Narrativ der Kernkraftwerke als Retter

Ich habe eine Frage zu dem Narrativ, das bezüglich der Kernkraftwerke von Union und Co benutzt wird. Und zwar geht es in die Richtung „Kernkraftwerke zu reaktivieren ist ganz einfach, man muss es halt nur wollen. Und schwupps wären unsere Probleme alle gelöst!“. Dass das gleich auf ganz vielen Ebenen sowas von faktisch falsch und kompletter Bullshit ist, wird aber meiner Ansicht nach viel zu wenig thematisiert. Warum ist das denn so?
Nur in Stichpunkten, wieso die Argumentation falsch ist:
Zum Thema „mal eben“: Es würde etliche Jahre dauern.
Zum Thema „Lösung“: Kernkraftwerke sind kein Ersatz für Gaskraftwerke; sie liefern eh viel zu wenig Energie; in Frankreich müssen sehr viele Kernkraftwerke abgeschaltet werden, weil sie marode sind oder zu wenig Kühlwasser haben

Dafür bräuchte es von deiner Seite erstmal Belege. Der Weiterbetrieb im Sinne einer Laufzeitverlängerung wäre mindestens für die drei noch laufenden und wahrscheinlich auch für die drei zuletzt „abgeschalteten“ (sind übrigens nicht wirklich „abgeschaltet“, sondern werden langsam heruntergefahren) durchaus eine kurzfristig wirksame Maßnahme.

Es ist doch so: die Regierung möchte die Verstromung von Erdgas durch die Inbetriebnahme alter Kohlekraftwerke beenden. Atomkraftwerke sind aber immernoch besser als Kohlekraftwerke. Warum dann also nicht lieber die Atomkraftwerke nutzen, um im Winter unseren Erdgasversorgung zu entlasten?

Und bezüglich Frankreich: ja, bei den hohen Temperaturen kommt es dazu, dass die Leistung einiger Kraftwerke gedrosselt wird, um sie an die höhere Temperatur des „externen“ Kühlwassers anzupassen. Wir reden aber ja um ein Problem im Winter und Frühling, da werden die Atomkraftwerke keine Probleme haben.

4 „Gefällt mir“

Weil dann diese Büchse der Pandora wieder offen ist und sollte es zu dem Alptraum Schwarz-Gelb kommen bei der nächsten Bundestagswahl werden wir die Atomkraft nicht mehr los. Außerdem ist der Markt für Brennstäbe auch russisch dominiert. Zusätzlich können Atomkraftwerke nicht bedarfsgerecht hoch und runter gefahren werden. Die ganze Debatte wird deswegen speziell aus Bayern do befeuert, weil die CSU spürt wo ihre extrem schlechte Energiepolitik gerade hinführt.

9 „Gefällt mir“

Das ist aber nicht ausschliesslich ein Kühlwasserproblem. Viele der Reaktoren in Frankreich sind auf Verschleiss gefahren worden, befinden sich jetzt im Wartungszyklus und dann finden sich jede Menge Beschädigungen und Gefahrenquellen, die erst einmal beseitigt werden müssen.

Ist das ein generelles Problem der Atomkraft?
Eigentlich nicht, denn wenn man früher die Probleme behoben hätte, wären sie heute vermutlich weniger schlimm. Es ist eher ein Problem der Gewinnmaximierung. Wartung kostet Geld, viel Geld. Nicht nur weil Reperaturen durchzuführen sind, sondern auch weil man derweil keinen Strom produziert. Also Aufschieben. Fällt das Kind dann in den Brunnen wird der Staat schon rettend daneben stehen.

2 „Gefällt mir“

Es ist also pure Ideologie. Sorry, aber das ist doch einfach kein Argument in unserer jetzigen Situation. Sollte die Atomkraftdebatte dann in einem Jahr nochmal geführt werden, dann ist das halt so. Wenn Sie doch so gute Argumente gegen die Atomkraft haben, müssen Sie diesen Diskurs ja nicht scheuen.

Was ist denn aus dem „jede Tonne CO2 zählt“ Narrativ geworden, dass einem ansonsten bei jeder Diskussion von linksgrün um die Ohren geworfen wird? Scheinbar gilt das nicht mehr, wenn man mal die eigenen Grundsätze hinterfragen muss.

9 „Gefällt mir“

Ein Kraftwerk, das produziert, ist in jedem Fall besser als eines, das nicht (mehr) am Netz ist. Sollte im Winter das Erdgas knapp werden, dann würde das Weiterlaufen der AKWs es ermöglichen, dass wir ein mittelgroßes Bundesland weniger vom Netz abtrennen müssen als ohne AKWs.

Man mache sich klar: an den kältesten Tagen im Jahr, wenn bei uns und unseren Nachbarländern die Spitzenlast eintritt, brauchen wir jedes verfügbare Kraftwerk, um den Verbrauch zu decken. Sollten wir da auf einen Teil der Gaskraftwerke verzichten müssen, schlicht weil nicht genug Erdgas zum Verstromen da ist, dann müssen Verbraucher vom Netz genommen werden. Bei der Industrie kann dies Schäden von zig Mrd Euro bedeuten.

Bei den ganzen Szenarien, die durchgerechnet werden, um sicherzustellen, dass stets genug Kraftwerke am Netz sind, um auch Verbrauchsspitzen abzudecken, wurde natürlich nie unterstellt, dass es in Europa zuwenig Erdgas geben könnte.

Die drei AKWs noch durch den Winter laufen zu lassen, sofern dies technisch möglich ist, sollte ein No Brainer sein.

3 „Gefällt mir“

Der Diskurs ist längst vorbei. Die Atomkraft hilft uns nicht und kostet nur Geld. Ich befürchte hier wollen einige Parteien von den eigenen Fehlern ablenken und schlimmstenfalls finanziell profitieren. Würde bei Union und FDP nicht wundern . Kosten und nutzen sind einfach Unsinn.

6 „Gefällt mir“

Eine Sache ist mir dabei allerdings noch unklar:
Zumindest laut Wirtschaftsministerium bedeutet der Streckbetrieb der AKWs über das Frühjahr 2023 (ohne neue Brennelemente) integral nicht mehr Stromproduktion, sondern nur einen zeitlichen Versatz. Da Erdgas speicherbar ist: welchen Vorteil bringt uns dann dieser Streckbetrieb?

1 „Gefällt mir“

Genau das ist es ja. Keiner von den pro Atomkraftwerklern beantwortet diese Frage. Ein Atomkraftwerk unterscheidet sich grundlegend in der Nutzung von einem Gaskraftwerk.

Stichwort: Spitzenlast

Es geht ja nicht nur darum, genug Energie zu haben über einen bestimmten Zeitraum, sondern man muss auch zu jedem Zeitpunkt die jeweils notwendige Leistung liefern können. Die Kraftwerke, die bei Lastspitzen angefahren werden, sind Gaskraftwerke. Wenn du nun „unten“ noch ein paar GW Grundlast reinschiebst, wird diese Spitze kleiner, also brauchst du weniger Leistung der Gaskraftwerke.

Wir haben halt das Problem, dann im europäischen Stromnetz die Spitzenlast genau dann zu erwarten ist, wenn im Erdgasnetz auch der größte Bedarf zur Wärmeerzeugung auftritt (kalter, dunkler Wintertag). Je weniger Erdgas für die Stromerzeugung an diesem Tag gebraucht wird, desto größer die Chance, ohne Blessuren davon zu kommen.

3 „Gefällt mir“

Ja und nein.

Die drei noch aktiven laufen auf Sondergenehmigung, weil Wartung und Sicherheitsprüfungen ausgelassen wurden, weil bald Feierabend, sollte der Feierabend verschoben werden müssen Wartung und Sicherheitsprüfungen nachgeholt werden.

Die bereits abgeschalteten stehen vor demselben Problem, dazu kommt bei denen noch, dass erst wieder Brennstoff geladen werden muss.

Das alles wirtschaftlich für ein paar Monate Betrieb zu gestalten ist unmöglich.

Heißt dann, dass man die gesamte Ausstiegsdebatte von vorn beginnt.

Hinzu kommt, dass Deutschland keiner Stromkrise entgegen sieht, sondern einer Energiekrise hauptsächlich im Bereich Wärme und da sind Die Meiler völlig unbrauchbar für.

An sich ist man mal wieder dabei sehenden Auges in die Krise zu stolpern, statt seit Bekanntwerden daran zu arbeiten den Gasverbrauch abzuschaffen.

Vor allem die Industrie wäre hier gefragt gewesen sofort zu schauen wo was möglich gewesen wäre. Hat sie aber nicht.

Ich fand den Move von Spanien jetzt gut zum Sparen:
Öffentliche Gebäude, Shopping Malls u.s.w. dürfen nicht mehr unter 27°C gekühlt oder über 19°C geheizt werden, Start sofort, spart sofort

Und Deutschland diskutiert …

5 „Gefällt mir“

Korrekterweise ist man aber nicht rein gestolpert, sondern hat sich für einen Wirtschaftskrieg gegen Russland. Entweder hat man das Szenario nicht durchgespielt, oder es billigend in Kauf genommen. Man kann nicht erwarten, dass man innerhalb eines Jahres diese technischen Veränderungen stemmen kann.

Das ist doch faktenfreies Gerede. Sorry.

Es sind inzwischen soviele Kohlekraftwerke stillgelegt worden, dass Gaskraftwerke natürlich nicht mehr nur Verbrauchsspitzen bedienen, sondern unter der Woche selbst Nachts noch einen Teil der Grundlast abdecken. Wir sind nicht mehr im Jahr 2010.

Alles, was man im Stromnetz an Verbrauchsreduktion und/oder Produktionsausweitung erreicht, führt daher nahezu 1-zu-1 zu einer Reduktion des Erdgasverbrauchs.

1 „Gefällt mir“

Das ist richtig, aber man kann anfangen.

Und gerade bei Prozesswärme hätte man sicher was schaffen können.

Und sei es nur einen Gasheizkessel gegen irgendeinen Feststoffkessel austauschen.

Das scheint tatsächlich zu stimmen, ich habe hier mal den Agorameter-Plot vom Januar diesen Jahres, also im Winter, als wir bereits nur noch 3 AKW am Netz hatten:

Wie gesagt, ja Erdgas-Verstromung läuft tatsächlich durch. Was aber in der Grafik viel auffälliger ist:

Wir reden bei der AKW-Debatte über den kleinen grauen Rand, unten in der Grafik.

Ernsthaft? Und dafür sollen die AKW mit ungelöster Entsorgung, Sicherheitsrisiken, überschrittenen Wartungsintervalen und am besten noch mit staatlichen Garantien für den Katastrophenfall weiterlaufen?

No way!

11 „Gefällt mir“

Das nenn ich ja mal ein Argument…

Nach der Grafik, lag die maximale Erzeugung durch Gas bei 6,7 TWh

Davon lassen sich noch ein paar durch Kohle wegreduzieren, wenn es zum Äußersten kommt.

So und jetzt noch ein bisschen Milchmädchenrechnung:

Ein Gaskraftwerk soll irgendwas bei 40% Effektivität haben.
Heißt um es einfach zu halten: 7 Mrd kWh Strom brauchst du 17,5 Mrd. kWh Gas

Der Gasverbrauch Deutschlands hier:

https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/monatlicher-erdgasverbrauch-deutschland/

Wird im Januar 2021 mit 140 Mrd kWh angegeben

Edith: hab die 10er Potenzen falsch umgerechnet und jetzt korrigiert, Terra ist Milliarde nicht Million

Ändert aber nichts am Grundargument, dass das für die Stromerzeugung notwendige Gas nicht ausschlaggebend ist das zu einer Stromkrise umzubenennen.

Es ist und bleibt ein Wärmeproblem, sowohl Haushalts- als auch Prozesswärme

Und während bei den Haushalten die können fleißig gewerkelt wird bremst die Industrie mal wieder wo sie kann und schreit nach dem Staat.

3 „Gefällt mir“

Ich bin inzwischen der Meinung, und ja meine Meinung hat sich in den letzten Wochen geändert, dass man jetzt noch ein letztes Mal neue Brennstäbe für die Kernkraftwerke einkaufen sollte, die jetzt noch betrieben werden können. Wenn diese Brennstäbe dann verbraucht sind, ist Schluss mit der Atomkraft.

Die ,Konservativen, haben in diesem Fall recht. Wir werden mindestens für die nächsten beiden Winter jedes Kraftwerk benötigen, da die Gasverstromung höchst wahrscheinlich nicht mehr möglich ist.
Wind und Sonne werden im Winter nicht ausreichen, Stromimporte aus dem Ausland sind womöglich auch nicht 100% ausreichen und keiner weiß, wieviele Menschen elektrisch heizen werden.

Aber: SPD und Grüne sollten Gegenleistungen fordern und durchsetzen:

  • Bundesweit alle Abstandsregeln für WKA abschaffen
  • Solarpflicht für gewerbliche Gebäude plus Neubauten
1 „Gefällt mir“

Es geht darum Zeit zu gewinnen; über den Winter zu kommen. Wenn nächsten Sommer das Gas knapp wird, who cares? Im Winter 2023 haben wir hoffentlich schon mehr Möglichkeiten über LNG Importe. Und warum dafür unnötig CO2 emittieren, wenn wir auch Atomkraft nutzen können?

Was helfen uns denn AKWs beim „über den Winter kommen“? Mehr als 50% aller Wohnungen in Deutschland werden mit Gas beheizt. Strom zum Heizen ist eine Sletenheit (auch wenn es oft so klingt als hätte jeder Zweite eine Wärmepumpe).

2 „Gefällt mir“

Lese ich gerade anders. Lindner fängt den Unsinn von Laufzeit bis 2024 schon an. Deswegen muss man diesen Quatsch im Keim ersticken.

6 „Gefällt mir“