"Nazi Symbol" und unser Umgang damit

Warum lassen wir es zu, dass Rechtsextreme immer mehr Gegenstände als ihre Symbole Framen. Früher waren es ja nur Springerstiefel, Bomberjacken und Glatzen. Und eigentlich war das ja schon schlimm genug. Ich mag Bomberjacken, weil die einen angenehmen Schnitt haben, und ein Toupet will ich mir nicht aufsetzen. Womit ich in der Öffentlichkeit ja schon zu 2/3 als Nazi identifiziert werde. Und das obwohl ich eher sehr weit links im politischen Spektrum stehe.

Aber mittlerweile wird es ja immer noch schlimmer: Neu sollen auch Dackel als Insignien der Rechtsextremen herhalten. Warum lassen wir uns das Gefallen, dass sich die Rechtsextremen diese Insignien aneignen.

Der Dackelzüchter der seit 30 Jahren Dackel züchtet muss sich nun plötzlich rechtfertigen, dass er mit Dackeln spazieren geht. Dabei kann weder er Züchter noch die Hunde etwas dafür, dass die Nazis aus einer Hunderasse ein Nazisymbol gemacht haben. Soll er seine Hunde nun einschläfern? Muss er rechtsextrem werden?

Dasselbe zum Beispiel mit der 88. Wer das Pech hatte 1988 geboren zu werden verzichtet vorzugsweise auf einen Namen wie „Tom88“ und erst recht auf „Adolf88“. (OK, warum Kinder nicht einfach Adolf nennen, wäre hier die nächste Anschlussfrage, aber das ist dann selbst mir zu schlimm.) Das gilt ja für ganz viele Zahlen: 4 8 18 19 28 84 88 444 …

Warum geben wir den Rechtsextremen die Macht, allgemeine Begriffe zu besetzten. Warum können wir nicht einfach sagen, „Jööh, der Nazi mag Dackel“ sondern wir müssen gleich sagen: „Dackelbesitzer sind Nazis.“

Wie soll das denn Weitergehen, wenn die Nazis plötzlich „Bahnfahren“ oder „Solaranlagen“ cool finden. Müssen wir dann alle Autofahren und unsere Solaranlagen von den Dächern reissen?

Das ganze Verhält sich ja ein bisschen ähnlich wie mit den Mitteparteien, die den Rechtsextemen Positionen zustimmen, in der Hoffnung dadurch von diesen ein paar Wähler zu gewinnen. Faktisch aber immer mehr eigene Leuten die scheu vor den Rechtsextremen Positionen nehmen. ("Jetzt bin ich schon ein glatzköpfiger Dackelzüchter und es halten mich eh alle für einen Nazi, dann kann ich auch gleich AFD wählen. ")

Die Diskussion, was zu tun ist, wenn Nazis bestimmte Zeichen besetzen, kommt immer mal wieder auf. Zuletzt hatten wir die Diskussion im Hinblick auf den Wolfsgruß / Leisefuchs.

Natürlich kann man versuchen, gegen die Vereinnahmung zu kämpfen. Je früher man damit anfängt und je eindeutiger man dabei ist, desto eher wird man Erfolg haben. Wenn sich ein Zeichen erstmal in’s kollektive Gedächtnis als „von Nazis besetzt“ eingebrannt hat wird es nicht mehr möglich sein, das Zeichen zurück zu bekommen.

Von wem kommt denn diese Vereinnahmung? Sagen „die Nazis“ (dieser Begriff an sich ist „schwierig“) denn selbst, dass der Dackel jetzt ihnen „gehört“ oder kommt das von außen?

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Ich würde nicht alles in einen Topf werfen. Bei manchen Symbolen (etwa der 88) tut es nicht groß weh, darauf zu verzichten. Da ist das Problem eher, dass manche Menschen sich der Nazi-Assoziation nicht bewusst sind und deshalb vielleicht fälschlicherweise negativ assoziiert werden.

Andere Themen wie Dackelhaltung oder auch Glatze bzw. Bomberjacke sind mehr oder weniger weitreichende Lebensstil-Entscheidungen, da würde ich auf jeden Fall sagen, dass man sich das nicht durch Nazis vermiesen lassen sollte. Wenn man proaktiv damit umgehen will, könnte man diese Symbolik selbst unterwandern (und dem Dackel im Winter ein Antifa-Jäckchen anziehen und einen Aufnäher an der Bomberjacke anbringen).

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Also das mit dem Dackel höre ich zum ersten Mal. Schweigefuchs mach ich weiterhin und bei 88 hinter einem Namen schau ich mir halt die Aussage an wie bei jedem anderen auch. Bomberjacke und Glatze kann auch Punk sein. Klar gibt es Symbole und gerade in Häufung wird es vermutlich hinterfragt. Wer Tom88 heißt, Glatze Schäferhund und Bomberjacke trägt und aus Brandenburg kommt sollte vielleicht ein FCK AFD Shirt zusätzlich tragen. Dann weiß jeder bescheid ^^

Vom „Schweigefuchs“ habe ich erst hier erfahren, und das finde ich wirklich eine Katastrophe. Warum müssen Lehrer pädagogische Konzepte, die gut funktionieren umkrempeln, weil Faschisten am anderen Ende von Europa eine Geste für sich beanspruchen.

Naja ich denke ein Begriff steht dann für ein Nazis, wenn er in der allgemeinen Öffentlichkeit mit Nazitum assoziiert wird. Das ist halt meist auch Kontextabhängig. Ein Deutscher, der sich in Deutschland ein Hakenkreuz tätowieren lässt ist wohl ein Nazi. Ein Inder der dasselbe in Indien macht wohl nicht.

Und genau darum gehts mir. Wir müssen mit aller Gewalt dagegen halten, dass immer mehr Symbole als Nazisymbole gesehen werden. Ich werde zum Beispiel den Schweigefuchs aktive annehmen, um den als „Kindergeste“ in die Welt zu tragen.

Nicht wir sollten uns das Leben schwer machen müssen, um nicht versehentlich mal beim Strecken in der Öffentlichkeit, versehentlich eine Straftat zu begehen.

Bei den Zahlen ist halt das Problem, dass diese Gerne verwendet werden, um damit Merchandise zu versehen, mit dem sich die Rechtsradikalen Strukturen finanzieren. Hakenkreuze, „SS“, und SS-Schädel sind als illegale Zeichen nicht lange vermarktbar. Aber eine „88“ kann gegenüber dem Staat immer als "coole Zahl " behauptet werden. Aber hier sollten weder die Zeichen noch die Zahlen verboten sein. Es sollte schlicht Verboten sein rechtsradikale Organisation finanziell zu unterstützen.

Die Vereinnahmung geht meist von den Nazis aus.
Man möchte identifiziert und mit Gleichgesinnten in Kontakt kommen.
Es spricht also nichts dagegen diese Symbole auch zu nutzen, aber es könnte halt sein, dass man auf der Straße von Leuten angequatscht wird, mit denen man sich nicht unterhalten möchte - leider droht das gleiche von links, die natürlich auch die Symbole kennen.

Da die grauen wölfr eine der größten (die größte?) faschistische Bewegung in Deutschland sind, würde ich sie jetzt nicht unbedingt nur „am anderen Ende von Europa“ verorten.

Im Kindergarten denkt jeder an einen Schweigefuchs, im Fußballstadion eher nicht. Damit gibt es eigentlich kein Problem, solange man auf den richtigen Kontext achtet.

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