Zudem ist er nicht so exponiert wie Merz und Linnemann, wenn „personelle Konsequenzen“ anstehen.

Genau. Finde diese Rhetorik gegenüber den Grünen, während man weiß, dass man wahrscheinlich mit ihnen koalieren muss, im Hinblick auf Ernsthaftigkeit und Vertrauen in die Politik ziemlich gefährlich.

Bilde mir aber ein, dass die Union langsam merkt, dass sie auf die FDP keine Rücksicht zu nehmen braucht, da die allein ihr keine Koalition ermöglichen wird und die Grünen oder die SPD (die die Union sich gewissermaßen beide warm halten muss, entweder für ein Dreierbündnis oder um sie in Sondierungen gegeneinander auszuspielen) sicher eher zögern würden, im Rahmen von „Jamaika“- oder „Deutschland“-Koalition nochmal mit der FDP zu koalieren. Finde leider die Äußerung aus der CDU nicht mehr, die mich dazu gebracht hat.

Ich befürchte dennoch, dass früher oder später die Union gegenüber der AfD schwach wird. Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen kommen wohl zu früh, aber nach diesem Schock könnte die Union unter dem (vielleicht sogar ernst gemeinten, aber mindestens naiven) Deckmantel von „Pragmatismus“ und „Wille der Mehrheit“ beginnen, personell und inhaltlich eine Zusammenarbeit mit der AfD vorzubereiten. Dabei würde sie die anständigen Politiker:innen und Wähler:innen verlieren, aber es dürfte schon wegen der Trägheit der Masse reichen.

Neben den immer möglichen Überraschungen ist für mich aber BSW die große Unbekannte, sowohl bezüglich Erfolg bei den Wähler:innen als auch bezüglich Koalitionsoptionen.

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Wo du das grade so schreibst, ist mir der Gedanke gekommen, dass doch die Freien Wähler eine Partei zwischen Union und AFD sind, oder täusche ich mich?

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Dass die FW rechts von der CSU stehen sehe ich tatsächlich nicht. Die FW sind im Kern immer noch eine stark kommunal verankerte Partei mit Fokus auf pragmatischer lokaler Arbeit.

Euern Optimismus in allen Ehren, aber da glaub ich nicht dran. Selbst wenn die AfD in allen drei Bundesländern vor der Union landet, wird Merz dasselbe machen wie die FDP jetzt mit ihren miserablen Umfrageergebnissen: Double-Down! Dass die AfD stärker als die Union ist, liegt dann offensichtlich daran, dass die Union noch nicht rechtspopulistisch genug ist, und Merz muss einfach noch viel mehr rassistisches Zeugs erzählen und gegen Grüne, Klimaschützer, Bürgergeldempfänger usw. hetzen um die Wähler der AfD zurückzugewinnen! Und Wüst und Günther können sich dann entscheiden mitzumachen oder endgültig zu Randfiguren in der Partei degradiert zu werden.

Insofern interpretiere ich die auffallende Stille von Leuten wie Günther/Wüst auch nicht als taktische Pause, sondern als Eingeständnis, dass die CDU-Mehrheit eben voll auf dem post-faktischen Merz-Kurs ist, und man deswegen lieber mal den Mund hält um zumindest lokal noch (mit den Grünen) einigermaßen unbehelligt seine Arbeit fortführen zu können.

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Ich finde bei der Union brennt nur insofern die Hütte, dass es einen Machtkampf geben wird, wer letztendlich Kanzlerkandidat werden wird. Ich denke nicht, dass Merz einfach das Feld überlassen wird und Söder ist auch so eine Querschläger, der es nochmal versuchen kann. Wüst ist sowieso auch ein möglicher Kandidat. Das wird auf alle Fälle spannend.

Davon abgesehen wundern mich hier paar Kommentare, z.B.:

oder

Warum sollte man jetzt, in einem Moment in dem die Ampel historisch schlecht da steht, mit dem verfassungswidrigen Haushalt einen riesen Bock geschossen hat und dadurch viele unpopuläre Maßnahmen umsetzen muss (z.B. CO2 Preis Erhöhung ohne Klimageld), einen offenen Machtkampf in der Union vom Zaun brechen?
Insbesondere bei den Umfragewerten in denen die Union jetzt fast so viel % hat, wie die Ampel insgesamt.
Die Situation nach den Wahlen im Osten wird nochmal eine andere sein, aber auch hier steht die Union zurzeit (v.a. im Vergleich zu den Ampelparteien) sehr gut da.

Tl;dr:
Bei den jetzigen Umfragen und der Unbeliebtheit der Ampel wäre es wirklich dumm, einen Machtkampf zu beginnen. Deswegen ist es bei der Union so still und der Machtkampf kommt erst, wenn ein Kanzlerkandidat auserkoren werden soll.

Vielleicht weil man aufrechter Demokrat ist und das von den US-Republikanern abgekupferte, kulturkämpferische AfD-Förderprogramm von Merz, Linnemann und Co. aus inhaltlichen bzw. Gewissensgründen ablehnt?

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Also für Bayern gesehen muss man sagen, dass die FW sehr heterogen sind und lokal bzw. Regional sich eher über die Themen vor Ort abgrenzt. Weil dadurch ganz unterschiedliche Menschen auch nach oben gespült werden dürften die auch auf Landesebene noch recht heterogen sein. Als offizielle Linie wird aber halt doch das ausgegeben was Aiwanger vormacht.

Demnach würde ich sie von Landesebene aufwärts dann schon eher als bürgerlich-rechts sehen.

Beim aktuellen Kurs der Union schenkt man sich aber nicht viel und so sehe ich in Bayern CSU und FW als ähnlich positioniert an, wobei die FW auch Leute ansprechen die gegen das „establishment“ sind.

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Das gilt für Bayern.
Ich fürchte, dass in den anderen Bundesländern Aiwanger zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird.
Und ich sehe Chancen, dass die FW im nächsten Bundestag sitzen.

Du meinst, dass dort generell der Kurs Aiwanger gilt? Wäre naheliegend, da er ja das prägende Gesicht ist.
Ob Aiwanger außerhalb Bayerns so zieht glaube ich eher nicht. In Bayern ist seine Masche ja sich mit dem Volk zu solidarisieren. Gibt es ein Bürgerbegehren mit nennenswert Unterstützung ist er dafür, ganz egal wofür oder wogegen es sich richtet. Mit vor Ort Termin beim Feuerwehrfest. Das kann er aber nicht bundesweit so machen.

Die potentielle neue Partei dürfte daher in Bayern auch eher Schwierigkeiten haben. In anderen Bundesländern könnte sie aber in eine Lücke springen zwischen.
Weniger radikal als die AfD dürfte sie bei den angesprochenen Namen nicht wirklich sein. Nur etwas elitärer und wahrscheinlich weniger derb in der Kommunikation. Im blödesten Fall spielen die dann mit der AfD zusammen good cop bad cop.

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Man muss das dann aber auch politisch klug angehen und nicht versuchen den Vorsitzenden zu stürzen, während die Union wieder bei > 30% steht.

Jetzt einen Machtkampf zu führen wäre meiner Meinung nach politischer Selbstmord und würde zudem auch noch von den Streitereien innerhalb der Ampel ablenken. Deswegen macht es in meinen Augen schon Sinn, dass in der Union (mehr oder weniger) heile Welt gespielt wird.

Here we go.
Maaßen und die Werteunion lassen Ende Januar in einer Abstimmung innerhalb der Werteunion über die Neugründung einer Partei abstimmen.

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Herr Maaßen heute im Interview. Mehrfach fiel der Satz, er möchte Parteien und Politiker, welche die Probleme in diesem Land offen ansprechen.
Betonung liegt auf „ansprechen“, nicht auf „lösen“.

Brauchen wir da noch eine Partei dafür?

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Moralisch nein, taktisch Ja. Wenn Maaßen auch noch eine Rechtsaußenpartei ohne Inhalte wie AfD und Union gründet, zersplittert der rechte Rand weiter. Wenn dann noch Wagenknecht kommt, verteilen sich die Querdenker, Egoisten, Putinfans und Rechtsradikalen auf 3 Parteien. Zusätzlich könnte noch die Union Stimmen einbüßen, was auch gut für das Land wäre. Möglicherweise wird die Union ja irgendwann wieder eine echte demokratische Partei ohne Dauerlügen und billige Polemik.

Ob Maaßen der richtige ist zu mahnen, „Probleme anzusprechen“, wo er doch sein rechtes Auge jahrelang im BfV nicht nur zugedrückt, sondern regelrecht zugeklebt hat, sei mal dahingestellt.

Das Ansprechen von Problemen und das Anbieten von Lösungsvorschlägen sind zwei Seiten einer Medaille, die nicht immer gleichmäßig und ausgewogen von einer Seite in den Diskurs eingebracht werden müssen – einen solchen Anspruch zu erheben kann zu schnell auch dazu dienen, andere Stimmen abzuwürgen, frei nach dem Motto: „wenn du es nicht besser kannst, sei lieber still“.
Deinen Punkt @Mike teile ich aber im Hinblick auf die CDU dennoch, da sie – die Haushaltskrise bewahrheitet aktuell mustergültig, was sich durch die bisherige Legislaturperiode zieht – viel eher daran interessiert ist, tatsächliche, nicht selten aber auch aufgebauschte oder herbeigeredete Probleme der Ampel auszubeuten, statt im richtigen Moment eigene und konstruktive Lösungsvorschläge einzubringen.

Hoffen wir’s. Glaub ich nicht so recht dran, befürchte eher weitere Normalisierung der Rechtsextremen und Verschiebung der „Mitte“. Nach dem Motto „Wenn es so viele rechte Parteien gibt, kann ja nicht so viel Schlimmes dran sein.“

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