Ich weiß nicht, ob es wirklich so reduktionistisch ist, Parteizugehörigkeit und Geschlecht als wichtige strukturelle Faktoren anzusehen. Die Person allein oder die genannten individuellen Merkmale Baerbocks allein können es jedenfalls nicht sein. Soweit ich weiß, haben sich die Herren Scholz, Schröder und Kohl (mutmaßlich) auch allerhand zu Schulden kommen lassen und sind trotzdem Kanzler geworden. Auch kann man wohl bei allen dreien getrost annehmen, dass es jede Menge Leute gab, etwas gegen deren Art hatten, Politik zu machen.
Ich weiß nicht ob es noch angemessen ist den Thread Titel mit mutmaßlich so stehen zu lassen. Klingt für mich etwas sehr nach Inside Job Verschwörung, oder wird das wirklich in Frage gestellt? Nur so am Rande
Das liegt daran, dass der Thread wenige Stunden nach dem Attentat aufgemacht worden ist. Wie immer im strafrechtlich relevanten Bereich gilt die Unschuldsvermutung, weswegen auch noch vom „mutmaßlichen Täter“ die Rede war. Nun, 1 1/2 Wochen später und mit klarerem Bild, kann man in der Tat die sprachliche Einschränkung weglassen.
Die Unschuldsvermutung gilt ja nur für Personen, daher die Rede von einem „mutmaßlichen Täter“ so lange die individuelle Schuld eines Täters nicht durch ein Gerichtsurteil rechtskräftig festgestellt wurde. Aber dass Trump quasi per Zufall eine Gewehrkugel durchs Ohr geflogen ist, ohne dass irgendjemand sie gezielt auf ihn abgefeuert hat, stand doch nie zur Debatte, oder? Von daher ist der Begriff „mutmaßliches Attentat“ m. E. von Anfang an irreführend.
Wer fühlt sich denn allen ernstes durch die Formulierung „mutmaßliches Attentat“ irregeleitet? Anders wäre es, wenn es geheißen hätte „vermeintliches Attentat“ oder so ähnlich; dann hätte man denken könne, hier liegt eine inszenierte Sache oder ein Inside-Job vor (wie es oben hieß). Aber so etwas gibt die gewählte Formulierung nicht her.
Es geht bei solchen Formulierungen darum deutlich zu machen, dass man – egal wie klar der Sachverhalt augenscheinlich wirkt – unmittelbar nach der Tat immer mit einer Unsicherheit konfrontiert ist. Nicht richtig ist, dass die die Unschuldsvermutung nur so lange gilt, bis ein Gerichtsurteil die Schuld festgestellt hat; das ist zwar der Normalfall, aber die Unschuldsvermutung gilt zB auch für den getöteten Schützen. Und dass etwas „nie zur Debatte stand“, entbindet grundsätzlich nicht von der Pflicht, andere Möglichkeiten in einem so heiklen Thema nicht per se von vornherein auszuschließen, solange es nicht zu einem gewissen Grad an Aufklärung gekommen ist.
Es stimmt natürlich, dass es von Anfang an sehr sehr wahrscheinlich war, dass es sich um ein politisches Attentat handelte. Aber so einfach kann man es sich nunmal nicht machen, denn die Verhinderung solcher „Offensichtlichkeitsschlüsse“ sind letztlich der Grund, warum es die Unschuldsvermutung überhaupt gibt. Und es gibt nunmal Möglichkeiten, warum ein Schütze nicht automatisch ein Attentäter sein muss, auch wenn sie nicht wahrscheinlich sind (Alec Baldwin wollte auch niemanden gezielt umbringen – prominentes Beispiel). Aber vielleicht sehe ich das wirklich etwas zu formal-juristisch.
Wobei es ja wohl genau das nicht war. Ein Attentat natürlich schon, aber politisch zumindest nicht direkt.
In meinen Augen ist „mutmaßliches Attentat“ zwar nicht so stark wie „vermeintliches Attentat“, drückt aber dennoch aus, dass es ein Attentat gewesen sein könnte - aber genau so gut auch nicht. Und das kritisiere ich, da es aus meiner Sicht von Anfang an klar war, dass es sich um ein Attentat handelte, weil die Situation eben eine ganz andere war als im Fall Baldwin. Wer das Attentat verübt hat und welche Motive es dafür gab, ob es also politisch war, sind ja noch mal sehr viel spezifischere Fragen.
Dass formal auch ein Toter ohne vorheriges Gerichtsurteil als unschuldig gilt, widerspricht ja nicht der Tatsache, dass die Unschuldsvermutung bis zu einem Urteil gilt. Ist nur aus meiner Sicht auch ziemlich egal, weil die Unschuldsvermutung ja in erster Linie dem Schutz von Verdächtigen dient - und davon hat ein Toter halt nicht mehr so wahnsinnig viel.
Und egal wie viel Bemühungen es gibt, den Tathergang zu rekonstruieren, wird wohl niemand sich die Mühe machen, die Schuld des mutmaßlichen Schützen gerichtsfest nachzuweisen. Eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass er geschossen hat und dass sein Schuss die Verletzung bei Trump verursacht hat, dürfte da allgemein als ausreichend angesehen werden.
Hätte das Attentat verhindert werden können, wenn jeder der Leute vor Ort eine Waffe gehabt hätte?! (Anspielung)
Und laut Supreme Court Urteil wäre Biden immun, wenn er das Attentat angezettelt hätte?
Verstehe jetzt ehrlich gesagt nicht was du mir sagen willst!
Okay, ordnen wir diese Kritik mal:
Erste Frage:
War der Titel Mutmaßliches Attentat auf Trump direkt nach der Tat, daher als die ersten Nachrichten von Schüssen auf Trump Deutschland erreichten, problematisch? Ich würde sagen: „Nein“, weil auch die Medienberichte zu diesem Zeitpunkt noch sehr zurückhaltend waren und eher von „Schüssen auf Trump-Veranstaltung“ gesprochen haben (und damit dieser Problematik entgangen sind).
Zweite Frage:
Wäre der Titel bei einem heute eröffneten Thread problematisch? Ich würde sagen: „Ja“, weil heute völlig klar ist, dass es einen Anschlagsversuch gegeben hat (ob es eher ein Anschlag im Sinne von „Amoklauf“ oder im Sinne von „politischer Assassinationsversuch“ war, sei dahingestellt).
Das bringt uns zur dritten Frage:
Wenn der Titel direkt zum Zeitpunkt der Tat nicht problematisch war, sollte der Threadersteller oder die Moderation verpflichtet sein, ihn im Nachhinein zu ändern? Ich würde sagen: „Nein“, weil der Threadtitel letztlich ein Zeitzeugnis ist und es auch einfach zu viel verlangt wäre, bei allen sich ändernden politischen Gegebenheiten stets alte Threadtitel anpassen zu müssen.
Selbstverständlich dürfen die Threadersteller oder auch die Moderatoren die Thread-Titel bei signifikanten Entwicklungen ändern, aber ich sehe dazu keine Pflicht. Ich glaube, den Grad an Komplexität, auf das Datum des Threads zu schauen und zu realisieren, dass der Titel auf einer anderen Tatsachenbasis beruht als der aktuelle Kenntnisstand, kann man dem Leser abverlangen.
Der Post, mit dem der Thread eröffnet wurde, ist vom Vormittag des 14. Juli. Zu diesem Zeitpunkt sprach das FBI schon offiziell von einem „Attentat“ (Quelle: Donald Trump: Was in den ersten Stunden nach den Schüssen geschah - DER SPIEGEL). Und schon Minuten nach dem Vorfall war klar, dass es nicht nur irgendwo im Umfeld der Veranstaltung Schüsse gegeben hatte, sondern dass direkt auf Trump geschossen worden war. Laut Duden-Bedeutungswörterbuch ist ein Attentat der „Versuch, eine im öffentlichen Leben stehende Person zu töten“.
Mir ist der Titel des Threads ehrlich gesagt nicht sonderlich wichtig und es geht mir auch nicht darum, die Moderation hier irgendwie busy zu halten, ich verstehe nur absolut nicht, wo es irgendeine Unklarheit bezüglich des Begriffs Attentat geben soll.